USA schockieren mit PRISM: Alles belauscht

Gerd R. Rueger 10.06.2013

In den USA ist der Schock groß: US-Amerikaner werden von der NSA belauscht. Der Rest der Welt wusste schon lange, dass Washington wenig verborgen bleibt. PRISM koordiniert die Überwachung diverser Netzfirmen von Microsoft über  Google, Facebook und YouTube bis zu Apple, die angeblich erst im letzten Jahr dazu kamen. Deutschland steht weit oben auf der Liste der Bespitzelung.

Whistleblower Edward Snowden

Edward Snowden (29) heißt der Whistleblower, der am 10.06.2013 geheime Edward SnowdenInformationen über PRISM und Boundless Informant der NSA an den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald übergab. Snowden war vor rund drei Wochen mit geheimen NSA-Dokumenten nach Hongkong geflohen. In Washington fordern Hardliner eine sofortige Auslieferung Snowdens. Der Republikaner Peter King, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses, verlangte eine Überstellung in die USA einzuleiten und rief zu einer „Strafverfolgung mit der vollen Härte des Gesetzes“ auf -wie bei Wikileaks.

Über Snowden ist bekannt, dass er sich -gerade volljährig geworden- 2003 für die US-Armee meldete (was auf Patriotismus oder schlechte berufliche Chancen oder beides hindeutet). Er wurde ausgemustert, nachdem er sich bei einem Trainingsunfall beide Beine gebrochen hatte, arbeitete dann als Wachmann, erst für eine NSA-Einrichtung an der University of Maryland, dann für die CIA. Ab 2007 arbeitete er als freier Mitarbeiter in einer NSA-Einrichtung auf einer US-Armeebasis in Japan.

Sein Leben vor der Veröffentlichung der PRISM-Dokumente bezeichnet Snowden als „sehr komfortabel“. Er lebte zuletzt mit seiner Partnerin auf Hawaii, wo er in einem NSA-Büro arbeitete, und verdiente ein Jahresgehalt von ungefähr 200.000 US-Dollar. Vor der Veröffentlichung der Dokumente meldete er sich „für ein paar Wochen“ bei seinem Vorgesetzten bei der NSA ab. Er benutzte dabei den Vorwand, seine Epilepsie, von der er kurz zuvor erfahren hatte, behandeln lassen zu wollen. Er flog dann am 20. Mai nach Hongkong, wo er sich aktuell (Stand: Juni 2013) vor den Häschern der US-Regierung versteckt. Obwohl sein Leak nicht annähernd die Brisanz der von Julian Assange und Wikileaks publizierten Information erreicht, zeigt er doch, dass all die Drohungen und Einschüchterungen nicht auf jeden wirken. Edward Snowden scheint ein Mann mit hohen ethischen Maßstäben zu sein, die er sich auf Dauer nicht durch Luxus und Geld abkaufen lassen wollte.

„Sie haben keine Ahnung, was alles möglich ist“, sagte er über die Spionage-File:Prism slide 5.jpgMöglichkeiten der NSA. „Die NSA hat eine Infrastruktur aufgebaut, die ihr erlaubt, fast alles abzufangen.“ Damit werde der Großteil der globalen Kommunikation automatisch bespitzelt. „Wenn ich in ihre E-Mails oder in das Telefon ihrer Frau hineinsehen wollte, müsste ich nur die abgefangenen Daten aufrufen. Ich kann ihre E-Mails, Passwörter, Gesprächsdaten, Kreditkarteninformationen bekommen.“ Snowden geht davon aus, dass er nie wieder mit Familie oder Freunden Kontakt haben werde. Seine Hoffnung sei, dass ihn Hongkong nicht ausliefern werde, weil sich die Sonderwirtschaftszone dem Recht auf freie Rede und auf politische Abweichung verpflichtet habe und die Regierung Hongkongs sei unabhängig von China. Snowden sagte, er sei zum Whistleblower geworden, weil er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dass die US-Regierung die Privatsphäre, die Freiheit des Internets und grundlegende Freiheiten weltweit mit seinem Überwachungsapparat zerstöre, so heise.

Deutschland im US-Spionage -Visier

PRISM ist nicht allein: Das Spionagetool BLARNEY sammelt Metadaten aus Internet-Backbone-Knoten. Ein Boundless Informant genanntes Datamining-Tool analysiert Daten, die Spionagetechnologie wie PRISM (Vorgänger: Terrorist Surveillance Program) sammeln. Damit ist die digitale Überwachung einzelner für die USA interessanter Personen möglich. Der „sinnvolle“ Umgang mit Big Data, also Datenmengen, wie sie heute in Quintillionen-Mengen (2,5 * 1030 Bytes pro Tag) anfallen, ist angeblich erst seit ca. 2010 möglich. Seit der Enthüllung von Echelon kann uns dies alles nicht mehr wirklich überaschen, oder? Dass die NSA auch Profiling, Tracing, DataMining weiterentwickeln, ist klar. Diese Netzspionage-Möglichkeiten bleiben jedoch weit hinter der US-Infiltration der Hardware durch Spionageschaltungen schon auf Mikrochips zurück, wie sie in Die Zerstörung von Wikileaks bereits 2011 enthüllt wurden -diese dürften PRISM& Co. erst richtig effektiv machen.

Hier ist nach Farben aufgeschlüsselt, in welchen Ländern wie viele Personen etc. durch PRISMA/Boundless digital verfolgt werden. Wie man sieht, liegen Syrien, Iran und Pakistan ganz vorne, aber Deutschland schneidet auch nicht schlecht ab: Wir spieleFile:Boundless-heatmap-large-001.jpgn in einer Liga mit hochbrisanten US-Zielen wie Konkurrent China, Ölkammer Saudiarabien, Kriegsgebiet Afghanistan und den USA selbst, die ihre eigenen Leute im Auge behalten wollen (was naive Gemüter dort grenzenlos erregt). Resteuropa und sogar Russland sind weit abgeschlagen im Kampf um die Aufmerksamkeit der NSA. Ob die Daten stimmen darf allerdings bezweifelt werden -Frankreich und Russland will man vielleicht nur in Sicherheit wiegen, die Deutschen schieben ja ohnehin immer Datenschutz-Panik, könnte man sich in Washington gesagt haben.

NSA-PRISM bei Wikipedia

PRISM ist laut wikipedia ein seit dem Jahr 2007 existierendes, als streng geheim eingestuftes und von der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) geführtes Programm zur Überwachung und Auswertung von elektronischen Medien und elektronisch gespeicherten Daten. Laut einer zuerst von der Washington Post und dem britischen Guardian im Juni 2013 veröffentlichten Präsentation sind an dem Programm neun der größten Internetkonzerne und Dienste der USA beteiligt: Microsoft (u. a. mit Skype), Google (u. a. mit YouTube), Facebook, Yahoo!, Apple, AOL und Paltalk. Die Quelle der Veröffentlichungen ist Edward Snowden, ein früherer technischer Angestellter der CIA, der sich am 9. Juni in einem Interview mit den Jounalisten Gleen Greenwald und Ewen MacAskil outete.

PRISM soll eine tiefgreifende Überwachung von Personen innerhalb und außerhalb der USA ermöglichen, die digital kommunizieren. Dabei ist es der NSA und dem FBI laut der Washington Post möglich, auf live geführte Kommunikation und gespeicherte Informationen bei den beteiligten Internetkonzernen zuzugreifen. Auf welche Daten zugegriffen werden kann, soll laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom jeweiligen Anbieter abhängen. Die Veröffentlichungen zu PRISM sind Teil einer umfangreicheren Offenlegung geheimer US-amerikanischer Dokumente, die auch das Sammeln von Metadaten von Telefongesprächen in den USA, eine geheime Direktive des US-Präsidenten Obama zur Erstellung einer potenziellen Zielliste für Cyberattacken, und ein Boundless Informant genanntes Datamining-Tool beinhaltet. Dieses schlüsselt z. B. in einer Landkarte nach Farben auf, aus welchen Ländern wie viel Information kommt.

NSA-Partnerfirma Booz Allen peinlich berührt

Booz Allen Hamilton, die z.B. die Migrantenabwehr für die US-Regierung unterstützen, zeigen sich peinlich berührt über den Whistleblower Snowden und betonen, dass er nur weniger als drei Monate bei ihnen gearbeitet hat.

Booz Allen Statement on Reports of Leaked Information, June 9, 2013: Booz Allen can confirm that Edward Snowden, 29, has been an employee of our firm for less than 3 months, assigned to a team in Hawaii. News reports that this individual has claimed to have leaked classified information are shocking, and if accurate, this action represents a grave violation of the code of conduct and core values of our firm. We will work closely with our clients and authorities in their investigation of this matter. Booz Allen Hamilton

Improving Public Safety with Analytics – Booz Allen’s innovative approach to a national priority with ICE earns prestigious INFORMS analytics award

After years of gathering large amounts of data, organizations now face the challenge of interpreting the data in ways that advance their business goals or mission areas. Traditional methods of processing this much data could take years, much too long to be effective in determining probable cost, risk, and outcomes of time-sensitive initiatives. Booz Allen’s expertise in Analytics, on the other hand, enables organizations to process, interpret, and use massive data stores in weeks or months.

Booz Allen’s work with US Immigration and Customs Enforcement (ICE) demonstrates the innovative ways the firm’s capabilities and multidisciplinary experts can help government excel at achieving important mandates, such as making the country more secure. Our Decision Analytics, Cloud Analytics, and Strategy and Change Management capabilities came together to deliver superior support to the client. As further recognition of Booz Allen’s unique Analytics capabilities, the Institute for Operations Research and the Management Sciences (INFORMS) awarded its inaugural Innovation in Analytics Award to the firm.  Booz Allen Hamilton