Madrid: Kampf gegen Finanzkriminelle

Galindo Gaznate 13.06.2013 SpanischeFlagge

Wie USA und EU, wollen auch die Spanier die Steuermoral verbessern. Die Rechtsregierung Rajoy in Madrid verfolgt dabei lieber die kleinen Steuersünder als sich mit den großen Schmiergeldgebern anzulegen. Aber Spanien stellt sich auch dem Merkel-Sparterror entgegen und fordert mehr finanzpolitische Verantwortung von Brüssel. Der ESM soll unbegrenzte Bailout-Kapazitäten zur Rettung von Euro-Ländern vor dem Staatsbankrott erhalten.

Kleinen Steuerzahlern wird akribisch hinterher spioniert, während große Unternehmen und Spitzenverdiener über zahlreiche „Schlupflöcher“ verfügen, halblegale, d.h. von korrupter Politik legalisierte, kriminelle Methoden also. Das halblegale bis kriminelle „Vermeiden“ von Steuerzahlungen wird von Rechtspopulisten immer noch als Kavaliersdelikt hingestellt. Durch Steuerflucht entsteht Spanien ein Schaden von ca. 50 Milliarden Euro jährlich, so die Welt.

Spanien für humanere EU-Finanzpolitik

Auf der großen Bühne der EU-Finanzpolitik gibt sich Spaniens Rechtsregierung dem Sparkurs von Merkel immer abgeneigter. Aus Schaden klug will Madrid sich derneoliberal-rechtspopulistischen Regierung in Berlin entgegenstellen. Deren mit ideologischer Verbissenheit durchgeboxte „Austeritätspolitik“ dient nur egoistischen Interessen der raubkapitalistischen deutschen Exportindustrie, die halb Europa ins Elend getrieben hat. Berlin tut dabei alles, um Merkels Wiederwahl zu stützen indem in Deutschland noch bis Oktober eitel Sonnenschein vorgespielt wird. Der spanische Außenminister Manuel Garcia-Margallo hat den Vorschlag gemacht, der Euro-Rettungsmechanismus ESM solle eine unbegrenzte Feuerkraft bekommen, sehr zum Ärger der FAZ.

Der Euro-Schutzschirm mache kaum Sinn, wenn er über eine begrenzte Feuerkraft verfüge und immer nur nach einem einstimmigen Votum zum Einsatz kommen dürfe, sagte Garcia-Margallo auf einer Pressekonferenz mit seinem französischen Kollegen Laurent Fabius. „Ein Schutzschild muss per Definition über eine unbegrenzte Feuerkraft verfügen und rasch handeln können, was derzeit nicht der Fall ist.“ Deshalb wolle Garcia-Margallo dafür werben, die Einschränkungen des ESM aufzuheben, wenn sich Europas Außenminister Mitte Juli auf Mallorca treffen. Der ESM kann bisher nur Kredite bis zu insgesamt 500 Milliarden Euro vergeben -angesichts der EU-Wirtschaftsleistung zu wenig: Allein die fünf größten Volkswirtschaften haben ein BIP von insgesamt über 10.000 Milliarden (D, F, UK, I, SP). Italien musste heute bereits wieder höhere Zinsen auf neue Staatsanleihen akzeptieren, womöglich bekamen die Finanzfirmen Rückenwind aus Deutschland wegen der Klage gegen Brüssels Finanzpolitik. Derweil kämpft jedes Land daheim um die Steuermoral seiner Bewohner, um die Milliarden, die an Großbanken via Zinslast für Staatsanleihen gehen, beim Bürger wieder einzutreiben.

Spaniens Steuerkriminalität

In Spanien gibt es bezeichnenderweise keine offiziellen Zahlen über Steuerhinterziehung. Nach einem Bericht aus dem Jahr 2012, den der Brite Richard Murphy vom Tax Justice Network in seinem Finanz-Blog „Tax-Research“ vorlegte, macht die Schattenwirtschaft 22,5 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, angeblich doppelt so viel wie in Großbritannien. Murphys Berechnungen zufolge entgehen dem spanischen Fiskus etwa 72 Milliarden Euro im Jahr. Nur so ist das Überleben vieler Spanier erklärbar, obwohl die Arbeitslosigkeit bei 26 Prozent liegt und der Sozialstaat im Sparwahn Rajoys heruntergewirtschaftet wurde.

Spaniens Steuerbehörden hatten einige Erfolge vorzuweisen: In Madrid, Katalonien und Andalusien trieben sie seit der Finanzkrise zusätzliche 25,6 Milliarden Euro ein. Ganz besonders nehmen die Fahnder dabei die kleinen Lohnsteuerpflichtigen, Familienbetriebe und Besitzer von Ferienhäusern ins Visier, die angeblich ca. ein Viertel ihrer Einkünften am Fiskus vorbei schleusen -weit weniger als die Reichen und Superreichen.

Bei der Jagd auf die Kleinen greift der Fiskus zu immer perfideren Tricks, da bei jedem einzelnen wenn überhaupt, nur wenig zu holen ist. Finanzbeamte spionieren Internetportale aus, auf denen möglicherweise nicht gemeldete Ferienwohnungen angepriesen werden. Von Elektrizitätswerken besorgen sie sich die Stromrechnungen, um festzustellen, ob in Werkstätten heimlich gearbeitet wird oder vorgeblich leer stehende Wohnungen vermietet sind. Stromverbrauch verrät auch, ob sich Klimaflüchtlinge etwa aus Deutschland nicht doch mehr als sechs Monate im Jahr in Spanien aufhalten und damit  steuerpflichtig sind.

Während Zehntausende spanische Familien von Bankstern auf die Straße gesetzt wurden, mit Zwangsräumungen in den Tod getrieben wurden, lassen es sich gutsaturierte Rentner aus den Nordländern dort wohlgehen und denken nicht daran, Steuern zu zahlen. Die Journaille in den Herkunftsländern der Klimaflüchtlinge, ganz besonders in Deutschland, hetzt dabei noch unentwegt gegen faule Südeuropäer. Leider findet man solche Hetze auch im Web bei ganz vernünftigen Blogs wie den iknews, die aber auch nicht erklären können, welchen Sinn es macht, den Großbanken Abermilliarden an überzogenen Zinsen auf Staatsanleihen zu zahlen. Das den Staaten geliehene Geld holen sich die Bankster bei der EZB zum Nulltarif, die Zinsen kassieren sie, weil der EZB Fesseln angelegt werden: Weil sie Staaten nicht unbegrenzt helfen darf, fallen Ratingagentur-Gangster über sie her und geben sie zum Abschuss frei.

Das Problem sind aber nicht „die Schulden“, sondern dass korrupte Politiker das geliehene Geld Jahrzehnte in die Taschen der Konzerne und Reichen schoben, statt sinnvoll zu investieren. Dies aufzudecken und zu korrigieren wird aber heute gerade mit dem Krisen- und Schulden-Geschrei unmöglich gemacht, dass den Leuten technokratische Sparorgien verkaufen will. Kaputtsparen hat aber noch nie jemanden aus der Schuldenfalle gebracht, es dient nur der Machtsteigerung der Zinswucherer durch Abschreckung -wie der Totschläger, den ein Mafiaboss losschickt. Die Bankster schicken den Zwangsvollstrecker, wenn Hypothekenschuldner dank der Bankster-gemachten Krise nicht mehr zahlen können.

Den Zwangsräumern hat Madrid inzwischen unter dem Druck der Proteste einen Riegel vorgeschoben. Aber auch großen Fischen unter den Bankstern muss es an den Kragen gehen: Gegen fast 100 (Ex-) Bank-Chefs  laufen inzwischen in Spanien polizeiliche Ermittlungen. Der spanische Banker Miguel Blesa, Präsident der Caja Madrid, der diese Woche in Untersuchungshaft genommen wurde, ist einer der wichtigsten Verdächtigen in der spanischen Bankster-Szene. Bankster Blesa soll Hunderte Millionen Euro bei der Bankia-Pleite zu verantworten haben.

Bank-Whistleblower: Offshore-Leaks-Daten nicht an Justiz übergeben!

Gerd R. Rueger 10.05.2013 

Rudolf Elmer ist der Mann, der als Wikileaks-Whistleblower das Steueroasen-Imperium der Schweizer Großbank Julius Bär aufdeckte. Er sprach jetzt über die Offshore-Leaks und seine bitteren Erfahrungen mit der Schweizer Justiz nach der Enthüllung der Finanzkriminalität auf den Caymans. Elmer unterstützt die umstrittene Strategie des Tax Justice Network bzw. der Enthüllergruppe, die Bankdaten NICHT einfach den Justizbehörden zu übergeben. Seine Erfahrungen sprechen dagegen.

Rudolf Elmer ist der Mann, der 2008 als Wikileaks-Whistleblower das Steueroasen-Imperium der Schweizer Großbank Julius Bär aufgedeckt hat: Bloodmoney und Bankgeheimnis. Er sprach jetzt über die Offshore-Leaks, den Druck kleiner Steuerzahler auf die Politik und seine bitteren Erfahrungen mit der Schweizer Justiz nach der Enthüllung von Milliarden-Schwarzgeldgeschäften auf den Caymans. Elmer ist für die Strategie des Tax Justice Network, die Bankdaten nicht einfach den Steuer- und Justizbehörden der betroffenen Länder zu übergeben. Seine Erfahrungen sprechen dagegen.

Österreich steht unter Druck. Nach dem die Offshore-Leaks immer mehr kriminelle Schwarzgeldgeschäfte und einen globalen Sumpf von Korruption und Steuerhinterziehung ans Licht brachten, machte auch der EU-Alpenstaat Zugeständnisse. Wien will nicht als letzte Schwarzgeldoase im Euroraum gelten. Im Rahmen der daraus resultierenden Debatte wurde der Enthüller eines großen Schweizer Bankskandals über seine Erfahrungen und seine Sicht der Offshore-Leaks befragt.

WL_LogoIn einem Interview von Rainer Himmelfreundpointner von format.trend.at mit Wikileaks-Whistleblower Rudolf Elmer ging es um die Offshore-Leaks, die Macht der Finanzkonzerne und die Tendenz von Staat und Justiz, sie zu decken (nicht nur in der Schweiz). Wie Julian Assange von den USA wurde auch Elmer, aber von seinem Schweizer Heimatland, zum Staatsfeind erklärt -obwohl er nichts anderes getan hatte als die Kriminalität der Mächtigen aufzudecken.

Whistleblower Rudolf Elmer

„Ich selbst habe ja der Bundesstaatsanwaltschaft der Schweiz die kompletten Cayman-Islands-Unterlagen aus meiner Zeit beim Bankhaus Julius Bär übergeben – und die Bank angezeigt. Aber das wurde nur gegen mich verwendet. Ich bin einer Art ’systemischen Korruption‘ gegenübergestanden. 2008 bin ich aus Notwehr zu Julian Assange gegangen und habe die schlimmsten Julius-Bär-Fälle auf Wikileaks veröffentlicht. Aber in der Schweiz hängt man mich als ‚Staatsfeind‘ am höchsten Baum am Paradeplatz. Es geht immer um Staats- und Wirtschaftsinteressen, und die Justiz schützt das System und nicht den braven Bürger.“ (Rudolf Elmers)

Verdunkelungs- und Verschleierungsoasen

Rudolf Elmers Einschätzung der Offshore-Leaks kommt von einem echten Cayman IslandsExperten der Materie -im „Steuerparadies“ der Cayman Islands flossen die Schwarzgelder von J.Baer durch seine Hände. Er war nicht nur lange auf der Täterseite aktiv, er musste sich auch gegen Justiz, Behörden und ein Schweigekartell der Mainstream-Medien durchsetzen. Dazu kommt noch: Sein US-Anwalt Jack A. Blum ist -wohl nicht zufällig- Präsident des Tax Justice Network. In dieser Funktion berät er als Experte auch das Netzwerk der investigativen Journalisten, welche die Offshore-Leaks aufgedeckt haben. Weil dort Daten von Banken, Treuhändern, Steueranwälten oder Prüfgesellschaften stammen, so Elmers, stelle deren außerordentlicher Informationsgehalt eine völlig neue Dimension dar. Offshore-Leaks würde bald enormen Druck auf die Verdunkelungs- und Verschleierungsoasen ausüben, denn nun würden endlich die verschleierten Besitzverhältnisse transparent.

Nun wird aus Sicht von Elmers endlich transparent, wer der wirtschaftlich Berechtigte und Nutzer eines Trusts wären, sogar die Namen von prominenten Persönlichkeiten oder Unternehmen würden bekannt. Die Menschen der betroffenen Länder sollten nun öffentlichen Druck auf die Politik ausüben, meinte Elmer, vor allem angesichts der Schuldenkrise, bei der ja bislang nur die kleinen Steuerzahler zur Kasse gebeten wurden. Die Enthüllung der Offshore-Leaks diene dem ehrlichen Bürger und zwinge die Politik, das Übel der sogenannten „Steueroasen“ grundsätzlich, systematisch und öffentlich zu bekämpfen. Die empörte Bevölkerung beginne zu verstehen, wem diese Oasen dienen -daher sollte der Druck anhalten, bis die Daten an die Steuerbehörden übergeben werden.

Empörung muss Druck auf Politik verstärken

Die investigativen Journalisten würden die Daten nicht übergeben, wenigstens DollarPyramidPrisonjetzt noch nicht, das gebiete der Quellenschutz. Für das Journalisten-Netzwerk sei das zwar auch Teil ihres Geschäftsmodells, aber die Staaten hätten ohnehin offizielle Wege, um an die Daten ranzukommen, wenn sie nur wollten. Wenn die Offshore-Leaks-Daten den Behörden ohne Umschweife übergeben würden, so Elmer, würden die einzelnen Staaten nur jene Fälle untersuchen, die ihren Interessen dienen und der Politik nicht schaden. Die Justiz schütze eben „das System“ und nicht den einfachen Bürger, wie er als Whistleblower in der Schweiz am eigenen Leibe erfahren musste.

Bevor er Wikileaks-Whistleblower wurde organisierte der Ex-Banker Rudolf Elmer auf den Cayman Islands für die Schweizer Privatbank Julius Bär Offshore-Transaktionen in großem Stil. Kunden von J.Baer waren etwa mexikanische Drogenbarone oder russische Oligarchen wie der frühere Yukos-Magnat Michail Chodorkowski.

Rudolf Elmer, Wikileaks und der Julius-Baer-Leak

Vor etwa zehn Jahren übergab Elmer aus Gewissensgründen ein Konvolut brisanter Bankkundendaten der Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft und zeigte die Bank an. Das Resultat zeigte, dass die Finanzkonzerne von der Justiz nichts zu befürchten hatten: Elmer wurde wegen Verrats des Bankgeheimnisses 220 Tage inhaftiert, und die Bank zahlte 50 Millionen Euro Bußgeld. Warum die Schweizer Justiz so handelte ist ungeklärt. Elmer wurde juristisch gehindert, sich zu äußern. Mainstream-Medien, denen er die Fakten zuspielte, reagierten nicht (eine Erfahrung, die auch Bradley Manning machen musste).

So wurde Rudolf Elmer Whistleblower von Wikileaks und brachte der Gruppe um Julian Assange erstmals größere Aufmerksamkeit: Anwälte der Schweizer Bank versuchten Wikileaks juristisch zum Löschen der Information zu zwingen. Das löste vor allem in den USA eine Solidarisierungswelle aus, die von den Medien nicht mehr totgeschwiegen werden konnte. Dennoch dauerte es noch lange, bis Wikileaks über die Aufdeckung von Korruption in der Finanzkrise in Island bekannter wurde und von dort aus schließlich mit Collateral Murder den Sprung zur echten weltweiten Bekanntheit schaffte.

WikiLeaks machte sich mit dem J.Baer-Leak um den Kampf gegen die globale Finanzmafia ganz im Sinne von Attac verdient. Das globalisierungs-kritische Netzwerk Attac befasst sich seit längerer Zeit mit dem Problem der Steueroasen und hat in ihnen einen Hauptmotor globaler Verelendung ausgemacht –und eine Gefahr für die Demokratie. Der Offshore-Leak hat die Dimension des Problems erneut ins Bewusstsein gerückt: 30 Billionen Dollar Schwarzgeld wurden den Wirtschaftssystemen entzogen und beiseite geschafft –mit hoher finanzkrimineller Energie. Die Wirtschaft saugte ihrerseits Geld aus Staat, Gesellschaft und Sozialsystemen und sang dabei ihr Klagelied von den angeblich viel zu hohen Steuern. Attac hat das Problem lange erkannt, Wikileaks enthüllte Bankster-Methoden. Aber Medien und Politik fanden andere Dinge wichtiger, obwohl spätestens seit der Finanzkrise 2008 und in der aktuellen Eurokrise klar ist, dass die Finanzkonzerne Leben und Demokratie bedrohen. An Initiativen hat es nicht gefehlt. Aber die heimliche politische Macht von Finanzkonzernen wie BlackRock und Geldeliten, für die der Begriff “Bilderberger” exemplarisch stehen mag, hat es immer wieder geschafft, die Projekte zu hintertreiben.

Hintergrund: Schwarzgeld auf den Caymans

Am 14.01.2008 machten interne Dokumente die Runde. Die Julius Baer Bank & Trust Company waren geleakt worden (hatten ein Info-Leck), also das Schweizer Bankhaus Julius Bär, bzw. seine Filiale im Steuerparadies der Cayman Inseln. In Deutschland war mit dem umstrittenen Kauf einer Daten-CD durch den Geheimdienst BND das Fürstentum Liechtenstein als Paradies für Steuerhinterziehung in die Schlagzeilen gekommen. Die Polizei führte Razzien gegen Steuersünder durch, die Beihilfe durch Banken wurde angeprangert.

DollarPyramidAber in der Schweiz hatte eine Bank sich in einem anderen Fall der Strafverfolgung unter Berufung auf das Bankgeheimnis entzogen. Doch nun erschienen die Dokumente, auf welche der Staatsanwaltschaft der Zugriff juristisch untersagt war, auf der Whistleblower-Plattform WikiLeaks.

Ein kriminelles System aus Untergesellschaften und Finanztransaktionen sorgte dafür, dass das Schwarzgeld auf den Cayman Islands gut versteckt war. Julius Baer verwaltet ein Kundenvermögen von ca. 400 Milliarden Schweizer Franken, gut zehn Prozent des in der Schweiz gelagerten Kapitals: Gute Geschäfte, aber ihr Mann auf den Cayman Islands, Rudolf Elmer, war unzufrieden und es  war beunruhigend, dass Akten in Elmers Verantwortungsbereich verschwanden.

1994 versetzte man Rudolf Elmer als Chefbuchhalter zu Julius Baer Bank and Trust Company (JBBT) auf die Caymans. JBBT brachte bis zu 30 Prozent der Konzerngewinne von Julius Bär ein. Es ist lukrativ, Schwarzgeld auf Karibikurlaub zu schicken. Aber auch riskant: Elmer musste sich 2002 zusammen mit anderen verdächtigen Mitarbeitern einem Lügendetektortest unterziehen und brach ihn ab, da er unter Schmerzen litt und Tabletten genommen hatte. Seine Abneigung gegen die schmutzigen Geschäfte wuchs, sein Gewissen regte sich, er wurde Whistleblower. Bald eskalierten seine Probleme mit der Großbank aus den Alpen, die ihm bald mit ihren Anwälten zusetzen sollte und seine Famile von Privatdetektiven bespitzeln ließ. Doch der Fall brach der neuen Plattform Wikileaks die Bahn in die Öffentlichkeit und leitete eine neue Ära der Transparenz ein. Die Offshore-Leaks sind unter anderem auch Folge dieser Entwicklung und des Bewusstseinswandels, der mit ihr verbunden ist.

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„Steueroasen“ und das Taxjustice Network

Prometheus und Gerd R. Rueger 29.03.2013

Flagge Zypern statisch Tax Justice Network (TJN, Netzwerk für Steuergerechtigkeit) ist eine NGO, die sich den Kampf gegen die Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben hat. Die TJN-Kernaussage ist, dass sich die globale Geldelite der Superreichen mit Hilfe der großen Banken kriminell bereichert. Die Finanzkrise kann nicht ohne diese Geldelite zu betrachten verstanden werden -doch die Medien werfen eine Nebelkerze nach der anderen, oft mit rassistischen Untertönen.

“Russisches Schwarzgeld” -so lautete daher eine Lieblingsphrase der deutschen Finanzjournalisten beim Thema Zypern. Plötzlich entdeckte man sogar das Problem der Steueroasen -Zypern sei natürlich eine. Aber warum berichtet in diesem Zusammenhang niemand über den Financial Secrecy Index des Taxjustice Network, der wird von der Schweiz und den Caymans angeführt, weist Deutschland (9) aber elf Plätze vor Zypern (20) aus.

Wer ist das Tax Justice Network?

Tax Justice Network (TJN) hat sich den weltweiten Kampf gegen die Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben hat. Die TJN-Kernthese ist, dass sich die globale Geldelite der Superreichen mit Hilfe hochbezahlter Vermögensverwalter der großen Banken kriminell bereichert. Genutzt wird dabei die globale Verflechtung von Geschäften und Lücken in der Gesetzgebung, um enorme Vermögen –in der Größenordnung der BIPs von Japan und den USA- am nationalen Fiskus vor bei in Steueroasen zu schleusen. TJN verwendet Daten der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Vereinten Nationen und der Zentralbanken. Untersucht werden nur Finanzvermögen. Sachvermögen wie Immobilien, Gold, Jachten und Kunstwerke etwa werden nicht berücksichtigt.

Die Reichen der Welt haben dem TJN zufolge Finanzvermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar (bis zu 26 Billionen Euro) in Steueroasen gebunkert. Dadurch seien den Staaten Einkommensteuern in Höhe von bis zu 280 Milliarden Dollar entgangen. TJN-Studienautor James Henry, früher Chefvolkswirt der Unternehmensberatung McKinsey, bezeichnete die dem Fiskus entzogenen Privatvermögen als „großes Schwarzes Loch in der Weltwirtschaft“. Das Problem spiele in den Entwicklungsländern eine besonders große Rolle. So hätten die reichsten Bürger in 139 Entwicklungsländern von den 1970er Jahren bis 2010 nicht ausgewiesene Vermögen über schätzungsweise 7,3 bis 9,3 Billionen Dollar angehäuft. Dies gelang ihnen vor allem durch sogenannte Steueroasen.

„Steueroasen“ sind „secrecy jurisdictions“

Anstelle des häufig verwendeten Begriffs „Steueroasen“ bevorzugt das Taxjustice Network (TJN) den Begriff „secrecy jurisdictions“ (Geheimgerichtsbarkeit, Geheimlegalität) für illegale Finanzströme aller Art. Laut TJN hat sich eine globale Finanzindustrie entwickelt, in der Banken und globale „Wirtschaftsprüfer“ (wie Andersen/Accenture) ihren Kunden in rechtlichen Grauzonen geheime Offshore-Anlagen zwecks Steuerhinterziehung anbieten. Geheimhaltung ist ein zentrales Merkmal der globalen Finanzmärkte, daher dient der Finanz-Geheimhaltungs-Index zu einer Analyse der weltweiten Schwarzgeldströme: Der Finanz-Geheimhaltungs-Index ist ein Werkzeug für das Verständnis des globalen Bankgeheimnisses, der Korruption und illegaler Finanzströme. Die Erstellung einer Rangliste der „secrecy jurisdictions“ nach dem Grad ihrer Intransparenz sowie dem Ausmaß ihrer Tätigkeit erlaubt ein politisch neutrales Ranking der größten Player unter den Ländern. Der Index wird seit dem 4. Oktober 2011 erstellt.

TJN, Stolen Asset Recovery und Transparency International

Die Stolen Asset Recovery (StAR) Initiative von UNO und Weltbank schätzte die weltweit grenzüberschreitenden Schwarzgeldströme auf bis zu eine Billion US-Dollar pro Jahr, etwa die Hälfte davon soll aus Entwicklungsländern und ehemals sozialistischen „Transformations-Ländern“ stammen. Andere schätzen laut TJN, dass illegale Finanzströme im Jahr 2008 allein aus den Entwicklungsländern schon 800 bis 1300 Billionen US-Dollar ausmachten. Das Tax Justice Network schätzt konservativ, dass den Regierungen weltweit jährlich über 250 Milliarden US-Dollar Steuern verloren gehen, allein aufgrund wohlhabender Personen, die ihr Vermögen ins Ausland schaffen. Es seien aber nicht nur Entwicklungsländer, die darunter leiden: Europäische Länder wie Griechenland, Italien und Portugal kranken an jahrzehntelanger Geheimwirtschaft und Steuerhinterziehung.

Der Zusammenhang von Neoliberalismus, Finanzkrise und Korruption wird deutlich in der Ideologie der Privatisierung: Es geht um ein privatisiertes Geldsystem in dem nur noch eines der Allgemeinheit gehört -die Schulden. Kurzum: Globalisierung führt zwangsläufig in die globale Zinsknechtschaft, wenn wir uns nicht dagegen wehren. Ein Ansatzpunkt ist die Bekämpfung von Korruption durch die Herstellung von Transparenz -dabei geriet das TJN in Konflikt mit dem „Marktführer“ der NGOs auf diesem Sektor: Der gigantischen Organisation „Transparency International“, die von ihren Kritikern als industrienah eingestuft wird. TJN kritisierte den berühmten TI-Korruptionsindex, was wir hier auf Jasminrevolution bald näher untersuchen werden.

Siehe auch:

Der Offshore-Leak: Billionen Schwarzgeld enttarnt

Bank-Whistleblower Rudolf Elmer zu Offshore-Leaks

Deutsche mehr Schwarzgeld als Zypern

Prometheus und Gerd R. Rueger 29.03.2013 Flagge Zypern statisch

Nikosia. „Russisches Schwarzgeld“ -so lautete wohl die Lieblingsphrase der deutschen Finanzjournalisten beim Thema Zypern. Plötzlich entdeckte man sogar das Problem der Steueroasen -Zypern sei natürlich eine. Aber warum fragten die Redaktionen nicht schon von Beginn der Finanzkrise an nach dieser Art von Finanzkriminalität? Und warum berichtet in diesem Zusammenhang niemand über den Financial Secrecy Index des Taxjustice Network, der wird von der Schweiz und den Caymans angeführt, weist Deutschland (9) aber elf Plätze vor Zypern (20) aus.

Deutsche Medien gehen bei Vermögen von deutschen Oligarchen, die sie lieber „Investoren“ nennen, nicht von Schwarzgeld aus. Bei russischen Oligarchen schon, deren Finanzkriminalität gelte es aus angeblich moralischen Gründen zu unterbinden. Aus Zypern hört man Gegenteiliges: Der Vorsitzende des Verbands der Bankangestellten Zyperns (ETYK), Loizos Chatzikostis, soll in einem Interview mit der österreichischen “Wiener Zeitung” am 26.03.2013 schwerste Anschuldigungen gegen Deutschland erhoben haben. Laut Chatzikostis verfolgten und erreichten die Deutschen das Ziel, das zypriotische Geschäftsmodell zu zerstören. Nun “reißen” sie sich darum,  “russische Schwarzgelder” von Zypern zu ihren Banken zu transferieren.

Schwarzgeld bzw. Geldwäsche moralisch zu geißeln, aber davon insgeheim profitieren zu wollen -trauen wir unseren Bankern so etwas zu? Sicher. Aber Beweise dafür finden wir im  Financial Secrecy Index des Taxjustice Network, der zwar von der Schweiz, den Caymans, Luxemburg und Hong Kong angeführt wird, Deutschland (9) aber elf Plätze vor Zypern (20) ausweist. Die Plätze 5-8 belegen die USA (Steueroase Delaware), Singapur, die britische Kanalinsel Jersey und Japan.

Das Tax Justice Network (TJN, Netzwerk für Steuergerechtigkeit) ist eine NGO, die sich den weltweiten Kampf gegen die Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben hat. Die TJN-Kernaussage ist, dass sich die globale Geldelite der Superreichen mit Hilfe hochbezahlter Vermögensverwalter der großen Banken kriminell bereichert. Genutzt wird dabei die globale Verflechtung von Geschäften und Lücken in der Gesetzgebung, um enorme Vermögen –in der Größenordnung der BIPs von Japan und den USA- am nationalen Fiskus vor bei in Steueroasen zu schleusen. TJN verwendet Daten der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Vereinten Nationen und der Zentralbanken. Untersucht werden nur Finanzvermögen. Sachvermögen wie Immobilien, Gold, Jachten und Kunstwerke etwa werden nicht berücksichtigt -ein genauerer Blick auf das TJN und seine Hintergründe werden auch auf JasminRevolution folgen: Hier klicken.

Zum Fall der schönen Insel der Aphrodite, Zypern, bleibt festzuhalten: DieZypern (Zypern) Mainstreamer in deutschen Medien machen tendenziös Stimmung für deutsche und gegen russische Oligarchen. Während die deutschen Milliarden, die man in Athen und anderswo retten wollte als “sauberes Geld” gewertet wurden, scheinen Richtung Moskau rassistische Ressentiments zu dominieren. Zypern hat aus kulturellen Gründen viele russische Anleger -na und? Da ist es doch verständlich, dass die zyprische Regierung sich lieber an Moskau wendet als die üblen Rezepte nach Berlins Neoliberalismus zu akzeptieren, die schon Athen, Madrid und Lissabon in den Ruin trieben. Hätte Merkel bzw. die schwarzgelbe Regierung in Berlin lieber etwas weniger gierig Druck ausgeübt? Dann müssten die deutschen Medien sich nicht in ihrer üblichen Propaganda gegen Moskau überschlagen…

Das Taxjustice Network kämpft derweil gegen Steueroasen als Dreh- und Angelpunkt der Finankriminalität, denn der Zusammenhang von Neoliberalismus, Finanzkrise und Korruption wird deutlich in der Ideologie der Privatisierung. Es geht um ein privatisiertes Geldsystem in dem nur noch eines der Allgemeinheit gehört -die Schulden. Und Merkel kassiert derzeit ihre Zypern-Dividende. Kurzum: Globalisierung führt zwangsläufig in die globale Zinsknechtschaft, wenn wir uns nicht dagegen wehren.