Der ICREACH-Leak: Das geheime NSA-Google verpetzt jeden

Gerd R. Rueger aac53-yes-we-scan-round-200

The Intercept enthüllt eine bislang unbekannte Spionage-Suchmaschine der NSA: ICREACH. Die NSA versorgt damit US-Behörden aller Art mit unseren privaten Daten –allen voran das FBI und die Drogenfahndung. Der berüchtigte 5Eyes-Club ist natürlich mit dabei: London weiß, mit wem du letzten Sommer telefoniert hast. Die geheime Organisation der Überwachung der Welt wird ein Stück weiter gelüftet.

Jeder, der sich angesichts der Globalen Gestapo NSA bislang damit tröstete, ein kleiner unpolitischer Oblomov zu sein, dessen private Schweinereien die Geheimdienste bestimmt nicht interessieren, wird jetzt vielleicht wach gerüttelt:

Ryan Gallagher

Der investigative Journalist und Blogger Ryan Gallagher enthüllte auf Glenn Greenwalds The Intercept eine bislang unbekannte Spionage-Suchmaschine der NSA: Ihr Name ist ICREACH.

Die NSA versorgt mit ICREACH US-Behörden aller Art mit unseren privaten Daten –allen voran das FBI und die Drogenfahndung (DEA). Die US-Gefängnisse sind voll mit meist schwarzen Jugendlichen, die mit kleinen Mengen Cannabis erwischt wurden und jahrelange Haftstrafen dafür abbüßen müssen. Wie viele Steuerhinterzieher, untreue Ehefrauen, lasthafte Priester usw. vom örtlichen FBI-Agenten erpresst werden, ist nicht bekannt.

Slate-Autor Ryan Gallagher schreibt auf The Intercept: Die National Security Agency leitet heimlich Daten an fast zwei Dutzend US-Regierungsbehörden weiter: Mit einer „Google-ähnlichen“-Suchmaschine kann auf mehr als 850 Milliarden Datensätze über Anrufe, e-Mails, Handy-Ortungen und Internet-Chats, zugegriffen werden –dies besagen Geheimdokumente, die The Intercept vorliegen.

Diese Dokumente sind der erste definitive Beweis, dass die NSA seit Jahren US- Strafverfolgungsbehörden große Datenmengen zur Überwachung direkt zugänglich macht. Planungsunterlagen für ICREACH, wie die Suchmaschine genannt wird, weisen das FBI und die Drogenbehörde „Drug Enforcement Administration“ als wichtigste Daten-Konsumenten aus.

ICREACH enthält Informationen über die private Kommunikation von Ausländern und, wie es scheint, Millionen von Datensätzen us-amerikanischer Staatsbürger, die noch keiner Straftat angeklagt wurden. Informationen über seine Existenz fanden sich im Archiv der The Intercept von NSA-Whistleblower Edward Snowden bereitgestellten Materialien.

Frühere Enthüllungen der Snowden-Dokumente haben eine Vielzahl von NSA-Programmen für das Sammeln großer Mengen an Kommunikation aufgezeigt. Die NSA hat zugegeben, dass sie einen Teil ihrer gesammelten Daten mit US- Behörden wie dem FBI teilt. Informationen über Methode und Umfang der NSA-Datenspenden blieben jedoch bislang verborgen.

Bild: ICREACH Architecture

ICREACH wurde für mehr als 1.000 Analysten von 23 US-Regierungsbehörden, die Intelligenz, Aufgaben zugänglich gemacht, so ein 2010-Memo. Ein Planungsdokument ab 2007 listet die DEA, FBI, CIA und die DIA (Defense Intelligence Agency, bei der Snowden ebenfalls angestellt war) als Hauptabnehmer der Daten auf.

Die Informationen aus ICREACH dienen zur Verfolgung und Überwachung von SnowdenBürgerinitiativen und oppositionellen Gruppen in den USA, um Netzwerke ihrer dem Staat bzw, den ihn beherrschenden Machteliten verdächtig erscheinenden Mitglieder abzubilden. So wollen NSA, FBI & Co. angeblich Verbechen vorhersagen bzw. ihre religiösen oder politischen Überzeugungen ausspionieren. Diese auch nach US-Gesetzen eigentlich illegale (weil gegen die eigenen Bürger im Inland gerichtete) Überwachungsmaschinerie war es, die Edward Snowden zum Whistleblower werden ließ: Seit Mitte des letzten Jahrzehnts ist der unersättliche Datenhunger des Überwachungsstaates völlig außer Kontrolle geraten (siehe unten Statistik der Datenzugriffe).

Laut einer wie üblich nicht mit Eigenlob geizenden NSA-Selbstbewertung stellt ICREACH einen Meilenstein in der Geschichte der geheimen Überwachung der US-Bevölkerung durch die US-Regierung dar:

“The ICREACH team delivered the first-ever wholesale sharing of communications metadata within the U.S. Intelligence Community,” noted a top-secret memo dated December 2007. “This team began over two years ago with a basic concept compelled by the IC’s increasing need for communications metadata and NSA’s ability to collect, process and store vast amounts of communications metadata related to worldwide intelligence targets.”

The Surveillance Engine: How the NSA Built Its Own Secret Google, by Ryan Gallagher

Heute ab 14:00 kann in Berlin mal wieder unter dem Motto Freiheit statt Angst gegen die globale Bespitzelung demonstriert werden.

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„Freiheit-statt-Angst”-Demo 2012 (Fotograf: Tobias M. Eckrich, CC-BY)

7 Gedanken zu “Der ICREACH-Leak: Das geheime NSA-Google verpetzt jeden

  1. Warum den „Google“ starten die da dauernd Suchanfragen wie
    >Steuerbetrüger, Dallas, Zugang zu Gebäude mit freier Sicht auf Präsidenten-Fahrtroute<?

  2. Hier hatte Telepolis den TheIntercept-Artikel von Blogger Ryan Gallagher
    auch schon geplündert -allerdings ohne den Namen des Autors dabei zu nennen (Plagiat?):

    Die Google-ähnliche Suchmaschine der NSA
    Florian Rötzer 26.08.2014
    Mit der seit 2007 existierenden Suchmaschine ICREACH konnten auch Strafverfolgungsbehörden wie FBI oder DEA auf mehr als 850 Milliarden Metadaten zugreifen
    Immerhin scheint die NSA nicht Google zu benutzen, der mächtige US-Geheimdienst hat eine eigene Suchmaschine aufgebaut, auf die Dutzende von US-Behörden Zugriff haben. Durchsucht werden können mindestens 850 Milliarden gespeicherte Metadaten von Telefonanrufen über Emails oder Lokalisierungen von Handys bis zu Internetchats, wie aus von Snowden geleakten Dokumenten hervorgeht, die The Intercept nun ausgewertet und vorgestellt hat.
    Die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden ist damit eng. Nach den Dokumenten können etwa das FBI oder die Drogenbehörde DEA die Suchmaschine ICREACH, die ein Google-ähnliches Interface anbietet, benutzen und damit an Daten von US-Bürgern herankommen, die sie eigentlich nicht erhalten sollten. Wie immer erlaubt der Umweg über das Ausland, was eigentlich verboten ist. Die NSA erschließt die Daten, die nach der noch aus der Zeit Reagans stammende Executive Order 12333 im Ausland ohne Gerichtsbeschluss gesammelt wurden (foreign intelligence). Gerichtlich verwenden kann etwa das FBI die Daten nicht, wenn sie von der NSA kommen, aber es besteht die Möglichkeit der „Parallelkonstruktion“, bei der die Herkunft der Daten durch die Konstruktion einer neuen Quelle verschleiert wird.

    Geplant wurde die Suchmaschine noch 2005 unter der Präsidentschaft von Bush, 2007 nahm sie ihre Arbeit auf, unter Obama wurde die Umsetzung fortgesetzt. Nach einem Dokument aus dem Jahr 2010 hatten mehr als 1000 Analysten aus 23 Behörden Zugriff, um Bewegungsprofile oder Kommunikationsnetze von Personen zu erkennen. Die Suchmaschine solle realisieren, was als wichtigstes Manko nach 9/11 erkannt worden war, die sollte den Informationsaustausch zwischen den Behörden realisieren und täglich 2-5 Milliarden Aufzeichnungen von mehr als 30 unterschiedlichen Metadaten verarbeiten können. Gesucht werden kann beispielsweise mit einer Telefonnummer, um zu erfahren, wie oft und mit wem eine verdächtige Person telefoniert hat. Das ergibt dann einen Blick in das „soziale Netzwerk“ dieser Person mit dem Beifang vieler Menschen, die mit dem Gesetz nicht in Konflikt geraten sind.

    Herausgefunden werden sollten nach den Beschreibungen mögliche künftige Bedrohungen, erfasst werden aber auch die „minimierten“ Daten von Amerikanern, so dass sie zunächst identifiziert werden, aber, so Intercept, jederzeit vervollständigt werden können, sobald Bedarf besteht.

    Das Konzept der NSA-Suchmaschine ist aber, wie Intercept deutlich macht, nicht erst nach 9/11 entstanden, sondern geht bereits auf die 1990er Jahre zurück. Nach einem NSA-Memo wurden bereits in dem gemeinsam von der NSA und der DEA entwickelten Projekt CRISSCROSS Telefonmetadaten ausgewertet, um in Lateinamerika die Kommunikationsnetze von Drogenhändlern herauszubekommen. Ab 1999 hatte offenbar auch das FBI Zugriff, zudem wurde PROTON integriert, um weitere Metadaten etwa von Handys zu erfassen.

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