Tunesien: Selbstmordattentat auf den Tourismus

Außer dem Attentäter wurde niemand getötet oder verletzt. Der Mann mit Sprenggürtel hatte vergeblich versucht in ein tunisia-flag-svgHotel einzudringen –wer hat ein Interesse an der Destabilisierung Tunesiens? Gerade begann sich der Tourismus in Tunesien wieder etwas zu erholen. Doch dies gefiel offenbar bestimmten Machtgruppen nicht -ob wirklich nur „Islamisten“ als die üblichen Schurken dahinter stecken, wird von vielen Tunesiern bezweifelt.

Vor einem Hotel in der tunesischen Küstenstadt Sousse, einem beliebten Touristenzentrum an der Nordostküste, hat sich jetzt ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Verletzte über den Attetäter hinaus hat es zwar nicht gegeben, doch soll es zu einer Panik gekommen sein –keine gute Werbung für die instabile Demokratie nach der Jasminrevolution.

Tunesiens Tourismusindustrie ist gerade dabei, sich wieder zu erholen. 2011, im Jahr des Sturzes des Diktators Zine el-Abidine Ben Ali, ging die Besucherzahl von 6,7 Millionen (2010) auf 4,6 Millionen zurück. 2012 kamen schon wieder 5,9 Millionen Besucher. Für dieses Jahr zeichnete sich ab, wieder den Stand von 2010 zu erreichen –auch dank des Sozialgipfels. Rund sieben Prozent des tunesischen BIP und ca. 20 Prozent der Deviseneinnahmen kommen aus dem Tourismus. Das Hotelgewerbe bietet Besuchern Tunesiens über 240.000 Betten, 400.000 Tunesier arbeiten dort. Die Regierung will die Branche weiter auszubauen und künftig auch das Landesinnere dafür erschließen.

Doch Extremisten haben scheinbar andere Pläne –wer auch immer hinter ihnen steckt. Viele vermuten Dollars vom CIA bzw. US-Marionetten-Regierungen der Ölstaaten. Auch in Monastir, ganz in der Nähe von Sousse,  gab es einen Zwischenfall: Dort nahm die Polizei einen Mann fest, der sich angeblich am Grab Bourguibas in die Luft sprengen wollte. Habib Bourguiba war der erste Präsident des Landes nach der Unabhängigkeit von Frankreich und der Ausrufung der Republik im Jahr 1957. Bombenattentate in Tunesien bislang zum Glück selten. Seit dem NATO-Angriff auf  das Nachbarland Libyen sind jedoch militante Islamistengruppen eingesickert. Die Extremisten machten sich vermutlich das vom „humanitären“ Gemetzel der westlichen Bombardierungen hinterlassene Chaos in Libyen zunutze, um sich Waffen zu besorgen.

Dabei hat gerade der Nationale Dialog zwischen Regierung und Opposition begonnen, der das Land aus der politischen Krise führen soll. Ministerpräsident Ali Larayedh von der islamistischen Ennahda hatte versprochen, gemäß einem Zeitplan für den Nationalen Dialog zurückzutreten. Am Freitag übergab er nach Angaben der Ennahda eine entsprechende schriftliche Erklärung. Mit dieser Zusicherung erfüllte er eine Forderung der Opposition, die sich ohne schriftliche Erklärung einer Teilnahme verweigert hatte. Der von dem Vermittlerquartett ausgearbeitete Zeitplan sieht vor, dass Ali Larayedh drei Wochen nach Beginn des Nationalen Dialogs zurücktritt, also Mitte November. Larayedh hat inzwischen zwar seine Bereitschaft zum Rücktritt bekräftigt, aber zum keinen konkreten Zeitpunkt genannt. Tunesiens Parteien ist es bislang nicht gelungen, sich über eine Übergangsregierung zu einigen. Im Verlauf der Debatten, die seit dem 25. Oktober im Gange sind, sind die Ennahda und die Opposition übereingekommen, dass sich mit der Auswahl des künftigen Premiers eine Kommission beschäftigen soll. Weiterer Terror würde den Einigungsprozess torpedieren, ohne einer Seite Vorteile zu bringen.

3 Gedanken zu “Tunesien: Selbstmordattentat auf den Tourismus

  1. Man muss keine Wahrsagerin sein, um zu erkennen, dass in Tunis eine Kairo-light gewaltdiktatur aufgebaut werden soll: Nordafrika in Schutt und Asche legen nach dem Modell Irak (siehe Libyen) oder Modell Algerien (siehe Ägypten).
    Ziele: Billiges Öl, Moslems als Prügelknaben, Russen und Chinesen fernhalten.
    Verantwortlich: Die, die davon profitieren.

  2. Armes Tunesien. Dabei ist das Land beispielhaft für alle Diktaturen der Region, wie auch Qatar. Aus Qatar -Tunisia-Scandal:
    Qatari Courts Uphold Fifteen-Year Sentence for “We are Tunisia” Poet (von Alexandra Hartmann)

    Zensur-Diktatur Katar: Gericht verhängt fünfzehn Jahre für den Satz „Wir sind Tunesien“

    Fünfzehn Jahre im Gefängnis für einen rezitierten Vers: Katars Oberster Gerichtshof bestätigte dieses Unrechtsurteil für Qatars Dichter Mohammed al-Ajmi, auch bekannt für seine Zeile „Wir sind Tunesien angesichts der repressiven Elite.“ Al Ajmi wurde ursprünglich im November 2011 wegen „Beleidigung des Emirs“ und „Anstiftung zum Sturz des Regimes“ angeklagt, nachdem er mit einer Kamera dabei aufgenommen wurde, ein Gedicht zu rezitieren, das indirekt Katars Dikator (Emir) kritisierte.

    Der Dichter ist auch bekannt für „The Jasmine Poem,“ ein umstrittenes Stück zur Feier der Aufstände im Nahen Osten und Nordafrika, besonders in Tunesien 2010/11. Aktivisten und al-Ajmi radca prawny glauben, dass diese Arbeit zu seiner Verurteilung durch die Justiz der Diktatur beigetragen hat. Die totalitären Qatar-Gerichte hatten al-Ajmi zunächst in unfassbarer Gnadenlosigkeit zu lebenslanger Haft verurteilt, aber seine Haftzeit dann im Februar dieses Jahres auf fünfzehn Jahre reduziert. Damit hat die Justiz von Qatar einen Präzedenzfall für künftige Fälle festgelegt, sagte al-Ajmis Rechtsanwalt Najeeb al-Nauimi den Doha-News.

    http://www.tunisia-live.net/2013/10/22/qatari-courts-uphold-fifteen-year-sentence-for-we-are-tunisia-poet/#sthash.dWob6CRo.dpuf
    Siehe auch http://mittelmeer.blogsport.de/tunesien/

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