Kissinger-Cables: Suche nach historischer Wahrheit

Gerd R. Rueger 08.04.2013

 KissingerWikileaks startet die Suchmaschine „Plus D“ mit Zugriff auf über eine Milliarde Suchbegriffe, die eine völlig neue Dimension der Informations-Demokratie eröffnet: Geschichtsforschung von unten. Zum Auftakt verkündete Julian Assange die Freigabe von 1,7 Millionen US-Depeschen von 1973-76 -der Amtszeit von Henry Kissinger als US-Außenminister.  Kissinger gilt als eine der schillerndsten Gestalten der US-Geschichte. Seine Verwicklung in Verbrechen gilt in Westmedien als Tabu. Viele Medien verschwiegen heute nicht zufällig in ihren Meldungen zur Wikileaks-Aktion zunächst den Namen „Kissinger Cables“. Doch die schnelle Verbreitung der Nachricht in Blogs zwang die Mainstreamer, im Laufe des Tages mit der vollen Wahrheit herauszurücken.

WikiLeaks hat die Veröffentlichung weiterer Depeschen der US-Diplomatie und des US-Geheimdienstes angekündigt. Insgesamt würden ab Montag mehr als 1,7 Millionen Dokumente aus den Jahren 1973 bis 1976 ins Internet gestellt, teilte Wikileaks-Gründer Julian Assange mit. Etliche der Dokumente sind entweder an oder vom WL_LogoUS-Außenminister Henry Kissinger und sind mit dem Vermerk „Nicht zur Verbreitung“ versehen oder waren zuvor als „geheim“ gekennzeichnet. Um die Beteiligung von Henry Kissinger an zahlreichen, im Interesse der USA begangenen Verbrechen ranken sich bislang viele Gerüchte -westliche Medien und Historiker verweigern bislang weitgehend eine Analyse der vorliegenden Daten. Mag sein, dass die mediale Macht des Bilderbergers Kissinger zu furchteinflößend für die meisten Journalisten ist. Auf eine schlechte Zugänglichkeit der historischen Dokumente dürfte sich jetzt dank Wikileaks jedoch keiner von ihnen mehr herausreden können.

Die „Kissinger Cables“ sollen Berichte über Unternehmungen, diplomatische Beziehungen und ehemalige Geheimdienstinformationen der USA in Verbindung mit jedem Land auf der Erde dokumentieren. Laut Wikileaks handelt es sich um die bedeutendste Einzelsammlung von weltpolitischem Material, die jemals veröffentlicht wurde. Zum Durchsuchen der Dokumente hat das Wikileaks-Team eine Suchmaschine eingerichtet: die Public Library of United States Diplomacy (kurz: Plus D), das bedeutet frei übersetzt plus-d„öffentliche Bibliothek der US-Diplomatie“, so PCmag. Es handle sich entsprechend um 1,7 Millionen Dokumente aus den 1970-er Jahren, die bereits freigegeben wurden und nicht mehr (oder noch nicht wieder) der Geheimhaltung unterliegen. Die meisten von ihnen seien seit jüngerer Zeit in Datenbanken und staatlichen Archiven zugänglich. WikiLeaks hat erstmals die bisher im PDF-Format vorliegenden Dateien in durchsuchbare Texte umgewandelt und in eine über das Netz erreichbare Datenbank eingespeist.

Die Dokumente umspannen viele Aktivitäten der USA während der Amtszeit des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger. Die US-Depeschen würden unter anderem seine guten Beziehungen zu Diktaturen beinhalten, insbesondere in Lateinamerika, dem frankistischen Spanien und in Griechenland unter der Militärdiktatur. Sprecher Kristinn Hrafnsson merkte an, dass „man Regierungen nicht ihre eigenen Archiven anvertrauen sollte“: So habe sich die US-Regierung mehrmals dafür eingesetzt, bestimmte der jetzt zugänglichen Dokumente wieder unter Geheimhaltung zu stellen. Jetzt aber kann man unter der Plus D-Webseite von Wikileaks die 1,7 Millionen Dokumente einsehen und nach verschiedenen Suchkriterien filtern. Wie techcrunch.com berichtet, habe sich Wikileaks für den kurzen Namen Plus D entschieden, um Netzdebatten etwa auf Twitter unter dem Sammelbegriff (Hashtag) zu vereinfachen.

Die Dokumente entstammen US-Archiven, wo sie dank „Freedom of Information Act“  theoretisch zwar eingesehen werden können, was jedoch kaum je geschieht. So bleiben unsere Geschichtsbücher unkorrigiert voll mit den Lügen der Sieger (meist die USA). Für die sogenannte Geschichtswissenschaft der Westländer gilt bislang das eherne Prinzip, dass an Verbrechen der Vergangenheit nur oder zumindest vorzugsweise solche zu untersuchen sind, die von sozialistischen Staaten begangen wurden. Einzige Ausnahme: Der Hitler-Faschismus (wobei dessen propagandistisch listige Benennung als „Nationalsozialismus“ ihn von Ideologen leicht in die Nähe „anderer Sozialismen“ rücken lässt).

Die neuen Publikationen von Wikileaks werden jetzt Verbrechen aus der US-Geschichte ans Licht zerren, die weniger weit zurück liegen als jene der KZ-Schergen. Nazi-Schergen, die die deutsche Justiz jetzt als über 90jährige Greise vor Gericht zerren will -unter großem Hellau der deutschen Medien. Die Kissinger-Cables werden es weit schwerer haben, mit ihren brisanten Fakten mediale Aufmerksamkeit zu erhalten, soviel lässt heute prognostizieren.

Die US-Depeschen zeigten „das enorme Ausmaß und die enorme Bandbreite“ JAssangeBobbydes US-Einflusses in der Welt, sagte Assange der britischen Nachrichtenagentur Press Association. Er selbst habe von seinem Asyl in der Botschaft Ecuadors in London aus bei der Aufarbeitung der historischen Dokumente mitgewirkt. Wikileaks hatte ab 2010 durch die Veröffentlichung geheimer Informationen zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie von rund 250.000 vertraulichen US-Depeschen den Zorn der US-Regierung auf sich gezogen. Die Dokumente waren den Betreibern der Enthüllungs-Website vom US-Soldaten Bradley Manning zugespielt worden, der deshalb in seiner Heimat zwei Jahre inhaftiert und gefoltert wurde und derzeit vor ein Militärgericht gestellt wird. Er hatte die geheimen Daten während seiner Stationierung im Irak vor drei Jahren von Militärrechnern heruntergeladen.

Die Mainstream-Medien haben auf die Kissinger-Cables zunächst mit gezieltem Schweigen reagiert. Der ARD-24-Stunden-Newskanal tagesschau24 nudelte etwa verbissen Stunde um Stunde seine Minimalnews herunter, inklusive eines läppischen, aber ellenlangen Jubelberichts über ein totlangweiliges Buch zum Willy-Brand-Rücktritt-Skandal (1972, genau im Kissinger-Zeitraum), bis das krampfhaftes Beschweigen der Kissinger-Cables wg. angeblich wichtigerer News dann um 13:45 Uhr endlich durch die Meldung des Todes von Maggy Thatcher etwas glaubhafter wurde.

Doch andere Medien haben die Arbeit begonnen:

Gulli.com meldet die Kissinger-Cables

IKnews zu Kissinger und dem Mord an Olof Palme

TheHindu zu CIA-Kontakten des indischen Arbeiterführers Fernandes

Inzwischen haben die MainstreamMedien ihre Informationsblockade aufgeben müssen und berichten, teils lustlos, teils feindselig-abwiegelnd über die Kissinger-Cables.

Das Blog Jasminrevolution wurde nach Publikation dieses Artikels kurzfristig aus dem Netz geschossen, so dass wir rasch ein Ausweichblog NewJasminRevolution erstellen mussten -irgendwer, dessen IPNr. in die USA deutet, sollte sich dafür bei unseren Lesern entschuldigen.

Wikipedia zu Henry Kissinger

Henry Alfred Kissinger (* 27. Mai 1923 in Fürth als Heinz Alfred Kissinger) Kissingerist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler und ehemaliger Politiker (Republikanische Partei) jüdischer deutscher Herkunft. Der Deutschamerikaner Kissinger spielte in der Außenpolitik der Vereinigten Staaten zwischen 1969 und 1977 eine zentrale Rolle; er war Vertreter einer harten Realpolitik wie auch einer der Architekten der Entspannung im Kalten Krieg. Von 1969 bis 1973 war Kissinger Nationaler Sicherheitsberater, von 1973 bis 1977 US-Außenminister. 1973 erhielt er gemeinsam mit Lê Đức Thọ den Friedensnobelpreis für das Friedensabkommen in Vietnam. Von 1977 bis 1981 war Kissinger Direktor der einflussreichen privaten US-Denkfabrik Council on Foreign Relations.

Kissingers „vermutete“ Rolle beim Putsch in Chile 1973

Der zum später gestürzten Präsidenten Salvador Allende loyale chilenische Generalstabschef René Schneider wurde von einem durch die CIA ausgerüsteten Kommando ermordet, Grund: Er war zu sozial und schadete US-Interessen.

Der Schwerpunkt von Allendes Wirtschaftspolitik war die entschädigungslose Verstaatlichung der Bodenschätze –allen voran der Kupferbergbau der weltführenden Kupfernation Chiles–, die Enteignung von ausländischen Großunternehmen, der Banken und eine Agrarreform, bei der 20.000 qkm Ackerland von Großgrundbesitzern an Bauern und Kollektive übergeben wurden. Die sozialistische Regierung wollte Chile weniger abhängig vom Rest der Welt, insbesondere von den USA, machen. 1970 wurden der Kohlebergbau und die Textilindustrie verstaatlicht. Ein Jahr später wurden die noch in (vor allem US-amerikanischem) Privatbesitz befindlichen Anteile am Kupferbergbau mit Zustimmung aller Parlamentsparteien enteignet, nachdem bereits Allendes Vorgänger Frei wichtige Schritte hierzu unternommen hatte.

Die Unidad Popular setzte die Preise für die Miete und für wichtige Grundbedarfsmittel staatlich fest. Schulbildung und Gesundheitsversorgung wurden kostenfrei angeboten. Jedes Kind bekam Schuhe sowie täglich einen halben Liter kostenloser Milch. Mit seiner Sozialpolitik folgte Allende  sozialistischen Idealen, die damals bereits der Neoliberalismus verteufeln und für nicht praktikabel erklären wollte -und nachhelfen ließ, um seine Behauptung wahr werden zu lassen. Zunächst ging die neoliberale Bilderberger-Fraktion der Westeliten mit einem mörderischen Wirtschaftsembargo der Lateinamerika dominierenden USA gegen das kleine Chile vor, aber notfalls wollten die Neoliberalen offenbar auch durch Sabotage mit terroristischen Mitteln und einen von außen gesteuerten Militärputsch ihren „Beweis“ einer mangelnden Praktikabilität des Sozialismus erbringen.

CIA ab 1963 in Chile

Bereits seit 1963 hatte die CIA in Chile eine Reihe verdeckter Operationen mit dem Ziel durchgeführt, die Wahl des Sozialisten Salvador Allende zum Staatspräsidenten zu verhindern. Nachdem diese Aktionen erfolglos geblieben waren und Allende 1970 Präsident wurde, waren die USA zu massiven Geheimdienstoperationen übergegangen, mit dem Ziel, die chilenische Regierung zu destabilisieren und die Voraussetzungen für den Militärputsch vom 11. September 1973 zu schaffen. Im Zuge der CIA-Operationen kam es zur Ermordung des verfassungstreuen und zu Allende loyalen Generalstabschefs René Schneider. Die Verschwörergruppe war zuvor von der CIA mit Maschinengewehren und Tränengasgranaten ausgestattet worden.

Am 09.11.1973 begann die chilenische Luftwaffe um 11:55 Uhr eine Bombardierung des Präsidentenpalastes. Auch regierungsfreundliche Radiosender sowie einige Viertel der Hauptstadt, in denen mehrheitlich Aktivisten und Sympathisanten der Unidad Popular wohnten, wurden bombardiert. Gegen 14:00 Uhr begann die Armee mit der Erstürmung des Palastes. Nach kurzem Gefecht ordnete Allende die Kapitulation an. Nur er selbst blieb im „Saal der Unabhängigkeit“ zurück und beging dort angeblich Selbstmord -worauf seine Gegner später großen Wert legten. Seine Anhänger berichteten, ihn zuletzt mit der Waffe in der Hand gegen die Putschisten kämpfen gesehen zu haben. Wie heldenhaft er auch gestorben sein mag, die Torturen der Folterdiktatur von Pinochet blieben ihm wenigstens erspart -vielen seiner Landsleute leider in den folgenden Jahrzehnten nicht. Nachdem Militärdiktator Pinochet die Macht ergriffen hatte, sagte US-Außenminister Henry Kissinger bezüglich des Putsches, dass die Vereinigten Staaten „es nicht getan haben“ , aber dass sie „die größtmöglichen Voraussetzungen geschaffen haben“.

Am 28. Jahrestag des Putsches in Chile, dem 11. September 2001, reichten Anwälte einer chilenischen Menschenrechtsorganisation deswegen Klagen gegen Kissinger, Augusto Pinochet, Hugo Banzer, Jorge Rafael Videla und Alfredo Stroessner ein. Gleichzeitig erfolgte beim Bundesgerichtshof in Washington, D.C. eine Zivilklage gegen Kissinger und den damaligen CIA-Chef Richard Helms von Angehörigen General Schneiders, Hintergrund waren die CIA-Aktivitäten im Vorfeld des Putsches. Kissinger wurde nie belangt. Nach den WTC-Anschlägen dieses Tages errichtete G.W.Bush in den USA ein Regime, das nach Ansicht vieler US-Amerikaner den Namen Demokratie nicht mehr verdient, da Bürgerrechte abgeschafft und die staatlichen Institutionen militarisiert wurden.

Kissinger und die Operation Condor

Unter dem Codenamen Operation Condor (span. Operación Cóndor) operierten in den 1970er und 1980er Jahren die Geheimdienste von sechs lateinamerikanischen Ländern, Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien und Brasilien mit Unterstützung der USA. Condor verfolgte das terroristische Ziel, linke politische und oppositionelle Kräfte weltweit zu verfolgen und zu töten. In geringerem Umfang waren auch die Geheimdienste Perus, Ecuadors und Venezuelas an den Aktionen beteiligt. Fast alle beteiligten Länder wurden zu Beginn der Geheimoperation von Militärdiktaturen oder rechtsautoritären Regimen regiert. Sie endete in den einzelnen Ländern jeweils mit deren Übergang zur Demokratie. Die wirksame juristische Aufarbeitung dieser Verbrechen kam erst vor wenigen Jahren in Gang und dauert bis heute an.

Nach dem bisherigen Kenntnisstand beschlossen die Vertreter der sechs Staaten auf Vorschlag des damaligen chilenischen Geheimdienstchefs Manuel Contreras am 25. November 1975 (im vorletzten Amtsjahr von Kissingers Zeit als US-Außenminister) die „grenzübergreifende Zusammenarbeit“ -man könnte auch von einer Verschwörung zum internationalen Terrorismus reden. Die Übereinkunft fiel mit dem 60. Geburtstag des damaligen chilenischen Diktators General Augusto Pinochet zusammen. Fünf Tage zuvor war der spanische Diktator Franco gestorben. Dabei setzten die Geheimdienste ihre Agenten auf die Spur von Gegnern der Militärregime, linken Politikern, Priestern, Gewerkschaftern, Oppositionellen sowie Vertretern von Menschenrechtsorganisationen. Die Opfer wurden meist verhaftet oder verschleppt und „verschwanden“, sprich: Wurden ermordet, vermutlich nach Folter. Weil den Hinterbliebenen nicht einmal eine Benachrichtigung, geschweige denn der Leichnam übergeben wurde, entstand in den betroffenen Ländern der Begriff Desaparecidos.

Gedenken für die „Verschwundenen“ am 30. Jahrestag des Militärputsches in Argentinia, dem 24.03.2006

Mehrfach wurden auch im Ausland, u. a. in den USA, Italien, Frankreich und Portugal, Mordanschläge verübt. Unter anderem wird das tödliche Attentat auf den ehemaligen chilenischen Außenminister Orlando Letelier im September 1976 in Washington (Autobombenanschlag) mit Agenten der Operation Condor in Verbindung gebracht. DINA-Chef Manuel Contreras wurde für diese Tat sogar vor einem US-Gericht angeklagt (das Hauptquartier der Operation Condor war bei der chilenischen Geheimpolizei DINA installiert worden). Im Jahr 2004 wurde er wegen „gewaltsamen Verschleppens von Personen“ in Chile zu 12 Jahren Haft verurteilt. Nach dem bisherigen Stand der offiziellen Ermittlung sowie der Auswertung von Dokumenten fielen mindestens 200 Personen der Zusammenarbeit der Staaten während der Operation Condor zum Opfer. Die weitaus größere Zahl der Opfer ist jedoch auf direkte Maßnahmen der nationalen Regierungen gegen ihre eigenen Bürger zurückzuführen, allein in Argentinien gelten etwa 30.000 Menschen als dauerhaft verschwunden, in Chile 2.950. Doch die Bilanz der lateinamerikanischen Repressionspolitik ist nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen weitaus höher: Etwa 50.000 Ermordete, 350.000 Verschwundene und 400.000 unter teils bestialischen Bedingungen eingekerkerte Frauen und Männer wurden Opfer von Condor. Kissinger, unter dessen Ägide in Washington der teuflische Plan ausgebrütet worden war, wurde nie dafür belangt.

Kissingers Rolle in der Militärdiktatur in Argentinien

Homenaje a los desaparecidos, Skulptur zum Gedenken an die Opfer der Diktatur in Buenos Aires

Die argentinische Militärjunta glaubte 1976, sie hätte die Billigung der USA, im Namen einer nationalen Sicherheitsdoktrin massiv Gewalt gegen politische Gegner anzuwenden, um deren „Terrorismus“ zu bekämpfen. Dies beruhte unter anderem auf mehreren Treffen des argentinischen Außenministers Admiral Guzzetti mit Kissinger ab Juni 1976, wobei dieser gegen die anfängliche Erwartung des Argentiniers zustimmende Signale zu einem harten Vorgehen zur Lösung des „Terrorismus-Problems“ gegeben hatte. Robert Hill, der damalige Botschafter der USA in Argentinien, beschwerte sich in Washington über die „euphorische Reaktion“ von Guzzetti nach dem Treffen mit Kissinger. Guzzetti hatte danach den anderen Regierungsmitgliedern berichtet, nach seinem Eindruck würde es den USA nicht um Menschenrechte gehen, sondern darum, dass die ganze Sache „schnell gelöst“ würde. Die Militärjunta lehnte in der Folge Ermahnungen der US-Botschaft bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte ab und verwies zur Begründung auf Kissingers „Verständnis“ für die argentinische Situation. Hill schrieb nach einem weiteren Treffen der beiden:

„[Der argentinische Außenminister] Guzzetti wandte sich an die USA in der vollen Erwartung, starke, deutliche und direkte Warnungen zur Menschenrechtspraxis seiner Regierung zu hören; stattdessen kam er in einem jubilierenden Zustand (engl. „state of jubilation“) nach Hause, überzeugt von der Tatsache, dass es mit der US-Regierung kein echtes Problem in dieser Sache gäbe.“

In den nächsten sieben Jahren ermordeten die Militärs bis zu 30.000 Menschen, die sie überwiegend spurlos verschwinden ließen. Diese Zeit wurde als „Schmutziger Krieg“ bekannt -Kissinger wurde für seine Verwicklungen nie zur Verantwortung gezogen.

Kissingers langjährige Tätigkeit an zentralen Schaltstellen der WL_LogoUS-amerikanischen Außenpolitik wurde vielfach kritisiert. Insbesondere Kissingers Rolle beim Putsch in Chile 1973 sowie seine Rolle bei der Operation Condor führten bis heute zu mehreren gerichtlichen Vorladungen in verschiedenen Ländern, denen Kissinger allerdings nie nachgekommen ist. Im Jahr 2001 veröffentlichte der britisch-amerikanische Journalist Christopher Hitchens sein Buch Die Akte Kissinger (orig. The Trial of Henry Kissinger), in dem er zahlreiche Vorwürfe gegen Kissinger erhob. Das Buch ist die Grundlage des Dokumentarfilms Angeklagt: Henry Kissinger.

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