Island: Sommer der Piraten dank Panama Papers-Krise

Gerd R. Rueger icelandflag

Reykjavik. Nur weil seine Frau eine Firma hat, soll Ministerpräsident Gunnlaugsson zurücktreten, so tönen ARD & DLF stündlich. Sie vergessen dabei zu sagen, dass Saubermann Gunnlaugsson damit bis zum Hals im dreckigsten Banken- und Regierungs-Korruptions-Skandal der Landesgeschichte steckt. Nebenbei verschweigen die Mainstreamer auch, dass zwei weiter Minister der isländischen Rechtsregierung Offshore-Firmen in Steueroasen besitzen. Die Isländer stürzten nach einer Intervention von Wikileaks und Julian Assange in der Bankenkrise 2008 als einziges Volk Europas die Regierung und das Land fuhr gut damit. Nun sind die Piraten in Island wieder im Aufwind.

Finanzminister Bjarni Benediktsson und Innenministerin Ólöf Nordal, beide von der nationalistischen Unabhängigkeitspartei, sind weitere Panamesen in der Rechtsregierung von Gunnlaugsson. Alle drei haben über die Kanzlei „Mossack Fonseca“ (Panama) Briefkastenfirmen in „Steueroasen“ eingerichtet. Der Herr Ministerpräsident hatte mit seiner Frau die Firma „Wintris“ (Virgin Islands) über die Luxemburger Tochter der isländischen „Landsbanki“-Bank 2008 erworben, die in räuberische Abzocke am isländischen Volk verwickelt war. Gunnlaugsson steckt damit bis zum Hals, den er nie voll kriegen konnte, im dreckigsten Banken- und Regierungs-Korruptions-Skandal Islands.

Landsbanki und Kaupthing gehörten zu den Großpleitiers Islands, Wintris war mit mehreren Millionen Gläubiger von beiden Banken. 2013 wurde Gunnlaugsson Ministerpräsident, der über die Entschädigung der Gläubiger zu entscheiden hat und zufällig zugleich Begünstigter ist. Doch weil Parlamentarier, anders als in Deutschland, in Island ihre Geschäfte offenlegen müssen, hatte er die Schwindelfirma 2009 seiner Frau noch schnell für einen US-Dollar abgetreten. Dies geschah jedoch, nachdem er als Noch-Eigner ins Parlament eingezogen war, was wahrscheinlich einem Betrug gleichkommt.

Kommt in Reykjavik ein Sommer der Piraten?

Islands Volk stürzte als einziges Europas nach der Bankenkrise 2008 die Regierung und wählte eine eigens neu gegründete Piratenvorläufer-Partei mit linksgrüner Hilfe an die Macht. Diese entmachtete die Banken und sorgte dafür, dass sie selbst den Schaden, den sie angerichtet hatten, tragen mussten: Nach der Pleite wurden sie verstaatlicht (statt vorher, wie bei Merkel). Alle anderen Völker ließen ihre korrupten Eliten an der Macht und sich von korrupten Medien aufschwatzen, dass die Banken systemrelevant und daher mit Steuergeld zu retten wären. Islands Ex-Staatschef Geir Haarde musste sich als einziger Politiker Europas vor Gericht für die (auch politisch zu verantwortende!) Finanzkrise verantworten: Am 23.4.2012 verkündete ein parlamentarisches Sondergericht, Haarde hätte zwar verantwortungslos gehandelt, könne aber mangels gesetzlicher Verbote nicht bestraft werden.

Nachdem der Karren aus dem Dreck war, ließen sich die Isländer leider wieder medial einlullen und kehrten 2013 mehrheitlich zu ihrer vorherigen rechtsgerichteten Einstellung zurück –so kam der smarte Saubermann Gunnlaugsson mit der rechtspopulistischen Fortschrittspartei an die Macht. Er hätte seine Verwicklung in den Bankensumpf zugeben müssen, überschrieb aber schnell noch alles seiner Frau. „Völlig legal!“, tönt er jetzt –stimmt, denn die Gesetze wurden von korrupten Politgangstern mit ihren Bankster-Komplizen ausgebrütet. Wenigstens kamen die Piraten 2013 ins Parlament.

Bei den inzwischen sehr wahrscheinlichen Neuwahlen, hätte die 2012 gegründete Piratenpartei gute Chancen, zur stärksten Kraft zu werden. Bei einer Umfrage, die noch vor den Panama Papers durchgeführt wurde, wollten 36,1 Prozent der Befragten für die Piratenpartei stimmen, die Unabhängigkeitspartei käme auf 23,2 Prozent und die Fortschrittspartei auf 12,1 Prozent. Schon damit wäre eine Fortsetzung der Regierungskoalition nicht mehr möglich. Die Grünen (die in Island, anders als bei uns, eine linke Partei sind) haben sich mit 11 Prozent und die Sozialdemokraten mit 9,5 Prozent noch nicht vom Rechtsruck 2013 erholt.

Im Januar lagen die Piraten bei einer Umfrage allerdings schon bei 42 Prozent, 36 Prozent erzielten sie bereits im November 2015. Das aber zeigt, dass die Piraten bereits eine stabile Anhängerschaft erreicht haben könnten. Bei den Wahlen 2013, als sie erstmals antraten, hatten sie es mit 5,1 Prozent gerade geschafft, ins Parlament einzuziehen. Angesichts der Erfolge der isländischen Parteien hoffen auch die deutschen, davon profitieren zu können.

Islands Piratenpartei tritt für die IMMI, die Island zur Datenoase (analog zu Finanzoasen) machen will, Bürgerrechte, direkte Demokratie, eine Copyright-Reform, Transparenz, Gleichheit, Mindesteinkommen, eine Förderung der Internetökonomie sowie für den Schutz der Gläubiger gegen die Banken ein. Die Piraten wollen ferner, dass mit einem Volksentscheid über einen Beitritt zur EU entschieden werden müsste.

Petition gegen korrupte Rechtsregierung

In einer Petition, die bereits von mehr als 17.000 Isländern unterschrieben wurde, wird Gunnlaugsson zum Rücktritt aufgefordert. Proteste vor dem Parlament fordern Neuwahlen und verlangen von der Island KarteOpposition, einen Misstrauensantrag zu stellen. Mehr als 5000 haben ihre Beteiligung angekündigt. In Island mit seinen ca. nur 300.000 Einwohnern eine gewaltige Zahl. Die Regierung ist inzwischen in helle Panik verfallen, die Rechtsparteien bangen um ihre Sitze und könnten die Regierung als schnelles Notopfer darbieten. Oder man hält das Volk hin, bis die Medien eine neue Sau gefunden haben, die sie durchs Dorf treiben können. In Deutschland suchen sie bereits händeringend nach einer, der sie vorzugsweise ein Schild mit der Aufschrift „Putin“ umhängen können. Notfalls greifen sie aber auch zu Asylbewerbern, Iran oder Nordkorea.

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