Schlagwort-Archive: tunis
Lohnterror drängt Tunis politisch nach rechts: Todesstrafe?
Tunis. Im Schatten einer Reihe brutaler Terrorangriffe diskutiert das Parlament ein neues Anti-Terrorgesetz, heute soll über die Einführung der Todesstrafe abgestimmt werden. Vorgesehen ist neben härteren Strafen auch, dass Polizisten gegen juristische Verfolgung abgesichert werden -der sichere Weg in einen Polizeistaat.
Die tunesische Regierung stehe unter Beweisdruck, meint das bedeutende deutsche Blog Telepolis. Sie müsse nun den Nachweis führen, dass das Land sicher sei: Nach den beiden bestialischen Terroranschlägen auf Touristenziele, im März auf ein berühmtes Museum in Tunis und ihm Juni am Strand und in einer Hotelanlage am beliebten Küstenort Sousse, hat sich der Blick auf das Land verändert.
Tunis will offenbar in einer ersten Reaktion auf politisch harte Maßnahmen setzen, die aber im Kampf gegen Dschihadisten wohl nicht besonders effektiv sein dürften. Mittel wie die Verhängung des Ausnahmezustands und Abschreckung mit der Todesstrafe für terroristische Straftaten aus dem neuen Anti-Terrorgesetz. Ferner lanciert Tunis Erfolgsmeldungen, die hartes Durchgreifen vermitteln sollen. Zwar gibt es in Tunesien die Todesstrafe, aber sie wurde seit 1991 nicht mehr ausgeführt. Umso größer ist das Unbehagen der zivilgesellschaftlichen Gruppen darüber, dass mit dem neuen Anti-Terrorgesetz eine Tradition fortgesetzt würde, die man aus Ben Alis Zeiten kennt, dass harte Strafen gegen innenpolitische Gegner in Anschlag gebracht werden.
Ausland übt Druck auf Tourismus aus
Die britische Regierung forderte ihre Landsleute nach dem Sousse-Anschlag, der vorwiegend Briten getroffen hatte, auf, Tunesien zu verlassen. Die Risikoabwehrmaßnahmen seien „nicht ausreichend“, so das britische Außenministerium. Die tunesische Regierung hat es nun mit der Lösung der nicht einfachen Frage zu tun, wie man das Risiko abwehren kann, dass darin besteht, dass schon ein zu allem bereiter, selbstmörderischer Attentäter mit einer Kalaschnikow menschliche, politische und wirtschaftliche Katastrophen herbeiführen kann.
Die britische Regierung hatte ihre Bürger zur Abreise aus Tunesien aufgefordert, weil sie einen weiteren Terrorangriff befürchtete. Touristen sollten dazu ihre Reisebüros kontaktieren, erklärte das Außenministerium in London. Es riet von allen Reisen nach Tunesien ab, die nicht absolut notwendig sind.
“Seit dem Angriff in Sousse hat sich die Bedrohungssituation beachtlich entwickelt”, sagte Außenminister Philip Hammond. “Das führt uns zu der Ansicht, dass ein weiterer terroristischer Anschlag hoch wahrscheinlich ist.”
Die Reisewarnung sei nicht leichtfertig verhängt worden und werde ständig überprüft, so der Minister. Nach Angaben der BBC sollen derzeit zwischen 2500 und 3000 Briten in dem Land sein. So kann es Touristen gehen, wenn ihre Regierung sich nicht von Machtansprüchen eines untergegangenen Big Empire lösen kann (unsere ach so unparteiliche Journaille wirft so was ja fälschlich immer Putin vor, anstatt Cameron). Ob die Briten insgeheim mal wieder vorher davon wussten? Man denke an Coventry im 2.Weltkrieg. Der Terrorist hatte sich immerhin auf Facebook, also unter den Augen der US-Geheimdienste und ihren britischen Juniorpartnern profiliert…
In einer durch wirtschaftliche Probleme aufgeheizten Situation, in der gewalttätige Polizeiübergriffe keine Seltenheit sind, wachsen Befürchtungen, dass die Immunität der Polizei zu einem innenpolitischen Instrument gegen unliebsame Oppositionelle wird. Tunesien kennt solche Erfahrungen. Die Lage im Land drängt damit politisch nach rechts, nachdem sich gerade durch das erfolgreich durchgeführte Weltsozialforum in Tunesien eine hoffnungsvolle Entwicklung abzeichnete -dies gefiel wohl bestimmten Kräften nicht, die den ganzen arabischen Raum in Chaos und Terror stürzen wollen.
Weltsozialforum trotzt Terror in Tunis
Gerd R. Rueger
Tunis. Das zwölfte Weltsozialforum wird vom 24. bis 28. März 2015 erneut in Tunis stattfinden. Das Forum ist überschattet vom Terroranschlag auf das Bardo-Museum vor wenigen Tagen. Die traditionelle Auftaktdemonstration des Weltsozialforums wird diesmal vom Stadtzentrum zum besagten Museum führen und soll die Solidarität mit den Opfern und der demokratischen Bewegung Tunesiens zum Ausdruck bringen. Erwartet werden Zehntausende Aktivisten aus aller Welt. Im Zentrum des WSF steht die Debatte über den Widerstand gegen das Spardiktat („Austeritätspolitik“), das den Völkern von Neoliberalen und Finanzmächten weltweit aufgezwungen wird: Es droht der Austerizid ganzer Gesellschaften.
Die Stimmung ist ruhig, Sicherheitsmaßnahmen sind im Stadtbild wenig sichtbar. Nur das Zelt, in dem sich die Forumsteilnehmer auf dem zentralen Boulevard anmelden können, wird demonstrativ von schwerbewaffneten Sicherheitskräften geschützt. Erstaunlich ist, dass sich an den großen Protestaktionen gegen den Terror auch salafistische Gruppen beteiligt haben, die vor zwei Jahren noch sehr aggressiv gegenüber allen demokratischen Bewegungen aufgetreten sind. Ansonsten ist der Einfluss der tunesischen Linken auf das Forum deutlich, besonders der Front Populaire, eines Bündnis verschiedener kommunistischer und sozialistischer Gruppen. Der Front Populaire-Parlamentarier Fatih Chamkhi ist zugleich Vorsitzender von ATTAC Tunesien und tritt auf einer ganzen Reihe von Veranstaltungen als Sprecher auf -in der Tradition der Jasminrevolution und des WSF Tunis 2013. Damals zählten die Veranstalter mehr als 50 000 Teilnehmer, es war das erste Weltsozialforum in einem arabischen Land. Auch der deutsche Geheimdienst BND interessierte sich schon für das WSF in Tunis 2013.
Weltsozialforum gegen Geldeliten und G7
Das Weltsozialforum ist eine Gegenveranstaltung zu den Gipfeln der Welthandelsorganisation (WTO), dem Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF) und den jährlichen Weltwirtschaftsgipfeln der Regierungschefs der G8-Staaten. Die Bewegung entstand durch die Initiative verschiedener internationaler Organisationen, die ihrerseits aus der Erhebung der Zapatisten in Chiapas (Mexiko) im Jahr 1994 hervorgingen. Indigene Bewohner dieser Region rebellierten gegen neue Formen der Unterdrückung, die im Zusammenhang mit der Globalisierung standen. Die erste Veranstaltung fand 2001 in Porto Alegre / Brasilien, statt und wurde zu einem Symbol für die Bewegung der Kritiker der Globalisierung.
Den Veranstaltungsort Tunis hatte der Internationale Rat auf seiner Tagung im Dezember 2013 in Casablanca beschlossen. Politisch sprach vieles für eine Rückkehr nach Tunis und auch der Terror gegen die tunesische Gesellschaft hat nichts daran geändert. In der Folge des WSF im Frühjahr 2013 in Tunis hatte sich eine breite Sozialforumsbewegung in der Region bis hinein in den Nahen Osten entwickelt. Es fanden und finden dort vielfältige regionale und thematische Foren statt, die das zivilgesellschaftliche Leben deutlich prägen. Es geht auch darum, die friedliche Entwicklung Tunesiens als Gegenmodell zu den kriegerischen Zerstörungen in anderen arabischen Ländern der Region zu betonen.
Zeitplan
- 24. März – Eröffnungs-Demonstration: Opening March
- 25. März – Revolutionen und Kämpfe für Würde, Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Maghreb, Mashreq und überall in der Welt (selbstorganisierte Aktivitäten)
- 26. März – selbstorganisierte Aktivitäten
- 27. März – Versammlungen mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten
- 28. März – Vormittag: Vollversammlung, die über Aktionen beraten soll. Nachmittag: Abschlussmarsch
Aus Deutschland haben sich die kirchliche Kampagne Brot für die Welt, die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) und die DGB-Jugend aus Nordrhein-Westfalen angekündigt. Auch aus den anderen europäischen Ländern sind große Gewerkschaften vertreten und aus Italien die traditionsreiche soziale Vereinigung ARCI, die mit über einer Million Mitgliedern seit langem eine wichtige Rolle in den sozialen Bewegungen spielt. Aus Griechenland kommen viele ATTAC-Mitglieder und natürlich sind Referenten der sozialistischen Regierungspartei Syriza angekündigt.
Kampf gegen neoliberale Spardiktaturen
Es soll eine Kampagne gegen die Erpressung der südeuropäischen Staaten durch EU-Regierungen geben, die Gemeinsamkeiten dieser Angriffe, dieser bösartigen Verarmungsprogramme des Austerizids ganzer Gesellschaften (besonders Griechenland und Spanien) herauszuarbeiten. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen wird sich mit diesem Thema beschäftigen, einige davon werden von ATTAC organisiert. Weiter ist eine Konvergenzversammlung geplant, auf der mit allen Interessierten eine konkrete Kampagnenplanung entworfen werden soll.
Es gibt Ansätze, die Hoffnung machen, wie zum Beispiel die Blockupy-Proteste anlässlich der Eröffnungsfeier der Europäischen Zentralbank am vergangenen Mittwoch in Frankfurt am Main. In Frankreich, in den USA, in Südeuropa (vor allem in Griechenland und Spanien) und Südamerika sowie in Indien gehen die Menschen gegen Kürzungen von Sozialleistungen und neoliberale Programme auf die Straße und organisieren sich. Ein wichtiges Anliegen ist es, auf dem Weltsozialforum alle Ansätze und Bewegungen zu einer gemeinsamen Strategie zusammenzuführen.
3840 Organisationen haben bis zum 10.01.2015 rund 2350 Einzelveranstaltungen angemeldet. Aufgrund der begrenzten Raumkapazitäten wurden die Veranstalter gebeten, ihre Veranstaltungen mit gleichartigen anderen Veranstaltungsanmeldungen zusammenzulegen. Das Ergebnis dieses Prozesses sind nunmehr 1074 Veranstaltungen, die sich in die folgenden zehn Themenbereiche aufgliedern:
- Klimaveränderungen / Ökologische Gerechtigkeit
- Steuerung / Strafe / Regulation der Aktivität von multinationalen Konzernen
- Demokratie / bürgerliche und politische Rechte
- Wirtschaftliche und soziale Rechte / Bekämpfung von Armut und Ungleichheit
- Finanzmarktregulierung / Schulden / Steuern
- Landesjustiz / Zugang zu Land / Landraub
- Migration / Migrantenrechte
- Menschenrechte
- Frauenrechte / Gleichstellung der Geschlechter
- Arbeit / Gewerkschaftskämpfe
Dominanz des Neoliberalismus brechen
Mit den weltweiten Treffen wird unter anderem beabsichtigt, Alternativen zum in den Medien „vorherrschenden Denkmodell des globalen Neoliberalismus“ aufzuzeigen und deren Ausarbeitung zu fördern. Auf der Ebene der Symbolpolitik soll es zum Ausdruck bringen, dass es auch eine andere Globalisierung gibt, die sich abseits von WTO und G8-Gipfeln bewegt. Das Vernetzen sozial engagierter Personen und Organisationen soll dabei auch zum Ausdruck bringen, dass eine Globalisierung – statt einer „Deregulierung zum Vorteil des Stärkeren“ – auch verantwortungsbewusstes Denken und Handeln für das Wohl der ganzen Welt bedeuten kann.
Das Weltsozialforum soll weniger konkrete Maßnahmen beschließen, oder Resolutionen verabschieden, sondern eher der Koordination und dem Erfahrungsaustausch dienen. Das große Spektrum verschiedener Gruppen öffnet zum einen die Chance auf verschiedene Blickwinkel und einen breiten Interessenaustausch. Zum anderen aber lässt es wirklich gemeinsame Positionen illusorisch erscheinen. Viele der Teilnehmer, insbesondere aus den sogenannten Entwicklungsländern, interessieren sich nicht für ideologische Grabenkämpfe, sondern fordern vielmehr eine pragmatische Politik. So unterstützen viele durchaus eine Öffnung des Weltmarkts, kritisieren jedoch Wettbewerbsverzerrungen z. B. durch Subventionen in den Industrieländern. Damit vertreten diese Teilnehmer eher „neoliberale“ Positionen.
Die Charta der Prinzipien aus dem Jahr 2001 definiert die Identität des Weltsozialforums (WSF): „Das Weltsozialforum ist ein offener Treffpunkt für reflektierendes Denken, für die demokratische Debatte von Ideen, für die Formulierung von Anträgen, für freien Austausch von Erfahrungen und zum Vernetzen effektiver Aktionen von Gruppen und Bewegungen der Zivilgesellschaft, die sich dem Neoliberalismus und der Weltherrschaft durch das Kapital oder irgendeine andere Form des Imperialismus widersetzen und sich für den Aufbau einer planetarischen Gesellschaft engagieren, in der der Mensch
im Mittelpunkt steht… Das Weltsozialforum bringt Organisationen und Bewegungen der Zivilgesellschaft aus allen Ländern in der Welt nur zusammen und verbindet sie, aber beabsichtigt nicht, eine Institution zu sein, welche die Weltzivilgesellschaft repräsentiert. “
Polizeiangriffe auf Presse in Tunesien
Tunis–Center for Press Freedom gegen Polizeigewalt
In der neuesten Ausgabe des jährlichen World Press Freedom Index belegte Tunesien den 126.Platz aus 180 Ländern, eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Jahr 2014. Die Ergebnisse waren jedoch immer noch enttäuschend für viele Tunesier –angesichts der kontinuierlichen gemeldete Angriffe auf Journalisten. Das Tunis–Center for Press Freedom, eine tunesische NGO, die arbeitet daran, Verstöße gegen die tunesische Presse und Berichterstattung zu dokumentieren. Sie berichtet 18 Angriffe auf Medienschaffende im letzten Januar, vor allem von Seiten der Sicherheits- und Regierungsbeamten. Dies ist kein gutes Zeichen für die Arbeit der neu gewählten gemäßigten Regierung. Wer gegen die radikale Ideologie der Islamisten glaubwürdig vorgehen will, sollte die Menschenrechte und Pressefreiheit achten. Tunesien steht zwar immer noch viel besser da als Staaten, die von der NATO bombardiert wurden wie etwa Libyen, das von Afrikas Staat mit dem höchsten Lebensstandard zum „gescheiterten Staat“ wurde, dem Westkonzerne nun das Öl plündern.
Aber von der in Westmedien behaupteten Musterdemokratie ist Tunis noch weit entfernt.
Sieg der Vernunft? Wahl in Tunesien 2014
Gerd R. Rueger, Tunis/Sfax
Tunis. Die Bekanntgabe vorläufiger Ergebnisse der am Sonntag abgehaltenen Parlamentswahl durch die Wahlkommission ISIE zögerte sich immer weiter hinaus. Eine bereits am Morgen angekündigte Pressekonferenz wurden mehrfach verschoben. Sieger ist die säkulare Allianz Nidaa Tunis, die auch alte Ben Ali-Komplizen aufstellte.
Die Kommission hat bis zum 30. Oktober Zeit, das Endergebnis bekannt zu geben. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 62 Prozent und die Wahl verlief weitgehend friedlich. Vorher waren mögliche Anschläge der salafistischen Terrorgruppe Ansar al-Scharia befürchtet worden, die nicht nur in Libyen, sondern auch in Tunesien agiert.
Der Europarat lobte den Ablauf der ersten Parlamentswahl in Tunesien seit dem Arabischen Frühling. Die Wahl am Sonntag sei „ordentlich“ und auf der Grundlage der neuen Verfassung des Landes verlaufen, betonte der Generalsekretär des Rates, Thorbjørn Jagland. Zu ausländischen Versuchen, die Situation in Tunesien durch einsickernde Islamisten zu destabilisieren, äußerten die Europäer sich nicht.
Das vorläufige Endergebnis war noch nicht bekannt gegeben, da räumte Yusra Ghannouchi, die Sprecherin der Islamistenpartei Ennahda („Wiedergeburt“), ihre Niederlage ein. Gewinner der Wahl wird die säkulare Parteien-Allianz Nidā’ Tūnis („Ruf Tunesiens“) sein. Der schlechte Ruf des Islamismus und die heikle Bündnispolitik mit alten konservativen Kräften noch aus der Zeit der Diktatur Ben Alis brachte der breiten Allianz den Sieg.
Die Ennahda, die bei der Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung 2011 noch 89 von 217 Sitzen gewann und das Land bis 2013 regierte, kommt vermutlich nur auf 28 bis 31 Prozent und höchstens 68 Sitze. Die sozialdemokratische Ettakatol, die 2011 mit der Ennahda koaliert hatte, wird mit in den Abgrund gezogen und muss mit massiven Verlusten rechnen.

Beji Caid el Sebsi ist Vorsitzender von Nidā’ Tūnis. Foto: Guillaume Paumier. Lizenz: CC BY 3.0.
Der Ennahda-Funktionär Lotfi Zitoun appellierte bereits an den anscheinenden Wahlgewinner, zusammen mit seiner Partei eine „Regierung der Einheit“ zu bilden, die seinen Worten nach dem „Interesse des Landes“ am besten gerecht würde. Ein anderer mögliche Koalitionspartner der Nidā’ Tūnis wäre die Partei des Oligarchen Slim Riahi, die mit Popkonzerten für sich warb und überraschend stark abschnitt, so tp.
Sieger: Die Allianz Nidaa Tounès
Mourakiboun, die tunesische Wahlbeobachterorganisation, ging gestern davon aus, dass die Allianz Nidaa Tounès auf 37,1 Prozent der Stimmen kommen wird, während auf die islamistische Ennahda 27,9 Prozent entfielen. Tunesische Medien berichteten unter Berufung auf Umfragen über einen ähnlichen Wahlausgang.
Auf ihrer offiziellen Facebook-Seite verkündete Nidaa Tounès ihren Wahlsieg. „Wir haben gewonnen, lang lebe Tunesien“, hiess es dort. Parteichef Béji Caïd Essebsi hatte sich am Sonntagabend noch vorsichtig gezeigt und erklärt, es gebe Hinweise, wonach die Partei an der Spitze sein könnte.
Die islamistisch-gemäßigte Ennahda-Partei, die derzeit in der verfassunggebenden Nationalversammlung die Mehrheit hält, teilte mit, auf Platz zwei gelandet zu sein. Nidaa Tounès habe einen Vorsprung von etwa einem Dutzend Sitzen, erklärte Ennahda-Sprecher Zied Laadhari. Dies seien aber nur Hochrechnungen, betonte der Sprecher.
Der Unternehmer Slim Riahi hoffte auf einen Überraschungserfolg mit seiner neoliberalen Freien Patriotischen Union. Der 42-jährige ist Vorsitzender des beliebten Fussballvereins Club Africain in Tunis und tritt ausserdem bei der Präsidentenwahl am 23. November an.
Die Ennahda war 2011 aus der ersten freien Wahl nach dem Sturz von Zine el Abidine Ben Ali im Arabischen Frühling mit Abstand als stärkste Kraft hervorgegangen. Wenn das neue Parlament die Arbeit aufnimmt, kann die derzeitige Übergangsregierung von einer gewählten politischen Führung abgelöst werden. Mit der Wahl eines Präsidenten bis zum Jahresende soll der nach der Jasminrevolution eingeleitete Weg in die Demokratie abgeschlossen sein. Bis spätestens Februar soll das Kabinett arbeitsfähig sein. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre.
Vorgeschichte: Urlaubsparadies Diktatur
Ab 1994 war Tunesien eine vom Westen anerkannte repräsentative Demokratie, die als in den Medien romantisiertes Urlaubsparadies viele Deutsche, Franzosen, Italiener ins Land locken konnte. Alle Wahlen erbrachten wundersamer Weise Ergebnisse von bis zu über 90 Prozent der Stimmen für Ben Ali und seine Partei Rassemblement constitutionnel démocratique. Zuletzt war der prowestliche Präsident 2009 für weitere fünf Jahre bestätigt worden, weshalb die nächste reguläre Wahl 2014 stattfinden sollte.
Um den Jahreswechsel 2010/2011 stürzte jedoch der danach auch in Westmedien Diktator genannte Ben Ali durch die tunesische -mehr im Ausland als dort selbst- Jasminrevolution genannte Erhebung. Das Amt des Präsidenten wurde mit dessen Flucht am 15. Januar 2011 vakant und bis zu einer regulären Wahl interimistisch ausgefüllt. Zunächst war geplant, bereits wenige Monate darauf eine Präsidentschaftswahl abzuhalten. Da jedoch im Lauf der Revolution die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde, fehlten die Voraussetzungen für die Durchführung jeder Art von Wahlen. Der am 16. Januar bestimmte Interimspräsident Fouad Mebazaâ gab daher am 3. März bekannt, dass eine verfassunggebende Versammlung einberufen werden solle, die, verzögert, am 23. Oktober 2011 gewählt wurde und die innerhalb eines Jahres eine Verfassung erarbeiten sowie die Präsidentschafts- und Parlamentswahl organisieren sollte.
Es kam immer wieder zu Verzögerungen wegen ökonomischer Schwierigkeiten und politischer Verwerfungen, die sich im ersten Halbjahr 2013 durch die Ermordung der linken Oppositionspolitiker Chokri Belaid und Mohamed Brahmi zuspitzten. Die Wahlen, auf den 23. Juni 2013 angesetzt, wurden nach Protesten gegen die Regierung zuerst auf den 17. Dezember und dann ins Jahr 2014 verschoben, als die Regierung Ali Larajedhs Ende 2013 wegen des öffentlichen Drucks zurücktrat.
Als Gründe für das für Ennahda enttäuschende Abschneiden unter anderem den wirtschaftlichen Niedergang während der Regierungszeit der Partei und ihren Kuschelkurs im Umgang mit den Ansar al-Scharia-Extremisten. Als diese die beiden linksoppositionellen Politiker ermordeten, hatte sich Ennahda nach den massiven Protesten aus der Übergangsregierung verabschiedet und die Macht an ein Technokratenkabinett abgegeben.
Guide to Tunisian Parties
ENNAHDA – Originally founded in 1981 under the name of Islamic Tendency Movement by Rached Ghannouchi, who is still the party’s leader, Ennahda was subject to suppression under Ben Ali. Its leadership was exiled or jailed during the regime, including Ghannouchi who spent years in Britain. He returned to Tunisia after the revolution, and Ennahda became a legal party. The party won around 40 percent of the seats in Tunisia’s first transition assembly in the 2011 election and formed a coalition government with two smaller secular parties. Ghannouchi’s party was criticised by opponents for its economic management and for its laxity with hardline Islamists. But Ghannouchi was also seen as a more flexible Islamist leader who was able to compromise with rivals and end the crisis.
NIDAA TOUNES – Founded in 2012, mainly in reaction to the victory of Islamists after the revolution, Nidaa Tounes is an alliance that includes some former members of the Ben Ali regime, including party chieftain Beji Caid Essebsi. It is now the largest rival to Ennahda. Essebsi, 87, was a political figure in Tunisia since after the 1956 independence from France, a minister under Tunisia’s first President Habib Bourguiba, and a parliament speaker under Ben Ali. Nidaa Tounes presents itself as a modern movement best able to manage the problems of one of the Arab world’s most secular countries.
POPULAR FRONT – A coalition that includes dozens of smaller parties from the left-wing to nationalists as well as independent intellectuals. Founded in 2012, it presents itself as the third choice between Islamists and Nidaa Tounes. Its leader, Hamma Hammami, was also arrested by Bourguiba and Ben Ali, and is running as a presidential candidate. Two of its leaders Chokri Belaid and Mohamed Brahmi were assassinated by Islamist militants in 2013, triggering a political crisis that forced Ennahda-led government to step down.
REPUBLICAN PARTY – Formerly known as the Progressive Democratic Party or PDP, it changed its name after the revolution. Its leaders were among the most active in the 2011 uprising and were opponents of the Ben Ali regime. Its leader Ahmed Nejib Chebbi was a staunch foe of Ben Ali and was banned from running in 2009 elections during his regime. He participated in a national unity government in 2011.
INITIATIVE PARTY – A new party created after the revolution, the Initiative movement is led by Ben Ali’s former foreign and defence minister Kamel Morjane and is one of the three parties created by members of the old regime participating in the election. The party may do well in local areas where Morjane has influence. He was also a former diplomat in the United Nations. He says he apologised for his role in the Ben Ali regime, and believes his technocrat experience can be used to help Tunisia.
CONGRESS FOR THE REPUBLIC OR CPR PARTY – A secular, centre-left party created in 2011 by Moncef Marzouki, the current president of Tunisia. He was a human rights activist from 1989 to 1994, and a longtime opponent of Ben Ali. He was arrested several times under the former regime and sought exile in France for ten years before returning after the uprising. The CPR presents itself as a revolutionary party and opposes the return of former Ben Ali figures.
ETTAKATOL – A small Social-Democrat party founded in 1994 by medical doctor Mustapha Ben Jaafar. He was the head of the Tunisia assembly after the first election following the 2011 revolt, and Ettakatol were part of the coalition government led by Ennahda before they stepped down.
Von der Jasminrevolution zur Verfassung
Fast alle Westmedien beglückwünschten Tunesien für seine in Kraft gesetzte neue Verfassung. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte die Tunesier als ein Vorbild für andere Völker, „die Reformen wünschen“. Griechen, Spanier, Portugiesen, die eine Reform der neoliberalen Finanzdiktaturen wünschen, sind damit natürlich nicht gemeint. EU-Europa zeigt der Levante lieber weiterhin seine ausgeplünderte, verelendete Südzone, gibt aber Tunis viele gute Ratschläge. Die Klerikal-Diktatur des Vatikanstaat mahnt Demokratie an -in Tunesien.
Tunis. Im Herbst 2013 begann unter Führung des Gewerkschaftsbundes Union Générale des Travailleurs de Tunisie (UGTT) ein nationaler Dialog. Nach dem Mord an Chokri Belaïd im Februar 2013 musste die Ennahda Schlüsselministerien, darunter das Innenministerium, an als unabhängig geltende Politiker abgeben. Das Ziel war jetzt, eine Expertenregierung einzusetzen, die 2014 Parlaments- und Präsidentenwahlen organisieren soll. Die westlichen Finanz-Diktaturen lieben solche Expertenregierungen, die als angeblich neutrale Instanz, wie Unternehmensberater im Betrieb, den Völkern harte Maßnahmen verkünden sollen. Am 29. Januar legte die Expertenregierung in Tunis ihren Amtseid ab, einen Tag später gab der IWF den 500 Millionen Dollar-Köder für Tunesien frei, die er „wegen der politischen Krise“ blockiert hatte. Jetzt hat Tunesien seine Verfassung und alles ist eitel Sonnenschein in deutschsprachigen Medien und seitens der deutschen Bundesregierung.
Lob aus aller Welt
Spitzenpolitiker aus aller Welt, weiß die deutsche Tagesschau, haben die Verabschiedung der neuen Verfassung in Tunesien als großen Erfolg für das Land und seine Bürger gewürdigt, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete den in der Nacht vom Übergangsparlament angenommenen Text als „historischen Meilenstein“. Moon lobte die Tunesier als ein Vorbild für andere Völker, „die Reformen wünschen“. Griechen, Spanier, Portugiesen, die eine Reform der neoliberalen Finanzdiktaturen wünschen, sind damit natürlich nicht gemeint.
Das tunesische Übergangsparlament habe nach zwei Jahren heftigen Ringens die neue Verfassung angenommen, erfährt der ARD-Konsument, 200 Abgeordnete hätten für den Text gestimmt, lediglich vier Parlamentarier votierten dagegen. Die neuen Regelungen gälten als wegweisend in der arabischen Welt. Festgeschrieben seien „in dem Land mit fast durchgängig muslimischer Bevölkerung“ sogar Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit sowie Geschlechtergleichstellung.
„Im Gegensatz zu fast allen anderen arabischen Ländern sind die Prinzipien der islamischen Scharia (Religionsgesetz) in Tunesien nicht Hauptquelle der Gesetzgebung. Zudem gibt es auch keine Sonderregelungen, die das Militär praktisch jeder zivilen Kontrolle entziehen – wie beispielsweise in der neuen ägyptischen Verfassung. Tunesien gilt seit dem Sturz von Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali vor drei Jahren als das Mutterland des Arabischen Frühlings.“
Der geplante demokratische Übergang habe sich allerdings als schwieriger als gedacht erwiesen. Der Mord an dem Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi Ende Juli hätte eine schwelende politische Krise eskalieren lassen. Der bei den ersten Wahlen nach der Revolution zur stärksten Partei gewordenen Ennahda wäre eine politische Mitverantwortung an dem von Extremisten verübten Attentat vorgeworfen worden. Die islamistische Bewegung hätte daraufhin eingewilligt, die Regierungsverantwortung im Rahmen eines nationalen Dialogs abzugeben, um die politische Krise zu beenden.
Bis zu den noch dieses Jahr geplanten Neuwahlen solle jetzt eine neue Expertenregierung unter dem parteilosen Ministerpräsidenten Mehdi Jomaâ (51) das Land führen. Der bisherige Industrieminister wäre bereits im Dezember für die Regierungsspitze bestimmt worden und hätte jetzt sein Team dem Übergangspräsidenten Moncef Marzouki vorgestellt. Es bestehe aus 21 Ministern und sieben Staatssekretären, drei von ihnen Frauen. Soweit die huldvolle ARD-Würdigung.
Für die links- bis neoliberale Süddeutsche erreichte Tunis einen politischen Etappensieg: „Die Abgeordneten in Tunis feierten den politischen Etappenerfolg mit Applaus und Jubelrufen“. (SZ)
Die ehemals linksliberale, aber nun abgewirtschaftete Frankfurter Rundschau, die 2013 nicht weniger als 80-90 Prozent ihrer Belegschaft entlassen hatte, gibt sich noch enthusiastischer:
Die FR titelt: „Tunesien Tunesiens glücklicher Neubeginn“ und jubelt über das „Ursprungsland der Arabellion“ und seine neue Verfassung, denn die sei kompromissbereit und gewaltfrei, setze sogar bei der Gleichstellung der Frauen es neue Maßstäbe in der Region. Tunesien sei nach seiner neuen Verfassung ein demokratischer Staat, der von einer zivilen Regierung geführt wird. Die Macht sei recht gleichmäßig zwischen Parlament und Präsident verteilt und man merke dem Dokument an, dass es eine Rückkehr zu einem autoritären Regime möglichst verhindern wolle. Als Gegenleistung für die Islamisten wurde aber ein sehr umstrittener Artikel in die Verfassung aufgenommen: So macht sich weiterhin strafbar, wer Religionen und Heiligtümer beleidigt. Doch das könne die Freude nicht ernsthaft trüben:
„Viele der Delegierten weinten vor Freude, andere tanzten, fielen sich begeistert in die Arme: Am späten Sonntagabend wurde das neue tunesische Grundgesetz mit überwältigender Mehrheit von der verfassungsgebenden Versammlung angenommen.“ (Frankfurter Rundschau)
„Der Standard“ aus Wien verweist dagegen auf die Geburtswehen der tunesischen Demokratie:
„Es war keine leichte Geburt. Über zwei Jahren hatte es gedauert, bis die Verfassung fertig war. Meinungsverschiedenheiten zwischen der stärksten Fraktion im Parlament, der islamistischen Ennahda, und den säkularen Kräften hatten den Prozess immer wieder zum Stocken gebracht. Mehrmals drohte der Übergang zur Demokratie zu scheitern. So im Februar und im Juli 2013, nachdem jeweils ein linker Oppositionspolitiker ermordet wurde. Es war letztlich der Druck der Zivilgesellschaft und die Vermittlung der Gewerkschaft UGTT, die zur Einigung führten.“
Noch skeptischer zeigt sich die erzkonservative Schweizer NZZ:
Sie titelt „Eine neue Verfassung macht nicht immer einen neuen Staat“, die Vorreiter des arabischen Frühlings, Ägypten und Tunesien, hätten sich zwar neue Verfassungen gegeben, das sei aber nur für das eine Land eine gute Neuigkeit. Die tunesische Verfassung sei „sogar ausserordentlich modern“, greife aktuelle Themen unserer Zeit auf, wie etwa das Recht auf Wasser. Aber, so zitiert die NZZ eine Nahostwissenschafterin, die Verfassung sei „nicht demokratisch“ ausgearbeitet worden: Nach dem Sturz des Muslimbruder-Präsidenten Mursi im vergangenen Sommer hätte der Übergangspräsident eine 50-köpfige Verfassungskommission ernannt, die nur zwei Vertreter islamistischer Strömungen enthielt. Die größte politische Oppositionskraft hätte damit kein Gewicht erhalten, meckert die NZZ. Warum dies „nicht demokratisch“ sein soll, erklärt sie freilich nicht. Wenn demokratisch gewählte Politiker ein Verfahren festlegen, über dessen Ergebnis dann demokratisch abgestimmt werden kann, wirkt es doch ziemlich demokratisch. Doch die alpinen Plebiszit-Weltmeister, die mittels eines solchen gerade einen fremdenfeindlichen Einwanderungs-Stopp beschlossen haben, glauben ja oft, sie hätten die Demokratie erfunden.
Den Vogel abgeschossen hat aber der Vatikan –hoffentlich keine heilige Taube. Sein deutschsprachiger Sender Radio Vatikan mahnte in Richtung Tunesien: „Verfassung muss mehr als nur Fassade sein“. Nach der Bestätigung der neuen Verfassung in Tunesien habe ein katholischer Geistlicher im Land vor „zu großer Euphorie“ gewarnt:
„‘Erst einmal müssen die Politiker beweisen, dass die Verfassung mehr ist als nur Fassade‘, sagte der Ordensmann Ramon Esheverria von der Gemeinschaft der Weißen Väter im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Tunis. Vor allem wirtschaftliche Stagnation und Arbeitslosigkeit seien Probleme, die die letzte Regierung vernachlässigt habe. ‚Wenn die Leute genug zu essen und Arbeit haben, stärkt das auch die Demokratie‘, so der Ordensmann. Obwohl sich die Islamisten aus der Regierung zurückgezogen hätten, fänden sie in der Bevölkerung nach wie vor viele Anhänger, so der Geistliche. Es gebe gute Chancen, dass die Partei bei den Präsidentschaftswahlen bestätigt werde. Gleichzeitig begrüßte der Pater die Gleichstellung von Mann und Frau in der neuen Verfassung, die Meinungsfreiheit und einen Gesetzesartikel, der Diffamierungen wegen Unglaubens untersagt.“
All das hier katholisch-klerikal gelobte Gesetzeswerk fehlt freilich dem Vatikan selbst. Der Kirchenstaat ist nach wie vor eine Klerikal-Diktatur, die von Meinungsfreiheit, Gleichstellung der Geschlechter usw. nur träumen kann. Wie wäre es mit einer demokratischen Verfassung?
Coronavirus in Tunesien: Erster Todesfall
Gerd R. Rueger und Ludwig Virchow 22.05.2013
Am neuen Coronavirus starb erstmals auch ein Mensch in Tunesien. Der aus Saudi-Arabien eingereiste Patient sei bereits am 10. Mai gestorben, so die tunesischen Gesundheitsbehörden. Angehörige des Mannes seien ebenfalls infiziert, die Behandlung verlaufe bislang gut. Ein weiteres Corona-Todesopfer wurde am Montag in Riad gemeldet. Jetzt rächt sich der neoliberale Effizienz-Wahn im Gesundheitsbereich. Neoliberale haben seit Jahren immer mehr Geld aus der Medizin ins Finanzwesen umgeleitet.
Tunis. Am neuen Coronavirus starb schon vor zwei Wochen erstmals auch ein Mensch in Tunesien, meldet RP. Der aus Saudi-Arabien eingereiste Patient sei bereits am 10. Mai verstorben, ließ die tunesische Gesundheitsbehörde verlauten. Das von salafistischen Unruhestiftern drangsalierte Land wird nun auch noch von der neuen Corona-Seuche erfasst. Zwei Angehörige des Mannes seien ebenfalls infiziert, hieß es weiter. Bei ihnen habe die Behandlung aber gut angeschlagen, sagte der Leiter des nationalen Amtes für neuartige Krankheiten, Noureddine Achour, der Nachrichtenagentur AFP. Ein weiteres Todesopfer wurde am Montag aus Saudi-Arabien gemeldet.
Das neue Coronavirus erwies sich als gefährlicher als anfangs angenommen, denn es kann scheinbar doch von Mensch zu Mensch übertragen werden: Coronavirus-Infizierte sind demnach ansteckend. Nach Angaben der WHO gibt es immer mehr Indizien, dass eine Ansteckung bei engem Kontakt mit Infizierten möglich ist. Bislang starben etwa 60 Prozent der bekannten infizierten Patienten. WHO-Vize-Generaldirektor Keiji Fukuda sagte bei einer Visite in Riad, es gebe glücklicherweise bisher keine Hinweise auf eine Pandämie. Die arabische Halbinsel erweist sich weiterhin als Schwerpunkt der Neuinfektionen. Das Coronavirus wurde vor rund einem Jahr entdeckt und hat Ähnlichkeit mit SARS. Es löst grippeähnliche Symptome aus, die aber in eine schwere Lungenentzündung übergehen können. Anders als beim SARS-Virus führt der neue Erreger auch rasch zu tödlichem Nierenversagen.
In Deutschland gab es bislang zwei Fälle, einen in Essen und in München, letzterer verlief tödlich. Die ersten Fälle traten im Sommer 2012 auf. Das Robert-Koch-Institut erklärte, es bestehe bislang kein erhöhtes Risiko für Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung. Die Infektionen seien aus Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeschleppt worden. Hinweise auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch habe es nicht gegeben. Erkrankungen mit dem Virus sind bislang insbesondere in der Golfregion bekanntgeworden. Der mit dem Coronavirus verwandte Sars-Erreger war vergleichweise einfach direkt übertragbar. Im Jahr 2003 starben an Sars-Infektionen weltweit 775 Menschen.
Jetzt rächt sich der neoliberale Effizienz-Wahn im Gesundheitsbereich. Neoliberale haben seit Jahren immer mehr Geld aus der Medizin ins Finanzwesen umgeleitet, aber fette Boni und zu Multimillionären gepäppelte Bankster tragen rein gar nichts zu unserer Gesellschaft bei. Im Gesundheitswesen vorgehaltene Notfallkapazitäten können dagegen bei einer (unweigerlich irgendwann eintretenden) Pandämie Leben retten. Durch eine verbrecherische Betriebswirte-Sicht, vor allem auf unsere Krankenhäuser, werden Notfall-Reserven jedoch als „Überkapazitäten“ verteufelt und gnadenlos abgebaut. Die neoliberale Ideologie der Privatisierung hat mit sogenanntem „Care-Management“ und einer zynisch-verlogenen Medienpropaganda der angeblichen „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen diese Linie durchgesetzt. Dabei sind die deutschen Gesundheitsausgaben nie sonderlich schnell gestiegen. Die neoliberalen Betrüger blendeten das Medienpublikum jedoch mit absoluten Kostenzahlen, die nicht auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) relativiert waren, um ihre „Explosions“-Metapher durchzusetzen.
Die Zunahme der Gesundheitskosten von 1992-2003 lag als Anteil am BIP nur bei 1,2% (in einem High-Tech-Bereich wie der Medizin noch viel zu wenig). Von einer „Kostenexplosion im Gesundheitswesen“ konnte keine Rede sein, dennoch dröhnte diese Lüge jahrelang durch alle Medienkanäle. Bis die rotgrüne, rotschwarze und erst recht die schwarzgelbe Politmafia unser Geld via Steuergeschenke an die Reichen ungestraft den Kranken stehlen konnte. Zynisch ist dies, weil die Bankster und andere reichgewordene Neoliberalismus-Profiteure im Fall der kommenden Pandämie für sich und ihre Angehörigen natürlich teure Luxuskliniken bereithalten. Den Rest der Menschheit wollen sie gnadenlos sterben lassen: Dr.Mengele trägt heute den Nadelstreifenanzug des Top-Managers.
Siehe auch: Die politische Dimension: Geißel Neoliberalismus
Rudolf Virchow Das Gesundheitswesen leidet mehr als unter allen neuen Killer-Keimen unter der zynischen Ideologie des Neoliberalismus. Der Medizinreformer und deutsche Urliberale Rudolf Virchow (1821-1902) würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, welche Lumpenbande sich heute das Wimpelchen “liberal” anheftet. Nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen westlichen Welt werden unter der Finanz- und Mediendiktatur des Neoliberalismus Gelder aus der Medizin in das Finanzwesen umgeleitet. (mehr…)
Salafisten, Ennahda und die Zukunft Tunesiens



- Ennahda, 89 Sitze
- Kongress für die Republik, 29 Sitze
- Volkspetition, 26 Sitze
- Ettakatol, 20 Sitze
- Demokratische Fortschrittspartei, 16 Sitze
- Demokratischer Modernistischer Block, 5 Sitze
- Die Initiative, 5 Sitze
- Afek Tounes, 4 Sitze
- Kommunistische Arbeiterpartei Tunesiens, 3 Sitze
- Kleinparteien und Unabhängige, 20 Sitze

Dr. Larbi Sadiki (University Exeter, UK) analysierte unter dem etwas despektierlich klingenden Titel „Tunisia: Still a democratic bellwether“ („Tunesien ist immer noch der Leithammel der Demokratie“) für Al Dschasira die gemäßigt-islamistische („islamische“) Ennahda (Nahda) Partei, die mit ihren beiden kleineren Koalitionsparteien CPR und Ettakatol Tunesiens Regierung stellt.
Tunesien ist immer noch der Leithammel der Demokratie

Eine „Neo-Nahda“ für das neue Tunesien

- 1. Bewahrung von Nahdas Einheit.
- 2. Die Vorbereitung der Partei auf die nächsten Wahlen.
- 3. Stabilisierung der Regierungs-Troika aus Nahda, dem sozialliberalen Congres pour la Republique (CPR) und der sozialdemokratischen Ettakatol-Partei, bei der verantwortungsollen Bewältigung der gegenwärtigen politischen Krise und der Aufgaben einer „Übergangsregierung“.
- 4. Die Nahda zu einem permanenten Faktor in Tunesiens Übergang zur Demokratie machen. Eine gesunde und starke Nahda erhöht in einer noch schwächelnden politischen Landschaft die Wahrscheinlichkeit für einen glückenden Übergang zur Demokratie.
- 5. Hart arbeiten, um politische Unruhen und Spannungen durch Kompromisse zu beruhigen.
(…) ganzer Artikel auf Al Dschassira

Tunesien: PEN-Club für Blogger Jabeur Mejri
Das Writers in Prison Committee des internationalen PEN verurteilt die Festnahme des Bloggers Jabeur Mejri, dessen siebeneinhalbjährige Haftstrafe wegen angeblicher blasphemischer Äußerungen lediglich von einem Kassationsgericht am 25. April bestätigt wurde. Mejri befindet sich seit seiner Verhaftung am 5. März 2012 im Gefängnis. Der internationale PEN geht fest davon aus, dass Jabeur Mejri ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung ins Visier der Behörden geraten ist, wie es von Artikel 19 des Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) garantiert wird und zu dessen Unterzeichnern Tunesien zählt.
Der PEN fordert seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung und verlangt nach umfassenden Garantien für seine Sicherheit während der Haftzeit.
Schreiben Sie Protestbriefe:
- Verurteilen Sie die überharte Gefängnisstrafe, die gegen den Blogger Jabeur Mejri ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung verhängt wurde.
- Fordern Sie seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung unter Berufung auf Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt), zu dessen Unterzeichnern Tunesien zählt.
- Drücken Sie Ihre Sorge bezüglich der Sicherheit von Jabeur Mejri aus und verlangen Sie Garantien, dass er nicht gefoltert oder misshandelt wird während der Haftzeit. Dies würde eine Verletzung von Artikel 5 des UN-Zivilpakts bedeuten.
- Drängen Sie darauf, Jabeur Mejri unverzüglich Zugang zu umfassender medizinischer Versorgung zu gewähren.
Schreiben Sie an:
S.E. den Botschafter von Tunesien
Herrn Elyes Ghariani
Botschaft der Tunesischen Republik
Lindenallee 16
14050 BerlinDeutschland
WSF: Attac kämpft in Tunis
Auf dem Weltsozialforum in Tunis traf sich das weltweite Attac Netzwerk zur Globalisierungskritik, der weitere Kampf gegen Großkonzerne und Finanzmächte wurde koordiniert. Besucher aus 17 Ländern suchen die enge Kooperation für kollektive Kampagnen zur Kritik der globalen Finanzmafia. Attac und WSF thematisierten Armut auch im Norden und den Arabischen Frühling –mit Ergebnissen, die Bilderbergern & Co. mißfallen dürften. Der WSF endet heute mit einer Demonstration in Tunis.
Im Rahmen des WSF (Weltsozialforums) fand in Tunis ein Treffen des weltweiten Attac Netzwerks zur Globalisierungskritik statt, auf dem der weitere Kampf gegen Großkonzerne, Finanzmächte und die von ihnen abhängigen Regierungen und Medien koordiniert wurde. Vertreterinnen und Vertreter aus 17 Ländern vereinbarten eine weitere enge Kooperation mit gemeinsamen Kampagnen zur Kritik der globalen Finanzmärkte. WSF endet heute mit einer Abschlussdemonstration in Tunis, zu der 50.000 Menschen erwartet werden. Eine Tagung des International Council wird über die weitere Aktivitäten der WSF-Bewegung beraten.
Das elfte WSF hat mehr als 50.000 Menschen aus 127 Ländern in Tunis versammelt. Das WSF-Organisationskomitee schätzt, dass etwa 80 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Tunesien stammen. Die internationale Gewerkschaftsbewegung war mit rund 40 Organisationen vertreten. Aus Deutschland waren 37 Organisationen mit eigenen Aktivitäten auf dem Forum dabei, darunter neben Attac die GEW, „Brot für die Welt“ sowie Studenten-Delegationen der TU Berlin, der Uni Hildesheim u.a.
Tunesien, Jasimrevolution und Arabischer Frühling
Mit einem für das nach dem Mord an Belaid derzeit rabiaten politischen Klima Tunesiens friedlichen Eröffnungsmarsch von etwa 25.000 Demonstrierenden hatte der WSF 2013 begonnen. Mehr als 1.000 Seminare, Foren und Diskussionszirkel sowie eine Vielzahl kultureller Veranstaltungen lösten im Rahmen des WSF die Versprechen einer anderen Perspektive auf die Zukunft der Welt ein. Unsere Medien erzählen uns täglich, die Globalisierung der Finanzmächte sei alternativlos -in Tunis bewies die Globalisierungskritik das Gegenteil. Die Kreativität und Buntheit der von visionären Hoffnungen getragenen Themen und Ideen von Transparenz und Bürgerrechten über Ökologie, Menschenrechte und soziale Freiheit strafte die technokratische Experten-Monokultur unserer Mainstreamer Lügen.
Breiten Raum nahm im Mutterland der Jasminrevolution und Ausgangspunkt des Arabischen Frühlings natürlich die Frage nach Ursachen und Perspektiven der revolutionären Entwicklungen in Nordafrika ein -die auch von Netzkultur und Wikileaks angestoßen wurden. Debatten um die globale Krise der neoliberalen Weltwirtschaft zeigten auch, dass physische Armut nicht länger eine Massenerscheinung nur in den Ländern des Südens ist. Gerade aus dem reichsten Land Europas konnten die deutschen Vertreter von der gnadenlosen Ausgrenzung der Armen aus dem neoliberalen Wirtschaftssystem berichten. Hartz IV, Lohndrückerei und als Wohltat verbrämte Zwangsarbeit (Ein-Euro-Jobs) wird zynisch unter Verweis auf das noch größere Elend in südlichen Ländern gerechtfertigt: Doch es sind dieselben Geldeliten, die in Süden wie Norden die Völker und Kulturen ökonomisch strangulieren. Merkel in Europa und Obama, der ehemalige Hoffnungsträger in den USA stehen für die nur wenig geschönte Globalisierung. Doch wollen wir wirklich von Habgier zerfressenen Geldeliten, korrupten Politikern und zynischen Militärs und Geheimdiensten unsere Zukunft überlassen? Jetzt müssen wir nur noch unsere Forderungen präzisieren, dafür arbeiten und bei der nächsten Wahl eine Partei ankreuzen, die unseren Zielen gegenüber wirklich aufgeschlossen ist. Den Samstag in 14 Tagen vormerken: Der Attac-Kampf geht weiter.
Forum Social Mondial du 26 au 30 mars à Tunis:

C’est en 2001 au Brésil que le FSM a vu le jour avec une idée simple : « Un autre monde est possible ». Une charte de principes a été édictée à cette occasion.
Alors que la Tunisie est en pleine mutation il a semblé que le terrain était propice à la réflexion. Des citoyens venus de différents pays vont se retrouver et échanger pendant 5 jours.
Ce forum permet aux individus de proposer des activités, des assemblées pour discuter… ainsi prés d’une vingtaine d’assemblées de convergence sont proposées. Elles couvrent de nombreuses thématiques : droit à la communication et médias libres, droit à la libre circulation et installation des individus, lutte pour une société non violente…
Prés de 3700 organisations participent au FSM et prés de 1600 activités sont proposées. Les 5 journées promettent d’être riches en échange.
Le 26 mars sera organisée une marche le jour de l’ouverture du FSM.
Le 27 mars sera la journée des révolutions et des nouveaux acteurs.
Le 28 mars il y a aura des activités auto-organisées tout comme le 29 mars au matin.
Le 29 mars dans l’après-midi auront lieu les Assemblées de Convergence pour l’Action Commune.
Le 30 mars au matin aura lieu l’Assemblée des Assemblées et dans l’après-midi la clôture du FSM ainsi qu’une marche de solidarité avec le peuple palestinien.
Auront également lieu le 3éme Forum Mondial des médias libres, au Campus el Manar, et le Forum Mondial Sciences et Démocratie à la Faculté 9 avril.
Le FSM sera organisé sur le Campus el Manar qui sera divisé en espaces dédiés pour l’occasion : village Migration, village Femmes, village Syndical, village Médias, village Révolutions arabes et Palestine, activités jeunes, espace spectacles et sport.
De nombreuses initiatives sont donc mises en place par des organisations locales mais aussi par des organisations extérieurs. Ainsi, par exemple, un collectif parisien de sans papiers a décidé de se joindre au FSM de Tunis. Tous les premiers vendredi du mois ce collectif organise une marche pour se rendre devant la préfecture à Paris. Chaque mois quelques dossiers de sans papiers sont régularisés. A l’occasion du FMS le collectif a décidé d’organiser une caravane et de passer la mer. Le départ sera fait de Berlin, la caravane passera par Bruxelles, siège de l’UE, par Valence, Milan, puis s’embarquera pour Tunis.
L’idée est de traverser en sens inverse la frontière méridionale, cette frontière sur laquelle tant d’individus meurent chaque année. Mais il s’agit aussi d’amener des migrants à parler de leur situation sans que d’autres ne la fassent à leur place, pour qu’à partir des expériences de chacun des solutions voient peut-être le jour.