Australien hat gewählt: Rechtsruck gegen CO2-Steuer

Gerd R. Rueger 08.09.2013 Flag_of_Australia.svg

Neuer Regierungschef wird der reaktionäre Oppositionsführer Tony Abbott -gegen Homo-Ehe und Öko-Steuern. Labor-Premier Kevin Rudd erlitt eine historische Schlappe und räumte seine Niederlage ein. Senatswahlen werden wegen des komplizierten Wahlsystems  noch ausgezählt. Die von Tony Abbott geführten Rechten haben nach sechs Jahren Opposition die Macht in Australien zurückerobert. Nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen lagen sie laut Wahlkommission mit 88 Parlamentssitzen vor der Labor-Partei mit 56 Sitzen. Angetreten war auch die Wikileaks-Party.

Die Parlamentswahl in Australien 2013 fand am 7. September statt, es wurde das 44. australische Parlament gewählt. Es standen sich gegenüber: Der amtierende Labor (ALP)-Parteivorsitzende Kevin Rudd und sein Herausforderer Tony Abbott, der von einer bürgerlichen Koalition aus Liberalen, der Liberalen Nationalpartei in Queensland und der Nationalen Partei Australiens unterstützt wird. Die Vorgeschichte der verheerenden Labor-Niederlage:  Im Juni 2010 stürzte Ministerin Julia Gillard den damaligen Premier Rudd und trat als erste Frau die Regierung an. Drei Jahre und eine Führungskrise später setzte Labor wieder auf Rudd: Im Juli 2013 musste Gillard ihren Posten räumen. Bei der Parlamentswahl 2010 war es zu einem sog. „hung parliament“ gekommen, d. h. zu einem Patt zwischen der Labor Party und den oppositionellen Parteien des bürgerlichen Lagers. Daraufhin kam es mit der Unterstützung einiger weniger unabhängiger Parlamentsabgeordneter zur Bildung einer Labor-Minderheitsregierung unter Führung der damaligen Labor-Vorsitzenden und Premierministerin Julia Gillard. Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse war ihre Regierung  in ihrem Handlungsspielraum deutlich eingeengt. Wichtige Entscheidungen, die während ihrer Regierungszeit getroffen wurden, waren eine Wende in der bisherigen Labor-Asylpolitik, nach der Asylsuchende boat people nunmehr außerhalb Australiens auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten müssen (hier wird Abbott eine noch weit härtere Gangart einschlagen), und eine Umweltpolitik zur Dämpfung des CO2-Ausstoßes mit Einführung einer carbon tax. In der australischen Öffentlichkeit erlangte die Premierministerin vor allem mit dem letzteren Punkt nie große Popularität. Ihre gleichgültige Haltung dem berühmtesten Hacker Australiens, Julian Assange, gegenüber brachte viele fortschrittliche Wähler gegen sie auf, die den Whistleblower-Schutz eher bei der Wikileaks-Party gewahrt sahen.

Abbott siegte mit neoliberalen Parolen und Gebärprämie für reiche Frauen

Fünf Wochen dauerte die heiße Phase im australischen Wahlkampf, und der politische Gegner um Premier Rudd hatte wenig unversucht gelassen, um Abbott als Reaktionär zu entlarven. Seine rechtsradikale Ideologie richtet sich gegen Frauen, Homosexuelle, Abtreibung und Klimaschutz (die Carbon-Steuer, d.h. CO2-Abgabe zu kippen bekundete er denn auch als erstes in seiner Sieges-Ansprache),  Australien unter einem Premier Abbott würde auf schnellstem Weg  in die fünfziger Jahre zurückfallen. Aber genau dahin wollten offenbar viele Australier lieber als sich vom stereotypen Schwarz-Rot zu lösen und einmal buntere Wege zu gehen.

Im Wahlkampf setzte der reaktionäre Abbott auf  stramm-spießige Familienpolitik und abenteuerliche Versprechen. Besonders am kitschig-klebrigen Familienbild der Reaktionäre orientiert ist ein Programm, das Frauen je nach Einkommen bis zu 75.000 australische Dollar (ca. 52.000 Euro) für sechs Monate Elternzeit verheißt -je reicher die Mutti bzw. ihr Ehegatte, umso mehr Geldregen soll die Staatskasse massiverniederprasseln lassen, genau wie bei CDU/CSU/FDP hierzulande. Mehr als fünf Milliarden Dollar dürfte das Reiche-Leute-Beschenkungsprogramm die Staatskasse im Jahr kosten -diese Gebärprämie wird wohl schwer finanzierbar sein. Dafür wird der Schutz der Ehe für Homosexuelle unter Abbott nicht mehr auf der Tagesordnung stehen -was ein rechter Reaktionär ist, leidet auch unter zwanghafter Homophobie.

CO2-Macho: Rechter Rüpel gegen Öko-Steuer

Tatsächlich tat Abbott  wenig, um sein Image als reaktionärer Hardliner zu ändern. Er schwadronierte wie am Stammtisch über den Sex-Appeal von Frauen, sprach der kinderlosen Ex-Premierministerin Julia Gillard die Kompetenz in Familienangelegenheiten ab und fragte im TV-Duell mit Rudd rüpelhaft, ob dieser „denn auch mal die Klappe halten“ könne.  Das kommt an beim Wahlvolk wie es scheint, die zerstrittenen Weicheier der Labor hatten schlechte Karten. Im Wahlkampf ließ Abbott keine Gelegenheit aus, das Chaos an der Spitze als Symptom für die mangelnde Führungskraft der Regierung zu deuten.

Für viele Australier soll jedoch Carbon-Tax das  entscheidende Stichwort gewesen sein: Abbott hatte die Wahl zum Referendum über die CO2-Steuer gemacht. Seit Juli 2012 erhob das CO2-Megaverschmutzerland Australien (seit Jahrzehnten ein Hauptbremser beim globalen Klimaschutz) die Abgabe von den größten Erzeugern des Treibhausgases. Dazu gehören unter anderem Kraftwerke und große Fabriken, die die Belastung durch Monopole und Kartelle einfach auf die Verbraucher umlegen konnten. In der gegen ökologische Neuerungen aufgehetzten Bevölkerung brodelte seitdem der Unmut über die vermeintlich hohe Belastung und horrende Stromrechnungen. Ein Sieg für die Propagandisten des Manchester-Kapitalismus.

Wahlrecht und Wikileaks-Party-Niederlage

Gewählt werden die 150 Mitglieder des Repräsentantenhauses sowie 40 der 76 Mitglieder des Senats. In Australien besteht Wahlpflicht. Die Wahl der Mitglieder des Repräsentantenhauses erfolgt in 150 Ein-Personen-Wahlkreisen. Dabei kommt das Instant-Runoff-Voting zum Einsatz. Der Wähler nummeriert die Kandidaten des Wahlkreises in der von ihm gewünschten Reihenfolge. Hierbei müssen unbedingt alle Kandidaten gereiht werden, andernfalls ist der Stimmzettel ungültig.

Für den Senat werden pro Bundesstaat die Hälfte der jeweils zwölf Senatoren gewählt. Diese Senatoren treten ihr Amt am 1. Juli 2014 an. Zusätzlich werden die jeweils zwei Senatoren der beiden Territorien neu gewählt. Diese Senatoren treten ihr Amt direkt im Anschluss an die Wahl an. Die 2010 in den Bundesstaaten gewählten Senatoren verbleiben bis 2017 im Amt. Die Wikileaks-Party trat in Victoria, New South Wales (NWS) und Western Australia mit eigenen Senats-Kandidaten an.

Aktuelle Meldungen besagen eine Wahlniederlage für die Newcomer: „With about two-thirds of Senate first preferences JAssangeBobbycounted, the party picked up 0.62 per cent of the national vote. Its best showing was in Victoria, where Assange was the lead candidate, where it garnered 1.18 per cent of the primary vote. In NSW it picked up 0.8 per cent and in Western Australia 0.71 per cent. But none of these numbers are good enough to get anyone elected.“

3 Gedanken zu “Australien hat gewählt: Rechtsruck gegen CO2-Steuer

  1. und Australien ist in der Söldner-NGO:

    Selbstkontrolle: Gründung des Söldner-Aufsichtsvereins ‘ICoC Association’

    Am Donnerstag, den 19.September 2013 trafen sich in Genf in der Schweiz führende Vertreter der Sicherheitsindustrie, Mitglieder aus Organisationen der Zivilgesellschaft sowie Regierungsvertreter teilnehmender Staaten zur Gründung eines lange vorbereiteten internationalen Aufsichtsgremiums über militärische private Auftragnehmer – der ICoC Association. Die wichtigsten Staaten, die hinter diesem Projekt stehen, sind die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich, die (neutrale) Schweiz und Australien.

    Von petrapez | 24.September 2013
    miesschlechtdas Üblichegutfaszinierend (1 votes, average: 5,00 out of 5)

    Privatisierung des Krieges: Verlagerung des öffentlich wahrgenommenen Kriegseinsatzes durch reguläre Armeen zu im Verborgenen agierenden Schattenarmeen – Kriege ausserhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle

    Grosse Armeen wie in den vergangenen Jahrhunderten werden sich kaum noch gegenüberstehen. Abgelöst werden die Soldaten im Feld durch moderne Technologien wie satellitengesteuerte Raketensysteme, Drohnengeschosse (auch unter Wasser) und asymetrische Kriegsführung und Counterinsurgency-Strategie durch kleine Eliteeinheiten, die sensible Ziele und Infrastrukturen unerwartet für den Feind aus dem Hinterhalt angreifen.

    Die unpopulären Einsätze der Armeen mit zunehmender Ablehnung in der Bevölkerung werden durch “Berufsarmeen” und private Sicherheitsfirmen abgelöst. Letztere werden im Auftrag des Staates auch mit Steuergeldern finanziert, tauchen in den Budgets der Verteidigungsministerien jedoch kaum auf, da sie oft mit Geldern aus anderen Bereichen finanziert werden. Das Auftragsvolumen für Rüstung und Einsätze dieser boomenden Industrie wird auf 100 Milliarden U.S.-Dollar geschätzt. Für von privaten Auftraggebern vergebenen Aufträgen liegen kaum Statistiken vor, was in der Natur der Dinge liegt.

    Um diesen immer grösser werdenden Auftritt der “Blackwater”-Söldner” von ihrem berechtigten schlechten Ruf zu befreien und Legitimation zu verleihen, wurde eine Watchdog-Organisation gegründet.

    http://www.radio-utopie.de/2013/09/24/selbstkontrolle-gruendung-des-soeldner-aufsichtsvereins-icoc-association/

  2. „Ein Sieg für die Propagandisten des Manchester-Kapitalismus.“
    Das heißt dann; eine Niederlage für die Profiteure des Manchester-Kapitalismus (=Marxisten), oder seh ich das jetzt zu EINSEITIG?

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