Tunis: Ausnahmezustand verlängert

Gerd R. Rueger tunisia-flag-svg

Nach den beiden Terroranschlägen hat die Regierung den Ausnahmezustand um zwei Monate verlängert. Mit Militäreinsätzen, Ausnahmerecht, Gesetzesänderungen (Antiterrorgesetze) und scharfer Rhetorik gegen Islamisten und von diesen missbrauchten Moscheen haben die Terroristen Tunesien zurück in Richtung Polizeistaat gebombt. diskutiert jetzt die Todesstrafe für Terroristen, Überwachung von Moscheen und ein gesetzliches Verbot des Niqab, also des Schleiers.

Tunis im Terror -die Regierung von Habib Essid verstärkte nach dem Attentat auf das Bardo Nationalmuseum im März, bei dem 20 ausländische Touristen und drei Tunesier getötet wurden, zunächst die Sicherheitsvorkehrungen, vor Regierungsgebäuden und touristischen Einrichtungen wurden weitere Einsatzkräfte stationiert, die der Terrorismusbekämpfung in Alarmbereitschaft versetzt. Doch dann erfolgte der nächste Anschlag, diesmal noch perfider: auf Touristen am Strand von Sousse. Die tunesische Regierung steht nun unter Beweisdruck, muss den Nachweis führen, dass das Land sicher sei, und verlängerte den Ausnahmezustand um weitere 60 Tage.

Kampf gegen islamischen Extremismus führt in Polizeistaat

Le président de la République, Béji Caïd Essebsi

Mohsen Marzouk, Generalsekretär der Nidaa Tounes, sagte laut kapitalis.com, alle Moscheen, die den Extremismus propagieren, wären jetzt geschlossen: „Moscheen sind dazu da, um darin zu beten und nicht um für den Jihad in Syrien aufzurufen oder Menschen für Terrorlager in Libyen zu rekrutieren“
So Mohsen Marzouk am Freitagabend im Büro seiner Partei in La Goulette. Er fügte hinzu, dass „die Moscheen keine Orte seien, um Verschwörungen gegen den Staat zu betreiben, somit die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gefährden und keine Orte, um Waffen und Munition zu lagern“.
Weiter betonte er, dass zehn Moscheen außerhalb von religiösen Autoritäten seien, etwa Bizerte, Siliana oder Zaghouan seien von religiösen Extremisten kontrolliert, aber leider seien diese Informationen nicht rechtzeitig bei den Behörden angekommen:

«Partout où l’on va, à Bizerte, à Siliana, à Zaghouan et ailleurs, on nous parle de ces mosquées contrôlées par des extrémistes religieux, mais l’information n’arrive pas hélas à temps aux autorités». kapitalis.com

Der Generalsektretär der Nidaa Tounes hat zugegeben, dass die Lage im Land sehr ernst sei. Es sei keine Frage, sich dem Druck zu beugen und zu zulassen, dass Koranschulen indoktriniert werden und Kinder in einem sehr jungen Alter einer Gehirnwäsche unterzogen werden.
„Ein paar Schritte von hier, in Kram, werden in Koranschulen Videos gezeigt, wo Kinder mit schwarzen Bandanas, auf denen der Jihad aufgedruckt ist, zu sehen sind oder jene ehren, die in den Konfliktzonen sterben.“
Bezüglich der Rückkehr von Extremisten in die Moscheen proklamierte er eine schärfere Überwachung islamistischer Aktivitäten: „Wir werden alle in der Nähe sein. Und wir werden uns Überblick über die Termine der Imame in bestimmten Regionen verschaffen.“ Kein Zweifel: Die Lohnterroristen haben mit ihren feigen, dummen und bösartigen Anschlägen auf wehrlose Zivilisten Tunesien in Richtung Polizeistaat gebombt und geschossen. Sogar Scheich Hamda Said, Mufti Tunesiens, sah sich gedrängt, im Sinne erleichterter Überwachung gegen den Niqab, die Verschleierung, zu argumentieren und ein Verbot des Niqab in Tunesien religiös zu rechtfertigen: „Deux décideurs religieux ouvrent la porte à une interdiction du niqab en Tunisie“ (Zwei religiöse Entscheidungsträger öffnen das Tor zu einem Verbot des Niqab in Tunesien). Der Niqab (arabisch ‏نقاب‎, niqāb) ist ein Gesichtsschleier, der von einigen muslimischen Frauen getragen wird. Dieser Schleier wird in Verbindung mit einem Tschador oder einem anderen, zumeist schwarzen Gewand getragen. Je kleiner das Feld sichtbarer Haut um die Augen, desto mehr ähnelt der Niqab der Burka (Ganzkörperschleier).
Hamda Said kritisierte die Haltung von Islamisten, Verschleierung der Frauen sei Gesetz laut Koran: „Der Niqab ist keine religiöse Verpflichtung oder eine bestätigte Sunnah. Auch bei der Pilgerfahrt nach Mekka ist es trotz der Gemischtheit der Geschlechter nicht erlaubt, sein Gesicht zu verhüllen“. Der Mufti von Tunis zitierte dazu einige Hadithe des Propheten. „Wenn wir davon ausgehen, dass die Vollverschleierung eine von der garantierten individuellen Freiheiten durch den Staat sei, so sei es auch erlaubt, diesen Zustand zu beschränken, wenn es die Sicherheit des Landes und der Gesellschaft erfordere.“

Der Minister für religiöse Angelegenheiten, Othman Battikh, sagte der Presse, dass es in Bezugnahme auf die Scharia und des Rechtes zulässig sei, den Niqab zu verbieten, wenn das Tragen eine Gefahr für die Gesellschaft bedeuten würde. Er fügte hinzu, dass der Niqab ein in einigen Ländern beobachtetes Phänomen sei. Der Islam kenne jedoch keine festgeschriebene Kleiderordnung, weder für die Frau, noch für den Mann.

Bulldogge USA im Krieg „gegen“ den Terror

In Tunesien ist eine Stimmung der Angst zurück gekehrt, es drohen Militarisierung und totalitäre Polizei- und Geheimdienstkontrolle: Es droht genau das, was die Führung im Westblock nach innen und außen durchsetzen will. Mal als „Krieg gegen den Terror“, mal wegen der Ukrainekrise wollen USA und EU die von Snowden enthüllten totalitären NSA-Strukturen beibehalten und das bislang schon nicht sehr friedliche Westeuropa soll nun gegen Russland aufrüsten. Es soll ein kleines Rudel Bluthunde an der Seite der globalen Bulldogge USA werden, wo bislang nur Großbritannien und Israel militärisch ihre Zähne fletschen und Frankreich noch seiner eigenen Wurst nachjagt –wie in Libyen.

Die arabisch-muslimische Welt wurde vom Westblock Land für Land in Schutt und Asche gelegt, soweit es sich nicht um lupenreine Marionettenregime wie Saudis und Scheichs handelte. In Afghanistan und Irak mit Bombenkrieg und Invasion, Libyen mit von außen gesteuerten Killerbanden und Luftunterstützung, Syrien lief dank russischer Deckung nicht ganz so glatt, in Ägypten rangeln CIA-gesteuerte Moslembruder-Islamisten mit Pentagon-nahen Militärs, im Jemen genügte Drohnenterror. Ergebnis ist überall eine ruinierte Ökonomie, eine verelendete Gesellschaft und ein schwacher Staat, der leicht von außen manipuliert und geplündert werden kann. Das westliche Versprechen von Freiheit und Demokratie wird nie eingelöst, aber niemals will der Westen daran schuld sein. Den Menschen geht es schlechter als vorher, sofern sie überhaupt das Glück hatten, ihren Kontakt mit der „Freien Welt“, wie der Westblock sich selber nennt, zu überleben.

Einzige Ausnahme schien Tunesien zu sein, wo ein Despot tatsächlich durch eine Art beginnende wsf_logo3Demokratie abgelöst wurde, ohne dass sich das Land in ein Schlachthaus verwandelt hatte –auch durch das Internet und Anonymous. Doch das passt offenbar einigen Kräften nicht, die sich Al Qaida oder IS nennen, die aber in dringendem Verdacht stehen, besser Al CIAda und ISA heißen zu sollen. Die CIA spielte die Islamistenkarte schon in Afghanistan gegen den sowjetisch geprägten Sozialismus, exportierte ihre Taliban-Terroristen dann nach Jugoslawien, um ihrem antikommunistischen Hass dort freien Lauf zu lassen. Zurück blieb Klerikalfaschismus am Hindukush und ein von Ethnorassismus verwüsteter Balkan, wie ihn sich Geopolitiker vom Schlage Samuel Huntington nur erträumen konnten. Dieses blutige Modell der False-Flag-Terroristen und Marionetten-Regime wurde und wird nun anscheinend in der arabischen Welt fortgesetzt. In Tunesien gab es bereits 2013 eine Serie politischer Anschläge und Morde wichtiger Oppositionspolitiker, die das Land auf einen anderen Weg hätten führen können. Ein Lichtblick war das Weltsozialforum 2013 in Tunis.