Anscheinend will die Bundesanstalt für Arbeit gegen Blogger und Foren-Nutzer vorgehen. Auslöser war das Drama von Neuss, wo eine Jobcenter-Angestellte von einem ihrer Klienten tödlich verletzt wurde. In Foren würde nun die Bluttat diskutiert, was die Bundesanstalt zur juristischen Kontrolle auf strafwürdige Beiträge veranlasst hätte. Das Erwerbslosenforum Deutschland hat eine entsprechende Mail von Arbeitsagentur-Direktorin Christiane Schönefeld geleakt, was Blogger erbost (nicht der Leak, sondern der Inhalt der mail).
In Foren würde nun über die Zustände in den Jobcentern diskutiert, die eine solche Tötung erst möglich gemacht hätten, was die Jobcenter nicht gutheißen würden, meldet Peter Nowak auf Telepolis. Das Erwerbslosenforum Deutschland habe eine Mail von Arbeitsagentur-Direktorin Christiane Schönefeld bekannt gemacht, die Netz- und Medienschelte enthalten habe: „Der traurige Anlass hat bundesweit Bedeutung. Von einem Teil der Medien wird der Tod unserer Kollegin in der Berichterstattung zum Anlass genommen, Missstände und gesellschaftliche Verwerfungen anzuprangern.“
Schönfeld ist Vorsitzende der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesanstalt für Arbeit und mailte dies an alle Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und Jobcenter in NRW. Zudem scheine die Bundesanstalt Internetforen und Blogs systematisch auf mögliche strafbare Äußerungen im Zusammenhang mit der Tötung ihrer Mitarbeiterin zu kontrollieren. Schönefeld beklage in ihrer Mail „verharmlosenden, verfälschenden und sogar menschenverachtenden Beiträgen“ und habe angekündigt: „Wir werten diese Beiträge bundesweit auf justiziable Äußerungen aus und die Verfasser werden gerichtlich belangt.“
Dabei dürfte auch der Jasminrevolution-Beitrag
Eigenverantwortlich zustechen -Jobcenter-Opfer erlag Individualisierung: Arbeitslose werden entmutigt, gemobbt, vereinzelt
auf dem Tisch eines Justiziars der Behörde gelandet sein. Ein großer Trost aller jetzt juristisch überwachten, vielleicht bald zensurierten oder sonstwie juristisch belangten Blogger: Die Agentur-Juristen brauchen viel Zeit für den Zensursula-Dienst, die ihnen fehlen könnte, um an Schikanen für Hartz IV-Opfer rechtkundig mitzuwirken. In Frankreich lassen sich Behördenmitarbeiter nicht mehr so einfach als Büttel und Prügelknaben einer inhumanen Politik missbrauchen, dort probt man den Aufstand und die Solidarität.
Eine deutsche Fabienne sucht man leider noch vergebens: Fabienne Brutus, eine junge Frau aus Frankreich, deren Schicksal zeigt was (in Frankreich)
geschieht, wenn eine Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit nicht mehr mitspielt. Zuerst anonym, später offen entstand eine neue Behördenkultur, Motto: “Nein das machen wir nicht mehr mit”! Im Ergebnis entstand auch ein Buch sowie die Erklärung zur beruflichen und bürgerlichen Ethik von Sud ANPE (SUD=solidaire, unitaire et démocratique, Gewerkschaft in der französischen Agentur für Arbeit).
Schön wäre auch, wenn Jobcenter-Mitarbeiter in Deutschland selbst als Whistleblower gegen die zahlreichen menschenunwürdigen Verwaltungsprozesse vorgehen würden. Doch davon sind wir scheinbar noch weit entfernt, trotz eines Straßburger Urteils, das deutsche Whistleblower schützen würde, die gegen ihre Arbeitgeber, z.B. Behörden, an die Öffentlichkeit gehen.
Weiterhin gilt leider: Der politische Hintergrund der Hartz IV-Misere wird medial kaum diskutiert. Das soziale Schlachtfeld, das die Hartz IV-Gesetze hinterlassen haben war Grundlage, um die deutsche Arbeitswelt in ein Billiglohn-Paradies für Großunternehmen zu verwandeln. Die Löhne zu drücken, die Sozialsysteme zugunsten von Steuergeschenken an die Reichen zu plündern war das Hauptziel.
Zum Dank haben uns die Finanzeliten mit den so eingestrichenen Milliarden ein globales Spekulations-Kasino beschert, das kriminellen Finanzmafioso erlaubt Unsummen beiseite zu schaffen. Die an betrügerische Bankrott-Manöver grenzenden Bankenpleiten haben dank erpressungsähnlichen Szenarien (Wir sind „systemrelevant“) den Schaden auf die Staatshaushalte abgewälzt und die Völker müssen es ausbaden: Derzeit vor allem Griechenland und andere Mittelmeerländer.