Bildungsklau: Bertelsmann plant Frühlingsoffensive

Daniela Lobmueh Bertelsmann

Aber die Überraschung des Jahres: Professoren protestieren dagegen (statt brav mit dem Schwanz zu wedeln, wenn Liz „Multimilliarden“-Mohn ihnen einen Knochen hinwirft). Die laut Bundesverfassungsgericht rechtswidrige „Akkreditierung“ von staatlichen Studiengängen durch privatwirtschaftlich dominierte Agenturen sei unfair und unnötig, maulen die Professoren. Aber warum habt ihr sie dann zehn Jahre lang mitgemacht?

Antwort: In der Mediengesellschaft (um nicht zu sagen Mediendiktatur) gehört Rückgrat dazu, etwas gegen Bertelsmann, den mächtigsten deutschen Medienkonzern, zu sagen. Geschweige denn zu tun. Denn da ist ja auch noch der übermächtige, mehr Fäden als ein Schweizer Fondue ziehende Think Tank Bertelsmann-Stiftung. Der hat es bekanntlich besonders auf Kultur- und Bildungswesen abgesehen (neben der Medienwirtschaft und dem Internet, siehe ARVATO). Bertelsmann-Medien (RTL, n-tv, STERN, SPIEGEL) konsumieren die meisten von uns ein paar Stunden täglich. Die Medienkrake Bertelsmann trommelt nicht nur unablässig für TTIP und viele andere neoliberale Schweinereien, sondern will totale kulturelle Dominanz und da darf neben den Medien die Schule nicht fehlen und die Universität. Es soll ja Leute geben, die dort noch was lernen wollen -und nicht nur schnellstmöglich ihren Titel abgreifen, um dem besseren Job hinterher zu laufen (den sie dann doch nicht kriegen, die dummen Konformisten, ätsch!). Um die Akkreditierung trotz Richterspruch weiter zu betreiben brütet Bertelsmann schon die nächste Tücke aus. Die Medien, auch die öffentlich-rechtlichen Tendenzanstalten, werden uns schon bald begeistert mit der neuesten „Studie der Bertelsmann-Stiftung“ dazu beglücken. Tenor: Dank Akkreditierung ist heute alles effizienter geworden. Kritik daran? Fehlanzeige. Dabei kommen die Bertelsmänner und -frauen immer mit denselben ausgeleierten Phrasen daher, die mit irgendeiner hingepfuschten empirischen Erhebung angeblich belegt werden:

„“Reformen“ werden dabei immer durch dasselbe Narrativ, man könnte auch sagen „Lügenmärchen“, angestoßen: Durch den „Wandel“ von Rahmenbedingungen, etwa aufgrund der Globalisierung, könne man nicht weiter machen wie bisher, sodass dringend eine Anpassung erfolgen müsse. Dies gelte ebenso für das Gesundheitswesen und die Sozialsysteme wie für die Bundeswehr oder für Schulen und Universitäten. Der Begriff „Wandel“ verschleiert dabei wunderbar, dass die vermeintlich zwingenden Verhältnisse zuvor politisch geschaffen oder zugelassen worden sind, nicht zuletzt, um die Partikularinteressen von globalen Finanz- und Machteliten zu realisieren. Zugleich stellt die Logik des „Sachzwanges“ infrage, dass es – was jedoch stets der Fall ist – Alternativen zur vermeintlich einzig möglichen Reform gibt.“ telepolis

Wenig Kritik an Bertelsmann kam bislang auch von Netzpolitik, Big Brother Award und Datenschützern, obwohl die Bertelsmann-Firma Arvato im Netz durch exessives Datensammeln und Marketing-Profiling seiner Kunden auffiel. Bei Arvato arbeitet inzwischen  der größte Teil der 100.000 Bertelsmann-Beschäftigten. Nur wenige Autoren und Bücher befassen sich bislang kritisch mit  dem globalen Medienimperium aus Gütersloh, denn dies kommt einem medialen Selbstmord gleich, so weit reicht der lange Arm aus Gütersloh (Haupsitz des Medienimperiums).

Aber Bertelsmann dirigiert über seine  Konzernstiftung auch die Politik, z.B. den „Bologna-Prozess“ an EU-Universitäten. Unternehmen bekamen so Zugriff auf das öffentliche Gut Forschung und Bildung -ganz besonders in Deutschland.  Bachelor/Master-Studiengänge ersetzten freie Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit durch hektische, verschulte Ausbildung nach Vorgaben der Industrie. Hie und da gab es dagegen auch Professoren-Protest oder Hinhaltetaktik (die Pensionierung ist ja nah). Doch die meisten Hochschullehrer kuschen vor Bertelsmann und seinen generalstabsmäßig geplanten Bildungsexpansionen. Könnte ja gefährlich sein, was dagegen zu sagen, schlechte Presse usw.

Heidelberger Aufruf gegen die Akkreditierung

Da wartet man lieber erst die langsam mahlende Mühle der Justiz ab, bis man sich auf die Hinterbeine stellt und leise Liz Mohns Rockzipfel anknurrt: „Akkreditierungsmonstrum„. Aber immerhin -das haben sie jetzt getan! Und sie übergaben der rechtslastigen Bertelsmann-Konkurrentin FAZ ihren „Heidelberger Aufruf gegen die Akkreditierung“. Die FAZ meint dazu: „Das aktuelle System zur Akkreditierung von Studiengängen ist laut Verfassungsgericht nicht haltbar. Heidelberger Professoren fordern, das Kontrollrecht wieder an die Universitäten zu geben.“

So heißt es im „Heidelberger Aufruf gegen die Akkreditierung“: „Im Jahr 1999 aber kam der Bologna-Prozess, und mit ihm kam die Verkündigung, es dürfe keinen Studiengang mehr geben, der nicht zuvor die Gnade einer privatwirtschaftlich organisierten Akkreditierungsagentur gefunden habe. So wurde es uns eingeredet, und so wurde es von den Landesregierungen in allen Bundesländern oktroyiert. Seither drehen sich die Universitäten pausenlos im Akkreditierungsrad. Eine Evaluation jagt die nächste. Nun endlich, am 17. März 2016, hat das Bundesverfassungsgericht diesem Kontrollwahn einen Riegel vorgeschoben. Die deutsche Akkreditierungspraxis, so zeigt sich, ist in weiten Teilen verfassungswidrig. Dem Gesetzgeber ist es damit aufgegeben, die gesamte Qualitätskontrolle der Lehre neu zu ordnen.

Leider steht nicht zu erwarten, dass die Akkreditierungsagenturen eine Pfründe kampflos aufgeben werden, die ihnen bisher mehr als eine Milliarde eingebracht hat. Man wird uns ein weiteres Mal einzureden versuchen, es bedürfe einer außeruniversitären Aufsicht über alles, was in Deutschland studiert werden kann. Für die Freiheit der Wissenschaft ist es uns deshalb unerlässlich, jede derartige Anmaßung klar und deutlich zurückzuweisen und an dieser Stelle festzuhalten:

Das Unwesen der Akkreditierung…

1. …verletzt die Freiheit von Forschung und Lehre und zerstört die Hochschulautonomie;

2. …führt zu universitärer Planwirtschaft, einem Exzess an Bürokratie und zur Selbstherrlichkeit einer niemandem verantwortlichen Akkreditierungsoligarchie;

3. …hindert Wissenschaftler daran, sich mit ungeteilter Aufmerksamkeit ihren eigentlichen Aufgaben in Lehre und Forschung zu widmen, und raubt den Studenten kostbare Zeit für ihr Studium;

4. …hat die Landesparlamente in der Hochschulpolitik weitgehend entmachtet, die Kulturhoheit der Länder zerstört und den hochschulpolitischen Föderalismus außer Kraft gesetzt;

5. …verschwendet Steuergelder in unvorstellbarem Ausmaß und entzieht den unterfinanzierten Hochschulen enorme Geldsummen, die besser in die Schaffung dringend benötigter Professuren investiert würden.

Aus diesen Gründen rufen wir allen politischen Entscheidungsträgern zu: Haben Sie Mut, sich des Karlsruher Urteils zu bedienen! Schaffen Sie das Akkreditierungsmonstrum jetzt ab, wie Ihr Kollege Mathias Brodkorb öffentlich gefordert hat! Das Qualitätssicherungssystem der deutschen Universitäten hat sich glänzend bewährt. Tragen Sie dazu bei, dass es dies auch in Zukunft wieder in vollem Umfang kann!“

Mit „Bürokratie und Selbstherrlichkeit“ kennen deutsche Professoren, meist unkündbare Beamte, die den besonderen Schutz von Forschung und Lehre genießen und oft genug (aber nicht mehrheitlich) zu ungehemmter Selbstbereicherung an Arbeitskraft ihnen unterstellter Universitätsmitarbeiter, Assistenten, Doktoranden und Studenten, an deren geistigen Eigentum, an Patenten, an dubiosen „Drittmitteln“ auch von Privatkonzernen usw. usf. Oder einfach faul sind, wie der sprichwörtliche Professor Untat. Aber einige eben auch nicht und denen glauben wir, wenn sie in ihrem Appell „an die Wissenschaftsminister und die Landtage aller Bundesländer“ schreiben:

„Die deutsche Universität hat in den Jahrhunderten ihres Bestehens ein System der Qualitätssicherung entwickelt, dessen Strenge ihresgleichen sucht. Der Weg zur Professur ist in Deutschland lang, schmal und steinig. Wer ihn hinter sich gebracht hat, ist nachweislich qualifiziert, nun seinerseits sinnvolle Studiengänge zu konzipieren. Dieses System der Qualitätssicherung wurde aus der Wissenschaft selbst heraus organisiert. Es hat sich bewährt.“ Nun ja, teilweise. Und der Weg zur Professur ist in Deutschland zuweilen so lang, schmal und steinig, dass er nur auf der endlosen Schleimspur einer Nacktschnecke zu bewältigen war. Auf jeden Fall wird es nicht besser, wenn ein paar korrupte Beauftragte der Wirtschaftsbonzen und Konzernbosse ihren Akkreditierungssenf dazu geben und das Studium zu einer öffentlichen Bedürfnissanstalt für Arbeitgeber machen. Viele Bosse jammern ja inzwischen selber über die hektisch mit Schmalspur-Bildung a la Bachelor versorgten Uni-Abgänger von heute. Dass Selberdenken auch eine Qualifikation ist und sie die paar bei Werksstudiengängen eingesparten Wochen Einarbeitungszeit bitter mit Halbwissen und Unselbstständigkeit bezahlen müssen, konnten die Herren in den Chefetagen ja nicht ahnen. Und ihre edle Nachkommenschaft studiert sowieso auf teuren Privatunis wie Yale oder Havard.

Unterzeichnet haben den Protest:

Prof. Dr. Werner Arnold; Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jan Assmann; Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Borchmeyer; Prof. Dr. Tobias Bulang; Prof. Dr. Stefan Delorme; Prof. Dr. Wolfgang U. Eckart; Prof. Dr. Susanne Enderwitz; Prof. Dr. Robert Folger; Prof. Dr. mult. Dr. h.c. mult. Heinz Häfner; Prof. Dr. Dr. h.c. Jens Halfwassen; Prof. Dr. Christian Hattenhauer; Prof. Dr. Urs Heftrich; Prof. Dr. Tonio Hölscher; Prof. Dr. Helmuth Kiesel; Prof. Dr. Anton Friedrich Koch; Prof. Dr. Wilhelm Kühlmann; Prof. Dr. Lothar Ledderose; Prof. Dr. Hanna Liss; Prof. Dr. Ute Mager; Prof. Dr. Joseph Maran; Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan M. Maul; Prof. Dr. Tanja Penter; Prof. Dr. Gerhard Poppenberg; Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack; Prof. Dr. Roland Reuß; Prof. Dr. Jörg Riecke; Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred G. Schmidt; Prof. Dr. Jürgen Paul Schwindt; Prof. Dr. Kai Trampedach; Prof. Dr. Christof Wetterich

Brexit? Good by, Little Britain. Und ich sach mal: God shave the Queen!

Hannes Siesyphus

Sind die Briten das höflichste Volk der Welt? Oder die unterwürfigste Horde von elend ausgebeuteten Untertanen? Kein Volk hat so begeistert immer wieder den Neoliberalismus gewählt und sich fast alles von gierigen Bankstern wegnehmen lassen. Kein Volk lässt sich eine dermaßen arrogante Oberschicht mit derart versnobten Ausbeutern so lange bieten. Was haben sie davon? Die mieseste Verfassung Europas (außer Weißrussland vielleicht) mit Grundrechten nach Gutsherrenart von Ihrer Majestät gnädigst gewährt. Eine superreiche Schmarotzerklassen die im Luxus schwimmt und ein verelendetes Proletariat. Prall gefüllte Privatsafes von Multimilliardären, die keinen Penny Steuern zahlen, dafür eine Armada von parasitären „Steuerparadiesen“ von der Finanz-Freihandelszone „City of London“ über die Kanalinseln bis in die Karibik: Leere Staatskassen, marode Straßen und desolate Krankenhäuser inklusive.

Was verliert Europa beim Grexit? Ein verregnetes Urlaubsziel mit Straßen, die gelegentlich mal ein Auto verschlucken und Ambulanzen, deren Computer schlecht gewartet und fehlerhaft sind. Gute Besserung! So ist der Neoliberalismus: Wenn die Reichen erstmal reich genug sind, um sich Helikopter leisten zu können für den Flug zu ihrem Privatjet oder ihrer Yacht, dann verrotten die Straßen genauso schnell wie Eisenbahn, Wasserversorgung und Öffentlicher Dienst.

A car is swallowed by a large hole in the street in south London (BBC, 12 May 2016: A parked car is swallowed by a large hole that opened up in a street in Charlton, south London. No one was hurt in the incident. Police and local agencies are investigating.) Wer zu dumm oder zu feige ist, endlich eine sozialistische Partei ins Parlament zu wählen (statt Tony BLIARs Labour-Fake-Party), hat es wohl nicht besser verdient. Einem Brexit steht also nichts mehr im Wege. God shave the Queen! (Nicht dass die Deutschen viel größere Revolutionäre wären, die sich von Hartz IV knechten lassen und deren Reichmöpse sich auch jedes Jahr mehr von dem in die Tasche stecken, was andere erarbeitet haben)

Little Britain würde uns natürlich fehlen -aber es gibt ja youtube. Little Britain ist eine britische Sketch-Show von Matt Lucas und David Walliams. Der Titel ist eine Mischung der Begriffe „Little England“ und „Great Britain“. Die Show wurde erstmals 2001 auf BBC Radio 4 als Radiosendung ausgestrahlt, 2003 wurde die erste Staffel mit acht Folgen auf dem digitalen TV-Sender BBC 3 gesendet. Neoliberalismus stinkt so, dass er Tote aufwecken könnte, deren letzte Würde er der Geldgier geopfert hatte (kommt daher die britische Begeisterung für Zombie-Filme?)…

siehe auch:

ARD: Neoliberalismus-Versagen

Unsere Lügen kommen aus den Medien und der Neoliberalismus macht krank vor Lügen. Denn er ist Ideologie, die vor allem korrupten Machteliten dabei nützt, sich ihre Beute unter den Nagel zu reißen und sich dabei auch noch enorm tüchtig vorzukommen. So ein „fairer Wettbewerb“ macht dann erst richtig Spaß, wenn man schon oben auf dem Siegertreppchen geboren wurde. Es ist eine Ideologie, die weite Teile der US-Bevölkerung darauf dressiert hat, im Namen der „Freiheit“ z.B. eine allgemein zugängliche Gesundheitsversorgung mit dem „Sozialismus“ gleichzusetzen (und Sozialismus mit dem Satan). Es ist die Freiheit des Millionärs wie des Bettlers, unter einer Brücke nicht nur zu schlafen, sondern dort elend zu krepieren.

Brasilien-Putsch: Propaganda-Hilfe von deutschen Medien

chiquita-terror

Zurück zur Bananenrepublik Brasilien?

Galindo Gaznate

Brasilia. Präsidentin Dilma Rousseff wurde von Schergen der prowestlichen Diktatur gefoltert und vergewaltigt als ihre Arbeiterpartei mit anderen Linken die Demokratie erkämpfte. Jetzt setzen deutsche Journalisten das Werk der Folterknechte mit medialen Mitteln fort. Die Arbeiterpartei setzte mühsam erste Ansätze gegen Korruption der verrotteten politischen Klasse durch, doch die schlägt mit ihrem Putsch zurück: Eine Hetzkampagne der Privatmedien um den Globo-Konzern (ein reaktionäres Relikt der Diktatur) im Dienste der Korrupten in den Rechtsparteien stellte ausgerechnet Rousseff als angeblich korrupt hin. Dahinter steckt die Angst vor der Bekämpfung von Korruption bei den korrupten Putschisten -und vermutlich viele Dollars, mit denen sie die nötigen Stimmen im Senat kauften, um Rousseff rechtswidrig kaltstellen zu können.

Obwohl zuletzt dank vieler fleißiger Aufklärer in Blogs wie Jasminrevolution oder einartysken die BrasiliaFlagARD-Lügenkampagne gegen Dilma Rousseff abbröckelte und die „Damen und Herren Journalisten“ notgedrungen doch noch ein paar Krümelchen Wahrheit präsentieren mussten, klebten sie in der Tendenz weiter an ihrer Pro-Putsch-Propaganda. Teils unter lächerlicher Verdrehung der Wahrheit: Im Deutschlandfunk (DLF), der Stahlhelm-Fraktion der deutschen Staatsmedien, durfte sogar eine Rousseff-Befürworterin ein paar Worte sagen -die ausgewählte Dame sprach nur leider kaum Deutsch und wurde vom „öffentlich-rechtlichen“ Redakteur mit einem Propaganda-Wortschwall niedergeredet. Der gab schließlich zu, was der DLF wochenlang immer wieder abgeleugnet hatte: Die Vorwürfe gegen Rousseff sind Humbug und nur ein Vorwand für ihre skandalöse Absetzung. Aber dann behauptete der DLF-Mann frech, aha, Korruption gibt es aber „in Brasilien“ und Dilma Rousseff und ihre Arbeiterpartei haben dafür „mit ihrer Politik den Nährboden gelegt“. Perverser kann man die Wahrheit kaum verdrehen. Ein weiterer Putsch in Obamas Roll-Back-Kampagne gegen die sozialen Reformen in Lateinamerika nimmt seinen in Westmedien bejubelten Lauf -die Solidarität von Deutschen mit Brasilianern und Brasilianerinnen soll offenbar im Keim erstickt werden.

US-Agent Temer und sein Kabinett des Schreckens

Dabei ist die feine Gesellschaft der parlamentarischen Rousseff-Gegner von US-Marionetten, Klüngel der alten Folterdiktatur und Rechtsextremisten durchsetzt: Aus von Wikileaks enthüllten US-Depeschen vom 11. Januar 2006 und 21. Juni 2006 geht hervor, dass der jetzige Putsch-Präsident Michel Temer gegenüber den USA über seinen damaligen Präsidenten Lula da Silva (Arbeiterpartei) auspackt, also den Vorgänger von Rousseff, der jetzt ihre größte Stütze ist. Bezüglich der Wahl von 2006, bei der Lula wiedergewählt wurde, spielt Temer mit den Amerikanern Szenarien durch, die den Wahlsieg seiner rechtspopulistischen Partei (PMDB) besiegeln sollen, was nicht ganz klappte. Aber with a little Help von Uncle Sam brachte Maulwurf Michel Temer es ja in die Regierung Rousseff, wo er seinen Verrat fortsetzen und den Auftrags-Putsch durchziehen konnte.

Von den Kabinettssitzen der neuen Regierung ohne Lulas und Rousseffs Arbeiterpartei entfallen auf Temers PMDB, sechs Minister, wie schon unter Rousseff. Die nur ihrem Namen nach sozialdemokratische, ebenfalls eher rechtspopulistische PSDB, die aus den letzten vier Wahlen stets als Verliererin hervorging, kann jetzt drei Minister stellen, die rechte DEM kriegt das Bildungsressort übernehmen und entsendet einen Hinterbänkler namens Mendonça Filho. Der neue Arbeitsminister Ronaldo Nogueira de Oliveira, ist als Prediger einer evangelikalen Sekte dem Bushclan der US-Oligarchen sicher zugetan. Oliveira hatte ein ungemein christliches Gesetz vorgeschlagen, nach dem Hausangestellten während des gesetzlich garantierten Urlaubs die Tage in Rechnung gestellt werden sollten, die sie normalerweise hätten arbeiten müssen (also das Urlaubsgeld gestrichen). Den USA und ihren Oligarchen angenehm ist sicher auch auch der künftige Agrarminister und Multimillionär Blairo Maggi, einer der größten Soja-Anbauer der Welt und sicher gut befreundet mit den Besitzern von Monsanto, die weltweit ihr Genfood durchdrücken wollen (etwa mit TTIP auch in der EU).

Doch es gibt noch dunklere Gestalten im Putsch-Kabinett (was erneut an Kiew denken lässt). Laut Página12 ist der neue Justizminister, Alexandre de Moraes, Ex-Anwalt des gerade wegen mutmaßlicher Korruption vom Obersten Gerichtshof abgesetzten Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha. Cunha ist einer der Hintermänner des offenbar ferngesteuerten Putsches gegen Dilma Rousseff. De Moraes war bis Mitte dieser Woche zudem Beauftragter für öffentliche Sicherheit in San Pablo: „Dort war er dafür bekannt, jede Demonstration von Studierenden von der Polizei mit Kriegswaffen auflösen zu lassen“.

General chama relatório da Comissão da Verdade de "leviano" Arte sobre foto de Ricardo Wolffenbüttel/Agencia RBS

Arte sobre foto de arquivos do Dops de Curitiba da época da ditadura militar

Putschpräsident Temers neuer Minister für Nationale Sicherheit, General Sergio Westphalen Etchegoyen jr., ist Nachwuchs der USA-gesteuerten Folterdiktatur in Brasilien (1964-1985). Als die brasilianische Wahrheitskommission ihren Abschlussbericht vorstellte und zahlreiche Staatsverbrechen während der Militärdiktatur anprangerte, bezeichnete Etchegoyen jr. das Dokument als „verantwortungslos“. Ein möglicher Grund: Sein Vater, Leo Etchegoyen, ebenfalls ein General, taucht in dem Bericht als Vergewaltiger und Folterer auf und eine Rebellion gegen ihn hat der saubere Sohnemann wohl verpasst (danke, El Topolino).

Faschisten zog sich die CIA schon in der Folterdiktatur heran: Jair Bolsonaro, der für Dilmas Amtsenthebung stimmte, hat im Parlament die Folterknechte beglückwünscht, die die Präsidentin vergewaltigt und gequält haben als sie im Widerstand gegen die Militärdiktatur war: „During his vote in favor of president Dilma Rousseff’s impeachment, Bolsonaro made homage to colonel Brilhante Ustra, an agent of Brazil’s military dictatorship who tortured Dilma Rousseff. Ustra headed the DOI-CODI torture unit during the dictatorship.“ wikipedia

ARD lügt durch Verdrehen und Weglassen

Die ARD-Tagessschau jubelt „Brasiliens Präsidentin suspendiert Senat entmachtet Rousseff“ und setzt ihre Linie fort, die Lügen der korrupten Putschisten zu wiederholen:

Brasiliens Präsidentin Rousseff muss ihr Amt 180 Tage lang ruhen lassen. Der Senat stimmte für ihre vorläufige Suspendierung und die formelle Aufnahme eines Amtsenthebungsverfahrens. An Rousseffs Stelle tritt in dieser Zeit ihr Vize und Gegner Temer. Der braslianische Senat hat mit 55 zu 22 Stimmen für die Suspendierung der Präsidentin Dilma Rousseff gestimmt. Die Staatschefin muss ihr Amt 180 Tage ruhen lassen. In dieser Zeit wird der Senat die Vorwürfe gegen sie unter Leitung des Obersten Gerichtshofs erneut untersuchen. Anschließend kann er Rousseff mit einer Zweidrittelmehrheit endgültig des Amts entheben. Gleichzeitig beginnt ein Amtsenthebungsverfahren. Dieses wird mit Regelverstößen beim Umgang mit Staatsgeldern und Buchhaltungstricks im Staatshaushalt begründet.ARD 12.5.2016Logo tagesschau.de

Spätestens seit dem 17.April 2016 ist klar, dass Brasilien in einer Regierungskrise steckt. An diesem Tag beschloss die Abgeordnetenkammer in Brasilia knapp eine Amtsenthebung der linken Präsidentin Dilma Rousseff. Unsere Medien von ARD bis RTL setzen, so sie überhaupt eine Kurzmeldung zu den skandalösen Vorgängen in einer der zehn größten Wirtschaftsnationen der Welt verlieren, als „Erklärung“ meist dazu, dass ihr „Korruption vorgeworfen wird“. Korruption wird in der Politik Brasiliens vielen vorgeworfen –meist zu Recht. Aber nicht bei Dilma Rousseff, weshalb die Rechtsparteien, die ihre Präsidentin nun stürzen wollen, eine windige Anklage wegen „Bilanzfälschung“ angehängt haben. ARD dazu: „Wegen der schweren Wirtschaftskrise und spektakulärer Korruptionsermittlungen war der Druck auf Rousseff zuletzt immer größer geworden.“ Ja, ja, „der Druck“ (woher der kommt, hat den ARD-Konsumenten nicht zu kümmern), nur die Rousseff und ihre Leute meckern am „Verfahren“ herum, so die Tendenzberichterstattung der ARD, und es gab ja die „Bilanzfälschung“.

Bilanzfälschung? Wie oft haben ARD & Co. diese Hetzparole der korrupten Rechtspopulisten (und ihrer stramm rechts stehenden Medienkonzerne) stereotyp wiederholt, ohne zu sagen worum es wirklich geht? Also um die gängige Schönung von Staatsbilanzen, die alle Regierungen vor Rousseff auch vornahmen (die auch in Deutschland nicht unüblich sind und in den USA sowieso). Nur wollte Rousseff damit Konjunktur- und Sozialprogramme finanzieren, statt Geld zu stehlen und zu Westbanken zu transferieren wie die im Westen beliebteren Rechtspolitiker. Im Propagandakampf gegen Dilma Rousseff prasseln auf der Straße auch Parolen von Korruption auf die Präsidentin von Amerikas zweitgrößter Nation –nach den USA- nieder. Diese Lügen werden bei uns von der ARD & Co. begierig aufgegriffen, welche die Hetze im nüchtern-nasalierenden Tonfall der „öffentlich-rechlichen“ Staatssender zu Fakten umdichten: laut ihrer Rechtsgrundlage, den Medienstaatsverträgen, wären sie zu einer ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet (die hier aber nicht in die Linie der Westmächte und –oligarchen zu Brasilien passt: Man will so schnell wie möglich wieder eine prowestliche Rechtsregierung).

Beim ARD-Konsumenten sollte wohl hängen bleiben: „Rousseff ist wegen Korruption in Schwierigkeiten“. Tatsache ist aber, dass die Regierung Rousseff auch wiedergewählt wurde, gerade weil sie erfolgreich gegen Korruption vorgegangen ist. Aktuell musste etwa Brasiliens größtes Bauunternehmen, Odebrecht, seine Parteienfinanzierung offenlegen. Beim Bauboom der Fußball-WM 2014 gab es genug Korruption und alle warteten gespannt auf diese Zahlen: Auf der Liste von über 300 „bespendeten“ Politikern stand alles, was in Brasilia Rang und Namen hat –nur Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei nicht (und auch ihr Vorgänger nicht, der Links-Präsident Lula).

Warum stützen ARD & Co. Putschisten?

Wie in der Ukraine stellen ARD, Bertelsmann & Co. sich in Brasilia schützend vor einen Putsch gegen ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt, das den Westmachhabern im Weg ist. In Kiew waren es faschistische Horden und –vermutlich von West-Söldnerfirmen ausgebildete- Paramilitärs. Die durften unter dem Propaganda-Schirm des fröhlich-grünen „Euromaidan“ ihre Massenmorde begehen, das Parlament stürmen und Obamas Liebling Jazenjuk installieren. In Brasilia ist es eine rechte Mehrheit im Parlament selbst, die den Putsch plant: Das Präsidialsystem erlaubt es dem Parlament nicht, eine Präsidentin abzusetzen, doch die Putschisten wollen die Rechtslage offensichtlich ignorieren. Schützenhilfe geben ihnen die Westmedien wie ARD und DLF, die tendenziöse Berichte beisteuern. Warum? Die linke Politik der Arbeiterpartei (die immer auf Koalitionen mit diversen konservativen, neoliberalen und rechtspopulistischen Parteien wie jener der Putschisten angewiesen war) war den Westoligarchen immer ein Dorn im Auge. Das große Land litt immer unter der Knute der Westkonzerne vor allem der USA, die dort die Korruption förderten, um Land und Leute ungestört ausbeuten zu können, schrieb nach dem Sieg von Dilma Rousseffs Parteifreund Lula der UNO-Beauftragte für Armuts- und Hungerbekämpfung Jean Ziegler (der Schweizer Bankenkritiker):

BrasiliaFressen

Es ist angerichtet. Prowestliche Putschisten servieren Brasilien wieder den Westoligarchen und ihren Konzernen.

„In Brasilien ist eine großartige demokratische, antikapitalistische und friedliche Revolution im Gange. Von ihrem Ausgang hängt nicht nur das Schicksal von 180 Millionen Menschen ab, sondern das eines ganzen Kontinents… Wie die meisten Nationen Lateinamerikas leidet auch Brasilien darunter, dass die transkontinentalen Privatgesellschaften das Land mehr und mehr in Beschlag nehmen… Diese Revolution wird in Europa praktisch nicht wahrgenommen. Ihr Ausgang ist ungewiss.“ Jean Ziegler, Das Imperium der Schande, München 2005, S.169

Klar, dass so etwas unsere Medien nie weitermeldeten. USA und CIA dagegen setzten im Auftrag der transkontinentalen Privatgesellschaften (sprich: der Westoligarchen und ihrer Konzerne) alles daran, die Revolution zu stoppen und umzukehren und infiltrierten und korrumpierten dafür munter weiter: Die Panama-Papers enthüllten diverse weitere Korruption der aktuellen Dilma-Gegner, doch Brasiliens große Medien schweigen dazu, denn sie stehen stramm rechts, sind sogar wie der reaktionäre „Globo“-Konzern (Liebling der Folterdiktatur in Brasilia 1964-84) selbst in Korruption verwickelt. Globo-TV hetzte am heftigsten gegen die Arbeiterpartei und Dilma Rousseff. „Unter der brasilianischen Militärdiktatur begann der Aufstieg des Globo-Imperiums, heute Brasiliens führender Anbieter bei TV-Angeboten und im Printmarkt zweitgrößter Herausgeber von Büchern und Magazinen“ (ein brasilianischer Bertelsmann also). Globo TV ist mit einer Reichweite von 99,99 % der größte Sender Brasiliens mit gut 5 Milliarden Dollar Umsatz, laut mediadatenbank.

Medien und Justiz des Landes mühen sich unredlich, Rousseffs Arbeiterpartei den Ruf der Korruption anzuhängen. Doch die Fakten sprechen gegen ihre Linie und die Reformen der Justiz seit der Linkspräsident Lula da Silva 2002 Brasilien regierte zeigen wenigstens einige Wirkungen: Richter wagen auch, die Machtelite zu belangen, etwa den Rousseff-Gegner Eduardo Cunha mit seinen fünf Millionen in der Schweiz.

Rousseff verlor Rückhalt der Linken

Dilma Rousseff hat in der NSA-Affäre Obama die Stirn geboten. Sie hat Solidarität geübt auch mit entschiedeneren Linksregierungen von Venezuela und Bolivien. Deshalb wird sie von Washington gehasst und die EU-Europäer erweisen sich auch hier als treue Vasallen Obamas. Doch sie hat auch politische Kompromisse mit Rechten und Neoliberalen machen müssen, hat das National-Spektakel der Fußball-WM finanziert, obwohl viele soziale Probleme des Landes weiterhin brennen. Das brachte große Proteste von links. Obamas Lateinamerika-Feldzug bedient sich reihenweise solcher Fehler, die Linksregierungen machen, stachelt Proteste dagegen an, unterwandert sie in CIA-Manier mit nationalistisch-faschistischen Gruppen und finanziert Rechtspopulisten die Wahlkämpfe. Auch in Brasilien schart sich heute wieder eine Rechtsextreme um ihren Führer Jair Bolsonaro –dessen Finanzierung mit CIA-Dollars freilich noch nicht nachgewiesen ist.

Wer diese Praxis der USA, Außenpolitik durch geheimdienstliche Destabilisierung und Zersetzung zu betreiben, immer noch reflexartig als „Verschwörungstheorie“ abtut, steht heute wie ein Idiot da: Washington leugnet seine BrasiliaMapInterventionen kaum noch und brüstet sich inzwischen sogar mit derartigen Schmutzkampagnen, so sicher ist man sich der Medienmanipulation der West-Öffentlichkeiten: Der „Regimewechsel“ in der Ukraine habe 4 Milliarden Dollar gekostet, tönte Obamas Frau in Kiew, Miss Victoria „Fuck-EU“ Nuland. Die Liste der „Erfolge“ betrifft auch Lateinamerika: In Honduras wurde 2009 Manuel Zelaya gestürzt (mit tatkräftiger Hilfe der deutschen FDP-Parteistiftung F.Naumann), in Paraguay 2011 Fernando Lugo; in Venezuela wurden die Chavisten in die Minderheit getrieben und nun ist Brasilien an der Reihe. Anders als Maduro in Caracas, der mit massiven Terrorkampagnen konfrontiert war, setzte Brasilia auf einen flexibleren, zurückweichenden Kurs.

Obama lässt Temer zum Angriff blasen

Rousseff hatte im Januar 2015 sogar einen Banker als Finanzminister eingesetzt, dessen neoliberale Finanzpolitik Finanzkonzerne freute, der aber nicht im Traum daran dachte, soziale Programme effektiver zu finanzieren. So verlor sie weiter an Rückhalt auf der Linken, ohne bei der bürgerlichen Rechten Sympathien zu gewinnen. Doch jetzt, wo ein Rechtsputsch droht, rückt das Volk wieder näher zusammen –gegen die wohlfinanzierten Anti-Dilma-Kampagnen. US-Marionette Temer gibt ihnen Recht: Als eine der ersten Amtshandlungen entlässt seine Putschisten-Regierung 4.000 Staatsbedienstete.

Widerstand ist jetzt nötig, denn Brasilien ist enorm wichtig für die lateinamerikanische Welt, nicht nur weil es inzwischen über 200 Millionen Einwohner und ein BIP von drei Billionen Dollar hat, also mehr als die EU-Großmächte Frankreich, England, Italien. Auch weil es ein Beispiel war für eine zwar nicht radikale, aber dafür friedliche, auf Ausgleich bedachte soziale Politik. Diesen Frieden hat die Rechte jetzt auf mutmaßliches Geheiß Obamas aufgekündigt und bläst zum Angriff auf Alte, Kranke, Arme, Kinder und die arbeitende Bevölkerung allgemein: Der Neoliberalismus wird seine Opfer fordern. Argentinen, wo Obama seine neueste neoliberale Marionette mit legalen Mitteln an die Macht brachte, ist abschreckendes Beispiel für das, was Brasilien jetzt drohen könnte: Weitere Massenentlassungen, verschärfte Ausbeutung, Freudenfeste für Westoligarchen von Coca Cola & Co.