Höchststrafe für Hoeneß: In eine Zelle mit Alice Schwarzer!

Nora Drenalin

Millionen hinterzogen, Selbstanzeige verbockt? Na, dann mal eben zwei Jahre absitzen und die Fußballerehre ist gerettet. Aber halt –gut informierte, ja, ausgebuffte Finanzkriminellen-Kreise aus der Schweiz, da wo Hoeneß bis zu 140 Millionen gebunkert hatte, bezweifeln seine Version: Sooo einfach sei es nun auch wieder nicht, dreistellige Millionenbeträge zusammen zu zocken. Spekuliert wird nun u.a. über Schmiergelder bei Millionenablöse für Profifußballer. Da reicht Knast kaum noch aus: Zur Strafe in eine Zelle mit der Steuerhinterzieherin Alice Schwarzer!

Der geständige und verurteilte Mega-Steuerhinterzieher Hoeneß soll in absehbarer Zeit seine Haftstrafe antreten, zugleich schuldet er der Staatskasse rund 50 Millionen Euro, die sich aus den hinterzogenen Steuern plus Solidaritätszuschlag sowie Strafen und Verzugszinsen zusammensetzen, erzählt uns tagesschau.de –mehr weiß sie angeblich nicht und weiter will sie auch nicht denken.

Der FC Bayern München stand zwar wiederholt unter Korruptionsverdacht – z.B. bei der Vergabe der Übertragungsrechte an die Kirch-Mediengruppe oder bei der Bevorzugung von Adidas gegenüber Nike als Sponsor. Doch (ganz anders als bei Putin in Sachen Krimkrise) gilt bei Hoeneß natürlich die Unschuldsvermutung (genau wie bei Obama in Sachen Krimkrise).

Am Ende des Skandal-Prozesses gegen den Präsidenten des FC Bayern und Wurstfabrikanten Uli Hoeneß bleibt das Bild eines Zockers, der mit Devisengeschäften mal Gewinne, mal Verluste gemacht haben will –allerdings in sagenhafter Höhe. Nun fragen sich aber viele, ob seine zuletzt gezeigte Geständigkeit nicht auch wieder nur ein Täuschungsmanöver ist, so wie die erste allzu geizig geplante Selbstanzeige.

Schweizer Finanz-Insider (und die müssens eigentlich wissen) bezeichnen die Vorstellung gar als „absurd“, dass Ulli Hoeneß sein Vermögen ganz allein auf über 150 Millionen Euro vermehrt hat. Für einen Einzelnen Akteur sind solche Gewinne aus Devisenhandel praktisch unmöglich. Der Verdacht: Hoeneß will mit seinem Verzicht auf eine Revision in dem Urteil andere Akteure decken, womöglich andere Straftaten vertuschen. Denn bei einem stinkreichen Fußballverein denkt man bei Millionenprofiten nicht zuerst an Devisengeschäfte, da werden Spieler verkauft und dabei soll ja auch nebenher auch Schmiergeld fließen –vorzugsweise durch die Schweiz. Fußball fördert dubiose Finanzierungsgeschäfte, wie sie etwa beim FC Barcelona im Zusammenhang mit dem Neymar Transfer ans Licht kamen, die spanische Justiz ermittelt in der Sache wegen Unterschlagung, spekuliert telepolis dazu.

Vor allem das Bild des einsamen Zockers Hoeneß hält einer näheren Analyse kaum stand, argwöhnt das Wirtschaftsportal DWI. Im Markt mit Auslandswährungen tummeln sich immerhin Banken, Hedgefonds, Investmentfonds und multinationale Konzerne und nur wer mit extrem hohen Summen handelt, könne Gewinne in dieser Größenordnung machen. „Für einen Hoeneß ist es in diesem Markt unmöglich, aus 20 Millionen Mark zeitweise 150 Millionen Euro zu machen. Das ist völlig absurd“, zitiert DWI den Schweizer Tagesanzeiger.

Man könne in diesem Geschäft „nicht zwischen dem Trainingsgelände und dem Büro zum Hörer greifen“. Für Profis sei das schwer, für Laien gar nicht vorstellbar. Dass Hoeneß, wie z.B. am ersten Prozesstag bei Nachfragen des Richters zu den Geschäften, nicht unbedingt eine kompetente Figur machte, führt bei den Bankern, mit denen sich die Schweizer Zeitung unterhielt, zu einem Verdacht: Die Geschichte mit den Devisengeschäften könne eine Schutzbehauptung sein, um anderes zu vertuschen. Wichtig bei kriminellen Geschäften ist vor allem, keine verräterischen Aufzeichnungen zu hinterlassen und Hoeneß behauptet, obwohl er bis 2010 um die 50 000 Transaktionen getätigt haben will, nie einen Kontoauszug gesehen zu haben.:

„Das Konto bei Vontobel unterhält der Fussballmanager seit 1975 – damals hat er in den Bündner Bergen einen Mitarbeiter der Bank kennen gelernt. Um die Jahrtausendwende begann er dann, intensiv an der Börse zu spekulieren. Vor Gericht schilderte Hoeness nun, wie die Deals mit Vontobel abliefen. Stets meldete er sich per Telefon bei seinem Bankberater, der zu einem «sehr guten Freund» geworden sei. Selbst für Geschäfte in Millionenhöhe gab es keine schriftlichen Abmachungen.“ Tagesanzeiger.ch

Fraglich sei auch, wie sehr Ulli Hoeneß in die wiederholten Korruptionsvorwürfe gegen den FC Bayern München verwickelt sei. Was gegen ihn spräche, sei die Herkunft seines Startkapitals: Denn Ulli Hoeneß verfügte über 5 Millionen Mark und angeblich weitere 15 Millionen in Bürgschaften von Adidas-Boss Dreyfus. Überprüft wurde das bislang nicht durch die deutschen Strafverfolger, dabei könnten sie aus der Fachpresse für Finanzkriminalität wissen:

„Sichere Gewinne im Devisenhandel sind für Laien kaum möglich. Das nährt den Verdacht, dass das Vontobel-Konto von Uli Hoeness auch anderen Geschäften diente.“ Tagesanzeiger.ch

Zur Strafe in eine Zelle mit der Schwarzer!

Hoeneß und Schwarzer haben ja viel gemeinsam: Die Liebe zum hemmungslosen Anhäufen von Millionen in der Schweiz, die panische Angst vor Schwarzgeld-Leaks (sog.“Steuer-CDs“), das lautstarke Einfordern von moralischem Verhalten –bei anderen, z.B. sexuell umtriebigen Wettermoderatoren (Kachelmann).

Alice Schwarzer: Markenzeichen Steinzeit-Feminismus, absolut kompatibel mit Ausbeuter-Patriarchat und daher mit Bundesverdienstkreuz bedacht, kämpft morgens öffentlich gegen die Zwangsprostitution, die ihrer Meinung nach 95 Prozent der deutschen käuflichen Damen umfasst, und den Rest des Tages privat gegen das Steuernzahlen auf Millionenprofite. Armut treibt die Mädchen in die Arme von Zuhältern, weiß Schwarzer, aber woher die Armut kommt? Auch von SteuerhinterzieherInnen, die dem Rest der Gesellschaft nicht einmal den mageren Minianteil gönnt, den Reiche eigentlich zahlen müssten. Sperrt sie ein Jahr mit Hoeneß zusammen, könnte man jetzt scherzhaft fordern, aber Schwarzer war ja schlau genug, eine gerissenere Anwältin mit ihrer Selbstanzeige zu betrauen, wie es scheint. Sie bleibt straflos mit ihren Millionen sitzen, über deren Herkunft sich nicht nur Kachelmann wundert.

Grundsätzliche Kritiker fordern gar eine Abschaffung des deutschen Steuergeheimnis: In Deutschland macht sich strafbar, wer die Steuererklärung eines Dritten veröffentlicht, in Schweden dagegen stehen die Steuerdaten eines jeden Bürgers im »Taxeringskalender«, jeder kann nachschauen, was andere verdienen und welches Einkommen sie versteuern (Ossietzky).

siehe auch

Schlagobers Hoeneß: Absahner abgestürzt

Schlagobers Hoeneß: Absahner abgestürzt

Fußballgott Uli Hoeneß

Nora Drenalin 27.4.2013

Ein Absahner ist schon schlimm genug, aber ein Absahner, der sich auch noch zum Moralapostel aufschwingt? Aber Uli Hoeneß, ein Fußballgott und Wurstfabrikant? Dem deutschen Stammtisch somit fast ein höheres Wesen, stand er jenseits aller Kritik. Aus und vorbei. Denn sogar die Mehrheit der Deutschen ist auf einmal kritisch gegenüber Hoeneß eingestellt.

In einer für das rechtspopulistische Klatschblatt „Focus“ durchgeführten Umfrage des Meinungsfälschungsinstituts Emnid zeigten über 80 Prozent der Befragten kein Verständnis dafür, dass jemand, der viele Millionen an leicht verdientem Einkommen einsackt, sich zu fein dafür ist, davon wenigstens seine Kapitaleinkünfte zu versteuern. Kriminelles Schwarzgeld ins Ausland schaffen, damit andere die Straßen bezahlen müssen, über die sein Luxusauto zur Prachtvilla rollt? Das ist nicht fein, wie sogar (Überraschung!) der deutsche Michel langsam kapiert, wenn auch nur gaaanz langsaaaam. Wenn ein Boss der Deutschen Bank jetzt im Radio behauptet, Steueroasen seien ja nicht illegal und man hätte ja immer sofort beim Karibik-Geldanleger nachgefragt, ob er alles versteuert hätte, wenn, ja wenn man Hinweise hatte, dass Steuerflucht vorliegen könnte. Wie doof sind die Bankster, wenn sie glauben, wir wären so doof, ihnen zu glauben, sie wären so doof, nicht drauf zu kommen, dass „Geldanlegen in der Karibik“ genau dieser Hinweis ist? Und warum war Steuerhinterziehung zum „Kavaliersdelikt“ geworden?

Hoeneß, der Neoliberale

Neoliberaler Uli Hoeneß

Man erinnert sich noch lebhaft, wie er im ARD Neoliberal-Prop-Talk bei Christiansen & Co. die platten Parolen a lá  „Wenn wir die Spitzensteuern nicht senken, verschwinden die Reichen doch im Ausland!“ ins Mikrophon pöbeln durfte. Heia, da klatschte der Stammtisch -auch wenn er gar nichts zu versteuern hatte. Aber die Phrasen kamen ja aus Fußballgottes wurstigen Munde, da musste es ja stimmen… Nie ein Sterbenswort dazu, dass wir es so machen könnten wie die USA: Die Reichen zahlen, auch wenn sie im Ausland leben -und wenn sie ihr Geld wegschaffen oder die Staatsbürgerschaft ablegen wollen, bitte -aber ein satter Teil ihres Vermögens bleibt dann der Staatskasse. Ja, richtig gehört, Bayernfan, so machen es die USA, also Amerika, nicht die SU, vulgo, der Iwan, oder: das Kommunistenschwein, wie es im bajuwarischen Schulatlas heißt. So dürfen es alle freien Staaten machen (außer dem CSU-macht-„Freistaat Bayern“, denn das ist nur ein Bundesland, doch, doch!). Auch Deutschland durfte und darf Reiche besteuern, kann nur nicht, weil Deppen wie Du das nicht glauben wollen oder kapieren können, warum das gut wäre. (Weil Typen wie Hoeneß es euch eingeredet haben.)

Fußball, McDonalds und die Wurst

Wurstmillionär Uli Hoeneß

Aber jetzt hat sich der Wind gedreht, endlich. Jetzt ist Steuerhinterzieher Hoeneß für über 60 Prozent der Deutschen auch kein Vorbild mehr. Auch der Wurst und Schweinerei-Sektor blieb davon nicht unberührt: Mit Hoeneß war McDonald’s mal wieder wochenlang in aller Munde, Magen, Darm oder als Kotze doch wieder in der Gosse. Denn Hoeneß ist nicht nur der Präsident des FC Bayern München, sondern zugleich auch Gründer der Nürnberger Wurstfabrik HoWE und beliebter Kooperationspartner der Fast-Food-Kette. Aber nun läuft die vorerst letzte gemeinsame Aktion der Wurstkumpel aus. Sind Hoeneß dreiste Steuerhinterziehungen schuld am Aus für „McCurrywurst“? Wer seine Steuerhinterziehung zu spät meldet, den bestraft McDonalds? Aber ist doch sowieso so eine Ungerechtigkeit: Warum kriegen ausgerechnet fette, reiche Schwarzgeldschieber eine Amnestie bei Selbstanzeige? Warum nicht die verarmte Hartz IV-Mutti, die nur durch etwas Tricksen ein paar Euro extra vom knausernden Amt ergattern konnte, um ein bescheidenes Geburtstagsgeschenk für ihr ausgemergeltes Hartz-IV-Kind zu kaufen? Sie trifft die volle Härte des Gesetzes als „Sozialbetrügerin“ ohne Chance auf Vergebung bei Selbstanzeige -unfair, unsozial, neoliberal. Und der Wurstmillionär stopft sich Mund und Taschen voll.

CSU tief erschüttert

FC Bayern München Präsident Uli Hoeneß

Völlig bajuwarisch-rammdösig zeigte sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. „Es darf nichts unter den Tisch gekehrt werden, aber wir dürfen auch niemanden vorschnell als Menschen fertigmachen“, sagte der CSU-Boss dem neoliberalen Hetzblatt „Spiegel“. Damit zappelte Seehofer auch ein wenig gegen Volks-Kanzlerin Angela Merkel, die sich in einer ersten, stramm an der Demoskopie orientierten Reaktion persönlich enttäuscht von Hoeneß gezeigt hatte. Wer dem Volk in den Hintern kriechen will, muss ihm erst aufs Maul schauen, Hinternkriecherei in diesem Fall aber nicht devot gemeint, sondern hinterlistig: um ihm vom Darm aus das Herz rauszureißen und es an die Köter der Finanzindustrie zu verfüttern.

Volkswagen AG mit Kolbenfresser

Steuerhinterzieher Uli Hoeneß

An Hoeneß hängt an Bayern München hängt an Audi. Da ist doch jetzt Audi-Boss Rupert Stadler vor Schreck über Emnid-Umfragewerte auf Distanz zu Bayern Münchens Präsidenten Uli Hoeneß gegangen: „Audi ist der Überzeugung, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur sichergestellt werden kann, wenn Regeln und Normen konsequent befolgt werden. Wir stehen für ein achtbares, ehrliches und regelkonformes Verhalten im Geschäftsalltag.“ So Bigboss Stadler nach einer Anfrage des rechtspopulistischen Hetzblattes „Bild am Sonntag“ über einen Sprecher. Audi, also Volkswagen, ist bekanntlich mit fast 10 Prozent an der FC Bayern München AG beteiligt. Konkret wollte sich Stadler, der zugleich Stellvertreter von Hoeneß im Aufsichtsrat der FC Bayern AG ist, zur Steueraffäre des Weltmeisters von 1974 nicht weiter auslassen, aber für Montag soll eine Aufsichtsratssitzung der Bayern AG geplant sein. Das Runde muss ins Eckige, sofern unterm Richtblock ein Vierkanttrog steht: Lasst statt Bällen Köpfe rollen! (Natürlich nur metaphorisch gesprochen)