Neoliberalismus: Globalisierung als Lüge und Dogma

FDP: Neoliberalismus pur, Parteispenden von Banken satt, Propaganda gegen den Sozialstaat und für Steuersenkungen (für Reiche)

Theodor Marloth

Neoliberalismus“ nannten Kritiker diese Weltsicht, die selbst immerzu von „Globalisierung“ salbaderte, was bedeuten sollte, dass wir alle Segnungen der Moderne den Großkonzernen, ihren Ausbeutern (Managern) und Besitzern (Superreichen, Milliardären, „Leistungsträgern“) verdanken. Doch was bedeutete dieser Begriff ursprünglich, wie ist er entstanden?

Die Bezeichnung “Neoliberalismus” ist höchst problematisch >Hartz IV und das Elend des Neoliberalismus. Ursprünglich wurde der Begriff 1939 auf einer wirtschaftswissenschaftlichen Konferenz in Genf als akademische Minderheitsmeinung vorgestellt, seine Vertreter waren: W. Röpke, A. Rüstow, F. A. v. Hayek, W. Eucken u.a.

F.A.v.Hayek hat wenig zu tun mit heutigem „Neoliberalismus“

Heute ist der Neoliberalsmus ideologisches Sammelsurium von Rezepten und –ismen: Monetarism, Reagonomics, Thatcherism mit dürftigen theoretische Beziehungen zu ökonomischen Lehren, die den homo öconomicus der klassischen Ökonomen verfeinern sollen: Transaktionskostenanalyse, bounded rationality, Spieltheorie. Darüber hinaus ist der Neoliberalismus ein ideologischer Sud aus den dunkelsten Kapiteln des Liberalismus und den Interessen des >Big Business<. Er dominiert seit den 1970er-Jahren die Wirtschaftspolitik und verdrängte den Keynesianismus, der Staatsinterventionen und Sozialstaat förderte (1).

Politik wird gleichgesetzt mit Staat und Staat mit Bürokratie. Die Verwaltung der Privatwirtschaft wird als “Management” glorifiziert und legitimiert sich mit märchenhaften Gehältern, unabhängig von Leistung und Erfolg. Demokratische Legitimation von Verantwortungsträgern wird in medialen Darstellungen ausgeblendet, in der politischen Praxis aber ausgehebelt durch aggressiven Lobbyismus, Bestechung und Erpressung, z.B. mit Abbau von Arbeitsplätzen. Hat der Neoliberalismus eine ethische Basis? ”Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl” ist utilitaristische Grundforderung von Bentham. Einige Kritiker meinen allerdings, selbst dieses letzte ethische Relikt aus dem Liberalismus,  hätte der Neoliberalismus zu Gunsten der Effizienz aufgegeben –und gerade dieser Rückfall sei ”das Neue” an seiner Lehre (2).

In der Ökonomie fällt der Neoliberalismus hinter das 18.Jh. zurück, hinter Adam Smith, der schon damals die große Bedrohung der Marktfreiheit durch Monopolisten sah. Die neoliberale Ideologie berauscht sich dagegen an den gewaltigen Kapitalzusammenballungen der Multis. Fusionen globaler Trusts werden als ”Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit” gefeiert, ohne zu fragen, gegen wen dieser Wettbewerb denn noch stattfinden soll. Wettbewerb ist ideologische Floskel bzw. wird nur noch auf die Arbeitenden und die “industrielle Reservearmee” (Marx) der Arbeitslosen angewandt. Die Massenarbeitslosigkeit dient zur Erpressung der Politik und der Tarifpartner, ermöglicht als Schreckgespenst im Hintergrund harten Umgang mit den Arbeitenden, bis hin zur Verletzung ihrer Menschenrechte. Freiheit wird fast ausschließlich als Gegensatz zum staatlichen Handeln gedacht, ihre Verwirklichung praktiziert der Neoliberale vornehmlich als Deregulierung und Privatisierung staatlich organisierter Bereiche.

Bibbern vor dem Chef: Die Freiheit des Reichen

Solche Freiheit nennt man auch Gewerbefreiheit oder Freiheit des reichen Mannes, eine Forderung des 18.Jahrhunderts, die noch wenig von Problemen der Arbeitslosigkeit und Verelendung wissen wollte. In der Geschichte des Liberalismus ist somit auch dies nichts, was die Vorsilbe “Neo” verdienen würde. Das Großbürgertum im 19.Jh. reduzierte liberale Politik ebenso auf eine Geldmachtpolitik, wo immer es gegen Adel und Klerus an Macht gewann, die sie nicht mit kleingewerblichen und proletarischen Volksmassen teilen wollte. Das führte bei deren jakobinischen Vertretern zuweilen zur Abqualifizierung der liberalen Lehre als solcher: “Der Liberalismus ist die Vertretung des Besitzes in der Herrschaft; das Recht, welches er verlangt, ist die Herrschaft des Geldes.”(3) Fünf Generationen später verkündete der deutsche Bundesbankpräsident Tietmeyer, führender Neoliberaler, auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos den versammelten Spitzenpolitikern, sie alle stünden jetzt unter Kontrolle der internationalen Finanzmärkte (4).

Mit einer Verherrlichung der Gewerbefreiheit werden die sozialen Voraussetzungen der Freiheit geleugnet. Und das heißt: Gesundheitsversorgung, die soziale Grundsicherung eines menschenwürdigen Lebens auch der weniger Begüterten sowie Bildung für alle leugnen. Bilder aus US-amerikanischen Slums gleichen Bildern aus Argentinien, der Spielwiese der Chicago Boys. Die Erhebung der Gewerbefreiheit zum ersten moralischen Grundprinzip wurzelt auch im Antikommunismus des 20.Jahrhunderts.

Sozialstaat, Sozialismus und Kommunismus wurden dabei in einen Topf geworfen und mit einem übermächtigen Staat identifiziert, den es zu privatisieren und deregulieren galt. Privatisierung ist ökonomischer Antikommunismus. Außenpolitisch brachte der Neoliberalismus Ronald Reagans durch Verschuldung finanziertem, antikommunistischem Aufrüstungsfeldzug mit Pershing 2 und SDI bis an den Rand des Atomkriegs. Dadurch entstand eine gewollte sinkende Handlungsfähigkeit der Staaten.

Die zunehmend entmachteten Staaten wurden von den transnationalen Konzernen immer öfter als ”Wirtschaftsstandorte” gegeneinander ausgespielt. So wurde Deutschland “Exportweltmeister” auf Kosten sinkenden Lebensstandard zuerst anderer Völker, dann der eigenen Bevölkerung. Die Medien stiften die Deutschen dazu an, blasiert auf andere herabzuschauen, etwa die “faulen Griechen”, aber vor ihren Chefs vor Angst zu bibbern. So sinken die Reallöhne und explodieren die Profite der Reichen.

UNO rügt Menschenrechtsverletzung durch Hartz IV

Der Neoliberale sieht im Sozialstaat nicht die soziale Basis der Freiheit –wohl tut das unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz (Artikel 20 Sozialstaatsgebot). Der Neoliberale sieht im Sozialstaat die angebliche Unfreiheit des Bürgers –des “Wirtschafts-Bürgers” (5). Der Rechtsstaat ist dem Neoliberalen dabei scheißegal, auch wenn die FDP ein chronisches Abo auf das Justizministerium zu haben scheint: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards.

In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. 2011 warf der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der deutschen Bundesregierung vor, die Umsetzung des Sozialpaktes der Bevölkerung rechtswidrig zu verweigern, wie der Theologe Franz Segbers berichtet (6). Zwangsarbeit wurde in der deutschen Praxis gesehen, von Sozialleistungen abhängige Menschen mit schikanösen Mitteln zur Arbeit zu nötigen –von Rotgrün als Agenda 2010 eingeführt, von Schwarzrot und Schwarzgelb stetig verschärft. Auch die geizige Verelendung der Armen bei Verhätschelung der Reichen wurde bemängelt, insbesondere auch das Elend der Asylsuchenden in Deutschland, ein Auswuchs des heimlichen Rassismus neoliberaler Ideologie. Die deutschen Medien hatten andere Themen, die deutsche JournalistIn guckt lieber auf den Sex von Wetterfröschen, angeblich faule Griechen und lobhudelt wo sie nur kann kriecherisch die “Eliten”. Abzock-Kriminalität von Top-Managern wird verniedlicht und legalisiert, Überlebenskampf von Hartz-IV-Opfern zum greulichen „Sozialmissbrauch“ dämonisiert.

Fußnoten/Quellenangaben:

1. Vgl. Schui, H./Blankenburg, S., Neoliberalismus: Theorie Gegner Praxis, Hamburg 2002, S.7ff.

2. Vgl. Schui/Blankenburg, 2002, S.70ff.

3. Ernst Dronke 1846 in Berlin zum “Bourgeoisieliberalismus”, zit.n. Asmus, Helmut, in: Reinalter, H. (Hg.),  Lexikon zu Demokratie und Liberalismus, Frankfurt/M. 1993, Eintrag “Liberalismus, Liberale”, S.200-208, S.206 f.

4. Vgl. Lafontaine, Oskar, Politik für alle. Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft, Berlin 2006, S.56.

5. Vgl. Butterwegge, Christoph, Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen (Sozial-) Politik, in: Butterwegge/Lösch/Ptak, Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden 2007,  135-220,  S.136.

6. Segbers, Franz, Die Armut der Politik: Menschenrecht auf Nahrung und der Irrweg der Tafelbewegung, Blätter f.dt.u.int.Politik Nr.1/2013, S.80-89, S.80 f.

17.Juni soll wieder Feiertag werden: Als Tag des Generalstreiks!

17. Juni 1953, Aufstand im Sowjet-Sektor von Berlin. Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F005191-0040/CC BY-SA 3.0 DE

Theodor Marloth

Am 17.Juni 1953 gab es in der DDR Generalstreik und Arbeiteraufstände, die blutig niedergeschlagen wurden. Das wurde in der BRD 40 Jahre lang gefeiert. (Wobei nicht bei jedem klar war, ob die Aufstände oder ihr blutiges Niederschlagen -denn Arbeiter niederschlagen war  an sich beliebt bei den Westherrschern.) Im Westen hatte ein alter Nazi-Jurist 1952 bzw. 1955 ein Verbot von Generalsstreiks durchgesetzt -das bis heute gilt! Nur in Deutschland sind derart „politische Streiks“ (als ob es unpolitische gäbe) verboten, nicht etwa in Frankreich und Italien. Feiern wir den 17.Juni künftig als Tag des gelungenen Generalstreiks und fordern unser Recht darauf ein!

In Deutschland sind Generalstreiks, anders als etwa in demokratischen Staaten wie Frankreich oder Italien, juristisch nicht vom Streikrecht gedeckt und somit rechtswidrig. Der „Politische Generalstreik“ ist jedoch nicht ausdrücklich im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verboten, sondern sein Verbot wurde durch Gerichtsentscheidungen unter tatkräftigem Antikommunismus zweifelhafter (Ex-) Nazi-Juristen durchgedrückt. Das westdeutsche Rechtswesen wimmelte bekanntlich nach 1945 nur so vor Nazi-Juristen, da diese vor der Strafverfolgung ihrer Nazi-Verbrechen aus der DDR geflohen waren (falls sie aus ideologischen Gründen nicht schon im Westen waren). Der Rechtsstaat (West) verweigerte bekanntlich die Strafverfolgung selbst schwerster Nazi-Verbrechen bis weit in die 60er-Jahre, wo die „Auschwitz-Prozesse“ begannen. Auschwitz und die dort verübten Massenmorde waren bis dahin den Westdeutschen unbekannt geblieben und verurteilt wurden nur wenige der Verbrecher, teils wegen Verjährung, teils wegen Mangel an Beweisen nach derart langer Zeit.

Auch die Rechtsprechung im Arbeitsrecht (die heute bei weinerlichen Arbeitgebern, die ihren alten rechtswidrigen Privilegien nachjammern, als „links“ gilt) war damals von Nazi-Juristen geprägt. Die Entscheidungen gegen den Generalstreik basieren auf einem Gutachten (1952) und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1955. An beiden, Gutachten wie Urteilsspruch war der unter den Nazis hochbelobigte Jurist Hans Carl Nipperdey zentral beteiligt, weiß sogar Wikipedia (wenn auch erst sehr, sehr weit unten im Eintrag Generalstreik).

Hans Carl Nipperdey (1895-1968) war Professor für Arbeitsrecht in Jena und ab 1925 in Köln; von 1954 bis 1963 war er erster Präsident des Bundesarbeitsgerichts in Kassel. Im NS-Faschismus konnte er seine Lehrtätigkeit ungestört fortsetzen, ja, seine Karriere kam erst richtig in Schwung. Nipperdey wurde Mitglied der Akademie für Deutsches Recht und beteiligte sich an Hitlers „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“. Er gehörte zu den führenden Nazi-Rechtswissenschaftlern und trieb die Anpassung des Arbeitsrechts an die Ideologie des NS-Faschismus maßgeblich voran. Seinen Kampf gegen Kommunisten und Gewerkschafter setzte er im Adenauer-Regime im Westen fort.

In seinem Gutachten zum Zeitungsstreik von 1952 gegen die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes begründet Nipperdey das Recht auf Schadenersatz von bestreikten Unternehmen. Diese Auffassung setzt er auch 1958 als Vorsitzender Richter des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil gegen den Grundsatz-Streik der IG Metall zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als Richterrecht durch: Den Arbeitgebern wurden unter Nipperdeys Ägide 38 Millionen Deutsche Mark Schadenersatz zugestanden.

Nipperdey, so Wikipedia, war Gründer des Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, das noch heute zur rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität gehört. Er war Herausgeber und Autor wichtiger Werke im Bereich des Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts. Ferner äußerte er sich im Bereich der Grundrechte, wo er u. a. die Theorie der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte vertrat und hier maßgeblich an der damaligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mitwirkte. Bekannt wurde er auch als Verfasser des von Ludwig Enneccerus begründeten und von ihm fortgeführten Lehrbuchs zum BGB, dem Enneccerus/Nipperdey. -Womit wir auch ahnen können, auf wessen Seite sich die westdeutsche Rechtsprechung qua BGB geschlagen hat: Sicher nicht auf die der arbeitenden Bevölkerung.

Schon zu Lebzeiten Nipperdeys war bekannt, wendet Wikipedia immerhin gegen den hochbelobigten Juristen ein, dass dessen publizistische Produktivität auch Resultat einer außergewöhnlichen Inanspruchnahme von jüngeren Mitarbeitern war, deren Arbeiten er unter eigenem Namen veröffentlichte. So seien die meisten seiner Arbeiten aus der Nachkriegszeit, die unter seinem Namen erschienen, nicht von ihm verfasst gewesen. Dies manifestierte sich in dem mehrfach berichteten Bonmot, auf seinem Grabstein werde stehen: „Hier ruht Professor Nipperdey – diesmal wirklich er selbst.“ Er selbst äußerte sich in diese Richtung in einem Brief: „Ich […] weiß noch heute nicht, wie ich die Neuauflage meines Enneccerus trotz mancher Mithilfe durch jüngere Herren herausbringen soll.“

Ferner erfährt man bei Wikipedia noch, dass Hans Carl Nipperdey Vater der berühmten evangelischen Theologin Dorothee Sölle war, die ihr linkstheologisches Engagement wohl dem Abtragen ererbter reaktionärer Schuld widmete. Nipperdey erhielt für seine Leistungen im Kampf gegen die Rechte der Arbeiter das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland sowie die Ehrendoktorwürde der Universität Madrid (des faschistischen Spaniens). Von dieser in ihrer demokratischen Einstellung sehr zweifelhaften juristischen Persönlichkeit stammt maßgeblich das bei uns immer noch gültige Verbot „politischer Streiks“ (wobei gewerkschaftliche Arbeit damit ganz nebenbei von der Ausübung eines politischen Freiheitsrechtes zu unpolitischem Schachern um höhere Löhne degradiert wird).

Deutsches Generalstreikverbot ist rechtlich zweifelhaft

Ein Generalstreik dürfte sich aus juristischer Sicht der allgewaltigen h.M. („herrschenden Meinung“, das gilt in der Juristerei als „wissenschaftlicher Begriff“ mit bindender Wirkung für die Rechtssprechung) nur in äußerster Not auf  Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland berufen. Dieser Artikel erlässt das offensichtlich ohnehin gültige Recht eines Volkes, sich gegen Putschisten zu wehren, die es einer Diktatur unterwerfen wollen (an sich schon absurd): „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ (An welche andere Abhilfe gegen Putschisten nach einem Staatsstreich mögen die mehrheitlich christdemokratischen Väter des Grundgesetzes dabei wohl gedacht haben? Man solle den neuen Diktator verklagen? Auf Schadensersatz vielleicht? Oder friedlich demonstrieren und sich erschießen lassen? Vermutlich dachten viele auch, man solle sich aufs Beten beschränken -mehr hatten sie gegen die Nazis auch nicht unternommen, so sie denn selber keine gewesen waren.)

In neuerer Zeit wird die Vereinbarkeit des Verbots politischer Streiks in Deutschland mit internationalem und europäischem Recht zunehmend in Zweifel gezogen. So wird das Streikrecht im Rahmen mehrerer internationaler Abkommen, aber auch im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), weiter als in Deutschland ausgelegt. Mangels eines Anlasses haben sich die deutschen Gerichte jedoch noch nicht weiter damit auseinandersetzen müssen. Gäbe es aber nicht Anlass genug zum Generalstreik? Hartz IV zum Beispiel, womit der UNO-Sozialpakt gebrochen und das Menschenrecht auf Menschenwürde und sogar auf Leben und körperliche Unversehrtheit gebrochen wird.

Zur Erinnerung: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards. In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. DGB aufwachen!

Historischer Hintergrund: Auch im Westen Arbeiter blutig niedergeschlagen

In Folge der Währungsreform gab es schon im Herbst 1948 Proteste und den einzigen Generalstreik, den Nachkriegs-Westdeutschland je erlebt hat, so berichtet Ruth Berger auf Telepolis. Die Arbeiterproteste und Massenstreiks richteten sich gegen die Preiserhöhungen. Die Freigabe der meisten Preise mit der Reform hatte dazu geführt, dass es zwar alles gab, die Preise aber wegen Mangels so hoch waren, dass sichuf der gewöhnliche Lohnarbeiter und schon gar der Arbeitslose wenig leisten konnte.

Somit handelte es sich bei den 1948er Protesten in den westlichen Besatzungszonen um Proteste gegen die freie Marktwirtschaft und deren Preis- und Lohnregulierung durch Angebot und Nachfrage, wobei eben im Falle von Mangel die Ärmeren leer ausgehen. Aus dem US-Oberkommando war betreffs der West-Proteste von linksextremen und nationalistischen Unruhestiftern die Rede. Die Besatzungsmächte fuhren (wie 1953 dann die Russen in der DDR) mit Panzern gegen die Arbeiter auf und schlugen den Generalstreik blutig nieder. Die Anlässe für die 1948er Proteste im Westen und die 1953er Proteste im Osten waren einander sehr ähnlich: Es waren die De-facto-Lohnsenkungen durch staatliche Entscheidungen, die für die Ärmsten einen Nahrungs- und Wohnraummangel verschärften. Einer Situation also, die sich bei uns für breite Bevölkerungskreise durch die Hartz-IV-Lohnsenkungspolitik der Rotgrünen, Schwarzgelben und Schwarzroten Regierungen in Berlin wiederholte. Hartz IV-Kinder hungern, die Arbeitslosen werden vom Jobcenter schikaniert, mit Sanktionen überzogen und ihnen werden lebensnotwendige Mindestzahlungen für Essen, Medikamente und Miete verweigert -viele landen auf der Straße und etliche sterben dort (ich berichtete hier über solche Fälle). Wird es nicht endlich mal wieder Zeit für einen Generalstreik?

Übrigens haben die Machthaber im Westen wie im Osten nach den zwar besiegten Generalstreiks dennoch die Forderungen der Streikenden weitgehend erfüllt und die Lebensumstände der arbeitenden bzw. arbeitslosen Bevölkerung deutlich verbessert. Ein Generalstreik macht den reichen Herrschaftseliten eben doch etwas mehr Eindruck als Kleinstreikerei bei Post und Bahn (wobei unsere dem Lügen geneigten Medien fast so so tun, als wäre es ein Generalstreik, der das Land lahm legt). Die Geldeliten merken dann endlich einmal wieder (oder zum ersten Mal in ihrem Leben), dass sie sich für all ihr zusammen gerafftes bzw. ergaunertes Geld nur deshalb etwas kaufen können, weil (andere) Menschen dafür arbeiten.

Woher kommt das Elend des Neoliberalismus?

Theodor Marloth 27.1.2013

Die Bezeichnung “Neoliberalismus” ist höchst problematisch >Hartz IV und das Elend des Neoliberalismus. Ursprünglich wurde der Begriff 1939 auf einer wirtschaftswissenschaftlichen Konferenz in Genf als akademische Minderheitsmeinung vorgestellt, seine Vertreter waren: W. Röpke, A. Rüstow, F. A. v. Hayek, W. Eucken u.a.

F.A.v.Hayek hat wenig zu tun mit heutigem „Neoliberalismus“

Heute ist der Neoliberalsmus ideologisches Sammelsurium von Rezepten und –ismen: Monetarism, Reagonomics, Thatcherism mit dürftigen theoretische Beziehungen zu ökonomischen Lehren, die den homo öconomicus der klassischen Ökonomen verfeinern sollen: Transaktionskostenanalyse, bounded rationality, Spieltheorie. Darüber hinaus ist der Neoliberalismus ein ideologischer Sud aus den dunkelsten Kapiteln des Liberalismus und den Interessen des >Big Business<. Er dominiert seit den 1970er-Jahren die Wirtschaftspolitik und verdrängte den Keynesianismus, der Staatsinterventionen und Sozialstaat förderte (1).

Politik wird gleichgesetzt mit Staat und Staat mit Bürokratie. Die Verwaltung der Privatwirtschaft wird als “Management” glorifiziert und legitimiert sich mit märchenhaften Gehältern, unabhängig von Leistung und Erfolg. Demokratische Legitimation von Verantwortungsträgern wird in medialen Darstellungen ausgeblendet, in der politischen Praxis aber ausgehebelt durch aggressiven Lobbyismus, Bestechung und Erpressung, z.B. mit Abbau von Arbeitsplätzen. Hat der Neoliberalismus eine ethische Basis? ”Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl” ist utilitaristische Grundforderung von Bentham. Einige Kritiker meinen allerdings, selbst dieses letzte ethische Relikt aus dem Liberalismus,  hätte der Neoliberalismus zu Gunsten der Effizienz aufgegeben –und gerade dieser Rückfall sei ”das Neue” an seiner Lehre (2).

In der Ökonomie fällt der Neoliberalismus hinter das 18.Jh. zurück, hinter Adam Smith, der schon damals die große Bedrohung der Marktfreiheit durch Monopolisten sah. Die neoliberale Ideologie berauscht sich dagegen an den gewaltigen Kapitalzusammenballungen der Multis. Fusionen globaler Trusts werden als ”Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit” gefeiert, ohne zu fragen, gegen wen dieser Wettbewerb denn noch stattfinden soll. Wettbewerb ist ideologische Floskel bzw. wird nur noch auf die Arbeitenden und die “industrielle Reservearmee” (Marx) der Arbeitslosen angewandt. Die Massenarbeitslosigkeit dient zur Erpressung der Politik und der Tarifpartner, ermöglicht als Schreckgespenst im Hintergrund harten Umgang mit den Arbeitenden, bis hin zur Verletzung ihrer Menschenrechte. Freiheit wird fast ausschließlich als Gegensatz zum staatlichen Handeln gedacht, ihre Verwirklichung praktiziert der Neoliberale vornehmlich als Deregulierung und Privatisierung staatlich organisierter Bereiche.

Bibbern vor dem Chef: Die Freiheit des Reichen

Solche Freiheit nennt man auch Gewerbefreiheit oder Freiheit des reichen Mannes, eine Forderung des 18.Jahrhunderts, die noch wenig von Problemen der Arbeitslosigkeit und Verelendung wissen wollte. In der Geschichte des Liberalismus ist somit auch dies nichts, was die Vorsilbe “Neo” verdienen würde. Das Großbürgertum im 19.Jh. reduzierte liberale Politik ebenso auf eine Geldmachtpolitik, wo immer es gegen Adel und Klerus an Macht gewann, die sie nicht mit kleingewerblichen und proletarischen Volksmassen teilen wollte. Das führte bei deren jakobinischen Vertretern zuweilen zur Abqualifizierung der liberalen Lehre als solcher: “Der Liberalismus ist die Vertretung des Besitzes in der Herrschaft; das Recht, welches er verlangt, ist die Herrschaft des Geldes.”(3) Fünf Generationen später verkündete der deutsche Bundesbankpräsident Tietmeyer, führender Neoliberaler, auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos den versammelten Spitzenpolitikern, sie alle stünden jetzt unter Kontrolle der internationalen Finanzmärkte (4).

Mit einer Verherrlichung der Gewerbefreiheit werden die sozialen Voraussetzungen der Freiheit geleugnet. Und das heißt: Gesundheitsversorgung, die soziale Grundsicherung eines menschenwürdigen Lebens auch der weniger Begüterten sowie Bildung für alle leugnen. Bilder aus US-amerikanischen Slums gleichen Bildern aus Argentinien, der Spielwiese der Chicago Boys. Die Erhebung der Gewerbefreiheit zum ersten moralischen Grundprinzip wurzelt auch im Antikommunismus des 20.Jahrhunderts.

Sozialstaat, Sozialismus und Kommunismus wurden dabei in einen Topf geworfen und mit einem übermächtigen Staat identifiziert, den es zu privatisieren und deregulieren galt. Privatisierung ist ökonomischer Antikommunismus. Außenpolitisch brachte der Neoliberalismus Ronald Reagans durch Verschuldung finanziertem, antikommunistischem Aufrüstungsfeldzug mit Pershing 2 und SDI bis an den Rand des Atomkriegs. Dadurch entstand eine gewollte sinkende Handlungsfähigkeit der Staaten.

Die zunehmend entmachteten Staaten wurden von den transnationalen Konzernen immer öfter als ”Wirtschaftsstandorte” gegeneinander ausgespielt. So wurde Deutschland “Exportweltmeister” auf Kosten sinkenden Lebensstandard zuerst anderer Völker, dann der eigenen Bevölkerung. Die Medien stiften die Deutschen dazu an, blasiert auf andere herabzuschauen, etwa die “faulen Griechen”, aber vor ihren Chefs vor Angst zu bibbern. So sinken die Reallöhne und explodieren die Profite der Reichen.

UNO rügt Menschenrechtsverletzung durch Hartz IV

Der Neoliberale sieht im Sozialstaat nicht die soziale Basis der Freiheit –wohl tut das unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz (Artikel 20 Sozialstaatsgebot). Der Neoliberale sieht im Sozialstaat die angebliche Unfreiheit des Bürgers –des “Wirtschafts-Bürgers” (5). Der Rechtsstaat ist dem Neoliberalen dabei scheißegal, auch wenn die FDP ein chronisches Abo auf das Justizministerium zu haben scheint: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards.

In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. 2011 warf der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der deutschen Bundesregierung vor, die Umsetzung des Sozialpaktes der Bevölkerung rechtswidrig zu verweigern, wie der Theologe Franz Segbers berichtet (6). Zwangsarbeit wurde in der deutschen Praxis gesehen, von Sozialleistungen abhängige Menschen mit schikanösen Mitteln zur Arbeit zu nötigen –von Rotgrün als Agenda 2010 eingeführt, von Schwarzrot und Schwarzgelb stetig verschärft. Auch die geizige Verelendung der Armen bei Verhätschelung der Reichen wurde bemängelt, insbesondere auch das Elend der Asylsuchenden in Deutschland, ein Auswuchs des heimlichen Rassismus neoliberaler Ideologie. Die deutschen Medien hatten andere Themen, die deutsche JournalistIn guckt lieber auf den Sex von Wetterfröschen, angeblich faule Griechen und lobhudelt wo sie nur kann kriecherisch die “Eliten”. Abzock-Kriminalität von Top-Managern wird verniedlicht und legalisiert, Überlebenskampf von Hartz-IV-Opfern zum greulichen „Sozialmissbrauch“ dämonisiert.

Fußnoten/Quellenangaben:

1. Vgl. Schui, H./Blankenburg, S., Neoliberalismus: Theorie Gegner Praxis, Hamburg 2002, S.7ff.

2. Vgl. Schui/Blankenburg, 2002, S.70ff.

3. Ernst Dronke 1846 in Berlin zum “Bourgeoisieliberalismus”, zit.n. Asmus, Helmut, in: Reinalter, H. (Hg.),  Lexikon zu Demokratie und Liberalismus, Frankfurt/M. 1993, Eintrag “Liberalismus, Liberale”, S.200-208, S.206 f.

4. Vgl. Lafontaine, Oskar, Politik für alle. Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft, Berlin 2006, S.56.

5. Vgl. Butterwegge, Christoph, Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen (Sozial-) Politik, in: Butterwegge/Lösch/Ptak, Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden 2007,  135-220,  S.136.

6. Segbers, Franz, Die Armut der Politik: Menschenrecht auf Nahrung und der Irrweg der Tafelbewegung, Blätter f.dt.u.int.Politik Nr.1/2013, S.80-89, S.80 f.

Hartz IV und das Elend des Neoliberalismus

Theodor Marloth 26.1.2013

“Neoliberalismus”, das klingt toll, das klingt nach Freiheit. Aber es geht um die “Freiheit” der FDP, die Freiheit der Millionäre von jeglicher Verantwortung. Hartz IV steht für Entrechtung und Ausbeutung -die UNO rügte dafür die Bundesregierung wegen Verletzung der sozialen Menschenrechte und des UNO-Sozialpaktes.

“Neoliberalismus”, das klingt toll, das klingt nach Freiheit. Aber es geht um die “Freiheit” der FDP, die Freiheit der Millionäre von jeglicher Verantwortung – nicht nur bei Möwenpick. Die Möwenpick-Steuerbefreiung fiel zufällig zusammen mit fetten Parteispenden. Millionenspenden stehen für die Freiheit der FDP-Funktionäre von der Last, einer Arbeit für ihr Geld nachgehen zu müssen. Ebenso, in etwas kleinerem Maße, bei CDU/CSU, SPD und Grünen. Allein die Linkspartei läuft nicht wie geschmiert: Sie bekommt keine Spenden der Geldeliten und Unternehmen.

Von Thatcher zu Hartz IV

Seine Popularität gewann der Neoliberalismus durch Medienkampagnen, durch konservative Regierungen (Reagan/Thatcher) und durch eine Flut von Nobelpreisverleihungen, z.B. Milton Friedman (Monetarismus). Friedman hatte seine eigene ökonomische Schule, die sog. Chicago Boys. Deren “angebotsorientierte” Wirtschaftspolitik soll privatwirtschaftliche Investitionen fördern. Wie? Natürlich durch Steuersenkungen, Deregulierung, Abbau von sozialen Rechten und insbesondere den Rechten der Arbeitnehmer.

Die “Chicago School” ist wirtschaftsliberal, kämpft fanatisch gegen den Sozialstaat und für weitgehende Privatisierung öffentlicher Einrichtungen. sie will alles über Geld steuern, daher auch Monetarismus. Der Besitz von viel Geld gilt ihr als Beweis für Überlegenheit, für “Elite”. Elitarismus und Sozialdarwinismus gehen bei ihr zuweilen fließend in althergebrachten Rassismus über, aber nur bei Bedarf. Bedarf besteht immer, wenn soziale oder gar sozialistische Politik in einem Land an Boden gewinnt. Bei uns ist die “Chicago School” präsent durch ihren Front-Verein FDP, aber auch in Union, Grünen und SPD. Ihr Programm: Privatisieren und Entsolidarisieren, Hartz IV lässt grüßen.

Die Wirtschaftswissenschaft hinter Keynes zurückgeprügelt

All dies soll angeblich Arbeitsplätze schaffen und Staatsdefizite reduzieren, so die verlogene Propaganda der Öffentlichkeit gegenüber. Für diese Behauptungen hat der Neoliberalismus jedoch nie einen Beweis erbracht. Ebenso fehlt jeder Beweis für die neoliberale Behauptung, die an der Nachfrage orientierte Wirtschaftspolitik nach Keynes wäre unwirksam gewesen. Mit Politik nach Keynes wurden die USA zur Weltmacht, wurde Europa aus den Trümmern des Faschismus wieder aufgebaut.

Keynes heißt: Der Staat muss die Reichen besteuern, mit dem Geld Infrastruktur aufbauen und dabei Arbeitsplätze schaffen, deren Arbeit gut bezahlt wird. Der Neoliberalismus besteht zuerst daraus, wie ein Geier über die so aufgebaute Infrastruktur herzufallen und sie zu privatisieren. Dann wird der Zugang der Mehrheit zu Post, Bahn, Wasser  usw. abgewürgt, die Löhne sinken, Massenentlassungen folgen, Elend zieht ein –und die Reichen stopfen sich wieder die Taschen voll.

Die Erfolge der keynesianischen Wirtschaftspolitik wurden aber seit den 1970er-Jahren immer mehr geleugnet oder klein geredet. Keynes Ansätze wurden in der Öffentlichkeit auf das Schuldenmachen reduziert (1), ihre theoretische Weiterentwicklung ebenso tabuisiert wie ihre praktische Anwendung (2). Diese Verbrechen gegen die soziale Gerechtigkeit wurden begangen, obgleich hellsichtige Mahner schon in den 70er-Jahren gewarnt hatten, die Wirtschaftswissenschaft droht “hinter Keynes zurückgeprügelt” zu werden (3).

Die Hauptwirkung neoliberaler Rezepte ist überall eine weit auseinander klaffende Einkommensschere. Das Unrecht klafft auf zwischen rapide wachsendem Reichtum der Geldeliten auf Kosten von Armut und Elend der Mehrheit. Doch nicht nur der einfache Arbeitnehmer leidet, sondern auch die nicht exportorientierten Teile der heimischen Wirtschaft. Daher gibt es inzwischen sogar im Spektrum maßvoller Konservativer Aufrufe zu weniger Marktradikalität und einer Besinnung auf keynesianische Ansätze (4).

Globalisierungslügen und Neoliberalismus dominieren seit drei Jahrzehnten die westliche Wirtschafts- und Finanzpolitik (5). Propagiert von allen großen Mainstream-Medien, wurde die Öffentlichkeit mit ihren Parolen so sehr überflutet, dass sie dem durchschnittlichen Medienkonsumenten heute kaum noch als Ideologie bewusst werden können: Die dümmlichen Parolen (“Reiche sind Elite, Steuern erheben geht nicht, weil die sonst ins Ausland fliehen” usw.) gelten als das, was ”man eben so denkt”.

Ihr Kern ist eine Ideologie angeblichen Wettbewerbs, eine Ökonomisierung menschlichen Verhaltens zur “Dienstleistungsgesellschaft” und eine Entpolitisierung unserer Kultur. Entpolitisierung geht so: Die Politik wird zuerst korrumpiert, um sie dann als korrupt und unfähig hinzustellen. Die Korruption bringt Politiker dazu, gegen ihre Wähler zu intrigieren, um der Geldelite die Taschen noch mehr zu füllen. Die Medien propagieren dann zum Schluss noch die Machtlosigkeit des Staates gegenüber der Wirtschaft. Natürlich sind das reine Lügen, denn eine andere Regierung könnte jederzeit die geraubten, gestohlenen und erschlichenen Reichtümer von der Geldelite zurück holen.

Geld-”Eliten”: Bei ihnen fließt zusammen, was eigentlich uns gehört

Warum sollten wir uns nicht unseren Wohlstand von den Finanzparasiten zurückgeben lassen? “Das geht nicht, weil sie dann ins Ausland fliehen!”, kreischt die gekaufte Journaille, “In die Schweiz! Zu ihren Schwarzgeldkonten!” Eine platte Lüge –lasst sie doch gehen, ihr Geld bleibt hier. Das meiste liegt sowieso in Luxusvillen und anderen Immobilien fest. Und fiskalisch besteht die Möglichkeit, bei Wohnortwechsel eine z.B. 90% Vermögenssteuer ab Besitz von mehr als einer Million zu erheben: Und dann Tschüß!

Ausbeutereliten tragen nichts zu unserem Wohlstand bei, anders als uns weisgemacht wird. Im Gegenteil, bei ihnen fließt zusammen, was eigentlich uns gehört. Aus der Bevölkerung heraus gequetscht mit Werkvertrag, Leiharbeit, Niedriglohn unter der Drohung mit der Hartz-IV-Keule. Ist dieser Zusammenhang schwer zu verstehen? Nein.

Aber dank Medienlügen und Propaganda-Hirnwäsche bibbern die Besitzbürger und solche, die sich noch dafür halten vor dem Verlust “der Eliten”. Pseudo-Kabarettisten schimpfen brav auf die Politiker und am Ende hat der Einzelne Schuld, wegen seiner “Eigenverantwortung”. Die Menschen wenden sich resigniert und angewidert vom politischen System ab: Ende der Demokratie –nicht per Militärputsch, sondern per Finanz- und Medienputsch.

Wo hat der Neoliberalismus auf diese Tour am meisten Geld aus den Menschen heraus gequetscht? In Deutschland. Wo sinkt die Wahlbeteiligung am meisten unter den Europäern? In Deutschland. Die Beteiligung der Menschen an unserer Demokratie ist in den letzten Jahrzehnten (anders als in anderen Ländern) kontinuierlich gesunken, von ca. 80 auf nur noch 60 Prozent. Zufall?

Möglich war dies nur, weil soziale Politik auf die Linkspartei zurück gedrängt wurde –und die Medien die Linkspartei dann als Inbegriff stalinistischer Verbrechen hinstellen. SPD und Grüne gehören längst den Bilderbergern und die Interessen der ausgebeuteten Mehrheit vertreten im Bundestag nur noch 6 Prozent Linke. So geht Exportweltmeister bei hungernden Hartz-Kindern. “Working Poor”, Ausbeutung und wenn die Leute das kapieren und Links wählen? Dafür hält man sich Rassisten und Faschisten in der Hinterhand. Siehe Ungarn.

UNO rügt Menschenrechtsverletzung durch Hartz IV

Der Neoliberale sieht im Sozialstaat nicht die soziale Basis der Freiheit wie unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz (Artikel 20 Sozialstaatsgebot). Der Neoliberale sieht im Sozialstaat die angebliche Unfreiheit des Bürgers –des “Wirtschafts-Bürgers” (6). Der Rechtsstaat ist dem Neoliberalen dabei scheißegal, auch wenn die FDP ein chronisches Abo auf das Justizministerium zu haben scheint: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards.

In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. 2011 warf der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der deutschen Bundesregierung vor, die Umsetzung des Sozialpaktes der Bevölkerung rechtswidrig zu verweigern, wie der Theologe Franz Segbers berichtet (7). Zwangsarbeit wurde in der deutschen Praxis gesehen, von Sozialleistungen abhängige Menschen mit schikanösen Mitteln zur Arbeit zu nötigen –von Rotgrün als Agenda 2010 eingeführt, von Schwarzrot und Schwarzgelb stetig verschärft. Auch die geizige Verelendung der Armen bei Verhätschelung der Reichen wurde bemängelt, insbesondere auch das Elend der Asylsuchenden in Deutschland. Die deutschen Medien hatten andere Themen, die deutsche JournalistIn guckt lieber auf den Sex von Wetterfröschen, angeblich faule Griechen und lobhudelt kriecherisch die “Eliten”…  die Abzock-Kriminalität von Top-Managern wird kleingeredet und dann legalisiert, der Überlebenskampf von Hartz-IV-Opfern zum greulichen „Sozialmissbrauch“ verteufelt.

Siehe auch: Woher kommt das Elend des Neoliberalismus?

Fußnoten/Quellenangaben:

1. Vgl. Müller, C. u. Lafontaine, O., Stehvermögen, in: Heseler, H., Huffschmidt, J. u.a. (Hg.), Gegen die Markt-Orthodoxie. Perspektiven einer demokratischen und solidarischen Wirtschaft, Hamburg 2002, S.106-109, S.107.

2. Vgl. Zinn, K.G., Der Kapitalismus der nächsten Generation, in: Hickel, R. u.a. (Hg.), Politik des Kapitals –heute, Hamburg 2000, S.74-90, S.85 f.

3. Eppler, Erhard, zit.n. Flassbeck, H., Wirtschaftspolitische Sommerphantasien, in: Blätter f.dt.u.int.Politik Nr.10/2006, S.1223-33, S.1223.

4. Vgl. Machold, U., Keynes? Ja, aber intelligent, “Welt am Sonntag” Nr.27/2004.

5. Vgl. Boxberger,G. u. H.Klimenta, Die 10 Globalisierungslügen, München 1998.

6. Vgl. Butterwegge, Christoph, Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen (Sozial-) Politik, in: Butterwegge/Lösch/Ptak, Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden 2007,  135-220,  S.136.

7. Segbers, Franz, Die Armut der Politik: Menschenrecht auf Nahrung und der Irrweg der Tafelbewegung, Blätter f.dt.u.int.Politik Nr.1/2013, S.80-89, S.80 f.