Der Euro in Athen: Bertelsmann rudert zurück

Gerd R. Rueger 04.11.2012

Griechen raus aus dem Euro? Bertelsmann-Medien wie der Spiegel trommelten monatelang gegen Athen -doch nun die Wende: Die Prognos AG rechnete im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die finanziellen Folgen auch für Deutschland durch. Ergebnis: Ein Austritt Athens aus dem Euro trage das Risiko eines ökonomischen Flächenbrandes und könnte eine weltweite Wirtschaftskrise zur Folge haben. Zu den Betroffenen würden nicht nur die Südeuropäer, sondern auch Deutschland und andere Mitglieder der EU gehören sowie die USA, China und andere Schwellenländer.

Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro, so die Bertelsmann-Stiftung, trage das Risiko eines europäischen und sogar internationalen Flächenbrandes und könnte eine weltweite Wirtschaftskrise zur Folge haben. Zu den Betroffenen würden nicht nur die Südeuropäer oder die Mitglieder der EU, sondern auch die USA, China und andere Schwellenländer gehören. Zu diesem Ergebnis kam die Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Die finanziellen Folgen und auch die Wachstumsverluste für Deutschland sowie die 42 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer bis zum Jahre 2020 in der Folge eines Euro-Austrittes der Griechen oder weiterer Krisenländer analysiert. Seltsam dabei: Bertelsmann prügelte mit anderen deutschen Medien auf Athen ein (siehe: SPIEGEL schändet Akropolis) und erklärte seinen Lesern seitenlang, „warum Griechenland jetzt den Euro verlassen muss“.

Nach dem Bericht der Bertelsmann-Stiftung hätte ein Austritt Griechenlands verheerende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Bislang sprachen die Medien meist nur von Gefahr, die den südeuropäischen Ländern sowie der Euro-Währung drohe. Ein Zusammenbruch des Euro könne jedoch, so das durchgerechnete Szenario, gravierende wirtschaftliche Krisen in den USA und in China auslösen -eine seltsame Entdeckung, denn sie kommt von jenen Medien und Geldeliten, die sich seit zwei Jahrzehnten als Krone der Globalisierung anpreisen. Nun ist also die Welt tatsächlich globaler, als sie dachten? Schon der isolierte Austritt Griechenlands aus dem Euro würde für Deutschland „Einbußen in der Wirtschaftsleistung von insgesamt 73 Milliarden Euro bis zum Jahre 2020 bedeuten”, meint die Bertelsmann-Stiftung mit den Zahlen von Prognos in der Hand.

Als Ursache gilt der Domino-Effekt: Spanien und Portugal könnten Griechenland in diesem hypothetischen Szenario folgen. Damit würden die Schulden der verbleibenden Euro-Staaten enorm steigen und die Euro-Zone in Gefahr bringen. Für Athen würde ein Austritt den Staatsbankrott und eine Abwertung der neu eingeführten Drachme bedeuten.  Neben der Tilgung der bisherigen Schuldenlast wäre mit einem  Anstieg der Arbeitslosigkeit und einem Einbruch der Wirtschaftsleistung zu rechnen, die sich im Jahr 2020 auf schätzungsweise 164 Milliarden Euro beziffern würde, so die Prognos-Studie. Für die 42 wichtigsten Volkswirtschaften entstünden dadurch Einbußen in Höhe von bis zu 674 Milliarden Euro. Wenn ein zweites Land, z.B. Portugal, die Eurozone verließe, würden die weltweiten Wachstumsverluste auf 2,4 Billionen Euro steigen. Verabschiedete sich auch noch Spanien aus dem Euro, würden Deutschland bis 2020 Wachstumsimpulse in Höhe von  850 Milliarden Euro fehlen und Schulden in Höhe von 226 Milliarden Euro wären abgeschrieben. Fazit: Die Kosten würden sich exponentiell erhöhen, weltweit würden sich die Wachstumseinbußen der 42 großen Volkswirtschaften auf acht Billionen Euro summieren. Eine weltweite Rezession wäre die Folge.

Dies alles ist keine große Überraschung. Doch erstaunlich ist, dass Bertelsmann erst jetzt darauf kommt, sich alles mal in Ruhe vorrechnen zu lassen: Wäre es nicht klüger gewesen, dies schon vor Monaten oder Jahren zu tun? Doch dann hätte man mit Panikmache und griechen-Hetze den Ratingagenturen keine Steilvorlagen für ihre Abwertungen der griechischen Ökonomie geben können. Die Medienhetze gegen Athen hat in Deuitschland die brutale Haltung der schwarzgelben Regierung Merkel erst möglich gemacht. Die Finanzindustrie hat dadurch im großen Stil Kasse gemacht, SPIEGEL & Co. haben ihre Multi-Millionen-Annoncen von den Banken eingesackt und dadurch mitverdient. Aber nun wird zurückgerudert: So schlimm wollte man es nun doch nicht treiben, dass der Euro-Raum ganz den Bach runter geht. Also werden jetzt erstmals vernünftige Überlegungen angestellt -hoffentlich bringen die Medien der Bertelsmann-Stiftung, die bekanntlich Eignerin des Konzerns ist (kaum ein Kommentar erwähnt dies), hoffentlich stellen die Bertelsmann-Medien diese Studienergebnisse genauso breit auf die Titelseiten und ins RTL-Programm, wie die Hetze gegen Athen.

Die deutsche Medienkampagne gegen Griechenland und vor allem die Syriza-Linke zog sich neben BILD nicht nur durch Funk und Fernsehen, sondern auch durch den SPIEGEL („BILD am Montag“), das Flaggschiff der Printflotte des Mediengiganten Bertelsmann (Stern, Random House, RTL, Arvato u.a.), was links gern übersehen wurde. Obwohl immer noch vom Ruf des linksliberalen Qualitäts-Journalismus zehrend, ist der SPIEGEL seit den 90ern zum Zentralorgan eines „rheinischen Neoliberalismus“ verkommen. Dies geschah analog zum Machtzuwachs der milliardenschweren Bertelsmann-Stiftung, Haupteignerin des Konzerns und als neoliberaler think tank Leitwolf im Berliner Lobbyisten-Rudel.

Zum korruptiven Berliner Dauerkonzert steuert Bertelsmann –neben den heimlich verbreiteten Librettos seiner Stiftung– gern mediale Paukenschläge bei. Das unterstreicht die Dominanz bei der Bestimmung der Marschrichtung und meist tönt Bertelsmann noch etwas teutonischer als andere Medien: Globalisierung in der Tonart der Deutschland AG. Deutsche Bank, Allianz, Altana, BMW, Mercedes, Siemens usw. danken es aus ihren Milliarden-Werbeetats mit fetten Anzeigen im Magazin. Die angeblichen „Edelfedern“ des weltberühmten Magazins waren sich da für etwas Mittun am Griechen-Bashing nicht zu schade -die Millionen der Finanzindustrie klingelten in der Kasse der Anzeigenabteilung des Magazins, die Griechen mussten bitter dafür bluten und den Rest holen sich die Geldeliten dann später auch bei uns allen ab.

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