Krim-Krise: Wie glaubwürdig ist der Westen?

Gilbert Perry SvobodaProtesters

In einem haben die Westmedien recht: Einseitig erklärte Sezessionen sind unzulässig. Volksaufstände und Sezessionswünsche setzen das Völkerrecht nicht außer Kraft, internationale Streitigkeiten sind friedlich beizulegen. Doch kann der Westen hier als Weltpolizist und Patron des Guten auftreten? Unter Führung von Obamas USA, die mit der globalen Gestapo der NSA weltweit Bespitzelung praktizieren, Völkerrecht brechen mit Drohnen, JSOC-Morden, Folter-Lagern wie Guantanamo?

In einem haben die Westmedien recht: Einseitig erklärte Sezessionen sind unzulässig. Volksaufstände und Sezessionswünsche setzen das Völkerrecht nicht außer Kraft, internationale Streitigkeiten sind friedlich beizulegen. Ein Anschluss der Krim an Russland wäre demnach nur mit Zustimmung aus Kiew rechtmäßig, die jedoch kaum zu erwarten ist. Genauso völkerrechtswidrig war aber auch die vom Westen und den Westmedien bejubelte einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die gegen den Willen Serbiens erfolgte. Wenn Faschisten und ausländische Mächte in der Ukraine ihr Unwesen treiben, stärkt auch das nicht die Glaubwürdigkeit westlicher Empörung über Putin.

Klar ist dabei selbstverständlich: Auch zum Schutz der Russen in der Ukraine bewaffnete Truppen einzusetzen, wäre völkerrechtswidrig. Genauso völkerrechtswidrig sind aber auch die vom Westen und den Westmedien wahlweise verschwiegenen oder bejubelten eigenen Militärinterventionen, oft in ehemaligen Kolonien. Erst recht gilt dies für die unter Obama extrem ausgeweitete blutige Praxis des Drohnenkrieges und der geheimen Killer-Kommandos des JSOC  (Joint Special Operation Command), die Jeremy Scahill jüngst in seinem gut recherchierten und umfangreich dokumentierenden Buch „Schmutzige Kriege: Amerikas geheime Kommandoaktionen“enthüllte. Demnach führen die USA monatlich tausende militärische Geheimoperationen in allen Regionen der Welt durch, meist gegen verdächtige Moslems in Pakistan und Jemen, aber auch in vielen anderen Ländern, darunter auch die Ukraine.

Im JSOC hatte die Regierung Bush nach den 9/11-Anschlägen ab 2002 die Spezialtruppen von Heer, Marine und JSOCLuftwaffe (Ranger, Navy Seals und Deltaforce) zusammengefasst. Damit wurde neben entsprechenden Kräften der CIA eine zweite Geheimtruppe für paramilitärische illegale Mord- und Entführungsaufträge geschaffen, die der Kontrolle durch den Geheimausschuss des US-Kongresses vollkommen entzogen war. So konnte die US-Geopolitik aber auch egoistische Interessen derBush-Cheney-Halliburton-Mafia durch geheime Kommandoaktionen durchgesetzt werden.

Das JSOC operierte offenbar auch in der Ukraine: Wollen die USA auch dort ihre politischen und ökonomischen Interessen paramilitärisch durchsetzen? Schon US-Präsident G.W.Bush II. investierte laut Foxnews Schmutzige Kriegeab 2004 bereits 65 Millionen Dollar in die „Orangene Revolution“, um in der Ukraine ein US-orientiertes Regime zu installieren. Obama schickte später die geheimen JSOC-Kommandos in die Ukraine, die US-Kritiker Jeremy Scahill in seinem neuen Buch „Die schmutzigen Kriege der USA“ ausführlich beschreibt (zur Ukraine siehe dort S.440). Ihr Auftrag war natürlich geheim. Die JSOC-Kernkompetenz ist dank Scahill jetzt bekannt: Leute aus dem Hinterhalt erschießen und die Morde anderen anhängen bzw. lokale Killer dafür ausbilden. Wer erschoss wirklich die Demonstranten und Polizisten in Kiew? Für ARD&Co ist das keine Frage: Putin und Janukovich sind schuld.

Jeremy Scahill erzählt in dieser packenden investigativen Reportage, wie es dazu kam, dass Mord zu einem zentralen Instrument der U.S.-Sicherheitspolitik geworden ist, und welche Konsequenzen diese Entscheidung hat – für unzählige Menschen in den unterschiedlichsten Ländern und für die Zukunft der amerikanischen Demokratie… Das neue Paradigma der amerikanischen Kriegsführung: Gekämpft wird überall, von Spezialkräften, die offiziell gar nicht existieren, aber weltweit unzählige Einsätze durchführen, die nie ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Scahill enthüllt das erschreckende Bild einer geheimen U.S.-Mordmaschinerie, die mächtiger geworden ist als jeder Präsident, der ins Weiße Haus einzieht.  /Verlagswerbung

Bastarde erschießen

Nun unterstützten diese Kräfte womöglich auch die Faschisten der Ukraine, einer von ihnen ist Aleksandr Muzychko, der zu den Anführern des „Rechten Sektors“ gehört und gern zu Lynchjustiz greift: „Ich warne Euch, wenn jemand in dieser Stadt und Region für Gesetzlosigkeit und Plünderungen sorgt, werden Abteilungen des Rechten Sektors diese Bastarde auf der Stelle erschießen. Dann wird wieder Ordnung und Disziplin einkehren“, hatte Muzychko gedroht, der in Russland wegen seiner Kriegsverbrechen im Tschetschenien-Krieg gesucht wird.

Muzychko ist laut HINTERGRUND nicht allein. Seine Organisation ist ein autonomer Zusammenschluss nationalchauvinistischer und faschistischer Gruppierungen. Dazu zählt Tryzub (Dreizack), der die bereits 1929 gegründete Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) – deren Chef, Dmytro Yarosh, wurde auch zum obersten Anführer des Rechten Sektors ernannt – und viele kleine rechte Splittergruppen angehören. Mit dabei auch die ursprünglich aus der rechtspopulistischen Partei Swoboda hervorgegangenen Patrioten der Ukraine. Auch die 1990 in Lwiw gegründete Partei Ukrainische Nationalversammlung (UNA) und ihr paramilitärischer Arm Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNSO) und der militante Belyj Molot (Weißer Hammer).

Die Junge Welt ehrte Muzychko jüngst ironisch:

Friedlicher Demonstrant des Tages: Alexandr Musitschko

Der Herr (englisch Muzychko) ist Chef des »Rechten Sektors« in der West­ukraine. Sein Bekenntnis lautet: »Ich Muzychkowerde Juden, Kommunisten und russischen Abschaum bekämpfen, bis ich sterbe.« Faul war er in dieser Hinsicht nicht. 1991 betätigte er sich auf seiten Aserbaidschans im Krieg um die armenische Enklave Nagorny Karabach – als Mitglied der paramilitärischen »Ukrainischen Nationalversammlung – Ukrainische Nationale Selbstverteidigung« (UNA-UNSO). Als deren Ausbilder drillte er ab 1993 ukrainische Freiheitskämpfer in einem Lager bei Ivano-Frankivsk. Im Dezember 1994 brachte ihn und andere eine Militärmaschine über Georgien in den Kaukasus, um russische Streitkräfte zu bekämpfen. Musitschko war Kommandant der UNA-UNSO in Tschetschenien, sprengte nach eigenen Angaben mehrere Militärfahrzeuge in die Luft und erwarb sich einen Ruf als Folterer. Nach Aussage eines Zeugen brach er russischen Gefangenen systematisch die Finger, stach Augen aus, riß Zähne und Nägel aus, bevor er sie erschoß. Der tschetschenische Präsident Dschochar Dudajew, der u.a. Russisch aus Schullehrplänen strich, ehrte ihn dafür als »Held der Nation«. Zurück in der Ukraine setzte Musitschko seine politische Karriere fort, kandidierte für das Parlament und trat zuletzt als »friedlicher Demonstrant« auf. Ein Internetvideo zeigt ihn auf einer Kundgebung in Rowno als Kalaschnikow schwingenden Aufmunterer zum Morden. Dieser Drang in die Öffentlichkeit machte nun russische Ermittler aufmerksam. Am Freitag schrieben sie ihn international zur Fahndung aus.

(Vollständiger Text: Junge Welt )

Siehe auch:

Kiew-Lügen bröckeln: Und die grün-braune Querfront?

10 Gedanken zu “Krim-Krise: Wie glaubwürdig ist der Westen?

    • Muzychko erschossen -da haben die ukrainischen „Ethnonationalisten vom Euromaidan“ (so genannt von DIE GRÜNEN) bzw. Maidan-Fascisten ja ihren zweiten Märtyrer: Nach dem Massenmörder Bandera nun den Folterknecht Muzychko.

      „Der Rechte Sektor, der sich weigert, die Waffen abzugeben oder in die Nationalgarde einzutreten, kündigte an, die Proteste heute fortzusetzen. Hintergrund ist der Tod von Oleksandr Muzychko bzw. Sashko Bily, prominentes Mitglied des Rechten Sektor, der bereits im Tschetschenienkrieg gegen die Russen kämpfte und kürzlich auch über die Ukraine hinaus durch Videos bekannt wurde, auf denen er einen Gemeinderat mit Maschinenpistole einschüchterte oder gewalttätig gegenüber einem Staatsanwalt auftrat. Nach ihm wurde deswegen gefahndet. Als eine Sondereinheit ihn und seine drei bewaffneten Kumpane am 25. März festnehmen wollte, schoss er auf die Polizisten und wurde schließlich getötet. Es herrscht Ungewissheit, wie er getötet worden ist. Es wird spekuliert, er sei exekutiert worden, andere sprechen davon, dass er Selbstmord begangen habe, noch wildere Vermutungen gehen dahin, dass die CIA hinter der Tötung stehe.
      Vom Rechten Sektor wurde er als „Held“ gefeiert, der heimtückisch umgebracht wurde. Gefordert wurde die Festnahme der Polizisten und der Rücktritt des Innenministers.“
      Ukrainische Regierung paralysiert von Rechtsextremen: Der Rechte Sektor sucht nach der Tötung eines militanten Führers durch die Polizei die Machtprobe
      http://www.heise.de/tp/artikel/41/41358/1.html

    • Das Massaker von Odessa wird entweder totgeschwiegen oder als Unfall hingestellt. Kein Wort darüber, dass der Nazi-Mob ungehindert von der Polizei die Regimegegner gejagt, erschlagen, erschossen und verbrannt hat. Kiew darf als Strafmassnahme der Bevölkerung der Krim das Wasser abdrehen, ein Grundbedürfnis wird ihnen verweigert, aber vom Westen hört man nichts.

  1. Der Westen? Die West-„Eliten“. Total unglaubwürdig.
    Putin ist moralischer SIeger -Machtpolitik ohne hinterhältiges Rumgemache, false-flag-terror usw., wie es die USA immer machen.

    • Naja, nun wollen wir dem Wolf mal keine Engelsflügel andichten…
      die Journalistin Politkowskaja meucheln zu lassen war ja auch keine nette Sache. Aber „Wir sind die Guten“ glaubt dem Westen doch keiner mehr, außer seinen verlogenen eigenen Medien.

  2. Telepolis meinte dazu -nachdem ein Telefonat der Eurokratin Ashton mit dem estnischen Außenminister Urmas Paet geleakt worden war, in dem die Ungereimtheiten der West-version der Morde am Maidan ans Licht kamen:

    „Gemeinhin wurde in Kiew erklärt, dass es sich um Scharfschützen handelte, die von Janukowitsch zur Unterdrückung der Maidan-Bewegung eingesetzt worden waren. Paet berichtet nach seiner Rückkehr nach Estland von einem Gespräch mit der Ärztin und Aktivistin Olga Bogomolets. Sie habe ihm berichtet, dass „alle Indizien“, also Fotos und vor allem offenbar die Munition, darauf hindeuteten, dass dieselben Scharfschützen sowohl auf Polizisten als auch auf Demonstrierende schossen und diese töteten. Zuvor hatte Ashton versichert, dass Janukowitsch die Scharfschützen beauftragt hatte.

    Paet erklärte gegenüber Ashton, er finde es sehr beunruhigend, dass die neue Koalition nicht gewillt sei, die Vorfälle genauer zu untersuchen. Der Verdacht werde so bestärkt, dass hinter den Scharfschützen nicht Janukowitsch, sondern jemand aus der neuen Regierung stand. Das könne die neue Regierung von Anfang an in Misskredit bringen. Ashton darauf: „Ich denke, wir sollten das untersuchen.“

    Wie Paet in einer Mitteilung klar stellte, gab er lediglich die Darstellung der Ärztin wieder. Zurückgewiesen wird aber, dass er damit die ehemaligen Oppositionsparteien, die nun die Regierungskoalition stellen, für die Gewalt verantwortlich machte. Er bedauerte schließlich, dass Telefongespräche abgehört werden (dieses Mal halt nicht von der NSA, sondern vom ukrainischen oder russischen Geheimdienst): „Die Tatsache, dass dieser Anruf geleakt wurde, ist kein Zufall.“

    Interesse an einer Aufklärung bestand offensichtlich nicht. Noch gestern redete Elmar Brok (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, im Talk von Anne Will die Oppositionsseite schön und platzierte alles Negative auf Janukowitsch und Russland. Für den Sturz von Janukowitsch machte er vor allem die angeblich von ihm beauftragten Scharfschützen verantwortlich. Was Scharfschützen, die auf Demonstranten und Polizisten schossen, für Janukowitsch herausreißen sollten, der mit dem sich abzeichnenden Abkommen für sich zumindest eine Übergangsfrist erreichen konnte und auch die Polizei abziehen ließ, konnte Brock in seiner überaus ideologisch gefärbten Haltung nicht plausibel machen. “
    http://www.heise.de/tp/artikel/41/41162/1.html

  3. Wollen wir doch mal zusammenfassen, was in der Ukraine los ist. Der Westen unterstützt ein faschistisches Regime, das eine demokratisch gewählte Regierung am 21. Februar gestürzt hat. Dieser gewaltsame Umsturz in Kiew wurde von den USA und der EU lange vorbereitet und grosszügig mit Personal, Material und Geld ausgestattet. Diejenigen im Osten und Süden der Ukraine, die sich gegen das Putsch-Regime wehren, weil sie sich als Minderheit gefährdet fühlen, werden vom Westen als „Separatisten“, „prorussische Militante“ und sogar als „Terroristen“ bezeichnet. Die Nazis des „Rechten Sektors“ dürfen wüten wie sie wollen, Menschen erschlagen und ermorden. Wer sich dagegen verteidigt wird mit Soldaten und Panzern des Regimes angegriffen. Demokratische Volksabstimmungen werden als illegal bezeichnet, dafür ist das Fascho-Regime legal und wird anerkannt. Eine völlig verkehrte Welt. Die Faschisten sind die Guten und die Antifaschisten die Bösen.

    • Naja, die Krim-Abstimmung war schon illegal (das wäre eine demokratische Abstimmung Bayerns über eine Ablösung von Deutschland auch, leider). Aber den Präzedenzfall haben Nato und EU mit dem Kosovo selbst geschaffen -und vernünftiger als dessen Separation von Belgrad scheint die Annektion der Krim durch Moskau doch zu sein.

Hinterlasse einen Kommentar