Hartz IV: Wirklich weniger Sanktionierung? Warum?

Theodor Marloth 09.07.2013

Erstmals seit vier Jahren haben die Arbeitsagenturen weniger Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger  verhängt. Die Bundesagentur lobt die eigenen Bemühungen, doch teilweise erklärt wohl auch der immer heftiger werdende Protest den Rückgang. Und die Rüge der UNO wegen der Verletzung des Sozialpaktes durch die deutsche Regierung könnte auch zur Einschränkung der Drangsalierungen beigetragene haben.

Nürnberg. Erstmals seit vier Jahren soll die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger gesunken sein. Im ersten Quartal 2013 drangsalierten die Jobcenter insgesamt 233.835 Mal Bezieher von Grundsicherung mit der Kürzung von Hartz-IV-Leistungen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte. Dies seien knapp 32.000 oder zwölf Prozent weniger Sanktionen als in den ersten drei Monaten 2012, erstmals seit vier Jahren ein Rückgang. In den Vorjahren war die menschenrechtswidrige Kürzung der Leistungen unter das Existenzminimum jeweils deutlich angestiegen.

Hauptursache könnten die bessere Selbsthilfe-Organisation der H4-Bürger sein, ihr besseres Selbstwertgefühl durch die wachsende Kritik an Hetzkampagnen gegen „faule Arbeitslose“ und die „Unterschicht“ im allgemeinen -wie sie in Springer- und Bertelsmann-Medien wie dem „SPIEGEL“, Stern, RTL usw. dominieren. So wissen H4-Bürgerinnen z.B. langsam, dass die ihnen aufgezwungenen Hartz IV-Eingliederungsvereinbarungen meist nichtig sind: Die Vertragsfreiheit ist dabei reine Fiktion, so Gegen-Hartz.de.

Eine BA-Sprecherin führte die aktuelle Entwicklung auf die verbesserte Beratung zurück, so der „SPIEGEL„, der von „Bestrafungen“ der Hartz IV-Empfänger spricht. Den Vermittlern gelinge es jetzt häufiger, Jobsucher etwa vom Sinn einer Eingliederungsvereinbarung zu überzeugen. Auch sei auffällig, dass weniger Hartz-IV-Arbeitslose wegen versäumter Beratungstermine bestraft worden seien, angeblich weil man jungen Leuten „hinterher telefonieren“ würde. Die Zahl der Sanktionen wegen Meldeversäumnissen sank um mehr als 15.000 auf 163.842.

Der „SPIEGEL“ neigt zu einer anderen Interpretation der Zahlen: Jobcenter hätten zu fast der Hälfte der Langzeitarbeitslosen gar keinen ernstzunehmenden Kontakt aufgenommen, dadurch sinke die Zahl der Sanktionen. Weder die BA noch die neoliberale Bertelsmann-Postille kommen auf politische Ursachen wie Druck von H4-Initiativen und den zunehmend weniger duldsamen H4-Bürgern.

Im Schnitt hätten die Jobcenter im ersten Quartal die Hartz-IV-Leistungen pro Monat um 109,84 Euro gekürzt, lässt der „SPIEGEL“ seine Infotainment-Konsumenten wissen. Er verschweigt aber die an dieser Stelle zum Verständnis nötige Höhe des Regelsatzes: 382,00 Euro.

Arbeitslosengeld II (§ 29 Abs. 2 – 3 SGB II, Hartz 4)
ALG II Eckregelsatz = 100% = 382 EUR
Partner = 90% = 345 EUR
15- bis 17-jährige Angehörige Kinder der Bedarfsgemeinschaft § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II = 289 Euro
18- bis 24-jährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft (= volljährige Kinder) § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II = 80% = 306 EUR
Kinder ab 6 bis einschl. 13 Jahre = 70% = 255 Euro
Kinder bis einschl. 5 Jahre = 60% = 224 Euro

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