Assange und die Schwedinnen: Doch CIA-Intrige?

Gerd R. Rueger 11.03.2013 Assange_(Norway,_March_2010)

Aus dem Schwedischen wurde just ein Buch übersetzt, in dem die Vorwürfe sexueller Belästigung bzw. des „Missbrauchs“ (nach schwedischem Sexualrecht) noch einmal gründlich aufgearbeitet wurden. Eine der Erklärungen für die Anzeigen gegen Julian Assange, denen dort Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist die Frage nach CIA-Kontakten zumindest einer der beiden Schwedinnen. Diese Dokumentation sollten besonders solche Journalisten  lesen, die immer noch die Verleumdung vom „Vorwurf der Vergewaltigung“ in ihren reißerischen Artikeln über Julian Assange wiederholen.

Der Autor Guy J. Sims, über den wenig bekannt zu sein scheint, rollt die Geschehnisse in Schweden auf und scheint Wikileaks eher zugeneigt zu sein, was das Buch „Julian Assange in Sweden -what really happened“ positiv von vielen anderen Werken über Assange abheben dürfte.  Da aus Schweden überdurchschnittlich viele Spenden an Wikileaks kommen, ist unser von der Staatsanwaltschaft geprägtes Bild einer Assange-Feindschaft wohl falsch. Sims beginnt sein erstes Kapitel mit der Erklärung von Julian Assange, wie es zu seinem Trip nach Schweden kam:

 “I only visited Sweden because the FBI came to the UK and raided one of my alleged source’s mother’s house, Bradley Manning, in Wales. So the FBI was here in the UK, stomping around the UK, and we thought I’d better get out. And I managed to get some people to write an invite to a talk on the first casualty of… Sorry, the first casualty of the war is the truth, in Sweden, and use that invite as sort-of a safe passage to get out through UK customs to Sweden.” (Julian Assange interviewed on Late Night Live Radio, 6 June 2012.)

Sims bringt auf an die 400 Seiten auch „entlastendes“ Material, folgt etwa den Piratenpartei-Aktivisten Rick Falkwinge und Anna Troberg, kritisiert aber die Assange-Anklägerin Anna Ardin. Sie hatte Julian Assange für die schwedischen Christlichen Sozialisten eingeladen und in ihrer kleinen Wohnung beherbergt, wo sie einvernehmlichen Sex mit ihm hatte -später zeigte sie ihn an. Guy J. Sims zitiert auf S.50 die Aufdeckung von „Anna Ardin’s plan for false accusation“ (ihren Plan, Julian Assange mit der falschen Beschuldigung sexuellen Missbrauchs zu attackieren). Das Buch dokumentiert dennoch die Vorwürfe von Ardin, aber setzt auch einen O-Ton aus der unautorisierten Autobiographie von Assange dagegen:

“I did not rape these women and cannot imagine anything that happened between us that would make them think so, except malice after the fact, a joint plan to entrap me, or a terrible misunderstanding that was stoked up between them. I may be a chauvinist pig of some sort but I am no rapist and only a distorted version of sexual politics could attempt to turn me into one. They each had sex with me willingly and were happy to hang out with me afterwards. That is all.” (Julian Assange, Unauthorised Autobiography)

Das Buch verwendet hauptsächlich die online dokumentierten Berichte der schwedischen Justiz, die auch hier auf JasminRevolution schon verlinkt waren, die über weite Strecken ohne viel Bearbeitung hintereinander geklebt werden (siehe hier als html). Das schwedische Blatt „Espressen“ wird in seiner Berichterstattung sehr kritisch gewürdigt. Und die Frage nach der „Vergewaltigung“? Eher brisant ist wohl die Frage nach den Motiven der beiden Schwedinnen: Der Autor führt bei den Assange-Verfolgerinnen verschiedene Motivationen an, vom radikalfeministischen Männerhass, über beruflichen Ehrgeiz und erotische Eifersucht der beiden Schwedinnen aufeinander bis zur Frage einer Maulwurf-Tätigkeit für die CIA. Die als Kaschmir-Girly bekannte Frau wird als eher naiv und leicht manipulierbar beschrieben -sie war durch ihren hautengen, knallrosa Kaschmir-Pullover aufgefallen. Um die Polit-Aktivistin Anna Ardin ranken inzwischen viele Gerüchte, auch die von Guy J. Sims erwähnte Vermutung, sie könnte 2010 den Israelis geholfen haben, die Gaza-Hilfsflotte anzugreifen -sie war auch Mitglied im „flotilla support team“. Man brauchte nicht lange auf die ebenso stupiden wie leider üblichen Vorwürfe von „Anti-Semitismus“ zu warten, die bei jeder Kritik an der rechtspopulistischen Regierung in Tel Aviv reflexartig folgen. Die engen Verbindungen von Mossad und CIA, die manche für eine Verschwörungstheorie halten, mögen dann weitere Spekulationen anregen.

Entlastung? Foto soll Assange und eine Schwedin zeigen, Tage nach der angeblichen sexuellen Straftat, wegen der sie ihn später anzeigte

Entlastung? Foto soll Assange und eine Schwedin zeigen, Tage nach der angeblichen sexuellen Straftat, wegen der sie ihn später anzeigte

Amazon-Kurzbeschreibung (engl.): Julian Assange, Gründer von WikiLeaks, war  fastJulian Assange in Sweden sieben Wochen im August bis September 2010 in Schweden. Was mit ihm  in diesen sieben Wochen passiert ist, ist eine vielen Menschen in Schweden bekannte Geschichte, weil die Ereignisse vor allem in schwedischer Sprache dokumentiert sind. Hier wird diese Geschichte zum ersten Mal für englischsprachige Leser zugänglich gemacht. Das Buch dokumentiert einen täglichen Account, Anschuldigungen, Kurzbiografien der Hauptcharaktere und eine Überprüfung der schwedischen Justiz. (Übersetzung G.R.Rueger, hier die ersten Buchkapitel als html)

Wer die Zeit und die Lust hat, sich mit den altbekannten Vorwürfen und Verleumdungen gegen den Wikileaksgründer sowie mit ihrer Widerlegung zu befassen, findet hier reichhaltiges Material. Die Diskussionen um Wikileaks, Julian Assange und Bradley Manning sind nach dessen Aussagen vor der US-Militärjustiz jedoch um einiges weiter: Heute spekulieren kluge Beobachter der Fallgeschichte darüber, was hätte passieren können, hätte die offizielle „Qualitäts“-Journaille nicht total versagt bei der Aufdeckung des größten Militär-Skandals der  US-Geschichte -Collateral Murder & Wikileaks. Versagt haben zuallerst all die Journalisten, die sich in Schuldzuweisungen, vorzugsweise an Julian Assange, überschlagen, man hätte Manning nicht so behandeln sollen, ihn besser schützen müssen usw. Manning hatte seine brisanten Daten ihnen zuerst angeboten, sie wimmelten ihn ab -dann erst kam das Material zu Wikileaks, das sagte Manning unter Eid aus, die Profis hätten den Whistleblower besser begleiten können, glaubt der Profi Russell Brown in Hardtimes:

„…speculate on what might have happened had Manning found his Seymour Hersh, or at least got someone to answer the phone at the Times. A key part of investigative journalism is pastoral: looking after sources, keeping them safe, not least from themselves. It seems possible that with better guidance Manning might not have been moved to blab in those fateful chats with Adrian Lamo.“

Autor Gerd R. Rueger schrieb selbst ein Buch über Julian Assange und Wikileaks

Aber wenn die Journalisten nicht die Kompetenz hatten, zu erkennen wie wichtig Manning ist, hätten sie dann wirklich die Kompetenz gehabt, ihn vor der weltweit größten Überwachungsmaschine zu schützen, vor den US-Geheimdiensten also? War es nicht die US-Zeitung NYTimes, die zuerst gegenüber der US-Regierung eingeknickt ist und Fakten nicht mehr bringen mochte, die selbst der Guardian noch druckte? Und auch der Guardian stand vor allem der Auflage bzw. seiner Profite wegen an der Seite von Assange, wie sich später leider zeigte. Wikileaks und Julian Assange -immer noch im Asyl der Londoner Botschaft Ecuadors– kämpfen inzwischen gegen den US-Drohnen-Terror.

Siehe auch zu Wikileaks/Assange:

Politik der Einkerkerung: Die Detainee Policies

Wikileaks und Anonymous

Assange kritisiert Obama

Hexenjagd auf Assange -London im Abseits

Kritik an Anti-Assange-Hetzfilm

Whistleblower in Folterhaft: Bradley Manning

Finanz-Terror gegen Wikileaks

2 Gedanken zu “Assange und die Schwedinnen: Doch CIA-Intrige?

  1. Widerlich, wie USA und ihre Vasallenstaaten Schweden (lieferte wiederholt kriminell gekidnappte politische Gefangene an die USA aus bzw. im Direktflug nach Ägypten in CIA-Folterlager) und die tief verstrickten Briten, die Menschenrechte brechen, um einen politischen Dissidenten zu jagen. Widerlicher sind nur westliche Medien, die das vertuschen und munter gegen andere böse Regime hetzen, die angeblich solches tun.

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