Die Reichsbürger: Entwaffnet und observiert

„Reichsbürger im Emsland verletzt sechs Polizisten“ hieß es letzte Woche, doch war bnd_logodie Waffe diesmal nur Pfefferspray. Der Staat, sonst gegenüber Demonstranten großzügig mit Reizgas, erklärte die Reichsbürger gestern zu Zielobjekten des Verfassungsschutzes: Sie werden wegen eines erschossenen Polizisten künftig bundesweit überwacht. Die Schätzung des Bundesinnenministers, „nur eine niedrige dreistellige Zahl“ rechneten die Mainstreammedien schnell auf „mehrere tausend Menschen“ (SZ,) hoch.
„Reichsbürger im Emsland verletzt sechs Polizisten“ titelte vor fünf Tagen die Hannoversche Allgemeine, die man dann lesen konnte, war es diesmal nur Pfefferspray. Doch der Staat, sonst gegenüber Demonstranten großzügig mit Reizgas, erklärte die Reichsbürger gestern zu Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes, „nach Tötung eines Polizisten“ (bei anderen Gruppierungen hat schon weniger dafür genügt: etwa die Planung, einen US-Präsidenten mit Pudding zu bewerfen), dazu erläutert die ARD: Die sogenannten „Reichsbürger“ werden künftig auch bundesweit vom Verfassungsschutz überwacht, bislang war Sachsen vorgeprescht, gefolgt von Thüringen. Von der Schätzung des Bundesinnenministers, „nur eine niedrige dreistellige Zahl an Anhängern“ schaukelt sich die Mainstreammeute schnell auf „mehrere tausend Menschen“ (SZ, die Kriegstrompete der Transatlantiker) hoch. 
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) persönlich erklärte am Rande der Haushaltsdebatte in Berlin: „Wir haben in dieser Woche Einigkeit erzielt, dass ab sofort auch die Reichsbürger in ganz Deutschland Sammelbeobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutzes und der Länder werden.“ Zuvor hatte de Maiziere den Verfassungsschutz und die Länder gebeten, eine Beobachtung der von Experten als rechtsextrem eingestuften Bewegung zu prüfen. Denn sie zahlen keine Steuern, entwerfen sich eigene Pässe und lehnen die Bundesrepublik ab, diese als rechtsextrem eingestuften sogenannten „Reichsbürger“. Aus Sicht des Hugenottensprosses de Maizières, welche die ARD zur besten Sendezeit fanatisch präsentiert, dürfe zudem niemand „einen Pfennig Staatsbürgergeld erhalten und glauben, er könne als Polizist oder sonst wo im öffentlichen Dienst arbeiten“, der den Staat ablehne: Die „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik, deren Verfassungsorgane und Repräsentanten nicht an und gehen davon aus, dass das Deutsche Reich noch immer bestehe. In einigen Bundesländern würden sie ja bereits überwacht. Schätzungen zufolge gäbe es deutschlandweit zwar „nur eine niedrige dreistellige Zahl an Anhängern“, einige davon seien aber im Polizeidienst.
Im August 2016 gab es in Reuden in Sachsen-Anhalt eine Schießerei zwischen der Polizei und einem „Reichsbürger“, dessen Gehöft zwangsgeräumt werden sollte. Der „Reichsbürger“ wurde dabei schwer verletzt, auch mehrere Beamte erlitten Verletzungen. Im Oktober starb in Bayern ein 32-jähriger Polizist, der bei einer Razzia von einem „Reichsbürger“ niedergeschossen worden war. Außerdem wurden auch in anderen Bundesländern bei „Reichsbürgern“ wiederholt Waffen beschlagnahmt. Nun soll die Gruppierung also auch bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet werden –in Österreich werden sie sogar abgeschoben.
Bertelsmann gegen Reichsbürger Thüringen
Schon einen Tag vor der Verlautbarungdes Bundesinnenministers hatte der Bertelsmann-Sender n-tv (der sogenannte „Nachrichtensender“ der RTL-Senderfamlie) Panik verbreitet: „Verfassungsschutz warnt vor Potenzial – Behörde fürchtet neue „Reichsbürger““

Sie erkennen die Bundesrepublik nicht an und vertreten mitunter rechtsextremistische Positionen – die sogenannten Reichsbürger geraten zunehmend ins Visier des Verfassungsschutzes. In Thüringen könnte ihre Zahl nach oben schnellen. n-tv

Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, habe vor einem weiteren Zulauf zur sogenannten „Reichsbürger“-Bewegung gewarnt: „Es können noch mehr werden, da die Aufmerksamkeit größer geworden ist, wir also noch mehr Meldungen bekommen und wir auch nochmal genauer hinschauen“. In Thüringen würden nach Angaben Kramers mittlerweile alle bekannten „Reichsbürger“ unter Beobachtung gestellt. Sie geht derzeit von 50 Menschen mit rechtsextremem Bezug aus, die den „Reichsbürgern“ zugeordnet würden. Hinzu komme ein Potenzial von weiteren 500 Menschen. Seit Februar 2015 melden sämtliche kommunalen und staatlichen Einrichtungen in Thüringen Vorfälle mit „Reichsbürgern“ an ihren Landesverfassungsschutz. Die Bertelsmann verbundene, Bilderberger-nahe und gutbürgerliche „Lehrerfortbildungsbroschüre“ die ZEIT berichtet dazu:

Bisher werden Reichsbürger nur in einigen Bundesländern beobachtet. Viele Verfassungsschutzämter wurden nicht aktiv, weil sie Reichsbürger als Sonderlinge einordneten. Große Teile der Bewegung gelten allerdings als rechtsextrem. ZEIT

Die Süddeutsche (SZ), Transatlantiker-Kriegspostille und Bilderbergers Liebling, jubelt:““Reichsbürger“ werden künftig vom Verfassungsschutz überwacht“:

  • In ganz Deutschland werden Sicherheitsbehörden die „Reichsbürger“-Szene beobachten.
  • Die Gefährdung durch die Bewegung habe sich deutlich verschärft, sagt das Bundesinnenministerium.
  • Der Szene sollen mehrere tausend Menschen angehören. Sie gilt aber als zersplittert. SZ
Von der Schätzung des Bundesinnenministers, „nur eine niedrige dreistellige Zahl an Anhängern“ schaukelt sich die Mainstreammeute schnell auf „mehrere tausend Menschen“ hoch. Dabei lesen sich die konkreten Ereignisse doch oft weniger martialisch:

Ein selbsternannter „Reichsbürger“ ist in Sögel im Landkreis Emsland am Donnerstag auf sechs Polizeibeamte losgegangen – und hat sie leicht verletzt. Die Beamten waren nach Angaben der Polizei am Donnerstagmorgen an der Haustür des 42-Jährigen erschienen, um ihn festzunehmen. Sie hatten einen Haftbefehl dabei und traten schon in Sechserstärke auf, da der 42-Jährige als renitenter Mann der Polizei bekannt war. Der Mann öffnete erst nach mehrmaligem Klingeln die Tür, erklärte, dass er die geforderte Geldstrafe bereits bezahlt habe, konnte jedoch keine Quittung vorlegen. Den Beamten sagte der Mann, dass er bewaffnet sei. Die Polizei verhinderte einen Fluchtversuch, die Beamten wurden dabei mit Pfefferspray attackiert. Einer der Beamten musste sogar im Krankenhaus Sögel ambulant behandelt werden. HAZ

Innenminister Borius Pistorius (SPD) verurteilte den „feigen“ Angriff scharf, so die HAZ. Er mache deutlich, dass von den „Reichsbürgern“ eine hohe Gefahr ausgehe. Pistorius wies auf einen Anfang der Woche herausgegebenen Erlass hin, der den Waffenbehörden in Niedersachsen gegenüber klarstellt, dass sogenannte „Reichsbürger“ als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen seien. Daher sollten sie auch keine „waffenrechtliche Erlaubnisse“ bekommen. Bereits erteilte Erlaubnisse sollten die Ordnungsbehörden wieder zurücknehmen, heißt es in dem neuen Erlass: Die Reichsbürger werden entwaffnet.

Hoffentlich sind die Betroffenen vernünftig genug, sich nicht wieder auf sinnlose Scharmützel mit der Staatsmacht einzulassen. Dabei wäre nichts zu gewinnen -außer für die Sensationspresse, die ihre Auflagen auf Kosten der Opfer steigern könnte. Die Macht der Gesetze kommt nun einmal aus den Gewehrläufen und davon hat der hiesige Staat, wie legitim er auch immer sein mag, mehr in der Hinterhand. Und ein heldenhafter Sieg über den bebrillten, über die eigenen Füße stolpernden Dorfpolizisten dürfte kaum in die Annalen der Reichsgeschichte eingehen, zumal wenn tags darauf das SEK in Kompaniestärke anrückt und grinsend mal wieder einen Hinterwäldler plattmacht. Da ist es allemal effektiver, die Staatsmacht im verwaltungsrechtlichen Unterholz der Bürokratie zu attackieren und mit Widersprüchen gegen Verwaltungsakte, Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sowie Dienstaufsichtsbeschwerden einzudecken. Wer sich im westdeutschen Verwaltungsrecht nicht so auskennt, kann diesen Klassiker des Widerstandes lesen: „Bürokrauts, wir kommen„. Damit  wurde schon manchem Beamten der Sesselfurz sauer gemacht.

7 Gedanken zu “Die Reichsbürger: Entwaffnet und observiert

  1. In den USA darf jeder Waffen haben – Wandert doch aus, Reichburgern, wie eure Vorfahren -einer hat es bei uns zu Präsident gebracht, der Grandfather von Trump kam aus Germany 🙂

    • Na, das ist ja wirklich sozialer Fortschritt, wenn jeder Depp in der Gegend rumballern darf. Ist es bei den USA nicht eher die taktik der Machthaber: Teile und herrsche? Wenn die leute sich gegenseitig abmurksen, sind sie beschäftigt. Die Polizei fühlt sich auch so richtig gebraucht, wenn sie Mörder jagen darf, da lacht der polizeistaat, den Trump jetzt sicher ausbauen wird.

  2. @GIjohndoe: Da macht einer auf Dr. Walter Lübcke (CDU), der auf einer Veranstaltung in Lohfelden die Bürger, die mit der Migrationspolitik der Regierung nicht einverstanden sind, auffordert, das Land zu verlassen.
    Zitat: „Wem das nicht passt, hat das Recht und die Möglichkeit, das Land zu verlassen.“
    Wenn nun jeder, der behauptet, das das 3. Reich nicht untergegangen sei, vom Verfassungsschutz beobachtet wird, dann sollen sie doch gleich mal mit Dr. Theo Waigel (CSU) beginnen! -auf youtube
    Auswärtiges/Antwort – 30.06.2015 (hib 340/2015): Berlin: (hib/AHE) Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Völkerrechtssubjekt „Deutsches Reich“ nicht untergegangen und die Bundesrepublik Deutschland nicht sein Rechtsnachfolger, sondern mit ihm als Völkerrechtssubjekt identisch ist.
    Wie soll man dies interpretieren? Entweder die BRD ist das 3. Reich 😉 oder es gibt 2 Staaten, die dasselbe Territorium beanspruchen, wobei das 3. Reich mangels Verwaltung nicht handlungsfähig ist. Das ist aber nebensächlich. Die Rechte der sog. Reichsbürger leiten sich von den Menschenrechten ab. Jeder Mensch hat alle Rechte und ist in seinen Rechten nur durch die Rechte seiner Mitmenschen begrenzt. Der Mensch steht über dem Staat – der Staat hat den Menschen zu dienen. Menschenrecht ist das höherwertige Recht gegenüber dem Staatsrecht! (ein Staat hat keine Rechte, nur Menschen haben Rechte!) Es steht also jeden Menschen frei, die BRD als Staat anzuerkennen oder auch nicht! Der Staat verstößt mit der Überwachung gegen Menschenrecht, die Staatsdiener verstoßen auch mit der Wegnahme der Waffen gegen Menschenrecht! Es muss jeder selbst den Einsatz der Mittel zur Wahrung seiner eigenen Menschenrechte gegenüber den Menschenrechten der Staatsdiener sorgsam abwägen!

    • Das klingt aber alles nach wirrem Wunschdenken: Gegen welche „Menschenrechte“ verstößt die Entwaffnung dieser Leute denn jetzt konkret?
      Wieso soll ein Staat keine Rechte haben? Der macht sie doch! Das ist so sinnvoll wie der Satz „Ein Bäcker hat keine Brötchen“ 🙂

      • @Maria:
        Aus ihnen spricht die Staatsgläubigkeit 😉 der Staat ist alles, der Mensch ist Nichts. 😉

        Wie schon geschrieben: der Mensch hat alle Rechte, sofern die Inanspruchnahme nicht gegen die Rechte Anderer verstößt. Der Staat ist (sollte) lediglich Moderator in Konfliktsituationen sein.

        Was oder Wer ist der Staat? Real gesehen nicht die Summe aller Menschen die auf einem Staatsgebiet leben, sonder die Kohorte von Politikern und Staatsbediensteten!

        Nur wer frei ist, ist Mensch, alle Anderen sind Sklaven. Sie sollten erst mal darüber Nachdenken, was es >>>wirklich<<< bedeutet, Mensch zu sein!

        Da ein Mensch alle Rechte hat, hat er auch das Recht Waffen zu besitzen, lediglich der Einsatz dieser Waffen gegen andere Menschen verstößt gegen das Menschenrecht Dritter. (Dass ein Mensch menschenrechtswidrig die Waffen einsetzen könnte, ist kein Grund zu versuchen, ihm diese Rechte zu entziehen, denn gleichermaßen müsste sie jedem das Auto, oder Messer und Gabel entziehen, denn auch diese könnten als Waffe verwendet werden)

        Als Conclusio: der Staat, respektive die Politiker und Staatsbediensteten verstoßen mit ihren Kriegseinsätzen im Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, so wie sie es schon bei dem völkerrechtswidrigen Krieg in Jugoslawien taten, gegen Menschrecht. Sie töten und/oder helfen dabei, Menschen zu töten!

        Noch so nebenbei: Staatbedienstete kategorisieren Reichsbürger als „unsichere“ Kandidaten ein, weil ein Polizist getötet wurde, wie viele Menschen wurden im Auftrag von Politikern und Staatsbediensteten getötet?

        Nun, es ist gesellschaftlicher Konsens in unserer christlich geprägten Gesellschaft: Du sollst nicht töten, du sollst nicht lügen, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis ablegen wider deinem Nächsten: die selbsternannten Staatsvertreter agieren an allen Fronten gegen diesen gesellschaftlichen Konsens!

        Dann noch etwas Philosophisches, vielleicht hilft es ihnen, Mensch zu werden 😉
        Evelyn Beatrice Hall
        „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“

        Voltaire:
        „ Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“

        Voltaire:
        Es braucht nur zwei bis drei mutige Menschen, um den Geist einer Nation zu ändern.

        (letztes Zitat wegen dem "wirren Wunschdenken 😉 )

      • @Hans Meier -Staaten morden, klar. Aber das ist keine Rechtfertigung für andere Gruppierungen, das nachzumachen. Freiheit in einem Staat sollte immer die des politisch Andersdenkenden sein (als in der DDR Leute dieses Rosa-Luxemburg-Zitat auf Schilder malten, guckte die SED dumm). Aber Ihre Einschätzung, was bei uns „Konsens“ sei, ist doch reichlich beliebig: Die 10 Gebote jedenfalls nicht. Die Bibel ist doch arg veraltet und ihre Urheberschaft schlecht dokumentiert (Gottes Wort?). Jedenfalls gilt bei uns in den modernen Staaten (inkl. BRD) statt „Du sollst nicht lügen“ die gesetzliche Erlaubnis, jeden belügen zu dürfen, wann immer man will. Verboten ist nur das Betrügen (also mit Lügen geldwerte Vorteile erlangen). usw…

  3. Pingback: News 24.11.2016 | Krisenfrei

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