Athen: Bilderberger fordern 2,5 Prozent vom BIP

Prometheus und Theodor Marloth BilderbergerClubLogo

Berlin/Athen. Im Vorfeld der Bilderberg-Konferenz vom 11.-14.Juni 2015 geht die deutsche Medien-Treibjagd auf Tsipras weiter. Athen hat seine IWF-Zahlung noch einmal verzögern können, doch die Medien kennen keine Gnade. Der Bilderberger-Darling Stefan Kornelius darf auf S.1 der edlen Bilderberger-Postille SZ die Troika-Forderung verkünden: „Athen soll fünf Milliarden Euro einsparen“! Dann stellt sich der Transatlantiker Kornelius stramm vor Angela Merkel: Es sei nicht Deutschland, das hier gnadenlos stur auf Regeln pocht. Alle die anderen sind es: Italiener, Spanier, Portugiesen! Merkel wären beim Lesen Tränen der Rührung gekommen, würde sie nicht statt der SZ lieber die FAZ lesen.

Trotz Panikmache von ARD bis RTL war heute nicht Ende und Grexit, sondern weiterer Aufschub angesagt. Aber warum sollte Griechenland zahlen? Weil die Troika es will? Die Bilanz von Tsipras Troika-hörigen Vorgängern ist verheerend für das griechische Volk: Banken wurden aus der Haftung genommen, Löhne und Renten drastisch gesenkt; Gesundheitsleistungen um 50% reduziert, Ärzte-Exodus ins Ausland, Patienten sterben auf den Straßen. Die 600 reichen Familien, denen das Gros der griechischen Privatwirtschaft gehört, haben ihre Vermögen weiter ausgebaut, während die Mehrheit ihrer Landsleute verelendete. Deutsche Medien trompeten seit Jahren gegen die Griechen, machen ihre Ausplünderung durch Finanzeliten hierzulande hoffähig.

Im reaktionären Staatssender Deutschlandfunk (DLF) geifert im Interview mit Sarah Wagenknecht ein Morgenredakteur triumphierend, der Sozialist Tsipras habe das zu verantworten, der habe ja immer noch nicht die reichen Griechen besteuert! Derselbe DLF, derselbe Redakteur, der Jahr um Jahr schweigend zusah, wie der deutsche Bundestag die UNO-Konvention gegen Korruption aufschob, verzögerte und verschleppte, höhnt nun gegen Tsipras, weil dieser in vier Monaten keine neuen Steuergesetze durchbekam, die allem zuwiderlaufen, was den griechischen Staat bislang auszeichnete… Heuchelei und Hetze prägen immer noch die Haltung der medialen Klasse Deutschlands gegen alles, was den Interessen der Westoligarchen, von Mohn bis Quandt, von Rothschild bis Rockefeller, entgegensteht. Derzeit besonders, wenn es um die „Troika“ aus EU, EZB und IWF geht, umbenannt neuerdings in „die Institutionen“ sozusagen als Gipfelpunkt technokratischen Machtgebabbels.

Bilderberger-Postille: Griechen-Hetzjagd auf S.1

Die Bilderberger-Postille SZ räumte heute dem Thema Athen die Headline auf S.1 ein, Chef-Meinungsmacher Stefan Kornelius, der rhetorisch schwerbewaffnete Transatlantiker höchstselbst, zog blank (Ko-Autor Alexander Mühlauer durfte ihm vermutlich die anstrengende Recherchearbeit abnehmen). Dabei wird technokratisches Geschwurbel zur Verneblung der Grausamkeiten ebenso eingesetzt wie feiner Zynismus im still-beipflichtendem Bericht des unerträglich arroganten Umgangs der Geldeliten bzw. ihrer Troika mit der Athener Regierung. Kornelius rapportiert genüsslich das Mobbing der Troika gegen Tsipras: 1. Die Mobber isolieren ihr Opfer, grenzen es aus. Kornelius im genüsslich-gespreizten Schwafelstil:

Die Geldgeber hatten sich am Montagabend im Bundeskanzleramt in Berlin auf ihren Forderungskatalog geeinigt, ohne dass Griechenland an diesen Beratungen beteiligt war.“ SZ 5.6.2015, S.1

Diese „Geldgeber“ dürften aber eher Geldnehmer sein, denn sie wollen für sich einen satten Batzen beim griechischen Volk einsacken, fünf Milliarden mal eben. Das ist Teil 2, das Mobbing-Opfer fertig machen:

Nach internen Informationen der Gläubiger ist von einem Konsolidierungsbedarf von bis zu 2.5 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung die Rede.“ SZ 5.6.2015, S.1

Aha, Stefan Kornelius verfügt also über „interne Informationen“, man gehört dazu. Und „Konsolidierungsbedarf“ klingt so schön nüchtern, technokratisch. Nur wenige der begüterten Schöngeister der SZ-Leserschaft dürften kapieren, was da wirklich gefordert wird: 2,5 Prozent des BIP Griechenlands bei den Finanzokraten abzuliefern. Die wissen auch genau, wie dies geschehen soll. Natürlich nicht so, wie der DLF hämisch schwadronierte, um Sarah Wagenknecht zu demütigen, durch Steuern für die Reichen. Sondern durch eine „Korrektur der Rentenreform“ und den Verzicht auf „eigenmächtige Schritte bei der Arbeitsmarktreform“.

Schröpfen will man bei Bilderbergers also mal wieder die Rentner und einem angeblich „souveränen Staat der westlichen Wertegemeinschaft“ (wohl eher Geldwerte als Ethik gemeint) sodann auch noch „eigenmächtige Schritte“ untersagen. Warum? Damit die Arbeitenden weiter hemmungslos ausgebeutet werden dürfen. Um auch wirklich jeden zu erwischen, will die Troika die Mehrwertsteuer erhöhen, besonders beim Strom. Das träfe zumindest auch einmal die Reichen, die einen ab Herbst etwas kühleren Swimmingpool jedoch leichter verschmerzen können als die verelendete Rentnerin ihre im nächsten Winter ungeheizte Wohnung (sofern sie aus dieser nicht schon auf die Straße gejagt wäre). Auch auf dem Übel der Privatisierung besteht die Troika gnadenlos weiter, ob das ebenfalls etwas mit den Interessen der Finanzokraten und Westoligarchen zu tun hat? Kornelius will davon natürlich nichts gewusst haben. Er berichtet ja nur. Weiter hinten im Blatt lässt der Edelschreiber dann aber die rhetorische Sau raus: Griechenland würde ohne Euro in ein „innenpolitisches Chaos taumeln“, die „sozialen Verwerfungen“ (an denen dann natürlich Tsipras die Schuld hätte) „wären katastrophal“ (das sind sie schon jetzt, Herr Kornelius, darum wurde Syriza ja gewählt), es drohten dann „Radikalisierung, Dämonisierung“ (SZ, 5.6.15, S.4).

Hm, Dämonisierung? Von wem oder was? Tsipras und Syriza dämonisiert er ja selber bzw. die deutsche mediale Klasse tut es unisono. Aber Kornelius stellt sich stramm vor seine Mit-Journaille und auch gleich vor Merkel: „Nein, es ist nicht Deutschland, das hier stur Regeln einfordert.“ Angeblich sind es die anderen, die Südeuropäer selber, Spanien, Portugal, Italien… Statt solchen Blödsinn zu verzapfen hätte Kornelius lieber seinem gehobenen SZ-Lesepublikum erklären sollen, warum Privatisierungen denn die Athener Schuldenkrise lösen können. Konnte er aber nicht. Weil er vermutlich selber nichts von Ökonomie versteht. Und weil es eine Lüge ist. Das Privatisierungs-Dogma nicht zu hinterfragen ist und bleibt die oberste Pflicht für den Bilderberger-Posaunisten in den Mainstream-Medien.

Privatisierungen -nutzlos zur Schuldensenkung

Privatisierungen staatlicher Infrastruktur, Kernstück der Ideologie des Neoliberalismus, wurden auch in Athen zum Verschleudern von Tafelsilber an dubiose Finanzokraten. Dies ist eine altbekannte, bei Westoligarchen hoch beliebte Methode, die auch in Deutschland nie zur Schuldenreduktion führte. Deutsche Kommunen, traditionell korruptionsanfällig, standen nach der neoliberalen Privatisierungsorgie stets noch mehr mit dem Rücken zur Wand, die Bürger hatten das Nachsehen: Öffentliche Leistungen wurden mieser, vom Wasser bis zur Müllabfuhr, Dumpinglöhne, Wucherpreise und Kapitalabfluss prägen solche besonders heimtückisch als PPP (Privat Public Partnership) beschönigten Ausplünderungen.

Diese Ausbeutertaktik, die anerkanntermaßen nur kriminellen Oligarchen nutzt und nirgends eine Lösung der Schuldenmisere erbrachte, wird uns von den Medien täglich als „vernünftige Lösung“ für Griechenlands Probleme präsentiert. Nur der linksradikale Tsipras mit seiner sozialistischen Syriza stet dem „natürlichen Lauf der Märkte“ immer im Weg. So hetzen Medien gegen die Griechen, auf ihrem dem Konsumenten angepassten Niveau. BILD hetzt gegen „Pleite-Griechen“, die angeblich auf unsere Kosten über ihre Verhältnisse gelebt hätten; die edle SZ (Süddeutsche Zeitung) des Transatlantikers Stefan Kornelius heuchelt nüchternen Berichtsstil und setzt auf streng selektierte Nachrichten.

Bilderberger-Darling Kornelius

Deutsche Journalisten wie der Westoligarchen-Liebling Stefan Kornelius denken daher nicht im Traum daran, solche Maßnahmen der Troika zu hinterfragen. Sie geben sich ihrer antikommunistischen Neigung hin, was ihnen fette Posten sichert -und den West-Finanzokraten die Meinungsdominanz an den Stammtischen. Die Bilderberger-Konferenzen haben als geheimer Sammelpunkt von Finanz- und Medienmogulen eine wichtige Funktion dabei: Briefing der politischen Kaste, Casting künftiger Chef-Marionetten und Beweis, dass die Lügenfront der Mainstream-Medien nach wie vor ihre Reihen fest geschlossen hält -gegen die Öffentlichkeit, gegen die Funktion der Medien als echte Informationsquelle und gegen eine Demokratie, die von ihrer Konstruktion her nicht korrupte Medien als vierte Säule benötigt.

Eine Demokratie, die mit den Bilderberger-Konferenzen Jahr für Jahr konterkariert und letztlich lächerlich gemacht wird. Vielleicht ist dieser letzte Punkt die wahre Hauptfunktion der Geheimtreffen transatlantischer Machteliten unter der Fahne der Bilderberger: Eine Nervenberuhigung für Westoligarchen, dass alles, was in Verfassungen steht, was in Sonntagsreden von Westpolitikern salbadert wird und was die Medien den Menschen täglich weismachen wollen nur Schall und Rauch ist.

8 Gedanken zu “Athen: Bilderberger fordern 2,5 Prozent vom BIP

    • Der Guardian gibt sich da (fürs Webvolk) online etwas aufgeknöpfter, so weit ich sehe als einziges Mainstreammedium. Deutsche Medienmandarine machen sich vermutlich in die Hose, wenn sie das Wort Bilderberger nur flüstern hören 🙂

  1. Nett, die Beziehung Finanz-Ausbeuter Griechenlands – Medienhetzer gegen Athen und besonders Syriza -zu den Bilderbergern herzustellen. Vergessen viele VS-Sites, dass die auch ganz banale Finanzinteressen verfolgen -wohingegen bombastische Spekulationen über deren angebliche Motive schnell ins Horrofilmartige kippen, glaubt ja eh kein normaler Mensch

  2. Pingback: News 06.06. 2015 | Krisenfrei

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