Wikileaks-Spielfilm: Bertelsmann hetzt weiter gegen Assange

Gerd R. Rueger 03.02.2013  Assange_(Norway,_March_2010)

Immer noch oder schon wieder? Trotz der unzähligen Klagen, die Julian Assange gegen den brutalen Shitstorm der Mainstream-Medien Journaille führen musste, geht die Sex-Lügen-Kampagne gegen Wikileaks weiter. Jüngst kommt jetzt wieder der STERN von Bertelsmann mit der hetzterischen Verleumdung vom „mutmaßlichen Sexualverbrecher“ Assange. Diese publizistische Politik folgt dem ambivalenten Umgang mit Wikileaks, den auch der SPIEGEL betrieb, auch eine Illustrierte des berüchtigten Medienkonzerns aus Gütersloh.

Heimtückisch im Feuilleton wird dem unbedarften Medienkonsumenten die intrigante Propagandalüge untergeschoben: In einem Bericht über den anstehenden ersten Assange-Spielfilm TheFifth State, den Julian Assange selbst schon nach Blick ins Drehbuch als Propaganda-Attacke bezeichnete. Er wird wissen warum. Und etwas anderes ist aus der Mainstream-Filmindustrie auch nicht zu erwarten.

Der Propagandastreifen protzt mit  „Sherlock Holmes“-Darsteller Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle als Wikileaks-Gründer und dem deutschen Star Daniel Brühl als Chaos-Computer-Club-Hacker Daniel Domscheit-Berg (ein Kraut spielt den Kraut, alte Hollywood-Tradition, vor allem wenn Schurkenrollen zu vergeben sind). Klar, dass die Medienmafia sich diese Gelegenheit nicht entgehen lässt, weiter gegen Assange zu hetzen, hier STERN-Schreiberin Sophie Albers im Dienste von Medientycoonin Liz Mohn:

„Julian Assange ist vieles: Gründer der umstrittenen Enthüllungsplattform Wikileaks, gefeierter Hacker, gesuchter Staatsfeind, Popstar, mutmaßlicher Sexualverbrecher, Internet-Held – und nun auch Filmstar. Es ist ein kleines Wettrennen entstanden um die popkulturelle Auswertung des Australiers, der seit dem 19. Juni 2012 politisches Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London genießt.“

Die zynische Schreibe begnügt sich nicht mit dem Wiederholen der nachweislich falschen Hetzparole vom „Sexualverbrecher“, sie setzt noch einen drauf mit der Formulierung, dass Assange sein Asyl in der Botschaft „genießt“ -tatsächlich leidet er unter gesundheitlichen Problemen durch die lange erzwungene de fakto Inhaftierung. Ob scham- oder ahnungslos, hier wird wieder einmal alles geleugnet, was an Aufklärungsarbeit über die Sex-Intrige um Assange und die beiden Schwedinnen im Internet geleistet wurde, gerade hier bei Jasimrevolution. Journalisten als Lynchmob gegen Kritiker der Finanz- und Medienmafia sind nichts Neues und besonders heimtückisch wirkt solche Propaganda, wenn sie, wie hier von Sophie Albers, in sich dumm stellender Beiläufigkeit eingeflochten wird. Der Kinofilm wird ein weiterer Propagandaschlag gegen Assange, wie schon die Guardian-nahe Lügen-Doku „Wikileaks -Geheimnisse und Lügen“.

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Der Niedergang des Journalismus lässt sich am Fall Assange lupenrein mitverfolgen. Kritische und intellektuelle Ansprüche werden gegen eine rückgratlose Hofberichterstattung ausgetauscht. Wer schreiben will muss anscheinend heute lügen -im Sinne der ökonomisch herrschenden Machteliten. Die Kunst bleibt von soviel Kriechertum nicht verschont: Die Assange-freundliche Theaterversion der Wikileaks-Story „Assassinate Assange“ wurde vom Mainstream-Feuilleton dagegen mit Hohn bespuckt und in ihrer künstlerischen Qualität unfair heruntergemacht.

Ungarn: Kulturkampf und EU-Kompromisse

Gerd R. Rueger 02.02.2013

Die Zensur der staatlich finanzierten Hochkultur Ungarns macht derzeit Schlagzeilen im deutschen Feuilleton. Orban wolle dumpf-nationalistische Töne durchsetzen, seine Regierung habe wohl ein Problem damit, dass Künstler sich zu ihrer Homosexualität bekennen usw.  ABER: Die Integration des Rechtspopulisten in die Brüsseler EU-Plutokratie kommt voran. Doch im Parlament wird von rechtsextremen Jobbiks, einer Abspaltung von Orbans Fidesz-Partei, offen Antisemitismus proklamiert und gegen Roma hetzt man ebenfalls weiterhin in Budapester Medien.

Orban und Barroso

„Es war ein sehr gutes Treffen!”, sagte Minister­prä­sident Viktor Orbán, nachdem er am Mittwoch dieser Woche bei  EU-Kommis­si­ons­präsident José Manuel Barroso  in Brüssel vorstellig wurde. Nach seinem Gespräch mit Orbán erklärte Barroso bei einer gemeinsamen Presse­konferenz, er habe versucht, den ungarischen Regierungschef davon zu überzeugen, dass ein Beitritt zur entstehenden EU-Bankenunion nötig sei.

Orban und EZB-Chef Trichet

Nach seinem Vortrag im Brüsseler Think-Tank „Bruegel-Institut“, sagte Orbán, dass er den Namen des neuen ungarischen Notenbank­prä­si­denten dem ungarischen Staatsoberhaupt János Áder erst einen Tag vor Ablauf der Frist vorschlagen werde, berichtete die Budapester Zeitung. Der Premier habe betont, dass er der Unabhängigkeit der Notenbank verpflichtet sei, es sei aber auch sinnvoll zu überprüfen, wie in anderen Ländern die Zusammenarbeit zwischen Noten­bank und Regierung funktioniere. Ob etwa das in den USA bewährte System, wo die Nationalbank (Federal Reserve) aktiv helfe, die wirtschaftlichen Ziele der Regierung zu erreichen, nicht besser sei als die EZB in Europa. Orbán habe gesagt, dass sich die Frage ganz Europa stellen müsse: Ist denn nun die absolute Unabhängigkeit der Notenbank der richtige Weg oder das amerikanische System? Leider fragt  Budapester Zeitung nicht, ob Orban bewusst ist, wer bei der Fed in den USA das Sagen hat: Goldman Sachs, J.P.Morgan und andere Großbanken -denen gehört die privatisierte US-Notenbank. Doch was ist mit den europäischen Vorbehalten gegen Orban geschehen?

EU-Justizkommissarin Reding bemängelte 2012, dass Orban das Renteneintrittsalter für Richter, Staatsanwälte und Notare in Ungarn von 70 auf 62 Jahre abgesenkt hat. Reding sieht darin eine unzulässige Altersdiskriminierung und kritisiert, dass im Jahr 2012 alleine schon 236 Richter früher in Pension gehen müssen, also zehn Prozent der ungarischen Richterschaft. Dies weckte den Verdacht, dass die Justiz damit politisch “gesäubert” werden sollte –von Orban-Kritikern nämlich. Die EU-Kommissarin beantragte ein Eilverfahren beim EU-Gerichtshof und forderte Ungarn auf, das strittige Gesetz bis zum Urteil nicht in Kraft zu setzen -und gewann gegen Orban. Die EU-Kommission betonte damals, dass Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn bestehen. Brüssel behält sich hier die Eröffnung eines weiteren Vertragsverletzungsverfahrens vor, weil fragwürdig scheint, dass Orbans neuer Präsident des von den Rechtspopulisten installierten neuen Justizamtes den Gerichten Fälle zuweisen darf; ferner darf er Richter ohne deren Zustimmung versetzen, sollten sie nicht wie von Orban geplant funktionieren. Ein Rechtsstaat sieht anders aus. Am rechten Rand der Medien war seinerzeit schon ein Aufatmen zu vernehmen, denn am wichtigsten nimmt man dort das Geld. Und Orbans Notenbankgesetz fand nach zähen Verhandlungen doch die Gnade Brüssels -die EZB hatte nur Einwände gegen eine Gehaltskürzung des Notenbankgouverneurs. Jetzt herrscht an dieser Front eitel Sonnenschein. Für die Menschen in Ungarn sind das keine guten Nachrichten.

Schon nach den umstrittenen Mediengesetzen sahen viele ein Horrorszenario für Europa, wenn es Viktor Orban langfristig gelänge, in Budapest eine Mediendiktatur zu installieren – nach Vorbild Berlusconis, nur schlimmer. Sie zeichnet sich bereits ab, und das auch noch ohne große Scheu vor Anleihen bei neofaschistischen Bewegungen. Vorbereitet wurde Orbans Machtübernahme auch durch militante Rechtsextreme, Skinheads und die schwarz uniformierte “Ungarische Garde” im Stil von Ferenc Szálasis Pfeilkreuzlern. In Straßenschlachten mit der Polizei übte sich das neoliberale Gegenmodell zum Sozialstaat für den individualisierten, eigenverantwortlich geführten Krieg des Homo Ökonomikus.

Vorbereitet wurde Orbans Ungarn durch die “postkommunistischen” Sozialisten der MSZE in Budapest, die der Rechtspopulist beerben konnte. Die Donausozialisten standen in der Tradition des New Labour von Blair und Schröder – quasi nach Balkan-Art aber letztlich nicht so unterschiedlich. Die hemmungslose Bereicherung einer Machtelite, die Sozialabbau und Lohndumping mit hoher PR-Kompetenz als “Notwendigkeit im scharfen Wind des internationalen Wettbewerbs” verkauft (vergleiche Agenda2010). Der Clou dabei: Weil die verantwortlichen Akteure angeblich Sozialdemokraten oder Sozialisten sind, kann man den Zorn über die Sparprogramme auf den “Sozialismus”, sprich den Sozialstaat umlenken. Am Ende greifen die solcher Medien-Bearbeitung ausgesetzten Menschen auf überkommenen Nationalismus zurück, fallen auf Hetze gegen Minderheiten herein – in Ungarn vor allem die Roma – und rufen nach einer starken, wenn nicht autokratischen Führungspersönlichkeit.

Hier kann keine Entwarnung gegeben werden. Ein jüngst in der Tageszeitung Magyar Hírlap erschienene Meinungsartikel des Publizisten Zsolt Bayer etwa hat die „Zigeunerfrage” wieder auf die rassistische Agenda gesetzt. In seinem skandalösen Kommentar hat Bayer Roma und Sinti grob denunziert: „Diese Zigeuner sind Tiere, und sie verhalten sich auch wie Tiere”. In Bayers Text sollte offenbar auch der Eindruck erweckt werden, dass ein Großteil der Roma Verbrecher sei -ein übliches Vorurteil, das nicht auf Ungarn beschränkt ist.

Der Rechtspopulist Orban profilierte sich gegenüber der MSZE als angebliches Bollwerk gegen den “wilden Kapitalismus” und überschlug sich mit sozialen Versprechungen, etwa einer 14. Monatsrente. Er spielte aber auch die nationale und die rassistische Karte gegen eine prekarisierte Roma-Minderheit und mit der erwähnten Einführung einer Auslands-Ungarn-Staatsbürgerschaft, die vor allem in der Slowakei Besorgnis auslöste. Seine Fidesz schluckte neben den Christdemokraten auch die rechtsextreme MIEP, die Orbans erste Regierung schon 1998-2002 im Parlament toleriert hatte.

Rechtsextremer Ableger des Fidesz wurde die 2004 von Studenten gegründete Jobbik-Bewegung, die sich auch aus der MIEP speiste. Nach den Budapester Unruhen 2006 gründete Jobbik 2007 die militante “Ungarische Garde”, die 2009 verboten wurde. Jobbik-Chef Vona legte trotz Verbots (auch gerade des Tragens der schwarzen Uniform wegen) am 14.5.2010 seinen Eid vor dem Parlament in der Uniformweste der Ungarischen Garde ab, die der Tracht der Pfeilkreuzler-Faschisten des mit Hitler verbündeten Horthy-Regimes nachempfunden ist. In dieser schwarzen Uniform marschierten die Neofaschisten bis zum Verbot auch durch Roma-Dörfer, um die ins Abseits gedrängte Minderheit zu terrorisieren und zu verhöhnen. Vom neoliberalen Marktglauben über heuchlerische Pseudo-Sozialisten bzw. -Sozialdemokraten führt so ein direkter Weg zu neorassistischen und neofaschistischen Bewegungen. Das wäre ein Horrorszenario für ganz Europa: Ungarn unter Orban als neorassistisches Modell für ganz Europa -als Plan B des Neoliberalismus, falls Demokratie nicht mehr im Sinne der Finanzeliten funktioniert. Also falls die plutokratisch-korrupten Politiker abgewählt würden, die heute Finanzmafia-Interessen gegen ihre von korrupten Medien getäuschten Wähler durchsetzen.

Island-USA-Leak: FBI-Querelen um Wikileaks

Gerd R. Rueger 02.02.2013 150px-Coat_of_arms_of_Iceland.svg

WikiLeaks Sprecher Hrafnsson enthüllte: Im August 2011, auf einem Höhepunkt der Jagd auf Assange, wurden FBI-Agenten vom Innenminister einbestellt und des Landes verwiesen. Die untypischerweise außerhalb der USA tätigen FBI-Spione (sonst ist das Sache der CIA) ermittelten in Island ohne Erlaubnis der dortigen Behörden gegen Assange und Wikileaks. Der diplomatische Scherbenhaufen, den Hilary Clinton in Sachen Wikileaks angerichtet hatte, war größer als man bislang annehmen konnte. Island hatte seine Banken nach Wikileaks-Infos enteignet, nicht die Bürger -was Goldman u.a. wütend machte. Der Weg Islands aus der Bankenkrise ohne Geldregen für Finanzverbrecher  auf Kosten der Bevölkerung war, wie jüngst bestätigt wurde, sogar nach EU-Recht nicht illegal.

Der Fall aus dem August 2011 wurde den Isländern erst am letzten Mittwoch durch den Fernsehsender RUV zur Kenntnis gebracht. Ein angebliches Privatflugzeug hatte FBI-Agenten aus den USA eingeflogen, die gegen Assange ermitteln sollten. Nachdem die illegalen Spione den Leiter der isländischen Polizeibehörde kontaktiert und frech-forsch Zugang zu  Informationen über Wikileaks verlangt hatten, wurde der Innenminister des Landes informiert. Ungehalten lud er die FBI-Spione vor und wies den Außenminister an, sie in die USA auszuweisen, wie Gamestar unter Berufung auf Rixstep berichtete. Außerdem protestierte Island damals auch formell gegen das Verhalten der USA -dies alles geschah jedoch insgeheim unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

400px-Iceland_relief_mapDie Story wurde durch den Isländischen Sender RUV in einem Report am 30.01.2013 von der WikiLeaks Sprecher Kristinn Hrafnsson enthüllt. Hrafnsson erklärte: The FBI arrived in private planes and landed at the Reykjavík airport. According to my sources, which are highly reliable and which I have been able to corroborate, news of the visit reached Home Secretary Ögmundur Jónasson who reacted sharply, as it was unbelievably presumptuous to come to Iceland that way. According to my sources, Jónasson demanded that the FBI agents pack their bags, get back onboard, and leave the country. The matter was then brought before the cabinet and a formal protest was issued to US authorities.‘

Die USA reagierten gereizt und machten Julian Assange bald zu ihrem Staatsfeind Nr.1. Auch in Island wurde dreist operiert: So wurden die Daten der Parlamentarierin Birgitta Jónsdóttir, die sich stark für Whistleblower-Schutz und Meinungsfreiheit einsetzt, von Twitter an die US-Behörden weitergegeben. Auch Isländer, die sich in der Nähe der US-Botschaft aufhielten, wurden überwacht und ihnen selbst wurde das Fotografieren verboten, obwohl dies in Island legal ist -d.h. die USA führten sich auf wie eine Besatzungsmacht.

Island gilt als eine wichtige Basis für Wikileaks und hatte bereits mehrere Auseinandersetzungen mit Washington wegen Assange. Wikileaks hatte den Isländern in der Finanzkrise durch Enthüllungen geholfen, die örtliche Finanzmafia zu enttarnen und insgesamt besser aus den Finanzmachenschaften heraus zu kommen. Die damalige Regierung wurde im Verlauf des Leaks und der Krise gestürzt und Island sollte zu einer Datenoase werden. Auf diesem Weg geht es voran und auch die Demokratie ist auf der skandinavischen Inselrepublik gesichert: Im letzten Oktober wurde eine neue Verfassung per Plebiszit verabschiedet.

Die USA und die in ihrer weniger demokratisch gewählten Regierung (manche sprechen von einer Zwei-Parteien-Diktatur) gut vertretene US-Finanzelite finden so etwas wenig erbaulich. Sie fürchten wohl eine politische Tiefenwirkung einer demokratisch-sozialistischen Lösung der Bankenkrise. Die Bankenpleitewelle wurde auf der nordischen Insel nicht einfach in eine Staatsschuldenkrise umgewidmet, während die zockenden Banker und ihre Hintermänner hohnlachend fetten Profit beiseite schafften. Nicht, dass Islands Banker das nicht versucht hätten. Fast wären sie auch damit davon gekommen, doch Wikileaks stellte ihnen 2008 ein Bein -in Deutschland nahezu unbeachtet.

Hätte die deutsche Journaille dieses Ereignis uns nicht fast komplett verschwiegen, wäre die Finanzkrise in ganz Europa vielleicht anders verlaufen: Zu Gunsten der Menschen, statt der Banken. Merkels Spar-Feldzug wäre nicht durchsetzbar gewesen, weder hierzulande (wo die große Sparwelle vermutlich erst noch kommt) noch im Euro-Raum, in Griechenland, Spanien, Portugal usw…

Schmierölpest in Madrid: Rajoy alimentiert von Bau-Mafia?

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Der Schmiergeld-Skandal der rechtspopulistischen PP (Partido Popular) weitet sich aus. El País liegen jetzt Beweise für langjähriges „Anfüttern“ selbst des Saubermanns Rajoy vor: 25.000 Euro jährlich sollen heimlich auf sein Konto geflossen sein. Der brutale Sparkurs gegen die Bevölkerung steht im Gegensatz zu großzügiger Selbstbereicherung der Rechtspopulisten um Rajoy -ihn selbst inbegriffen?

Der Ex-Schatzmeister der neofrankistischen PP, Luis Bárcenas, soll laut El País über Jahrzehnte führende Funktionäre aus sogenannten „Spenden“ von Baulöwen mit einem inoffiziellen zweiten Gehalt versorgt haben -man könnte auch von Schmiergeldsumpf reden. Neben PP-Finanzfunktionär Bárcenas sind auch mindestens drei der „edlen Spender“ in die „Gürtel-Affaire“ verwickelt, benannt nach dem deutschen Wort für den Namen des Baulöwen Correa („Caso Gürtel“ schreibt El País mit für Spanier ungewohntem Umlaut). Bárcenas ist seit zwei Wochen ohnehin in Erklärungsnöten, weil man 22 Millionen Euro auf einem Schweizer Bankkonto entdeckte, deren Herkunft er nicht erklären konnte. Die spanische Linke fordert schon lange seinen Rücktritt.

Rajoy selbst hat in der vorigen Woche eine „doppelte Überprüfung“ der Finanzen durch interne und externe Inspekteure angeordnet -allerdings erst, nachdem die ersten Enthüllungen in den spanischen Medien aufgetaucht waren. Vielleicht hatte er ja nicht bemerkt, dass monatlich mehr als 2.000 Euro auf seinem privaten Konto eingezahlt wurden, für die er keine Gegenleistung erbringen musste. (Wenn er aber Gegenleistungen erbrachte, habe einige Baumafia-Firmen vermutlich gute Geschäfte auf Kosten der spanischen Bevölkerung gemacht.)  Die plutokratisch-faschistoide Ideologie der PP dürfte solcher Korruption eher wohlwollend gegenüber stehen.

Franco und Nazi-Freund H.Himmler

Erst am 17. März 2005 wurde endlich die sieben Meter hohe Franco-Statue auf der Plaza de San Juan de la Cruz in Madrid entfernt -unter wütendem Protest erregter Francisten. Vertreter der damals noch oppositionellen Partido Popular des Ex-Ministerpräsidenten José María Aznar kritisierten öffentlich die Politik einer Vergangenheitsbewältigung des Franco-Faschismus. Mit der Eliminierung „historischer Symbole auf den Straßen“ seien nur „Wunden geöffnet“ worden -man stelle sich vor, mitten in Berlin oder München hätte bis 2005 eine Hitler-Statue gestanden. Die PP sind die Ewiggestrigen, aber sie haben viele katholisch geprägte Spanier auf ihrer Seite. Die Finanzkrise, im Mittelmeerraum und besonders auch in Madrid von US-Finanzokraten geschürt, wird man aber weder so noch mit staatlichen Goldanleihen oder ähnlichem Unsinn bewältigen können.

Aaron Swarts: Als „Raubkopierer“ in den Tod gehetzt

Gerd R. Rueger 28.01.2013 AaronSwartzPic

Informationen sind Macht. Aber, wie so oft, gibt es Menschen die diese Macht für sich behalten wollen. Aaron Swarts, Guerilla Open Access Manifest

Der Kampf für eine offene, demokratische Netzkultur hat einen der engagiertesten und talentiertesten Mitstreiter verloren. Die  Herrschaftseliten, die die Macht des Wissens und der Information plutokratisch für sich behalten wollen, haben ihn mit juristischem Terror in den Tod getrieben. Er starb auch für Wikileaks und Anonymous, die als Symbol für eine neue digitale Gesellschafts stehen.

Some of Swartz’s advocates believe the prosecution sought excessive punishment to set an example in the age of Wikileaks and Anonymous. Rollingstone.com

Anonymous: Gedenk-Hacken für Aaron
Nach dem Suizid des Internetaktivisten hat die Hackergruppe Anonymous mehrere Server der US-Justiz angegriffen, meldet tagesschau.de. Spätere Hacks trafen Daten von US-Bankern, die geleakt wurden -Forderung ist eine Humanisierung des US-Computerstrafrechts. Swartz drohten mehrere Jahrzehnte Gefängnis und eine Geldstrafe von einer Million Dollar. Swartz war in das Akademische Archiv JSTOR des Massachusetts Institute of Technology (MIT) eingedrungen und hatte die Daten von 4,8 Millionen Fachartikeln veröffentlicht. Nutzer hätten für den Zugang zu diesen wissenschaftlichen Arbeiten bezahlen müssen, obwohl der Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen allen offen stehen sollte -doch das reichte für die juristische Hetzjagd auf Aaron (Anklageschrift).

Aaron H. Swartz wurde am 08.11.1986 in Chicago geboren, er starb durch Suizid am 11.01.2013 in New York-Brooklyn. Aaron war ein US-amerikanischer Programmierer, Autor und Hacktivist und setzte sich für freien Zugang zu Inhalten des Internets und gegen Zensur ein.

2008 proklamierte Swartz das von ihm im Juli selben Jahres fomulierte Guerilla Open Access Manifest als Grundlage für den radikalen Flügel der Open Access Bewegung.

Aaron veröffentlichte 2009 etwa 20 Millionen Gerichtsdokumente, die er im Vorjahr aus der öffentlichen und von bestimmten Bibliotheken aus probeweise kostenlos zugänglichen Datenbank PACER (Public Access to Court Electronic Records) völlig legal heruntergeladen hatte. Swartz beabsichtigte die Erstellung eines durchsuchbaren Archivs und die Dokumente sind heute im Internet Archive zugänglich. Angeklagt wurde er wegen der Verbreitung von wissenschaftlichen Artikeln der Paywall-Datenbank JSTOR, die einen gebührenpflichtigen Online-Zugang zu den Artikeln von mehr als 1.400 Wissenschaftszeitungen anbietet. In der Anklageschrift wird lamentiert, dass JSTOR viel Zeit und Geld in die Digitalisierung der Texte investiert habe, was auch die Universitätsbibliotheken entlaste. Ein Hohn auf die meist öffentlich finanzierte Arbeit der Kreativen, deren Früchte einer Paywall-Gruppe in den Rachen geworfen werden, weil die öffentliche Hand zuwenig Geld hat, die Erkenntnisse selbst zugänglich zu machen.

Obwohl JSTORE angeblich eine gemeinnützige Institution ist, erscheint höchst fraglich, dass enorme Summen von der Öffentlichkeit für Wissen verlangt werden -es geht um Wissen, dessen Produktion sie bereits bezahlt hatte und das frei sein sollte, für alle. Das wirft auch die Frage nach Korruption auf, denn im Vergleich zu den Kosten der Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten ist deren kostenlose Verbreitung spottbillig. Das ist die Logik des Neoliberalismus, die Logik von Raffgier, Privatisierung und Korruption. Hat ein Behörden-Mufti da einen Deal mit einem Content-Mafioso gemacht?

Die Wissens-Content-Verkäufer verdienen womöglich an den Ergebnissen der mit Steuergeldern finanzierten Artikel: eine JSTOR-Jahresgebühr kann über 50.000 Dollar betragen. JSTOR ermögliche allerdings nicht, dass Artikel automatisch oder ganze Hefte oder Themenblöcke heruntergeladen werden. Man kann also nur immer einzelne Artikel kaufen, was Recherchen erschwert: Privater Profit behindert die Produktion von Wissen, an welcher Dritte auch noch parasitär profitieren. Zu der Zeit, als Swartz die Massenkopie der Wissenschaftsartikel vornahm, war er am Center for Ethics der Harvard University, dessen Direktor ist Lawrence „Creative Commons“ Lessig. Aaron soll sich dort passenderweise mit institutioneller Korruption beschäftigt haben -war er einer korruptiven Sauerei größten Ausmaßes auf die Spur gekommen?

Openeverything schreibt: „Unter dem Hashtag #pdftribute sammeln Wissenschaftler und Studierende aus aller Welt freie wissenschaftliche Publikationen in Gedenken an Aaron Swartz. Swartz war nicht nur Mitgründer von Reddit und Entwickler der RSS-Spezifikationen, sondern auch Architekt und Entwickler von OpenLibrary.org, Autor des Guerilla Open-Acces Manifests und somit aktiver Verfechter von freiem Zugang zu Bildung und Wissen. Nicht umsonst wurde er von einigen als “Informationsterrorist” gefürchtet und von anderen als “champion of the open world” gefeiert. Derweil werden die Vorwürfe gegen die Staatsanwalt und das MIT immer lauter. So geben nicht nur andere Netzaktivisten, sondern auch Swartz’ Angehörige der Staatsanwaltschaft und dem MIT eine Mitschuld an dem Suizid.“

„This was, in my opinion, part of a coordinated campaign to scare young Internet activists„, sagte Roy Singham, ThoughtWorks chairman und ein Freund von Swartz, Rollingstone.com.
Kampagnen der Content-Mafia

Mit der unerträglichen und verlogenen Hetzkampagne „Raubkopierer sind Verbrecher“ fing die Verleumdung der Netzkultur durch die Content-Mafia des Big Business der Verwerter-Industrien an. Unter Einsatz ihrer gewaltigen Medienmacht und ihrer ökonomischen Überlegenheit setzten sie eine junge neue Kultur unter Druck. Sie versuchten, ihre überkommenen, reaktionären Wertsysteme einer Gesellschaft aufzuzwingen -einziges Ziel: Profit. Die großen Medienkonzerne wollten weiterhin ungestört ihre parasitäre Zwischenhändler-Existenz zwischen Kreativen und Gesellschaft profitabel halten. Mehr noch: Die von Kreativen geschaffenen technischen Möglichkeiten der digitalen Kultur sollten ihre Macht noch verstärken, Stichwort DRM (Digital Rights Management). Einen dieser Kreativen haben sie mit ihrer unmenschlichen Politik der Raff- und Machtgier in den Tod getrieben.

Die anklagende Staatsanwältin Carmen Ortiz soll bekundet haben, wie sehr ihr der Suizid des von ihr gehetzten Hackers leid tue -es läuft eine Petitions-Initiative aus dem Web, in der schon Zigtausende ihre Entlassung fordern.

120px-HelenandJudith(1757)Einen Tag nach Aarons Festnahme stellte ein unbekannter Nutzer knapp 19.000 wissenschafts-historische Dokumente der Philosophical Transactions of the Royal Society, die bei JSTOR kostenpflichtig angeboten wurden, in The Pirate Bay ein. Damit wolle er laut Datei-Beschreibung dagegen protestieren, dass JSTOR Geld für Dokumente nimmt, die gemeinfrei sein sollten: Diese Dokumente wurden zwischen dem 17. Jahrhundert und dem frühen 20. Jahrhundert veröffentlicht.

Es wird Stehlen und Piraterie genannt, als ob das Teilen von Wissensreichtümern das moralische Äquivalent zur Plünderung eines Schiffes und zum Mord der ganzen Crew wäre. Dabei ist Teilen nicht unmoralisch – es ist eine moralische Notwendigkeit. Nur solche, von Gier geblendeten würden einem Freund eine Kopie verweigern. Natürlich sind großen Firmen vor Gier geblThe_Pirate_Bay_logo.svgendet. Die Regeln in denen sie sich bewegen erwarten dies – ihre Aktionäre würden sich mit weniger auch nicht zufrieden geben. Und die Politiker haben ihnen das abgekauft, erlassen Gesetze die ihnen die exklusive Macht geben, selbst zu entscheiden wer kopieren darf. Aaron Swarts, Guerilla Open Access Manifest

Schavan mogelt sich durch: Unser Vorbild für Studenten?

Nora Drenalin 27.Januar 2013 PlagWebsite

Schavans Düsseldorfer Universität hat das Anette_Schavan_dts_image_3716Doktortitel-Aberkennungsverfahren gegen die Bundesministerin für Wissenschaft eröffnet.

Am 22. Januar 2013 befasste sich der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät mit den Vorwürfen und folgte in seinem Beschluss der Vorlage des Promotionsausschusses, das Hauptverfahren der Aberkennung aufzunehmen: Die Abstimmung endete mit 14 Ja-Stimmen, einer Enthaltung ohne Gegenstimme. Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Bruno Bleckmann, merkte an, dass damit keine Vorentscheidung gefallen sei. Am 5. Februar 2013 wird der Fakultätsrat über den Fortgang des Verfahrens beraten -doch die Belege für mangelde Wissenschaftlichkeit liegen auf der Hand. Schavanplag schreibt:

Als Muster lässt sich erkennen, dass die Verfasserin oft vorgibt, Primärquellen zu rezipieren, während sie tatsächlich mit leichten Abwandlungen aus der Sekundärliteratur abschreibt, ohne diese zu nennen; dies gilt insbesondere für in den Sekundärtexten enthaltene Interpretationen der Primärtexte. In vielen Fällen werden dabei auch Fehler bei Zitaten oder Literaturangaben mit übernommen bzw. – seltener – korrekte Literaturangaben fehlerhaft übertragen.

Zynismus als politische Kompetenz

Da sollte man schon ein paar Zweifel an der wissenschaftlichen Kompetenz der Ministerin und mehr noch an ihrer Ehrlichkeit entwickeln: Ist das gewissenlose Abkupfern beim Erlangen akademischer Meriten über das Thema des Gewissens ein Kompetenz-Nachweis in Sachen zynischer Korruption? Ist das die Kompetenz, die Merkel an Schavan schätzt? Ihre CDU-Truppe scheint so zu denken, sie stellte Schavan neu für die Bundestagswahl auf, diesmal sogar mit 96% Zustimmung statt wie vor vier Jahren mit 56%.

Bisher jagte man weniger Schavan als jene, die Schavans Fehler öffentlich machten: Die Düsseldorfer Uni stellte am 16.Oktober 2012 Strafanzeige gegen den Whistleblower, der das Schavan-Gutachten leakte: Aber hatte die Öffentlichkeit nicht das Recht, möglichst schnell von den gravierenden Zweifeln an der Ehrlichkeit und/oder Sorgfalt der Ministerin zu erfahren? Der Vroniplag-Liebling Prof. Dannemann sprach von knapp über 10 Prozent Plagiatsseiten bei Schawan.

Gutachter für die Dissertation unserer Bildungsministerin Annette Schavan ist der Düsseldorfer Judaist Stefan Rohrbacher. Nach fünf langen Monaten hatte er endlich  eine 75 Seiten umfassenden Zusammenfassung vorgelegt, die dann geleakt wurde -sehr zum Ärger der Uni, die sogar Strafanzeige gegen unbekannt stellte.

Rohrbacher fand 60 Beanstandungen auf 351 Seiten der Dissertationsschrift ausgerechnet mit dem Titel “Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung”. Das Gewissen der Ministerin wird derzeit stark unter Anspannung stehen, stellt man sie doch zunehmend in eine Reihe mit anderen prominenten Plagiatoren wie Guttenberg und Koch-Mehrin, die auffällig häufig dem Lager der Schwarz-Gelben Koalition zu entstammen scheinen.

Ein anonymer Blogger, der sich  “Robert Schmidt” nannte, verwies  auf zwei Textpassagen in Schavans 1980 eingereichter Doktorarbeit, bei der die Formulierungen “durch die sehr spezielle Wortwahl eindeutig einer Quelle zugeordnet werden” könnten. Es war eine Quelle, die in der ganzen Arbeit nicht erwähnt worden sei. Es drehe sich dabei um die  Deutung der klassischen Thesen Sigmund Freuds über Eros, das Streben nach Lust und die Vermeidung von Unlust durch den wenig bekannten Psychologen Ernst Stadter. Schavan tritt nicht zurück, gibt ihren Titel nicht auf… manche sehen da politische Rituale der Selbstbehauptung am Wirken.

Die Moral der CDU: Plagiate toll -Raubkopie ein Verbrechen

Als heuchlerisch erscheint unsere Politprominenz vor allem deshalb, weil die Plagiatoren eine Politik der gnadenlosen Jagd auf Raubkopierer verfolgen. Vor diesem Hintergrund, den die Vroniplag-Netzbewegung genüsslich weiter auszubauen scheint, kann man nur von Heuchelei und Korruption sprechen: Denn die Politik vertritt hier die Interessen der großen Medienindustrie gegen den kleinen Mann im Netz ;-)

Soweit sie sich dafür lautstark in die Brust wirft und der “Jugend von heute” mangelndes Rechtsbewusstsein vorwirft, mus sie sich fragen lassen, warum sie nicht zuerst einmal vor ihrer eigenen Tür kehrt. Union und FDP könnten ja alle Turbo-KarrieristInnen mit Schnellstudium im Huschipfuschi-Modus (Schavan promovierte schon mit 25) zuerst die Frage nach dem Abschreiben stellen…

Woher kommt das Elend des Neoliberalismus?

Theodor Marloth 27.1.2013

Die Bezeichnung “Neoliberalismus” ist höchst problematisch >Hartz IV und das Elend des Neoliberalismus. Ursprünglich wurde der Begriff 1939 auf einer wirtschaftswissenschaftlichen Konferenz in Genf als akademische Minderheitsmeinung vorgestellt, seine Vertreter waren: W. Röpke, A. Rüstow, F. A. v. Hayek, W. Eucken u.a.

F.A.v.Hayek hat wenig zu tun mit heutigem „Neoliberalismus“

Heute ist der Neoliberalsmus ideologisches Sammelsurium von Rezepten und –ismen: Monetarism, Reagonomics, Thatcherism mit dürftigen theoretische Beziehungen zu ökonomischen Lehren, die den homo öconomicus der klassischen Ökonomen verfeinern sollen: Transaktionskostenanalyse, bounded rationality, Spieltheorie. Darüber hinaus ist der Neoliberalismus ein ideologischer Sud aus den dunkelsten Kapiteln des Liberalismus und den Interessen des >Big Business<. Er dominiert seit den 1970er-Jahren die Wirtschaftspolitik und verdrängte den Keynesianismus, der Staatsinterventionen und Sozialstaat förderte (1).

Politik wird gleichgesetzt mit Staat und Staat mit Bürokratie. Die Verwaltung der Privatwirtschaft wird als “Management” glorifiziert und legitimiert sich mit märchenhaften Gehältern, unabhängig von Leistung und Erfolg. Demokratische Legitimation von Verantwortungsträgern wird in medialen Darstellungen ausgeblendet, in der politischen Praxis aber ausgehebelt durch aggressiven Lobbyismus, Bestechung und Erpressung, z.B. mit Abbau von Arbeitsplätzen. Hat der Neoliberalismus eine ethische Basis? ”Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl” ist utilitaristische Grundforderung von Bentham. Einige Kritiker meinen allerdings, selbst dieses letzte ethische Relikt aus dem Liberalismus,  hätte der Neoliberalismus zu Gunsten der Effizienz aufgegeben –und gerade dieser Rückfall sei ”das Neue” an seiner Lehre (2).

In der Ökonomie fällt der Neoliberalismus hinter das 18.Jh. zurück, hinter Adam Smith, der schon damals die große Bedrohung der Marktfreiheit durch Monopolisten sah. Die neoliberale Ideologie berauscht sich dagegen an den gewaltigen Kapitalzusammenballungen der Multis. Fusionen globaler Trusts werden als ”Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit” gefeiert, ohne zu fragen, gegen wen dieser Wettbewerb denn noch stattfinden soll. Wettbewerb ist ideologische Floskel bzw. wird nur noch auf die Arbeitenden und die “industrielle Reservearmee” (Marx) der Arbeitslosen angewandt. Die Massenarbeitslosigkeit dient zur Erpressung der Politik und der Tarifpartner, ermöglicht als Schreckgespenst im Hintergrund harten Umgang mit den Arbeitenden, bis hin zur Verletzung ihrer Menschenrechte. Freiheit wird fast ausschließlich als Gegensatz zum staatlichen Handeln gedacht, ihre Verwirklichung praktiziert der Neoliberale vornehmlich als Deregulierung und Privatisierung staatlich organisierter Bereiche.

Bibbern vor dem Chef: Die Freiheit des Reichen

Solche Freiheit nennt man auch Gewerbefreiheit oder Freiheit des reichen Mannes, eine Forderung des 18.Jahrhunderts, die noch wenig von Problemen der Arbeitslosigkeit und Verelendung wissen wollte. In der Geschichte des Liberalismus ist somit auch dies nichts, was die Vorsilbe “Neo” verdienen würde. Das Großbürgertum im 19.Jh. reduzierte liberale Politik ebenso auf eine Geldmachtpolitik, wo immer es gegen Adel und Klerus an Macht gewann, die sie nicht mit kleingewerblichen und proletarischen Volksmassen teilen wollte. Das führte bei deren jakobinischen Vertretern zuweilen zur Abqualifizierung der liberalen Lehre als solcher: “Der Liberalismus ist die Vertretung des Besitzes in der Herrschaft; das Recht, welches er verlangt, ist die Herrschaft des Geldes.”(3) Fünf Generationen später verkündete der deutsche Bundesbankpräsident Tietmeyer, führender Neoliberaler, auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos den versammelten Spitzenpolitikern, sie alle stünden jetzt unter Kontrolle der internationalen Finanzmärkte (4).

Mit einer Verherrlichung der Gewerbefreiheit werden die sozialen Voraussetzungen der Freiheit geleugnet. Und das heißt: Gesundheitsversorgung, die soziale Grundsicherung eines menschenwürdigen Lebens auch der weniger Begüterten sowie Bildung für alle leugnen. Bilder aus US-amerikanischen Slums gleichen Bildern aus Argentinien, der Spielwiese der Chicago Boys. Die Erhebung der Gewerbefreiheit zum ersten moralischen Grundprinzip wurzelt auch im Antikommunismus des 20.Jahrhunderts.

Sozialstaat, Sozialismus und Kommunismus wurden dabei in einen Topf geworfen und mit einem übermächtigen Staat identifiziert, den es zu privatisieren und deregulieren galt. Privatisierung ist ökonomischer Antikommunismus. Außenpolitisch brachte der Neoliberalismus Ronald Reagans durch Verschuldung finanziertem, antikommunistischem Aufrüstungsfeldzug mit Pershing 2 und SDI bis an den Rand des Atomkriegs. Dadurch entstand eine gewollte sinkende Handlungsfähigkeit der Staaten.

Die zunehmend entmachteten Staaten wurden von den transnationalen Konzernen immer öfter als ”Wirtschaftsstandorte” gegeneinander ausgespielt. So wurde Deutschland “Exportweltmeister” auf Kosten sinkenden Lebensstandard zuerst anderer Völker, dann der eigenen Bevölkerung. Die Medien stiften die Deutschen dazu an, blasiert auf andere herabzuschauen, etwa die “faulen Griechen”, aber vor ihren Chefs vor Angst zu bibbern. So sinken die Reallöhne und explodieren die Profite der Reichen.

UNO rügt Menschenrechtsverletzung durch Hartz IV

Der Neoliberale sieht im Sozialstaat nicht die soziale Basis der Freiheit –wohl tut das unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz (Artikel 20 Sozialstaatsgebot). Der Neoliberale sieht im Sozialstaat die angebliche Unfreiheit des Bürgers –des “Wirtschafts-Bürgers” (5). Der Rechtsstaat ist dem Neoliberalen dabei scheißegal, auch wenn die FDP ein chronisches Abo auf das Justizministerium zu haben scheint: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards.

In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. 2011 warf der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der deutschen Bundesregierung vor, die Umsetzung des Sozialpaktes der Bevölkerung rechtswidrig zu verweigern, wie der Theologe Franz Segbers berichtet (6). Zwangsarbeit wurde in der deutschen Praxis gesehen, von Sozialleistungen abhängige Menschen mit schikanösen Mitteln zur Arbeit zu nötigen –von Rotgrün als Agenda 2010 eingeführt, von Schwarzrot und Schwarzgelb stetig verschärft. Auch die geizige Verelendung der Armen bei Verhätschelung der Reichen wurde bemängelt, insbesondere auch das Elend der Asylsuchenden in Deutschland, ein Auswuchs des heimlichen Rassismus neoliberaler Ideologie. Die deutschen Medien hatten andere Themen, die deutsche JournalistIn guckt lieber auf den Sex von Wetterfröschen, angeblich faule Griechen und lobhudelt wo sie nur kann kriecherisch die “Eliten”. Abzock-Kriminalität von Top-Managern wird verniedlicht und legalisiert, Überlebenskampf von Hartz-IV-Opfern zum greulichen „Sozialmissbrauch“ dämonisiert.

Fußnoten/Quellenangaben:

1. Vgl. Schui, H./Blankenburg, S., Neoliberalismus: Theorie Gegner Praxis, Hamburg 2002, S.7ff.

2. Vgl. Schui/Blankenburg, 2002, S.70ff.

3. Ernst Dronke 1846 in Berlin zum “Bourgeoisieliberalismus”, zit.n. Asmus, Helmut, in: Reinalter, H. (Hg.),  Lexikon zu Demokratie und Liberalismus, Frankfurt/M. 1993, Eintrag “Liberalismus, Liberale”, S.200-208, S.206 f.

4. Vgl. Lafontaine, Oskar, Politik für alle. Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft, Berlin 2006, S.56.

5. Vgl. Butterwegge, Christoph, Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen (Sozial-) Politik, in: Butterwegge/Lösch/Ptak, Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden 2007,  135-220,  S.136.

6. Segbers, Franz, Die Armut der Politik: Menschenrecht auf Nahrung und der Irrweg der Tafelbewegung, Blätter f.dt.u.int.Politik Nr.1/2013, S.80-89, S.80 f.

Assange-Asyl: Ecuador-Eintrag manipuliert bei Wikipedia?

Bolivar, Jan.2013ecuador-flag-svg1

Assange im Asyl Ecuadors: Wenn man da weiter recherchiert kommen interessante Dinge heraus -unser Bild von Correas Ecuador ist recht verzerrt, auch und GERADE BEI WIKIPEDIA! Das ist schlimm, denn für viele Netizens beginnt und endet dort ihr Wissen über die Welt.

Da wird verschwiegen, wie die Linksregierung von Ecuador wirklich in den letzten Jahren vorging, wie die USA und der IWF sie unter Druck setzten und wie die Solidarität der Staaten Südamerikas Ecuador gegen die Angriffe schützte.
Man vergleiche Wikipedia zu Ecuador mit der italienischen Quelle Politea.org:
Zitat (Auszug)

>>…Am 3. August in New York wurde Ecuador zum ersten Land in den Amerikas und dem einzigen Land in der Westlichen Welt seit 1948, das das Konzept der „immoralischen Schuld“oder die politische und technische Weigerung, eine ausländische Schuld zurückzuzahlen, anwandte, da diese Schulden durch frühere Regierungen durch Korruption, Verletzung von Verfassungsrechten und –vorgaben gemacht wurden.
Am 12. Dezember 2008 verkündete Rafael Correa, der neue Präsident Ecuadors (dessen BIP etwa 50 Milliarden Euros, oder 30 Mal weniger als jenes Italiens beträgt), im Fernsehen, dass er sich entschlossen hat, die nationale Schuld zu streichen, da er sie als illegal betrachtet, denn sie verletze die Verfassung, um so das Volk zu unterdrücken. Heute gilt in Ecuador das neue verfassungsmäßige Prinzip, dass rechtlich ist, was richtig ist für die Gemeinschaft.
Betrag der Schuld: 11 Milliarden Euros. Der IWF löschte Ecuador buchstäblich von der Liste der zivilisierten Länder. „Das Land ist isoliert“, erklärte Dominique Strauß-Kahn, der damalige IWF-Generaldirektor.
Ecuador_relief_location_mapGenau am nächsten Tag kündete Hugo Chavez an, dass Venezuela während zehn Jahren gratis Öl und Gas an Ecuador liefern werde. Vier Stunden später kündete Präsident Lula an, dass Brasilien 100 Tonnen/Tag an Korn, Reis, Soja und Früchten gratis geben werde, um die Bevölkerung zu ernähren, so lange das Land brauche, um sich zu erholen. Am Abend kündete Argentinien an, es werde 3% seiner Rindfleischproduktion gratis an Ecuador abgeben, um eine angemessene Proteinversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Am nächsten Morgen kündete Evo Morales von Bolivien die Legalisierung von Kokain für das einheimische Produzieren und Einsammeln an, dazu Gratislieferung von Cocablättern an Ecuador, zusammen mit einem zinsfreien Kredit von 5 Milliarden, rückzahlbar innert zehn Jahren in 120 Raten.
Zwei Tage später klagte Ecuador die United Fruit Company und Delmonte &amp; Associates der „Sklaverei und Verbrechen gegen die Menschheit“ an, nationalisierte die landwirtschaftliche Bananenindustrie (Ecuador ist der Welt größter Bananenexporteur) und führte eine nationale Biomarke ein. Zehn Tage später waren Bavarian Green von Schleswig-Holstein, Conad in Italien und Dänemark und Hägen Dasz bereit, auf der Basis von „fairem Handel“ mit der neuen Gesellschaft Verträge abzuschließen. Da er die Proteste der United Fruit Company zur Kenntnis nahm, verurteilte Präsident George Bush (noch im Amt bis zum 17. Januar 2009) am 20. Dezember 2008 die „verbrecherische Entscheidung“ Ecuadors und rief dazu auf, es aus der UNO auszuschließen.
Bush sagte, dass die USA sogar bereit wären für eine „militärische Option, um US-Interessen zu schützen“. Am nächsten Morgen brachte die einflussreiche New Yorker Anwaltsfirma Goldberg &amp; Goldberg vor, dass es für Ecuadors Vorgehen einen legalen Präzedenzfall gäbe. Sechs Stunden später gaben die USA auf und riefen die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Legitimität des Konzepts der „immoralischen Schuld“ in Frage zu stellen.
Die United Fruit Company hat einen Rekord in systematischer politischer Korruption; sie wurde zur Zahlung von 6 Milliarden USD verurteilt.
Interessanterweise war der Präzedenzfall mit dem 4. Januar 2003 datiert und von George Bush unterschrieben. Autsch! Dies geschah im Irak, der damals „technisch“ gesehen in amerikanischem Besitz war, da er durch die US-Truppen besetzt und die Übergangsregierung von der UNO noch nicht anerkannt war. Saddam Hussein hinterließ Schulden von 250 Milliarden Euros (40 Milliarden bei Italien, dank der von Tarek Aziz, Vize von Hussein und einem Verbündeten des vatikanischen Opus Dei abgeschlossenen Transaktionen), welche die USA unter Anwendung des Konzepts der „immoralischen Schuld“ löschten und dadurch den kürzlichen historischen Präzedenzfall schufen.
Die New Yorker Anwälte der Regierung von Ecuador boten Washington folgende Wahl: Entweder akzeptieren und schweigen, oder wenn Sie die Entscheidung Ecuadors anfechten, dann müssen Sie auch die Ihre für den Irak auflösen und das US-Schatzamt anweisen, unverzüglich die 250 Milliarden Euros auszuzahlen, einschließlich der Zinsen für vier Jahre. Obama, zwar noch nicht im Amt, aber bereits gewählt, bat Bush, das Handtuch zu werfen. Die New Yorker Anwälte wurden von der brasilianischen Regierung bezahlt.
Rafael Correa, Ecuadors gewählter Präsident, ist kein Bauer wie Morales oder ein Gewerkschafter wie Lula oder ein Armeeoffizier wie Chavez. Er stammt aus einer Oberklassefamilie und ist ein Intellektueller. Er ist Absolvent von Harvard und hat Wirtschaft und Wirtschaftsplanung studiert. Er bezeichnet sich selbst als ein „christlicher Sozialist“. Seine erste Amtshandlung war es gewesen, alle Bankkonten der Vatikanbank (IOR = Istituto per le Opere di Religione) in den Banken von Quito einzufrieren und das Geld in ein Wohlfahrtsprogramm für die wirtschaftlich Benachteiligten zu überweisen. Er stellte die gesamte politische Klasse der vorherigen Regierung vor Gericht, von denen die meisten mit durchschnittlichen Strafen von zehn Jahren ins Gefängnis geschickt wurden, konfiszierte ihren Besitz, nationalisierte ihn und verteilte ihn weite r in ökologische landwirtschaftliche Kooperativen… <<

(Zitatende)
Von all dem findet sich nichts bei Wikipedia, nicht mal die United Fruit Company, nicht mal Correas Verstaatlichungsaktionen… seltsam, oder?
Wie korrupt sind die sog. >Wikipedianer< eigentlich?  Bolivar

Anm.d.Red. Der alte Konflikt WikiLeaks versus Wikipedia geht schon auf die Namensfindung von WikiLeaks zurück, bei der sich Wikipedia kopiert fühlte. Gerade die deutsche Wikipedia steht mit Assange-feindlicher und WikiLeaks nicht allzu wohlgesonnener Haltung recht übel da. Die dt. Wikipedianer gelten international sowieso als notorische Löschtrolle, beim Thema WikiLeaks verstärkt sich das. So wurde im dt. Wikipedia-Eintrag zu Wikileaks verbissen das laut Wikileaks-Twitter einzige gute Buch zu Wikileaks immer wieder gelöscht (Assange -Die Zerstörung von Wikileaks? von Gerd R. Rueger) -und nur die Bücher großer Verlage (Bertelsmann) dem Publikum präsentiert: Spiegel-Buch, Domscheit-Berg usw. Bertelsmann kooperiert inzwischen mit dem dt. Wikipedia -keine große Überraschung.

Paris-Berlin: Elyseé, BND und die “Operation Goldhaus”

Gerd R. Rueger 27.01.2013 2_Euro_Deutschland_2013_Élysée

Diese Woche feierte die deutsch-französische Freundschaft 50 Jahre Elyseé-Verträge und das zu recht. Aber nicht ohne Heuchelei. Denn das kolonialistisch-gaullistische Frankreich und die CIA-gesteuerte Adenauer-Demokratur der BRD hatten hinter den Kulissen ihre geheimdienstlichen Rangeleien. Die BND-Operation “Goldhaus” in Tunesien war vielleicht deren spektakulärer Höhepunkt.

Schon die Elyseé-Verträge selbst zeigen die Adenauersche “Schaukel-Politik” zwischen Westeuropa und den USA –in die Präambel schrieben deutsche Parlamentarier bekanntlich die Dominanz Washingtons in der BRD-Außenpolitik fest, sehr zum Unbehagen de Gaulles. Die CIA hatten offenbar eine parlamentarische Mehrheit im westdeutschen Bundestag.

Die Angelsachsen hatten den Alt-Konservativen Adenauer nicht ohne Grund zum Häuptling von Trizonsesien (die drei Westalliierten-Zonen der BRD) bestimmt: 1. War Adenauer ein lupenreiner Anti-Kommunist, ohne allzu tief in die Nazi-Diktatur verstrickt gewesen zu sein; 2. War Adenauer ein eingefleischter Kapitalist, der Kapitalismus als angewandte Korruption verstand, hatte er doch schon als kaiserlich-kölnischer Oberbürgermeister in die Stadtkasse gegriffen, um das Geld an der Börse zu verspielen; 3. Kam er dem Deutschen-Bild der Angelsachsen bereits durch seine Physiognomie entgegen: “Die Hunnen” hatten mit Adenauer genau den mongoliden Mini-Attila an ihrer Spitze, den sie verdienten.

Adenauer machte die BRD für Washington nutzbar im Sinne einer Speerspitze gegen den Sowjet-Kommunismus, aber auch gegen ihre Rivalen in Paris und anderswo. Neben dem Aufbau der NATO war auch eine Zerschlagung des britischen und vor allem des französischen Kolonialreiches wichtig für den transatlantischen Führungsanspruch der US-Amerikaner. In der Suez-Krise standen die USA sogar an der Seite ihres Todfeindes Moskau bei der Verurteilung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Briten und Franzosen auf das souveräne Ägypten, dass sich erlaubt hatte, seinen Suez-Kanal für die eigene Wirtschaft nutzen zu wollen. Die CIA baute in Pullach aus Nazi-Restbeständen die “Organisation Gehlen” und daraus dann den BND auf, nicht zur Freude der Franzosen. Denn schon bald im Algerienkrieg (1954-62) sollte der BND von Tunis aus gegen Paris intrigieren.

Vom Saarland nach Tunesien

Der Gehlen- bzw. BND-Agent Richard Christmann gilt manchen als germanischer James Bond. Christmann unterwanderte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs den französischen Geheimdienst, sabotierte den französischen und niederländischen Widerstand und täuschte trickreich den britischen Geheimdienst. Er hatte schon im Saarland-Konflikt gegen Paris gearbeitet: Im Vorfeld der Volksabstimmung über den Verbleib des französisch besetzten späteren Bundeslandes in der BRD. Da galt es, Informationen zu sammeln, Desinformationen zu streuen und vor allem Propaganda-Material ins reiche Kohlerevier zu schmuggeln. Der BND hatte Erfolg und Deutschland blieb u.a. ein Oskar Lafontaine erhalten.

Bereits vor der offiziellen Staatsgründung der ehemaligen Kolonie Tunesien (1956) wurde Christmann von tunesischen Freunden aus seiner Pariser Zeit als Wirtschaftsberater angeheuert. Schon in seiner Zeit als zwangsrekrutierter Fremdenlegionär war der Deutsch-Franzose aus Metz in der Kolonie Tunesien stationiert gewesen. In Tunis baute der umtriebige Geschäfts- und Geheimdienstmann die deutsch-tunesische Handelskammer auf und repräsentierte  deutsche Firmen. Gleichzeitig fungierte er als Resident des BND.

1958 befahl der BND seinem Agenten Christmann in Tunis ein deutsches Spionagenest aufzubauen. Deckmantel war im Lande der dem Glücksspiel nicht abholden Tunesier eine Spielbank –daher der Name “Operation Goldhaus”. Tunesier wurden zur Schulung nach Pullach geholt, deutsche Spezialisten reisten nach Tunis. Adenauer handelte nicht nur im Auftrag der USA, auch deutsche Handelsinteressen bei den absehbar reichen Ölstaaten im arabischen Raum galt es zu wahren.

Ab 1954 hatte die algerische FLN (Front de la Liberation National) den Aufstand gegen die frz. Kolonialmacht begonnen. Anders als Tunesien und Marokko hatte Paris Algerien nicht den Status einer eigenständigen Nation zugesprochen, die etwa eine Million französische Siedler standen neun Millionen unterdrückten “Eingeborenen” gegenüber. Acht Jahre blutiger Befreiungskrieg standen dem Land bevor, in dem Franzosen auch als Folterknechte auftraten, wie Henri Alleg in seinem berühmtem autobiographischen Werk “La Question” (1958 in Frankreich verboten, erst 1960 freigegeben) beschreibt. Ein Militärputsch kolonialistischer Generäle erschütterte 1958 Paris, erst General de Gaulle konnte die Ordnung wieder herstellen. Die FLN bekam Waffen aus der BRD, mutmaßlich mit maßgeblicher Hilfe des BND.

Das BND-Personal im französischen Einflussbereich konnte auf Erfahrungen aus dem Nazi-besetzten Frankreich zurückgreifen. Nazi-Kriegsverbrecher, frisch aus französischen Gefängnissen, nutzten ihre Sprachkenntnisse als Agenten. Der Ex-General der Wehrmacht Wilhelm Farmbacher war z.B. schon 1952 in Kairo aufgetaucht, wo er für König Faruk unter anderem eine Fallschirmjäger-Truppe aufbauen sollte. Sechs Jahre später könnte Farmbacher dort in Kairo in der CIA-Residentur einem gewissen Saddam Hussein begegnet sein, der dort erste Kontakte knüpfte. Eine zukunftsträchtige Affäre, die Saddam 1979 zum US-gestützen Lieblingspräsidenten des Irak werden ließ.

Die Achse Pullach-Tunis: Kriegs- und Glücksspiele

Doch der BND schaltete und waltete weiter in Tunis, wo sich später Arafat herumtrieb und wo man sich beim entspannenden Glücksspiel nebenher auch günstig Waffen besorgen konnte. Vom “Goldhaus” in Tunis aus machte Adenauers Bonner Regierung sich insgeheim bei US-Amerikanern und Arabern beliebt und gab so manchem Nazi Gelegenheit sich an den Franzosen zu revanchieren.

Der französische Geheimdienst ließ im Gegenzug so manchen westdeutschen Waffenhändler ins Gras beißen, versenkte in Hamburg den Bremer Frachter “Atlas” (Greenpeace war nicht das erste Ziel) und meuchelte auch mal einen Vertreter der provisorischen Regierung des unbotmäßigen Algier in Bonn –als kleinen Fingerzeig direkt auf den Stufen zur tunesischen Botschaft. Der BND half den Algeriern in einer “Operation Schwalbe” mit der Unterstützung der Desertation von 50 Offizieren der französischen Armee. Pullach soll auch Terroranschläge in Frankreich durch Vorenthaltung von Geheimdienst-Informationen ermöglicht haben, die Hunderten Franzosen das Leben kosteten. Bonn und Paris gingen stillschweigend über diese blutigen Rangeleien unter ihren Diensten hinweg.

In Sachen Antikommunismus waren de Gaulle und Adenauer ja auch ein Herz und Briefm_ElyseeVertrgeine Seele, stand der General doch sogar im schrecklichen Verdacht, aus dem Londoner Exil hinterrücks französische Kommunisten an die Nazi-Besatzer von Paris verraten zu haben –um für die Zeit seiner Rückkehr Gegner aus dem Weg zu schaffen. Es waren dieselben Nazis unter denen Adenauer ein leichtes Leben führen konnte, als angeblicher “Erfinder” –so seine offizielle Biographie in deutschen Geschichtsbüchern. Es sind Schulbücher, die Adenauers Korruption und Wirtschaftskriminalität ebenso aussparen, wie sein doppeltes Spiel gegenüber Paris im Dienste der USA und der westdeutschen Export-Industrie.

Quellenverweise

Vgl. Liauzu, Claude, L’Europe et l’afrique mediterranneenne, Brüssel 1994, S.21 ff.

Vgl. Rügemer, Werner, Die Legende Adenauer: Schwarze Kassen…, in: Rügemer, Colonia Corrupta, Münster 2002, S.137 ff.

Vgl. Schmidt-Eenboom, Erich, BND: Der deutsche Geheimdienst im Nahen Osten, München 2007, S.76 ff.

Kommt die staatliche Gold-Anleihe?

Galindo Gaznate 21.1.2013 spainflag-svg150px-Flag_of_Greece.svg

Die Gold-Lobbyisten des World Gold Council (WGC) haben einen Vorschlag, wie zur Milderung der Euro-Krise in Athen, Madrid und Lissabon die Beleihung der europäischen Goldreserven genutzt werden könnte.

Die Goldreserven der Euro-Zone sollen demnach als Sicherheit für die weitere Kreditaufnahme der Staaten genutzt werden und man könne risikolos die Liquidität erhöhen. Allerdings steht beim WGC die Profitmarge der Goldindustrie weit oben auf der Agenda, weniger das Wohlergehen der Menschen.

“Ohne eine einzige Goldunze zu veräußern, könnte dieser Schritt dabei helfen, 413 Milliarden Euro zu beschaffen”, behauptet der WGC. Der World Gold Council ist eine globale Lobby-Organisation der Goldminenindustrie. Erklärtes Ziel des World Gold Council ist es, die Nachfrage nach Gold zu stimulieren und zu erhalten. Der Lobbyistenclub hat seinen Sitz in London und verfügt über Büros an sieben Standorten weltweit, die insgesamt 100 Mitarbeiter beschäftigen, ein paar davon frisieren vermutlich täglich die Wikipedia-Seiten zum WGC.

Durch Gold-Beleihung könnten die derzeitigen Wucher-Zinsen auf Staatsschulden nach WGC-Meinung kurzfristig gesenkt werden, ohne die Inflation zu erhöhen. Die Krisenländer erhielten wichtige Zeit zum “Aufatmen”, zur Einführung von Reformen und zur Wiederbelebung ihrer Wirtschaft, so das Blog Goldreporter, wo man aber bei aller Liebe zum Golde doch lieber die Sparschraube bei den Staaten festdrehen würde.

Der World Gold Council wurde im Jahr 1987 von Goldminenbetreibern gegründet und hat derzeit 20 Mitglieder, so Wikipedia. Diese Minenunternehmen stehen laut eigenen Angaben derzeit für etwa 60 % der weltweiten jährlichen Goldproduktion. Mit Stand November 2011 erwirtschafteten diese Goldminenbetreiber zusammen mehr als 80 Mrd US$ Umsatz und verfügten über eine Marktkapitalisierung von 250 Mrd US$. Der verbreiteten Kritik, dass bei der Goldgewinnung häufig große Umweltschäden auftreten, versucht der World Gold Council mit einer Initiative zur Nachhaltigkeit der Goldförderung zu begegnen -so informiert uns Wikipedia. Hierbei sollen angeblich durch Selbstverpflichtungen und Zertifizierung von Umweltmanagement Systemen die Mitgliedsunternehmen zu sauberen Förderprozessen angehalten werden und sich dem “International Cyanide Management Code“ unterwerfen. Was von solcher Selbstregulierung zu erwarten ist, sehen wir bei verseuchten Goldabbau-Wüsteneien weltweit.

Im Rahmen der Finanz- und Eurokrise konnten die Goldindustrien vermehrt Druck auf Regierungen ausüben, Schürfrechte zu verschleudern, Ökostandards zu senken und regionale Protestbewegungen niederzuknüppeln -so in Griechenland und Spanien.

Bei den Griechen laufen Umweltorganisationen dagegen schon länger Sturm. Im (noch) malerischen Skouries geht es z.B. um die Zerstörung von 26.000 Hektar Land, davon 410 Hektar Waldfläche. Die Goldlobby überzeugt hier keinen mit ihrer angeblichen Nachhaltigkeit und Selbstverpflichtung. Doch die Goldlobby ist mächtig, dominiert Medien und Politik wo sie kann.

Nun also ein Vorschlag aus dieser Ecke zur Verbreiterung der Staatsverschuldung qua Goldreserven… dem Pyramidenspiel der Finanzmafia würde eine neue Etage hinzugefügt, die Goldbarone aber hätten ein paar fette Jahre mehr eingestrichen -und die dahinter steckenden Hedgefonds wie Blackrock ebenso.