Schlagobers Hoeneß: Absahner abgestürzt

Fußballgott Uli Hoeneß

Nora Drenalin 27.4.2013

Ein Absahner ist schon schlimm genug, aber ein Absahner, der sich auch noch zum Moralapostel aufschwingt? Aber Uli Hoeneß, ein Fußballgott und Wurstfabrikant? Dem deutschen Stammtisch somit fast ein höheres Wesen, stand er jenseits aller Kritik. Aus und vorbei. Denn sogar die Mehrheit der Deutschen ist auf einmal kritisch gegenüber Hoeneß eingestellt.

In einer für das rechtspopulistische Klatschblatt „Focus“ durchgeführten Umfrage des Meinungsfälschungsinstituts Emnid zeigten über 80 Prozent der Befragten kein Verständnis dafür, dass jemand, der viele Millionen an leicht verdientem Einkommen einsackt, sich zu fein dafür ist, davon wenigstens seine Kapitaleinkünfte zu versteuern. Kriminelles Schwarzgeld ins Ausland schaffen, damit andere die Straßen bezahlen müssen, über die sein Luxusauto zur Prachtvilla rollt? Das ist nicht fein, wie sogar (Überraschung!) der deutsche Michel langsam kapiert, wenn auch nur gaaanz langsaaaam. Wenn ein Boss der Deutschen Bank jetzt im Radio behauptet, Steueroasen seien ja nicht illegal und man hätte ja immer sofort beim Karibik-Geldanleger nachgefragt, ob er alles versteuert hätte, wenn, ja wenn man Hinweise hatte, dass Steuerflucht vorliegen könnte. Wie doof sind die Bankster, wenn sie glauben, wir wären so doof, ihnen zu glauben, sie wären so doof, nicht drauf zu kommen, dass „Geldanlegen in der Karibik“ genau dieser Hinweis ist? Und warum war Steuerhinterziehung zum „Kavaliersdelikt“ geworden?

Hoeneß, der Neoliberale

Neoliberaler Uli Hoeneß

Man erinnert sich noch lebhaft, wie er im ARD Neoliberal-Prop-Talk bei Christiansen & Co. die platten Parolen a lá  „Wenn wir die Spitzensteuern nicht senken, verschwinden die Reichen doch im Ausland!“ ins Mikrophon pöbeln durfte. Heia, da klatschte der Stammtisch -auch wenn er gar nichts zu versteuern hatte. Aber die Phrasen kamen ja aus Fußballgottes wurstigen Munde, da musste es ja stimmen… Nie ein Sterbenswort dazu, dass wir es so machen könnten wie die USA: Die Reichen zahlen, auch wenn sie im Ausland leben -und wenn sie ihr Geld wegschaffen oder die Staatsbürgerschaft ablegen wollen, bitte -aber ein satter Teil ihres Vermögens bleibt dann der Staatskasse. Ja, richtig gehört, Bayernfan, so machen es die USA, also Amerika, nicht die SU, vulgo, der Iwan, oder: das Kommunistenschwein, wie es im bajuwarischen Schulatlas heißt. So dürfen es alle freien Staaten machen (außer dem CSU-macht-„Freistaat Bayern“, denn das ist nur ein Bundesland, doch, doch!). Auch Deutschland durfte und darf Reiche besteuern, kann nur nicht, weil Deppen wie Du das nicht glauben wollen oder kapieren können, warum das gut wäre. (Weil Typen wie Hoeneß es euch eingeredet haben.)

Fußball, McDonalds und die Wurst

Wurstmillionär Uli Hoeneß

Aber jetzt hat sich der Wind gedreht, endlich. Jetzt ist Steuerhinterzieher Hoeneß für über 60 Prozent der Deutschen auch kein Vorbild mehr. Auch der Wurst und Schweinerei-Sektor blieb davon nicht unberührt: Mit Hoeneß war McDonald’s mal wieder wochenlang in aller Munde, Magen, Darm oder als Kotze doch wieder in der Gosse. Denn Hoeneß ist nicht nur der Präsident des FC Bayern München, sondern zugleich auch Gründer der Nürnberger Wurstfabrik HoWE und beliebter Kooperationspartner der Fast-Food-Kette. Aber nun läuft die vorerst letzte gemeinsame Aktion der Wurstkumpel aus. Sind Hoeneß dreiste Steuerhinterziehungen schuld am Aus für „McCurrywurst“? Wer seine Steuerhinterziehung zu spät meldet, den bestraft McDonalds? Aber ist doch sowieso so eine Ungerechtigkeit: Warum kriegen ausgerechnet fette, reiche Schwarzgeldschieber eine Amnestie bei Selbstanzeige? Warum nicht die verarmte Hartz IV-Mutti, die nur durch etwas Tricksen ein paar Euro extra vom knausernden Amt ergattern konnte, um ein bescheidenes Geburtstagsgeschenk für ihr ausgemergeltes Hartz-IV-Kind zu kaufen? Sie trifft die volle Härte des Gesetzes als „Sozialbetrügerin“ ohne Chance auf Vergebung bei Selbstanzeige -unfair, unsozial, neoliberal. Und der Wurstmillionär stopft sich Mund und Taschen voll.

CSU tief erschüttert

FC Bayern München Präsident Uli Hoeneß

Völlig bajuwarisch-rammdösig zeigte sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. „Es darf nichts unter den Tisch gekehrt werden, aber wir dürfen auch niemanden vorschnell als Menschen fertigmachen“, sagte der CSU-Boss dem neoliberalen Hetzblatt „Spiegel“. Damit zappelte Seehofer auch ein wenig gegen Volks-Kanzlerin Angela Merkel, die sich in einer ersten, stramm an der Demoskopie orientierten Reaktion persönlich enttäuscht von Hoeneß gezeigt hatte. Wer dem Volk in den Hintern kriechen will, muss ihm erst aufs Maul schauen, Hinternkriecherei in diesem Fall aber nicht devot gemeint, sondern hinterlistig: um ihm vom Darm aus das Herz rauszureißen und es an die Köter der Finanzindustrie zu verfüttern.

Volkswagen AG mit Kolbenfresser

Steuerhinterzieher Uli Hoeneß

An Hoeneß hängt an Bayern München hängt an Audi. Da ist doch jetzt Audi-Boss Rupert Stadler vor Schreck über Emnid-Umfragewerte auf Distanz zu Bayern Münchens Präsidenten Uli Hoeneß gegangen: „Audi ist der Überzeugung, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur sichergestellt werden kann, wenn Regeln und Normen konsequent befolgt werden. Wir stehen für ein achtbares, ehrliches und regelkonformes Verhalten im Geschäftsalltag.“ So Bigboss Stadler nach einer Anfrage des rechtspopulistischen Hetzblattes „Bild am Sonntag“ über einen Sprecher. Audi, also Volkswagen, ist bekanntlich mit fast 10 Prozent an der FC Bayern München AG beteiligt. Konkret wollte sich Stadler, der zugleich Stellvertreter von Hoeneß im Aufsichtsrat der FC Bayern AG ist, zur Steueraffäre des Weltmeisters von 1974 nicht weiter auslassen, aber für Montag soll eine Aufsichtsratssitzung der Bayern AG geplant sein. Das Runde muss ins Eckige, sofern unterm Richtblock ein Vierkanttrog steht: Lasst statt Bällen Köpfe rollen! (Natürlich nur metaphorisch gesprochen)

3 Gedanken zu “Schlagobers Hoeneß: Absahner abgestürzt

  1. Sauber formuliert, gut beschrieben mit dem richtigen Autsch-Faktor für den, der so gerne nach unten tritt und nach oben buckelt. Jeder von uns kann seinen Beitrag dazu leisten, daß das Denken gereinigt wird, daß wir uns von dem Consulting-Schwätzer- Sprech abwenden und kapieren , daß einer, der seine Haut zu Markte tragen muß, noch lange kein Minderleister ist, wie so selbstverständlich Konsens bei einer gewissen Schicht in der Machthierarchie ist. Wer die Kohle hat, kann ungestraft die Puppen tanzen lassen, bestimmt die Regeln,die sich permanent ändern können, wie man es gerade braucht. Das funktioniert so lange, solange
    die Menschen so eine Haltung wie ein Naturgesetz verinnerlichen.

    Es ist nahezu unmöglich, auf ehrliche Art so reich zu werden. Aber ab einem gewissen Grundkapital, das man mit allen zu Gebote stehenden Tricks so rasant vermehrt, kann man Betrug zum legalen Geschäftmodell machen. Die Kapital-Götter machen es doch alle so! Lieber kriminell als dumm. Es wäre doch geradezu unerträglich, wenn ein Betrüger nicht den anderen immer wieder toppen könnte. Schließlich predigen sie uns immer den Wettbewerb!

  2. Einkünfte aus Kapitalerträgen sind kein „leicht verdientes Geld“. Es wurde der Verlust des eigenen Geldes riskiert und im Verlustfall hätte Herr H. keinen Cent vom ständig Steuern veruntreuenden Staat D erhalten. Außerdem spekuliert man mit Geld, was in der Regel schon einmal versteuert wurde. Und wir haben hier in D völlig lächerliche Freibeträge, im Gegensatz zu allen von uns subventionierten Südstaaten. Über diese Dinge sollten Sie mal nachdenken!
    quickanswer:
    Nachdenken? Mach ich gerne für Sie! Ergebnis: Als Arbeitende habe ich meine Ausbildung ja auch schon mal versteuern müssen -warum sollte ich also Lohnsteuer zahlen, wenn ich mit den so erarbeiteten Kompetenzen Geld verdiene?
    Wie Gysi schon sagte: Das Labern über „Kapital, das schon einmal versteuert wurde“ ist Mumpitz -es werden ja nur die Erträge davon versteuert, nicht das Kapital selbst. Aber warum eigentlich nicht? Die meisten Reichis haben ihr Geld geerbt oder ergaunert! Keiner ist gezwungen, es Bankstern zu geben -gescheige denn, es mit viel krimineller Energie in sogenannte Steueroasen zu verschieben, die man lieber Steuerbetrügernester nennen sollte.
    Da verdient meine Bildungsanstrengung, für die mir keiner einen Cent schenkte (außer die Institutionen -Schule, Uni- vom Staat, aber die sind ja Menschenrecht), wohl eher Steuerfreiheit!!

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