Gladio-BND: SPIEGEL-Leser wissen weniger

Gerd R. Rueger 08.07.2013

Eine Rüge wert ist unser Polit-Meinungsführer-Magazin Nr.1, wo seit Beginn der Gladio-BND-Bombenleger-Affäre vor vier Monaten nichts zu lesen war. Zu Gladio findet sich dort überhaupt sehr wenig, seit 1990 scheint das Magazin dem Thema aus dem Weg zu gehen. Beim Münchner Oktoberfest-Anschlag hat der „Spiegel“ (Bertelsmann) zwar schließlich die seit dem Reichstagsbrand so beliebte Einzeltäter-Theorie mühsam fallen gelassen. Aber die seit März immer bekannter werdenden Bezüge zu Gladio und BND werden verbissen beschwiegen.

Warum will Bertelsmann seine Leser (Werbeparole: „Spiegel-Leser wissen mehr“) im Dunkeln tappen lassen? Die Fakten liegen seit Monaten auf dem Tisch, das Luxemburger Wort berichtet ununterbrochen darüber, die Relevanz und Brisanz des Themas sind offenkundig. Das Verschweigen dieser Affäre wäre geradezu ein Belügen durch Unterlassen am Leser, der beim Spiegel vermutlich glaubt, er wäre politisch gut informiert über das aktuelle Zeitgeschehen. Aber Google-Suchen nach „Spiegelonline+Gladio“ (BND, Luxemburg, Bombenleger) brachten nichts an qualitäts-journalistischer Leistung der meinungsführenden Edelfedern zutage. Anders als bei Lügen zum Finanzsektor und rassistischer Griechen-Hetze können ja kaum Werbeerlöse der Grund sein. Der BND schaltet im Unterschied zu Banken und Versicherungen keine millionenschweren Anzeigen-Kampagnen.

Die deutsche Medienkampagne gegen Griechenland und vor allem gegen die Syriza-Linke zog sich neben BILD nicht nur durch Funk und Fernsehen, sondern auch durch den SPIEGEL („BILD am Montag“), das Flaggschiff der Printflotte des Mediengiganten Bertelsmann (Stern, Random House, RTL, Arvato u.a.). Obwohl immer noch vom Ruf des linksliberalen Qualitäts-Journalismus zehrend, ist der SPIEGEL seit den 90ern zum Zentralorgan eines „rheinischen Neoliberalismus“ verkommen. Dies geschah analog zum Machtzuwachs der milliardenschweren Bertelsmann-Stiftung, Haupteignerin des Konzerns und als neoliberaler think tank Leitwolf im Berliner Lobbyisten-Rudel.

Warum schweigt der SPIEGEL zur Bommeleeer-Gladio-Affäre? Skandalmaterie gibt es dort genug: 20 Bombenanschläge in den Jahren 1984-86 und SREL-Chef Charles Hoffmann hatte 1985 Stay-Behind (Gladio)-Manöver beim damaligen Staatsminister Jacques Santer genehmigt bekommen. Und der deutsche BND war immer mittendrin. Der Bommeleeer-Prozess brachte Luxemburgs Geheimdienstler (SREL) ins Licht der Öffentlichkeit und es kam jetzt heraus: Sie belauschten fast alle im Land. Was zunächst nach einem Nebenkriegsschauplatz in der Gladio-Bombenleger-Affäre aussah, hat schnell seine Eigendynamik entwickelt, meint das Luxemburger Wort.

Aber Deutsche Medien schweigen die Gladio-Connection tot als wären sie von einem totalitären Regime gleichgeschaltet, dabei zieht der Skandal weite Kreise bis hin zu deutschen Geheimdiensten und dem Oktoberfest-Anschlag, dem schlimmsten Attentat in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Luxemburg: Regierungskrise nach Gladio-Skandal

Gerd R. Rueger 08.07.2013

Der Gladio-Bombenleger-Skandal kocht weiter. Luxemburg ist reichstes EU-Land, Steuerbetrugsoase und jetzt auch als Geheimdienst-Schnüffel-Paradies enttarnt. Staatschef Juncker wird daher zum Rücktritt aufgefordert -ein Vorbild für US-Schnüffel-Skandale? Finanzgeschäfte und Spionage in großem Stil scheinen immer deutlicher zusammen zu hängen: Die Angelsachsen mit City of London, Wallstreet, Kanalinseln, Karibik bis USA/Delware haben PRISM. Die Steueroase Luxemburg hat den SREL und ihre Gladio-Bommeleer.

Juncker: Dienstälteste EU-Marionette?

Bommeleeer-Gladio-Affäre: 20 Gladio-Bombenanschläge auf Sendemasten und Hochspannungsleitungen in den Jahren 1984-86, Srel-Chef Charles Hoffmann hatte 1985 Stay-Behind (Gladio)-Manöver beim damaligen Staatsminister Jacques Santer angefragt und genehmigt bekommen. Und der deutsche BND war immer mittendrin. Der Bommeleeer-Prozess brachte Luxemburgs Geheimdienstler ins Licht der Öffentlichkeit: Sie belauschten fast alle im Land.

Was zunächst nach einem Nebenkriegsschauplatz in der Gladio-Bombenleger-Affäre aussah, hat schnell eine Eigendynamik entwickelt, meint das Luxemburger Wort. Deutsche Medien schweigen die Gladio-Connection tot als wären sie von einem totalitären Regime gleichgeschaltet, dabei zieht sie weite Kreise bis hin zu deutschen Geheimdiensten und dem Oktoberfest-Anschlag, dem schlimmsten Attentat in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nun gerät Europas dienstältester Staatschef unter Druck: Juncker lenkt das kleine Finanz-Großherzogtum seit 18 Jahren und übt große Macht in EU und Finanzwelt aus. Wusste er nichts von den geheimen Machenschaften? War er nur Marionette der Geheimen?

Gegen Luxemburgs Geheimdienst SREL stehen mittlerweile Vorwürfe wie Beschattung von Parteien und Überwachung von rund 300.000 luxemburgischen Bürgern im Raum, dabei hat das Land keine 500.000 Einwohner. Prominentestes Opfer war Juncker selbst: Sein Geheimdienstchef Marco Mille zeichnete mit einer Spezialarmbanduhr ein Gespräch auf, das er im Januar 2007 mit Juncker führte. Als Juncker Ende 2008 davon erfährt, wird Mille gefeuert -die Aufnahme taugte wohl doch nicht zur Erpressung. Aber der lauschfreudige Geheime Marco Mille findet schnell ein neues Tätigkeitsfeld: Er wird laut SZ 2010 Sicherheitschef des Siemens-Konzerns, dessen Stiftung uns trotz grandioser Korruptionsfälle im Hause Siemens immer erklären will, wie man sich ethisch verhalten soll.

Luxemburgs Politik befindet sich im Aufruhr, Grund ist ein Enquete-Bericht, in dem das Parlament den Geheimdienst SRLE (Service de renseignement de l’Etat luxembourgeois) unter die Lupe nahm, Grund: Die Gladio-Bombenleger-Affäre. Am Freitag stellte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss  fest, dass der Christsoziale Regierungschef Juncker die „politische Verantwortung“ für die jahrelang andauernde unkontrollierbare Tätigkeit des luxemburgischen Geheimdienstes SREL  trage.

Luxemburg: Aufruhr in Rotschwarz

Wie gespalten die schwarzrote Koalition Junckers ist, zeigte sich bei der Abstimmung über dem SREL-Bericht. Die drei Sozialdemokraten (LSAP) stimmten mit der Opposition für den Bericht. Nur die fünf Christsozialen (CSV) stimmten gegen den Bericht. Der Chef der Sozialdemokraten, Lucien Lux, sagte im Anschluss, das Land brauche eine Erneuerung. Es gebe nur eine Möglichkeit: der Ministerpräsident muss zurücktreten, so die luxemburgische Zeitung Le Quotidien, die Gaston Giberyen zitiert, den Chef der oppositionellen ADR (Alternative Demokratische Reformpartei).

Am Mittwoch soll Juncker in einer Plenarsitzung noch einmal ausführlich gehört werden, um sich zu den Rücktrittsforderungen zu äußern. Regulär würden erst im Sommer 2014 die nächsten Wahlen anstehen. Tritt Juncker zurück, müsste Großherzog Henri zunächst die Abgeordnetenkammer auflösen, um für Mitte Oktober den Weg für Neuwahlen freizumachen.

„Was wirft der Untersuchungsausschuss dem Staatsminister vor? Zum einen die Verfehlungen der Srel-Mitarbeiter, für die der Ressortminister objektiv die Verantwortung trägt. Zum anderen soll Jean-Claude Juncker dafür verantwortlich sein, die parlamentarische Kontrollkommission und die Justiz nur lückenhaft über das Geschehen beim Geheimdienst informiert zu haben. (…) Wenig gut beraten wäre Jean-Claude Juncker, die Tragweite der Geheimdienst-Affäre klein zu reden oder sich als Opfer einer Intrige zu präsentieren. Wer wären denn die Täter? Irgendwelche Strippenzieher im Hintergrund? Das um Aufklärung bemühte Parlament? Die investigative Presse? Solche Verschwörungstheorien lenken von der eigenen Verantwortung ab und stärken nicht gerade das Vertrauen in die Institutionen.“ Luxemburger Wort 08.07.2013

Hintergrund: Bombenleger-Prozess

In Luxemburg läuft seit März der Bommeleeër-Prozess, ein Prozess gegen zwei Polizeibeamte, die beschuldigt werden, sich im Auftrag einer geheimen NATO-Truppe in den 80er Jahren an Bombenanschlägen auf Strommasten beteiligt zu haben. Es geht um Straftaten, die durch das sogenannte Stay-Behind-Netzwerk, besser bekannt als “Gladio”, im Kalten Krieg verübt wurden. Gladio sollte angeblich, so die offizielle Version, nach einem Überrollen der Nato-Armeen durch die sowjetische Rote Armee im Hinterland Guerillakrieg führen. Aber Gladio verstrickte sich mit Rechtsextremisten und wurden schon im Frieden aktiv: Es flogen Bomben, es gab Tote z.B. in Bologna. Über DIE LINKE erreichte das Thema sogar den Deutschen Bundestag (der gleich geheimnisvoll A.K. genannte Zeuge wurde vom Luxemburger Wort als „deutscher Historiker Andreas Kramer“ mit Klarnamen und Bild bekannt gemacht):

Eine Zeugenaussage im sogenannten Luxemburger Bombenleger-Prozess ist Thema der Antwort der Bundesregierung (17/13615) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13214). Wie die Fragesteller darin schreiben, war in dem Prozess Anfang April ein Zeuge aufgetreten, „der Aussagen zur Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes (BND) an der Anschlagserie gemacht hat, die in den 80er-Jahren Luxemburg in Atem hielt“. Der Zeuge habe ausgesagt, sein Vater, ein im vergangenen Jahr verstorbener ehemaliger Bundeswehrangehöriger, habe die 18 Anschläge in Luxemburg eingefädelt. Sein Vater sei neben seiner Tätigkeit als Hauptmann der Bundeswehr, bei der er Zugriff auf Sprengstoffe und Waffen gehabt habe, für den BND tätig und Teil der „Stay-behind“-Organisation der Nato gewesen. Auch am Anschlag auf das Münchner Oktoberfest sei der Vater beteiligt gewesen: „Er hat die Bombe mitgebaut“, habe A. K. in einem Interview geäußert. Sein Vater habe die „Anwerbungsgespräche“ für das Attentat geführt und dabei unter anderem auch den Attentäter Gundolf Köhler angeworben.

Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort darauf, dass sie im Rahmen mehrerer parlamentarischer Anfragen mit den Darlegungen des Zeugen A. K. in dem genannten Prozess befasst gewesen sei. In diesem Zusammenhang seien bereits mehrfach die einschlägigen Unterlagen der Bundesregierung zu der „Stay-behind“-Organisation geprüft worden. Bisher hätten darin keine Hinweise gefunden werden können, die die Darlegungen des A. K. in Bezug auf die Tätigkeit seines Vaters, J. K., bestätigen können. Ungeachtet dessen habe die Bundesregierung eine weitere Prüfung der Vorwürfe veranlasst. „Sollten sich weitere Hinweise ergeben, die die Behauptungen stützen, wird über das weitere Vorgehen zu beraten sein“, heißt es in der Antwort weiter. Darüber hinaus habe der Generalbundesanwalt (GBA) am 27. März 2013 einen Prüfvorgang eingeleitet.

Der Antwort zufolge konnte in den noch vorhandenen Unterlagen ein in der Stabsabteilung G 4 (Logistik) tätiger Hauptmann namens J. K. festgestellt werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handele es dabei um die in der Kleinen Anfrage angesprochene Person, schreibt die Bundesregierung. Die betreffende Personalakte sei aus Datenschutzgründen nach Ende der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden. Aus den noch vorhandenen Unterlagen ergäben sich keine Details seiner verschiedenen Tätigkeiten. Recherchen in den einschlägigen Abfragesystemen sowie in den zur Verfügung stehenden Unterlagen hätten „keine Hinweise erbracht, die eine Tätigkeit des J. K. für den BND bestätigen“. Quelle: Deutscher Bundestagfunkeblog

(A.K., der Historiker Andreas Kramer, der über seinen BND-Vater auspackte, soll übrigens beim dt. Bundestag als Archivar beschäftigt gewesen sein)

Und der Zweck der Bombenwerferei? Beschuldigt wurden Linksextremisten (false-flag-operations). Die Rechtspopulisten von NPD bis CDU profitierten, schlugen ihr politisches Kapital aus den Opfern. Auch in Deutschland, Stichwort: Anschlag auf das Münchner Oktoberfest. Am 22.11.1990 verurteilte das Europäische Parlament Gladio, nach dem dessen Verbrechen bekannt geworden waren, doch der Schweizer Historiker Daniele Ganser, zweifelt noch heute an, dass die paramilitärischen Geheimtruppen gänzlich aufgelöst wurden. Stay-Behind-Gladio-Leak