Immer Ärger in den Kolonien: Gabriel muckt gegen TTIP auf

Hannes Sies

Na also, unsere Kritik im Netz hat sich gelohnt -auf dem  Umweg über Bevölkerung, Demoskopen und Partei-PR-Typen. Merkels Wirtschaftsminister bezeichnet das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA als „de facto gescheitert“. Grund sei, dass „wir uns den amerikanischen Forderungen natürlich als Europäer nicht unterwerfen dürfen“, so  Vizekanzler Gabriel. Natürlich kein Wort zu Kämpfen von Attac gegen TTIP -und so wenig Negatives wie möglich über „unsere transatlantischen Freunde“.

Unsere Kritik im Netz hat sich auf dem mühsamen, zeitraubenden  Umweg über Meinungsänderung USAirforceder Bevölkerung, Demoskopen und Partei-PR-Typen doch gelohnt. Merkels Wirtschaftsminister Gabriel erklärte das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA für „de facto gescheitert“. Ein erster geduckter Ansatz, doch ernsthaft zu verhandeln? Grund sei, dass „wir uns den amerikanischen Forderungen natürlich als Europäer nicht unterwerfen dürfen“, so der SPD-Chef und Vizekanzler Gabriel. „Da bewegt sich nichts“, stellte er laut ARD fest. Bereits „seit einiger Zeit“ sei er, ebenso wie andere Top-Politiker der SPD, auf Distanz zu TTIP gegangen. Natürlich kein Wort zu Jahrzehnten der Kämpfe von Attac gegen TTIP und andere Globalschweinereien -und so wenig Negatives wie möglich über „unsere transatlantischen Freunde“.

Unter dem Motto „CETA und TTIP stoppen! – Für einen gerechten Welthandel!“ ruft Attac in einem TTIPdemo_BerlinOkt2015breiten Bündnis aus 26 Organisationen zu bundesweit sieben Großdemonstrationen am 17. September in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart auf, um die Ratifizierung der Abkommen im Herbst zu verhindern. Erwartet werden insgesamt weit mehr als 100.000 Menschen.

Leider bejubelt Siggi Gabriel weiterhin das ähnliche CETA, wohl weil die Kritiker sich nicht um alles gleichzeitig kümmern können und deshalb CETA momentan nicht so Präsent bei demoskopischen Planungen der SPD-Charaktermaske ist. Zu den „Streit- und Kritikpunkten am Freihandelsabkommen gehört die Frage der privaten Schiedsgerichte bei Konflikten mit ausländischen Investoren“, so die ARD, die drohende Wirtschaftsdiktatur eifrig beschönigend. Die Bundesregierung will erreichen, dass öffentlich-rechtliche Handelsgerichte zuständig sind, das lehnen die US-Amerikaner ab und wundern sich über den Ärger in ihren Kolonien… Wie meinte Daniel Lobmueh dazu?

CETA ist wie TTP und TTIP im Kern eine Verschwörung korrupter Politiker und Industriebarone, die insgeheim hinter der Parole vom „Freihandel“ versteckt, die Ausbeutung verschärfen und die Demokratie untergraben wollen. Der geheim gehaltene CETA-Text wurde geleakt und entspricht dieser Einschätzung völlig. Nachbesserungen, die als Zugeständnisse an Kritiker verkauft wurden, erweisen sich als Augenwischerei. Kern auch von CETA ist der „Schutz von Investoren“, d.h. die Dominanz des Geldes über die Menschenrechte. Wie soll die Diktatur der Konzerne nach TTIP oder CETA funktionieren?

CETA („Comprehensive Economic and Trade Agreement“ auch als „Canada-EU Trade Agreement“ gelesen), heißt das geplante europäisch-kanadische „Freihandelsabkommen“. Es wurde im Oktober 2013 von EU-Kommission und der kanadischen Regierung beschlossen, bedarf jedoch noch der Legitimation durch das EU-Parlament und den Europäischen Rat der EU, die jetzt im September erfolgen soll. Der Inhalt dieses wie vieler ähnlicher Abkommen war geheim -bis die Whistleblower kamen. Nun ist ein PDF des für Nichtjuristen leider schwer verständlichen Textes im Netz, erstaunlicherweise auch von der ARD zugänglich gemacht: CETA-Volltext (521 Seiten).

Unsere Medien vernebeln meist mehr als über diese angeblichen „Handelsabkommen“ zu informieren. Besonders der Bertelsmann-Medienkonzern bemühte sich, die drohende Knechtung von Mensch und Umwelt durch Profitinteressen anzupreisen.

Wie funktioniert die Konzerndiktatur?

CETA gilt als maßgeblich für das drohende TTIP. Die TTIP-Diktatur der Konzerne soll bekanntlich durch Sogenannte TPP_TTIPSchiedsgerichte, in Wahrheit paralegale Geheimgerichte, ausgeübt werden. Dort können Firmen imaginierte Profiteinbußen bei Völkern einklagen, die der Ausbeutung von Mensch und Umwelt Grenzen setzen wollten. Mit dem CETA-Schiedsverfahren (im verlogenen Juristen-Kauderwelsch „Investor-State Dispute Settlement“ genannt) würden die Weichen auch für gleiche Regelungen bei TTIP gestellt. Denn mit CETA könnten US- oder EU-Konzerne über kanadische Tochterfirmen EU-Staaten verklagen -schon ohne TTIP.

Dank jahrelanger mühsamer Kritik an den geheim tagenden Schiedsgerichten sieht CETA nun angeblich ein gewisses Maß an Transparenz vor (X.33: Transparency of Proceedings). Bei genauerem Hinsehen erweisen sich die sogenannten Zugeständnisse von Industrie und ihnen dienstbarer Politiker aber als reine Augenwischerei.

Der einen Staat bzw. ein Volk verklagende Konzern kann, muss aber nicht, seinen Anspruch offen vorlegen. Schiedsverfahren „sollen grundsätzlich“ öffentlich stattfinden -es sei denn, die „Richter“ schließen die Öffentlichkeit aus, um „vertrauliche oder geschützte Informationen“ zu wahren. Dies ist ein perfider Gummiparagraph, denn wo immer irgend etwas für eine Firma nicht zu ihrem Glanz und Gloria gereicht, hat sie noch stets auf ihr „Geschäftsgeheimnis“ gepocht. Vor Verhandlungsbeginn sollen angeblich „die wichtigsten Dokumente“ publiziert werden -vermutlich aus Sicht der Konzerne bzw. der von ihnen bestellten „Richter“, die in Wahrheit von der Wirtschaft bestellte Wirtschaftsanwälte aus speziellen, nur Konzerninteressen verpflichteten Wirtschaftskanzleien sind. Die ganze kriminelle Korruption, mit der in diesem mafiösen Milieu die Demokratie untergraben werden soll, wird von Konzernen in ihren Methoden und Strukturen als „Geschäftsgeheimnis“ betrachtet.

Mit seinem Schiedsspruch kann das Schiedsgericht finanzielle Entschädigungen verhängen für finanzielle Einbußen und besonders natürlich für Enteignungen. Gegen einen Schiedsspruch sind keine Einspruchsmöglichkeiten vorgesehen, wozu auch? Das ganze Prozedere spricht jeder Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit ohnehin Hohn. Schon die geheimdiplomatische Durchsetzung hat nichts mit Rechtsetzung durch legitimierende Demokratie zu tun, sondern ist verschwörerische Knechtung von Machtunterworfenen durch Plutokratie. Rechte erhalten nur die Konzerne gegen die Völker, selbst ein paar Transparenzpflichten sind nur als Kann-Bestimmungen vorgesehen. Soll-Bestimmungen treffen dagegen die geknechteten Menschen, denen zum Nutzen der Profite das letzte Hemd geraubt werden soll.

Konzernknechtschaft: An armen Ländern erprobt

Wie ausländische Investoren gegen Gesetze und staatliche Maßnahmen klagen können, wird detailliert in „Section 6: DollarPyramidInvestor-State Dispute Settlement“ beschrieben. Solche Investorenklagen nach internationalem Recht sind nichts völlig Neues: Die UNO-Handelsorganisation Unctad listete Ende 2012 genau 514 Klagen auf, meist von Konzernen aus den USA, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland. Aber da die Konzernklagen bislang meist arme Länder des Südens knechten, wäre diese diktatorische „Paralleljustiz“ für den transatlantischen Handel neu –jetzt wären auch die Völker Kanadas und der EU betroffen. Von ihren Politikern an die Geldelite verraten, wären sie einer weiteren neoliberalen Entdemokratisierung ihrer Gemeinwesen ausgesetzt.

Gegen diese Schiedsgerichtsverfahren hatte erstaunlicherweise Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am 26. März 2014 bei EU-Handelskommissar Karel de Gucht protestiert, es „liegt beim Investitionsschutz ein sensibler Kernpunkt, der am Ende über die Zustimmung Deutschlands zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen entscheiden kann“. Schiedsgerichtsverfahren unter „zivilisierten Ländern“ seien „unnötig“ -nicht aber prinzipiell abzulehnen, meint Gabriel. Die vorliegende Version des CETA-Abkommens wurde am 1. August 2014 hastig erstellt und am 5. August den 28 EU-Regierungen und der kanadischen Regierungen für Einsprüche übermittelt. Das Abkommen soll schon am 25. September 2014 vom kanadischen Premierminister Stephen Harper und EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso während eines EU-Kanada-Gipfels in Ottawa offiziell vorgestellt werden, so telepolis. Zu Protesten dagegen wird freundlich geraten.

Das TTIP des Pazifikraumes heißt TTP (Trans-Pacific Partnership)

Schon 2009 wurde ein Kapitel des geheimen TTP-Abkommens auf Wikileaks veröffentlicht, in dem es um den Schutz geistigen Eigentums geht -es erwies sich als Doppelgänger von ACTA („Anti-Counterfeiting Trade Agreement“), das im Juli 2012 nach großen Protesten der Netzkultur vom Europäischen Parlament abgelehnt wurde.

Proteste gab es auch gegen TTIP -wird CETA übersehen…?

Island: Piraten-Partei protestiert gegen Zensur von The Pirate Bay

Gerd R. Rueger icelandflag

Die isländischen Internet Service Provider blockieren die Torrent-Plattform The Pirate Bay. Das haben Netz-Dienstleister mit Vertretern der Unterhaltungsindustrie ausgeschachert –unter Protest der isländischen Piratenpartei die in Umfragen wieder bei 30% liegt. Andere Länder setzen ihre Hexenjagd auf die Sharing-Netzkultur fort, in den USA wurde ein junges Computergenie dabei zu Tode gehetzt.

Die isländischen Internet Service Provider blockieren seit dem Wochenende den Besuch der Torrent-Plattform The Pirate Bay. Darauf haben sich die Dienstleister mit Vertretern der Unterhaltungsindustrie geeinigt –unter Protest der isländischen Piratenpartei die in Umfragen wieder bei 30% liegt. Praktisch nicht so schlimm, vergiftet aber das netzpolitische Klima in einem Land, das einmal Datenoase werden wollte (nachdem Wikileaks es vor der totalen Abzocke durch Bankster bewahrt hatte und man einige Zeit lang ein Herz für Hacker zeigte).

„Die Blockade an sich ist letztlich nichts anderes als eine Unannehmlichkeit, die mit etwas Googlen und dem Einrichten eines VPN leicht ausgehebelt werden kann. Wesentlich ernster ist die Tatsache, dass Rechteinhaber das Justizsystem umgehen können, um ihre Zensurmaßnahmen bei den Providern durchzusetzen“ Ásta Helgadóttir, für die Piratenpartei in Islands Parlament.

Als Erzrivale der Content-Industrie, wurde die Torrent-Suchmaschine The Pirate Bay in den letzten Jahren zur meist zensierten Webseite des Internets, so torrentfreak. Die Gerichte Dutzender Staaten schrieben den nationalen Internet Service Providern vor, das Portal zu zensieren. Die de facto Zensur von The Pirate Bay erfolgte in Island, dem Land, das Wikileaks eine erste Basis lieferte, aber nicht auf staatliche Weisung.

Islands Internet-Provider haben sich in geheimen Verhandlungen mit den Vertretern der Content-Industrie auf The_Pirate_Bay_logo.svganwaltlichen Druck „freiwillig“ geeinigt. Sie müssen die Suchmaschine für das BitTorrent-Netzwerk landesweit blockieren, wovon auch das isländische Sharing-Portal deildu.net betroffen ist. Anlass der zivilrechtlichen Einigung war eine drohende Klage der nationalen Lobbygruppe der Unterhaltungsindustrie STEF, die eine Zensur der unliebsamen Inhalte schon 2014 gerichtlich erzwingen wollte. Der in den USA von der Justiz zu Tode gehetzte Hacker Aaron Swarts sagte dazu:

Es wird Stehlen und Piraterie genannt, als ob das Teilen von Wissensreichtümern das moralische Äquivalent zur Plünderung eines Schiffes und zum Mord der ganzen Crew wäre. Dabei ist Teilen nicht unmoralisch – es ist eine moralische Notwendigkeit. Nur solche, von Gier geblendeten würden einem Freund eine Kopie verweigern. Natürlich sind großen Firmen vor Gier geblendet. Die Regeln in denen sie sich bewegen erwarten dies – ihre Aktionäre würden sich mit weniger auch nicht zufrieden geben. Und die Politiker haben ihnen das abgekauft, erlassen Gesetze die ihnen die exklusive Macht geben, selbst zu entscheiden wer kopieren darf.

 Aaron Swarts, Guerilla Open Access Manifest

Josh Greenberg: Mysteriöser Tod eines Musik-Hackers

Gerd R. Rueger Grooveshark

Musikfirmen zählen im Netzjargon zur übelsten „Contentmafia“. Wenn der Begriff Mafia ernst genommen wird, stimmt der unerklärte Tod eines jungen Hackers nachdenklich: Josh Greenberg gehörte mit seiner Streaming-Plattform Grooveshark zu den erfolgreichsten Widersachern der Contentmafia. Er wurde letzte Woche leblos in seiner Wohnung aufgefunden -Todesursache unbekannt. Erst im Mai musste das vielversprechende Nachwuchstalent eine gerichtliche Niederlage gegen ein Musikkonsortium von Sony, Universal und Warner hinnehmen. Greenberg wurde gezwungen seine Website schließen, alle Vermögenswerte den Klägern zu übergeben und sich für „Verletzungen des Urheberrechts“ zu entschuldigen. Doch Grooveshark machte weiter -im Netzuntergrund- und zog sich den Hass der Medienbonzen zu. Von Josh Greenberg wären vermutlich noch viele neue Ideen zur Entmachtung des Big Business zu erwarten gewesen.

josh

Joshua Greenberg, Founder of Grooveshark, died age 28

Der erst 28-jährige IT-Experte und Grooveshark-Gründer Josh Greenberg wurde vor einer Woche leblos in einer Wohnung in Gainesville (Florida, USA) aufgefunden, wo er mit seiner Freundin lebte. Die Polizei konnte weder Indizien für ein Fremdverschulden, noch für einen Selbstmord feststellen. Greenbergs Mutter Lori sagte aus, ihr Sohn sei kerngesund gewesen. Die Musikplattform des jungen Hackers, der sogar die Ausmerksamkeit von Wirtschaftsblättern wie Springers Welt weckte, wurde nach einem langwierigen Gerichtsverfahren erst zum 1.Mai 2015 geschlossen.

Doch die Contentmafia bekam keine Ruhe: Nur wenige Tage nachdem Grooveshark seinen Dienst einstellen musste, tauchte er unter gleichem Namen, aber unter der .io-Toplevel-Domain als Musiksuchmaschine wieder auf, meldete heise. Die offenbar von einem ehemaligen Mitarbeiter geplante Aktion bewirkte prompt eine erneute Unterlassungsklage gegen den Betreiber. Die Musikkonzerne warfen dem neuen Grooveshark-Betreiber Fälscherei, Copyright-Verstöße sowie Cybersquatting vor und erwirkten die Abschaltung der neuen Adresse. Doch der neue Betreiber wollte sich dem juristischen Angriff nicht beugen: Derzeit führe er das Angebot unter den Toplevel-Domains .vc und .li fort. Man kann sich die Wut der Musik-Ausbeuter vorstellen, die dem kleinen, juristisch in den Untergrund getriebenen Piratenstreamer entgegenschlug.

Nun ist mit Joshua Greenberg das Hackergenie hinter Grooveshark tot -man kann dies kaum für Zufall halten. Gehen globale Medienkonzerne wie Bertelsmann (hier scheinbar nicht beteiligt), Sony, Warner, Universal usw. am Ende wirklich über Leichen, um ihre horrenden Profite zu sichern? In Geheimabkommen wie TTP und TTIP haben die Medienmultis ihre Forderungen gegen die Völker schon platziert und helfen dabei sie mit ihrer Medienmacht durchzudrücken –besonders der deutsche Medienriese Bertelsmann. Netz-Piraten und Kämpfer gegen das Copyright-Regime des Big Business sind den Medienfirmen verhasst wie kaum etwas, wie ihre Kampagnen und Prozessanstrengungen belegen.

Grooveshark fordert Sony & Co heraus

Vor neun Jahren hatte Josh Greenberg gemeinsam mit seinem Freund Sam Tarantino Grooveshark gegründet: CEO war Tarantino und Technikchef Greenberg . Das Streaming-Portal erlebte einen kometenhaften Aufstieg und wurde zu einem Startup mit 150 Mitarbeitern, das US-Business-Magazin Forbes wählte sie zu den besten 30 unter 30 Jahren, Bloomberg bejubelte sie als beste Nachwuchs-Unternehmer, doch sie blieben ihren Wurzeln treu und zeigten dem BigBiz weiter die Zähne. In zermürbenden Klageverfahren gelang es den Rechtsanwälten von Musik-Labels Universal Music Group, Sony Music Entertainment und Warner Music Group, Greenberg und Tarantino eine Niederlage beizubringen, so dass die Plattform Grooveshark endgültig offline gehen musste. In Deutschland hatte die GEMA sie  aus dem Netz gedrängt: Am 18. Januar 2012 stellte Grooveshark seinen Dienst in Deutschland mit dem Hinweis auf „unverhältnismäßig hohe Betriebskosten“ ein. Besuchern der Website wurde empfohlen, eine höfliche Nachricht an die GEMA zu senden, um für mehr Offenheit für neue Netzmodelle zu werben..

Grooveshark war eine Online-Community, die es Benutzern ermöglichte, Musik mit Hilfe einer Suchmaschine zu suchen, zu hören und gegebenenfalls auch neue Musik hochzuladen. Pro Monat wurden rund 50 bis 60 Millionen Songs von mehr als 400.000 Hörern abgerufen. Im April 2009 wuchs die durchschnittliche Zuhörerzahl um zwei bis drei Prozent pro Tag. Am 18. Januar 2012 stellte Grooveshark den Zugriff aus Deutschland ein, am 30. April 2015 wurde der Dienst nach einem Vergleich mit den Major-Labels vollständig eingestellt, weiß wikipedia.

Die Plattform war ein Streamingdienst, dessen Nutzer ihre eigenen Musiksammlungen hochladen konnten, so heise. Abonnenten konnten die Musik kostenlos auf verschiedene Geräte streamen und die Einnahmen des Unternehmens basierten auf Werbung, man hatte sogar Firmen wie Mercedes-Benz und Groupon als Werbekunden gewonnen. Angeboten waren ca. 15 Millionen Titel, auf die etwa 20 Millionen Nutzer zugreifen konnten. Vom deutschen Markt hatte sich Grooveshark Anfang 2012 zurückgezogen, nachdem die GEMA-Gebühren offenbar zu hohe Zahlungen verlangt hatte. Lizenzen für das Streaming hatte Grooveshark zunächst nicht, denn es berief sich auf eine Schutzklausel im US-Copyright, die Plattformbetreiber unter bestimmten Bedingungen von der Haftung für Urheberrechtsverletzungen von Nutzern freistellt. Später musste Grooveshark Lizenzverträge mit einzelnen Labels schließen, die nach Streitigkeiten über die Konditionen zum Teil aber wieder gekündigt worden waren.

Joshua Greenberg als Musik-Pirat verurteilt

Die Musikbranche zog immer wieder gegen Grooveshark vor Gericht, wo Greenberg und Tarantino zwar ein paar Teilerfolge erringen konnten, letztlich aber gegen die teuren Anwälte der Medienkonzerne verlieren musste. Ein Gericht hielt es sogar für erwiesen, dass Mitarbeiter des Unternehmens, auch Tarantino und Greenberg selbst, illegal Musiktitel hochluden, was Grooveshark für Urheberrechtsverletzungen haftbar machte.

„Grooveshark hat in tausenden Fällen das Urheberrecht verletzt. Dies hat Richter Thomas P. Griesa vom Bezirksgericht entschieden. Hintergrund ist, dass Mitarbeiter des Musicstreaming-Dienstes, darunter CEO Samuel Tarantino und CTO Joshua Greenberg, 5977 Songs grosser Plattenfirmen widerrechtlich hochgeladen und damit zum Streamen verfügbar gemacht hatten.“ NZZ 30.9.14

In einem weiteren Verfahren wurde Grooveshark ebenfalls direkt für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht, weil das Unternehmen Songs von EMI streamte, obwohl das Label seine Lizenz bereits wieder gekündigt hatte, weshalb Greenberg sich nicht auf die Copyright-Schutzklausel berufen durfte.

Die Richter hatten  in den beiden Verfahren den Schadensersatz noch nicht festgelegt, doch allein die drohende Höhe trieb das Startup in den Abgrund: Es hätten ca. 50 Millionen Dollar fällig werden können, weshalb sich Groovshark zu einem Vergleich gezwungen sah. Der bedeutete die sofortige Einstellung des Streaming-Betriebs, die Löschung aller Songs und die Übereignung des Betriebsvermögens an die Major-Labels Universal Music Group, Sony Music und Warner Music Group vor, wie der US-Branchenverband RIAA triumphierend mitteilte.

Mysteriös ist also vor allem der Todeszeitpunkt von Greenberg, nur rund drei Monate nach dem offiziellen NiedergangTPP_TTIP seiner Erfindung. Die Todesursache bleibt vermutlich noch für einige Zeit ungeklärt, denn die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen der US-Behörden in Florida sind erst in einigen Wochen zu erwarten. Medienkonzerne wie Bertelsmann und Sony trommeln derweil weiter für TTIP und bauen ihre immense Macht immer mehr aus. Dagegen stehen heute Kämpfer im Netz: Wikileaks, Snowden, The Intercept u.a.

„Das Monopol auf die Ausbeutung von geistigen Werken, Medikamenten und der Telekommunikationsinfrastruktur, das durch die geistigen Eigentumsrechte möglich gemacht wird, bildet die Basis der Profite der modernen kapitalistischen Großunternehmen. Telekommunikations-, Software-, Medien- und Pharmaunternehmen sind an der Spitze der größten Unternehmen weltweit. Das Infragestellen dieser Monopolansprüche rüttelt an den wichtigsten Pfeilern des modernen kapitalistischen Systems.“ T.Medak, Berliner Gazette

Facebook: Neue Spähattacke gegen 1,5 Milliarden Nutzer

Gerd R. Rueger Facebook_Logo

Facebook ist ein Datenschutz-Alptraum, gegen den Orwells „1984“ wie ein idyllischer Heimatfilm wirkt. Gesichtserkennung zur Identifikation steht ja praktisch schon im Firmennamen. Dazu kommt jetzt aber noch NSA-Spy-Hightech, die kein volles Gesicht mehr braucht: Haare, Kleidung, Umfeld genügen! Der Nutzer und sein Freundeskreis werden via Partyfoto, Selfie usw. ausgespäht, dass die NSA vor Neid erblassen würde, wäre sie nicht längst mit an Bord des Multi-Milliarden-Dollar-Netzwerks.

Ein neuer Foto-Algorithmus von Facebook erkennt Personen jetzt selbst dann, wenn ihr Gesicht nicht zu sehen ist, AnonGuyFaulkesmeldete gulli. Unter anderem greift Facebook auf Eigenschaften wie Kleidung und Frisur zurück und erzielte eine beachtliche Trefferquote von 83 Prozent. Anhand von Eigenschaften wie Figur, Kleidung, Körperhaltung und Frisur ist eine Identifizierung sogar möglich, wenn ein Mensch von hinten abgelichtet wurde -jeder kann betroffen sein, dessen Bild von einem Facebook-Nutzer hochgeladen wird. Anonymous-Masken werden künftig also zur Wahrung der in der deutschen Verfassung garantierten „informationellen Selbstbestimmung“ nicht mehr ausreichen: Man muss auch seinen Kleidungsstil variieren usw.

Der Leiter des Facebook-Forschungslabor, Yann LeCun erklärte laut gulli, dass man etwa Mark Zuckerberg gut daran erkennen könne, dass er immer ein graues T-Shirt trage. In einem Test mit 40.000 via Flickr auffindbaren Personenaufnahmen habe die „neue künstliche Intelligenz“ (so bejubelt man seine neue Spitzeltechnik) in 83 Prozent der Fälle eine korrekte Identifizierung erzielt. Dass Facebook damit wirbt, bald schon nahezu jede bei Facebook registrierte Person auf einem beliebigen Foto identifizieren zu können, spricht für eine zynische Missachtung der Persönlichkeitsrechte seiner Nutzer und prinzipiell vermutlich aller Menschen. Nach europäischem, speziell deutschem Recht dürfte diese Spionagetechnik als rechtswidrig, illegal und womöglich sogar kriminell zu bewerten sein. Bislang ist die neue Massen-Bespitzelungs-Technologie angeblich „noch nicht öffentlich“ im Einsatz, was immer das heißen soll (vermutlich, dass die Firma sie nur für eigene Zwecke missbraucht bzw. NSA & Co. zur Verfügung stellt).

Big Brother heißt heute Zuckerberg

Facebook ist seit langem als Datenschutz-Missachter bekannt. Schon der heroisierte Nerd-Milliardär Zuckerberg denkt nicht daran, die Menschen vor den Gefahren der Massen-Überwachung zu warnen. Seine Ausrede: Die Leute wollen es ja nicht anders, keiner sei schließlich gezwungen, bei seiner Firma sein Online-Leben zu verbringen. Der 18fache Milliardär hat scheinbar noch nie etwas von Gruppenzwang gehört -und inzwischen wurden Fälle bekannt, wo Arbeitgeber Bewerber ablehnten, weil sie nicht auf Facebook zu finden waren (so wüsste man ja gar nichts über ihr Vorleben). Kinder und Jugendliche sind schon Gruppenzwängen weit harmloserer Art nahezu hilflos ausgeliefert, obwohl Fälle von Facebook-Mobbing sich häufen. Soziale Zwänge zum Konformismus machen Facebook zum Motor eines digitalen „friendly fascism“, dem man sich nur zum Preis sozialer Ausgrenzung entziehen kann. Wikipedia verharmlost Zuckerbergs brandgefährliche Ideologie so:

„Anfang des Jahres 2010 nannte Zuckerberg in einem Interview mit Mike Arrington von TechCrunch als BegründungZuckerberg_1984_Berlin_Graffiti für lascheren Datenschutz den Umstand, dass Nutzer freiwillig immer mehr Daten im Internet von sich preisgeben würden und Facebook sich lediglich den gesellschaftlichen Realitäten anpasse. Der Umgang der Menschen mit ihren Daten habe sich stark geändert. Die Menschen würden sich wohl fühlen, ihre persönlichen Informationen mit vielen Menschen zu teilen…“ Wikipedia zu Mark Zuckerberg

Danach bejubelt Wikipedia ausgiebig Zuckerbergs karitative Spendentätigkeit, mit der er zu einer besseren Gesellschaft beitragen wolle (also einer Gesellschaft, in der alle Menschen bespitzelt und Milliardäre nicht mit Steuern belästigt werden vermutlich). Von Zuckerbergs Sympathien für die Waffenlobby weiß man dort aber nichts. Zur Firma weiß wikipedia: „

„Facebook (Eigenschreibweise facebook) ist ein soziales Netzwerk, das vom gleichnamigen US-amerikanischen Unternehmen Facebook Inc. betrieben wird. Der Name bezieht sich auf die sogenannten Facebooks (Englisch wörtlich: „Gesichtsbuch“, sinngemäß: „Jahrbuch“) mit Abbildungen von Studenten, die an manchen US-amerikanischen Colleges verteilt werden. Das soziale Netzwerk wurde am 4. Februar 2004 von Dustin Moskovitz, Chris Hughes, Eduardo Saverin und Mark Zuckerberg veröffentlicht und zählt nach eigenen Angaben rund 1,44 Milliarden Mitglieder, welche die Seite zumindest ein Mal pro Monat besuchen (Stand: März 2015). Facebook gehört nach unterschiedlichen Statistiken zu den fünf am häufigsten besuchten Websites der Welt, in Deutschland liegt es auf dem zweiten Rang hinter Google.“

In einem Vergleich sozialer Netze im Internet in der Stiftung Warentest belegte Facebook zusammen mit LinkedIn Fuck_Facebookund Myspace die hintersten Plätze aufgrund „erheblicher Mängel“ beim Datenschutz. Andere soziale Netzwerke wie studiVZ und schülerVZ zeigen laut dem Test, dass ein deutlich besserer Umgang mit Nutzerdaten durchaus möglich ist. Im Januar 2012 nahm Facebook an einem Psychologie-Experiment teil, für das insgesamt 689.000 Nutzer ohne ihr Wissen missbraucht wurden. Im Rahmen des sogar bei britischen (!) Datenschützern umstrittenen Experiments wurde die zentrale Neuigkeiten-Seite bei Facebook manipuliert, so dass die User ein verzerrtes Bild der Stimmung ihrer Facebook-Freunde vorgespiegelt bekamen. Die Ergebnisse der Studie wurden im Juni 2014 zum Ärger von Facebook publik und zeigten eine hohe Manipulierbarkeit der Nutzer. Die Studie sei angeblich durch die Nutzungsbestimmungen des Netzwerks gedeckt, denen die User bei der Erstellung ihres Kontos zustimmen, behauptet die Firma hinterher. Kaum einer der 1,5 Milliarden Nutzer hat vermutlich diese Bestimmungen gelesen. Und wenn die Nutzer nachgewiesenermaßen manipulierbar sind -könnte die Firma sie nnicht dahingehend manipuliert haben, dass sie ihre Persönlichkeitsrechte nicht mehr so wichtig finden?

Hinter Facebook: NSA, CIA & Co.

Zu den Gründerfiguren der Firma gehört ein recht schillernder Kapitalgeber: Der deutschstämmige Milliardär Peter Thiel, der mit Netzfirmen und Geheimdiensten reich geworden ist. Er investierte als erster bei Zuckerberg und wurde später Großaktionär von Facebook. Thiel wurde zunächst beim Verkauf von Paypal an eBay Multimillionär und kooperierte mit der CIA bei seiner Firmengründung Palantir Technologies. Die Hauptprodukte von Palantir finden sich in den Sparten Security (Palantir Gotham, zuvor Palantir Government -Thiel scheint sich möglicherweise für eine Art Batman zu halten, der „das Böse“ bekämpft, also Einbrecher mit Strumpfmaske, die reichen Leuten Silberlöffel klauen wollen) und Finanzen (Palantir Metropolis, zuvor Palantir Finance). Palantir Gotham ist Dienstleister für NSA, CIA & Co. Im Jahr 2010 war Palantir eine von drei Firmen, die beauftragt wurden, eine Strategie gegen WikiLeaks zu erarbeiten, die in etwa so aussieht, wie unsere Medien Putins Umgang mit Kritikern beschreiben:

„…data intelligence firms, worked to develop a strategic plan of attack against WikiLeaks. The plan included pressing a journalist in order to disrupt his support of the organization, cyber attacks, disinformation, and other potential proactive tactics.TechHerald

Palantirs Software sollte dabei als Basis zur Datensammlung und Analyse dienen. Nach Enthüllung der Pläne durch die Hackergruppe Anonymous beendete Vorstandschef Karp (angeblich) die Teilnahme seiner Firma an der lukrativen Hetzjagd auf einen politischen Oppositionellen. Peter Thiel unterstützt den Fed-Gegner Ron Paul (Republikaner) und die neoreaktionäre Tea-Party-Bewegung in den USA. Im Kampf Überwachungsstaat gegen Wikileaks hat der angebliche Libertäre aber die andere Seite gewählt.

Kim Dotcom hat es nicht geschafft

Gerd R. Rüger gcsb-logo

Wellington. Die Wahlen in Neuseeland bestätigten den konservativen Premier John Key (Nationalist Party). Wie die Internet Party von Assange (und die deutschen Piraten) kam auch die des deutschen Hackers Kim Dotcom nicht ins nationale Parlament. Dotcom wollte für schnelles Netz und gegen Überwachung kämpfen. Ist die Politik noch nicht reif für Netzpolitik?

Twitter: Kim Dotcom @KimDotcom vor 20 Std.

The last 9 months were an incredible experience. I have learned so much. Thank you to everyone at the Internet Party and the MANA Movement.

Neuseelands Endergebnisse Wahl 2014:

48.1%  National Party
24.7%  Labour
10.0% Green
 8.9%  NZ first
 4.1%  Others

John Keys konservative National Party kam auf 48 Prozent der Stimmen und besetzt damit 61 von 120 Parlamentssitzen. Die Allianz aus der Internet Party und dem Mana Movement erzielte 1,2 Prozent. Für das Mana Movement hat sich das Bündnis nicht gelohnt: Die kleinere von den Maori-Parteien büßten ihren Sitz im Parlament ein. Das Thema Überwachung kam bei den Wählern -wie in Deutschland bei den letzten Bundestagswahlen- offenbar trotz NSA-Skandal nicht an. Kim Dotcoms Internet Party, die sich für diverse Themen wie z.B. Canabis-Legalisierung einsetzen wollte, hatte auch mit einigem Gegenwind zu kämpfen: Ihre Kampagne gegen Überwachung wurde mit Fälschungsvorwürfen und anderer Kritik etwa gegen angebliche Mordaufrufe der Netzpolitiker gekontert.

Kim Dotcom: I am deeply sorry

Kim Dotcom

Kim Dotcom soll sich für die Niederlage beim Mana Movement umgehend entschuldigt haben, dass Hone Harawira vom Mana Movement nun seinen Parlamentssitz verliert:

„Ich übernehme die volle Verantwortung für den heutigen Verlust, weil die Marke Kim Dotcom offenbar Gift für das war, was wir zu erreichen versuchten.“ (übersetzt v. Detlef Borchers, heise)

Kurz vor dem Ende des Wahlkampfes hatte Dotcom einen „Moment der Wahrheit“ ausgerufen und auf einer Veranstaltung gemeinsam mit dem Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald angebliche Beweise dafür vorgelegt, dass in Neuseeland ein Massenüberwachungsprogramm für Verbindungsdaten existiert, so Borchers. Als Zeugen wurden per Video der Australier Julian Assange und der NSA-Whistleblower Edward Snowden zugeschaltet. Aber direkt danach wurde die Echtheit der von Dotcom vorgelegten E-Mail des Chefs von Warner Brothers als plumpe Fälschung dargestellt und Dotcom gelang es bis zur Wahl nicht, diesen Vorwurf zu entkräften.

Der Neuseeländer Tom Appleton erklärte auf Telepolis langatmig die Rolle der Juden auf der Insel (John Key ist Jude), kam aber zum Schluss doch noch auf ein paar interessante Details zum Spionagethema:

Telefonate, Skype-Gespräche und Internetverbindungen jedes Bürgers werden routinemäßig abgeklopft – und sollten sich Verdachtsmomente verdichten, dann treten (je nachdem) Polizei, Geheimdienst oder bewaffnete Anti-Terror-Gruppen aufs Tapet. Bekannt wurde vor einigen Jahren der massive Einsatz gegen eine lose Gruppe von Maori und Umweltaktivisten, die quasi als terroristische Zelle eingestuft und eingebuchtet wurden. Noch mehr Aufsehen erregte Kim „Dotcom“ Schmitz, der zunächst als gern gesehener Mann mit Spendierhosen bei der National Party auftrat, bevor man ihn als miesen Gangster an die USA ausliefern wollte. Mittlerweile sitzt er wieder in seinem eigenen Haus in Neuseeland und betreibt eine Internetpartei.

Als wie ernsthaft man die Bedrohung empfand, die von ihm ausging, ist dabei nicht klar. Klar ist, dass Mitglieder des Parlaments zwar für ein Gesetz stimmten, das illegales Downloading, – etwa von Musikdateien – strafbar macht, sich aber umgekehrt selber gerne alles Mögliche für ihren eigenen Bedarf herunter luden. (…) John Key … sein Vater war bei den internationalen Brigaden …Seiner politischen Herkunft nach wäre ihm ein linkes politisches Engagement in der Labour Party eher angestanden. Stattdessen erwarb er sich als Investmentbanker ein Vermögen von geschätzten 50 Millionen und den Spitznamen „der lächelnde Killer“. Telepolis
Kim Dotcoms Firma MegaUpload war eine Hosting-Plattform, bei der die Nutzer alle Arten von Daten up- and downloaden  konnten. Laut FBI wurde MegaUpload massenhaft dafür genutzt, illegal kopierte Filme und Musik  über Internet-Links zugänglich zu machen. Kim Dotcom verdiente dabei laut US-Ermittlern Millionen. Dotcom stritt die Vorwürfe ab und sprach von einer politischen Kampagne der Contentmafia aus Film- und Musikkonzernen. Medienberichten zufolge sollten die Nutzer bei Mega standardmäßig 50 Gigabyte Speicher erhalten, für Gebühren zwischen 10 und 30 US-Dollar pro Monat sollte es sogar von 500 GByte bis 4 Terabyte geben. Nach dem Aus der Firma konnten die Nutzer nicht mehr auf ihre Daten zurückgreifen, sogar wenn es sich um legale eigene Dateien handelte, so heise.

Dotcom was the money behind Internet Party

Dotcom was the money behind the Internet Party, which was hoping to coattail in with Mana. But leader Hone Harawira lost his seat in Te Tai Tokerau, meaning neither party could enter Parliament.

„I take full responsibility for this loss tonight because the brand Kim Dotcom was poison for what we were trying to achieve,“ Dotcom said. He thanked those behind the Internet Party’s campaign, and apologised to Mr Harawira.

„I take full responsibility for that as well. So I’d like to say sorry to Mana.“

Dotcom also apologised to the Maori community, saying their voice was no longer in Parliament because of him.

Newzealand 3News

Fifty-Shades-Leak: Anonymous hackt Constantin

Gerd R. Rueger 09.03.2013

Vergeltung für Polizei-Attacke auf Drei.bz? Durch einen Hack drangen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dieser Woche Hacktivisten von Anonymous und Team Medusa in Computer von Constantin Film ein. “Brisante” Infos zum SM-Hausfrauenporno “50 Shades of Grey” wurden geleakt. Hintergrund waren netzpolitische Gefechte um das Urheberrecht, konkret: die Schließung einer Filmtausch-Website durch die Staatsanwaltschaft Paderborn. Anonymous empfahl: „Fuck the Contentmafia!“

Durch einen offenbar nicht allzu komplizierten Hack drangen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag den 07.03.2013 Haktivisten von Anonymous und Team M3du5a (Medusa) in das Firmennetzwerk von Constantin Film ein. Die Filmrechte- und Filmproduktions-Firma macht derzeit mit dem Kampusch-Reißer „3096 Tage“ Schlagzeilen. Constantin Film hat eine bewegte Geschichte hinter sich, gehörte einst zum Bertelsmann-Konzern, dann dessen Konkurrenten Leo Kirch und heute der Schweizer „Highlight Communications AG“.

50 Shades of Chicken: Satire auf den Hausfrauenporno von Sadomaso mit dem Millionär

Bei dem Hack handelte es sich anscheinend um eine Vergeltungsaktion für die Abschaltung der Warez-Seite drei.bz, an der auch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) beteiligt war. Am 26. 02.2013 war die Staatsanwaltschaft Paderborn mit einer Durchsuchungsaktion gegen den mutmaßlichen Betreiber der illegalen Portale „Drei.bz“ sowie „Freedownloadz V2“ vorgegangen. Beamte der Kripo Flensburg zogen in einem örtlichen Rechenzentrum Sicherungskopien der Websites. Das illegale Portal „Drei.bz“ wurde abgeschaltet. Die Kripo Bielefeld konfiszierte in den Privaträumen des Beschuldigten im Kreis Höxter die vollständigen Datenbanken des Portals „Drei.bz“ sowie schriftliche Unterlagen, es hieß: „Der Beschuldigte war geständig.“

Fuck the Contentmafia

anondisplayAuf anonpaste.me hieß es: „Fuck the Copyright Lobby and Contentmafia„. Die Passwörter für Film- und Budgetdatenbank ließen nicht auf eine besondere Netzsicherheit der Filmindustrie schließen, sie waren angeblich beleidigend einfach gewählt: Das beliebte „1234“ und wenig einfallsreiche Wörter wie „constantin“ und „constantinfilm“ sollen dabei gewesen sein (nicht, das raffiniertere Passwörter viel geholfen hätten).

Emma Watson in 50 Shades of Grey?

Angelina Jolie, Shades of Grey Favoritin vieler Fans

In der Liste finden sich auch Benutzernamen sowie die dazu gehörigen Passworthashes, so gulli.com. Die Konkurrenz von ConstantinFilm dürfte aber eine Liste mit Filmen mehr interessieren, die für die nähere Zukunft geplant sind -es gab Details zu Besetzung, Handlung und Budgets von um die 180 Filmprojekten. Für die Verfilmung des Bestsellers „50 Shades of Grey“ soll etwa Emma Watson im Gespräch sein, obwohl sie eine Rolle in dem berühmten SM-Hausfrauenporno noch 2012 abgelehnt haben soll.

Weniger attraktiv: Cumberbatch, Brühl

Netzpolitik.org bezeichnet die Liste als „digitalen Einkaufszettel  -wohl für  cineastische Shareworker im Netz. Vergesst aber nicht, ab und zu mal ins Kino zu gehen, das hat doch viel mehr Stil und Atmosphäre.  Constantin Film arbeitet auch am WikiLeaks-Film THE FIFTH ESTATE mit Sherlock-Darsteller  Benedict Cumberbatch als Julian Assange und dem deutschen Sternchen Daniel Brühl als deutschem CCC-Hacker Domscheit-Berg (warum müssen eigentlich immer Deutsche den deutschen Zwielichtigen spielen?). Constantin will den vermutlich recht mainstreamig-reaktionären Film Ende 2013/Anfang 2014 in die deutschen Kinos bringen.

Union/FDP: Abmahnindustrie jubelt über neue Lex Google

Gerd R. Rueger 02.03.2013

In der gestrigen Redeschlacht zur Netzpolitik erlebte der Bundestag einmal mehr den Sieg der Industrie-Lobbyisten. Diesmal fielen Union und FDP vor der Abmahnindustrie auf die Knie. Anwälte und Medienkonzerne jubilieren, das Netz grummelt gegen die Gier der schwarzgelben Parteispenden-Kassierer. Die rotrotgrüne Opposition blamierte sich durch mangelhafte Netzkenntnis, die Piraten wurden von der Medienmafia termingenau kleingeschrieben. Aus Google-Sicht wurde das Gesetz nach Druck aus Kreisen der US-Medienindustrie in letzter Sekunde noch entschärft.

„Die Linke“ vergaß Bertelsmann

Hat Möwenpick denn jetzt auch eine Abmahn-Anwaltskanzlei? So fragte sich erstaunt mancher FDP-Wähler gestern in Erinnerung an die fette Spende der Firma, die eine dreist begünstigende Lex Möwenpick nach sich zog. Die jetzige Lex Google ist dagegen nicht nach dem Nutznießer benannt: Google soll gerade zu Zahlungen verdonnert werden, an die deutschen Medienkonzerne. Der kleine Blogger und Website-Betreiber werden es ausbaden müssen: Sie werden der Abmahnindustrie ans Messer geliefert, jenen Anwaltskanzleien, die mit sittenwidrigen Serienbriefen Multimillionen-Gebühren aus der Netzkultur herausschinden werden.

Mit den Piraten im Bundestag wäre das wohl nicht passiert, Grüne und Linke krampften sich ehrenvoll etwas Verteidigung der kleinen Leute im Netz ab. Die Opposition wetterte in Gestalt der Medienexpertin der Linken, Petra Sitte, sogar tapfer gegen die große Medienmafia, vergaß in ihrer Aufzählung des Big Biz neben Springer und Burda aber ausgerechnet den dominierenden Megakonzern Bertelsmann mit der Lobby-Großagentur Bertelsmann-Stiftung, die alle etablierten Parteien bearbeitet.

Piraten gegen „Leistungsschutz“-Abmahnförderung

Das zur Debatte stehende Gesetz lässt sich auch als Leistungsschutzrecht gegen Suchmaschinen begreifen, so der Pirat Michael Renner, die zukünftig dafür zahlen sollen, Artikel der Medienmafia auffindbar zu machen: Auf jeden Fall steht ein Gesetz zur Abstimmung dem nachgesagt wird, dass es im Springer-Verlagshaus geschrieben wurde. Der Springer-Verlag ist wiederum der Verlag, dem nachgesagt wird, dass niemand Kanzler werden kann, der von dort nicht die Zustimmung erhält. 

Im Netz gibt es viel Protest gegen das Gesetz, auch Experten sowie die Jugendorganisationen der Parteien (sogar der Regierungsparteien!) waren gegen die Änderungen, aber wen kratzt schon Jugend oder Weisheit, wenn Lobbyisten mit Schmiergeld und Parteispenden winken? Bei CDU, CSU und FDP wohl keinen.

BILD lässt grüßen: „Google kämpft für Dich“

Die Lex Google hat natürlich auch Google auf den Plan gerufen,  wo man sich als Stellvertreter für die Netzkultur sieht (was angesichts der Datensammelwut und Profil-Überwachung der Nutzer jedoch zweifelhaft scheint). Google meint dessen ungeachtet in seiner Web-Ini „Verteidige Dein Netz“:

Das Leistungsschutzrecht trifft jeden deutschen Internetnutzer. Wenn Suchmaschinen und ähnliche Dienste Suchergebnisse freiwillig ins Netz gestellter Artikel nicht mehr verwenden dürfen, wird das Suchen und Finden von Informationen im Internet massiv gestört. Dieser Eingriff ist systemfremd und weltweit ohne Beispiel. Er bedeutet höhere Kosten, weniger Informationen und massive Rechtsunsicherheit. Blogger, Netzpolitiker, die deutsche Wirtschaft und führende Wissenschaftler lehnen dieses Unterfangen ab.

Google ist allerdings Partei in dieser Sache, dazu noch eine Partei, die sich eine große Rechtsabteilung leisten kann -im Gegensatz zu kleinen Netz-Kreativen mit ihren Blogs und Startups. Sie müssen sich jetzt mit juristischem Fachchinesisch befassen. Die entscheidende Änderung im neuen § 87 f Abs. 1 UrhG dürfte gegenüber der alten Fassung folgende sein:

(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.

Somit sollen Snippets (Text-Schnippsel) ausdrücklich ausgenommen werden. Schwarzgelb hat aber den Terminus „kleinste Textausschnitte“ nicht genau definiert und damit gigantischen Abmahnwellen seitens profitgieriger Anwälte Tür und Tor geöffnet. Google wird das weniger kratzen, man ist ja groß und die Suchmaschinen-Snippets sind klein -außer in newfeeds etc. bei google+ vielleicht. Kleinere Anbieter stehen dagegen dem Medien-Big Biz schutzloser gegenüber: Das Perlentaucher-Urteil hat es gezeigt.

Alle dagegen: Von Perlentaucher bis Facebook

News-Aggregatoren könnten aber, je nach Länge des gezeigtenTextteils, betroffen sein. Aber schon nach geltendem Urheberrecht ist die Übernahme längerer Textpassagen eigentlich unzulässig. Die Verlage sind auch schon erfolgreich gegen die  wörtliche Übernahme von Textpassagen vorgegangen, wie die Entscheidung “Perlentaucher” des BGH belegt. Experten halten das gestern verabschiedete Gesetz wenigstens für eine abgeschwächte Version, dank mit heißer Nadel zuletzt noch gestrickter Änderungen -wohl wegen einer Intervention der US-Industrie.

Denn es gab im Vorfeld eine Verstoßanzeige der Computer & Communications Industry Association (CCIA), einer Lobby großer IT-Firmen wie Microsoft, Facebook, eBay, Yahoo und Google. In der offiziellen Beschwerde legt die CCIA ausführlich dar, warum sie das von der deutschen Bundesregierung beschlossene neue „Leistungsschutzrecht“, also das Monopolrecht für (deutsche) Presseverlage stören würde. Das Recht von Verbrauchern und Unternehmen an Netz-Inhalten würde unangemessen stark einschränkt. Netzaktivisten wie Anonymous sind vom Urheberrecht derzeit nicht begeistert, protestierten jüngst gegen die Verwerteragentur GEMA, die Piraten arbeiten sowieso an einer neuen netzfreundlichen Konzeption.

Es ist aber ohnehin fraglich, ob noch in dieser Legislatur viel aus dem Gesetz gemacht werden kann: Zunächst muss Schwarzgelb es noch durch den Bundesrat bringen, der jetzt bekanntlich der Opposition gehört. Blockieren kann der Bundesrat das Leistungsschutzrecht jedoch nicht, da es sich nur um ein sog. Einspruchsgesetz handelt -wohl aber verzögern. Das Gesetz müsste nach einem Einspruch in den Vermittlungsausschuss, wo eine zeitliche Verzögerung zu erwarten ist -und die Bundestagswahl gibt uns Netzusern dann die Gelegenheit die Neoliberalisten der CDUCSUFDP GmbH & Co KG abzuwählen.

Liberalismus ist, wenn der Arme wie der Reiche die Freiheit haben, unter einer Brücke zu schlafen. Neoliberalismus ist, wenn die Brücke privatisiert wird und der Arme selbst dafür noch an den Reichen zahlen soll. Theodor Marloth

Netz-Attacken: Anonymous contra GEMA

Gerd R. Rueger 04.02.2013 Logo der GEMA

Die DDoS-Demo gegen die Homepage der GEMA ist vorbei. Anonymous-Aktivisten hatten zum Protest aufgerufen. Die Webseite der Verwertungsgesellschaft Gema war tagelang nicht zu erreichen. Laut einem YouTube-Video übernimmt Anonymous die Verantwortung für die Attacke und nennt darin als aktuellen Anlass den Streit zwischen YouTube und der Gema. Ob die Rechte-Verwerter was daraus gelernt haben?

Der Sprecher von Anonymous: Nicht zu erreichen.

Ihre drastischen Preiserhöhungen haben 2012 für Proteste von Tanzclubs gesorgt, aber auch die Querelen mit Netzmedien nehmen zu, etwa mit Youtube: Seit einigen Jahren dauert der Streit zwischen den beiden Parteien bereits an, in dem die GEMA Youtube juristisch zur Sperre von Musikwerk-Beiträgen zwang. Die GEMA will jetzt mit ihrer Klage erzwingen, dass YouTube in den genervten Nutzern gezeigten Sperrtafeln die GEMA

CC-BY-NC-SA Steve Wheeler

nicht mehr als treibende Kraft hinter der Blockade nennen darf.

Die GEMA jammert dabei, dass YouTube mit der wahrheitsgemäßen Information über die miesen Machenschaften der GEMA der GEMA ein schlechtes Image verpassen will. Die angeblich nur willkürlichen eingeblendeten Sperrtafeln bei den Nutzern von YouTube seien rechtlich zu beanstanden. Dabei behauptet die GEMA, dass YouTube angeblich viel mehr Videos sperrt, als eigentlich verlangt wird. Könnte das etwas mit der wildgewordenen Rechtsabteilung der GEMA zu tun haben, die alles verklagt was nicht bei drei auf dem Baum sitzt?

Wenn das der Führer wüsste! Die braunen Wurzeln der GEMA

Von Verwertern verkannter Künstler

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) ist seit 1933 die staatlich legitimierte Urheberrechte-Verwertungsgesellschaft, die in Deutschland für sogenannte „Musikwerke“ zuständig ist. Der von damaligen Verwertern verkannte österreichische Kunstmaler Adolf Hitler sorgte kurz nach seiner sog. Machtergreifung für die armen Künstler -natürlich nur soweit sie nach der kruden Rassenlehre „arisch“ waren. Abgesehen vom Rassenwahn war das damals nicht die übelste Idee der Nazis, aber heute ist das Verwerter-System total überholt und muss schnellstens durch neue Ansätze zu einer offenen Netzkultur ersetzt werden. Dagegen stehen jedoch mächtige Verwerter-Interessen vor allem des Big Mediabiz, allen voran Bertelsmann, die aber aus Imagegründen GEMA & Co. in die vorderste Linie schicken… Ob die Netzgemeinde darauf hereinfällt? Anonymous wohl nicht -immerhin verteidigten Hacktivisten unter diesem Namen bereits Wikileaks gegen die Finanzmafia (Operation Payback)… und wandten sich kritisch gegen Wikileaks, in der Paywall-Krise, was jedoch trotz viel Lärm der Mainstream-Medien nicht zum Bruch von Anons und Assange führte.

Schavan mogelt sich durch: Unser Vorbild für Studenten?

Nora Drenalin 27.Januar 2013 PlagWebsite

Schavans Düsseldorfer Universität hat das Anette_Schavan_dts_image_3716Doktortitel-Aberkennungsverfahren gegen die Bundesministerin für Wissenschaft eröffnet.

Am 22. Januar 2013 befasste sich der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät mit den Vorwürfen und folgte in seinem Beschluss der Vorlage des Promotionsausschusses, das Hauptverfahren der Aberkennung aufzunehmen: Die Abstimmung endete mit 14 Ja-Stimmen, einer Enthaltung ohne Gegenstimme. Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Bruno Bleckmann, merkte an, dass damit keine Vorentscheidung gefallen sei. Am 5. Februar 2013 wird der Fakultätsrat über den Fortgang des Verfahrens beraten -doch die Belege für mangelde Wissenschaftlichkeit liegen auf der Hand. Schavanplag schreibt:

Als Muster lässt sich erkennen, dass die Verfasserin oft vorgibt, Primärquellen zu rezipieren, während sie tatsächlich mit leichten Abwandlungen aus der Sekundärliteratur abschreibt, ohne diese zu nennen; dies gilt insbesondere für in den Sekundärtexten enthaltene Interpretationen der Primärtexte. In vielen Fällen werden dabei auch Fehler bei Zitaten oder Literaturangaben mit übernommen bzw. – seltener – korrekte Literaturangaben fehlerhaft übertragen.

Zynismus als politische Kompetenz

Da sollte man schon ein paar Zweifel an der wissenschaftlichen Kompetenz der Ministerin und mehr noch an ihrer Ehrlichkeit entwickeln: Ist das gewissenlose Abkupfern beim Erlangen akademischer Meriten über das Thema des Gewissens ein Kompetenz-Nachweis in Sachen zynischer Korruption? Ist das die Kompetenz, die Merkel an Schavan schätzt? Ihre CDU-Truppe scheint so zu denken, sie stellte Schavan neu für die Bundestagswahl auf, diesmal sogar mit 96% Zustimmung statt wie vor vier Jahren mit 56%.

Bisher jagte man weniger Schavan als jene, die Schavans Fehler öffentlich machten: Die Düsseldorfer Uni stellte am 16.Oktober 2012 Strafanzeige gegen den Whistleblower, der das Schavan-Gutachten leakte: Aber hatte die Öffentlichkeit nicht das Recht, möglichst schnell von den gravierenden Zweifeln an der Ehrlichkeit und/oder Sorgfalt der Ministerin zu erfahren? Der Vroniplag-Liebling Prof. Dannemann sprach von knapp über 10 Prozent Plagiatsseiten bei Schawan.

Gutachter für die Dissertation unserer Bildungsministerin Annette Schavan ist der Düsseldorfer Judaist Stefan Rohrbacher. Nach fünf langen Monaten hatte er endlich  eine 75 Seiten umfassenden Zusammenfassung vorgelegt, die dann geleakt wurde -sehr zum Ärger der Uni, die sogar Strafanzeige gegen unbekannt stellte.

Rohrbacher fand 60 Beanstandungen auf 351 Seiten der Dissertationsschrift ausgerechnet mit dem Titel “Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung”. Das Gewissen der Ministerin wird derzeit stark unter Anspannung stehen, stellt man sie doch zunehmend in eine Reihe mit anderen prominenten Plagiatoren wie Guttenberg und Koch-Mehrin, die auffällig häufig dem Lager der Schwarz-Gelben Koalition zu entstammen scheinen.

Ein anonymer Blogger, der sich  “Robert Schmidt” nannte, verwies  auf zwei Textpassagen in Schavans 1980 eingereichter Doktorarbeit, bei der die Formulierungen “durch die sehr spezielle Wortwahl eindeutig einer Quelle zugeordnet werden” könnten. Es war eine Quelle, die in der ganzen Arbeit nicht erwähnt worden sei. Es drehe sich dabei um die  Deutung der klassischen Thesen Sigmund Freuds über Eros, das Streben nach Lust und die Vermeidung von Unlust durch den wenig bekannten Psychologen Ernst Stadter. Schavan tritt nicht zurück, gibt ihren Titel nicht auf… manche sehen da politische Rituale der Selbstbehauptung am Wirken.

Die Moral der CDU: Plagiate toll -Raubkopie ein Verbrechen

Als heuchlerisch erscheint unsere Politprominenz vor allem deshalb, weil die Plagiatoren eine Politik der gnadenlosen Jagd auf Raubkopierer verfolgen. Vor diesem Hintergrund, den die Vroniplag-Netzbewegung genüsslich weiter auszubauen scheint, kann man nur von Heuchelei und Korruption sprechen: Denn die Politik vertritt hier die Interessen der großen Medienindustrie gegen den kleinen Mann im Netz ;-)

Soweit sie sich dafür lautstark in die Brust wirft und der “Jugend von heute” mangelndes Rechtsbewusstsein vorwirft, mus sie sich fragen lassen, warum sie nicht zuerst einmal vor ihrer eigenen Tür kehrt. Union und FDP könnten ja alle Turbo-KarrieristInnen mit Schnellstudium im Huschipfuschi-Modus (Schavan promovierte schon mit 25) zuerst die Frage nach dem Abschreiben stellen…

Paris: Hartes Urteil gegen Film-Downloader

Verwerter haben es geschafft: Raubkopierer wurden zu Verbrechern erklärt

Gerd R. Rueger 28.09.2012
2008 wurden die Kino-Downloader verhaftet
Zwei Wochen nach einer der ersten strafrechtlichen Verurteilungen für illegales Downloaden in Frankreich, wurde am Mittwoch in Paris das Strafmaß verkündet: Die fünf jungen Männern wurden zu Haftstrafen von drei bis sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Schwerer wiegt die Geldstrafe für die -nach eigenen Angaben- nicht ökonomisch motivierten Täter: Das Gericht verurteilte sie auch zu mehr als 1,1 Millionen Euro Schadensersatz.

„Les teams Cinefox et Carnage ont eu une forte visibilité dans les années 2000“, schreibt das französische Magazin Numerana: Ihre große Zeit hatten die Film-Befreier im vergangenen Jahrzehnt. Die verurteilten Raubkopierer waren in den Release-Gruppen Carnage und CiNEFOX aktiv. Ihnen wurde vorgeworfen, von 2005 bis 2008 Kinofilme auf Videocams mitgeschnitten und über ftp verbreitet zu haben. Eine Sondereinheit der Polizei nahm sie 2008 in Lyon, Montpellier und Straßburg fest.

Verwerter setzten sich durch

Den fünf Filmpiraten wird von den US-Medienkonzernen Disney, Warner Bros. und Universal vorgeworfen,  Schäden in Millionenhöhe erzeugt zu haben. Das Gericht schloss sich augenscheinlich dieser Meinung an.  CiNEFOX machte sich Releases wie Könige der Wellen, Der goldene Kompass, Jumanji, Der Polar Express, Serenity, Star Wars Episode 5 einen Namen. Die Anklage verdeutlichte die Schadenshöhe am Beispiel des Transformers„-Films, der demnach mehr als 1, 7 Millionen mal heruntergeladen worden sein soll -ob all diese Schwarzgucker auch wirklich eine DVD gekauft hätten, darf jedoch bezweifelt werden.

Vor Gericht sagten die Angeklagten,  es sei alles nur ein Spiel für sie gewesen. Die Verteidigung setzte auf mildernde Umstände wegen Cyber-Sucht und wies das Gericht darauf hin, die Angeklagten seien in virtuelle Welt hinein gezogen worden, dafür spricht vor allem: Keiner der Angeklagten hatte aufgrund von finanziellen Interessen gehandelt. Viel genützt hat es nicht -dennoch bekamen sie hohe Geldstrafen. Die drei Mitglieder von CiNEFOX erhielten jeweils sechs Monate auf Bewährung und wurden zur Zahlung von insgesamt 710.000 Euro verurteilt. Die beiden Mitglieder von Carnage erhielten jeweils drei Monate auf Bewährung und müssen insgesamt 410.000 Euro bezahlen.

So sieht die Welt der Urheberrechte derzeit in Frankreich aus -nicht viel besser ist es in Deutschland, wo Verwerter und Rechteinhaber schon ca. 30 Millionen Abmahnungen verschickt haben sollen. Die rechtlich zweifelhafte Massenabmahnung hat sich zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt. Wie es anders gehen könnte, zeigt jüngst der UHG-Neuentwurf der Piratenpartei NRW.

Rückschlag für Netzkultur in Frankreich

Numerama erinnert daran, dass der Artikel  L335-2 des Code de la propriété intellectuelle, mit Strafen von drei Jahren Haft und 300 000 Euro Geldstrafe hätte geahndet werden können. Strafen könnten auf bis zu fünf Jahren Haft und 500.000 Euro Strafe erhöht werden, wenn die Straftaten, wie in diesem Fall, in „organisierten Banden“ begangen wurden. Insofern sei das ergangene Urteil noch recht milde ausgefallen. Doch die Höhe der Schadensersatzzahlungen war ein Schock im Vergleich einem anderen Fall: Am 13. September hatte das Tribunal de Police von Belfort die erste strafrechtliche Verurteilung gegen einen Schwarz-Downloader ausgesprochen, es ging damals aber auch nur um von zwei Songs von Rhianna.  Er wurde zu einer Geldstrafe von lediglich 150 Euro verurteilt.  Die ökonomische Bewertung von Release-Aktivitäten nach Maßstäben der Medienindustrie beginnt sich in Frankreich damit anscheinend durchzusetzen. Dies ist sicher ein Rückschlag für die Netzkultur in Frankreich, die sich jüngst mit Hilfe bei der Finanzierung von Wikileaks hervor tat und
mit “La Quadrature du Net“, einen Netzrechte-Verein aufweist, der u.a. gegen ACTA kämpft und in seinem Wikiviele netzpolitische Tools & Applications bereitstellt:

  • Quadpad Collaborative realtime text editor
  • Co-ment Collaborative text annotation and writing.
  • Political Memory Reach and informations about Members of European Parliament
  • PiPhone Campaigning tool to call your MEPs
  • Mediakit Audio and video data bank

Soweit das Surfen wie Gott in Frankreich. Bei uns in Deutschland liegen auch viele neue Vorschläge auf dem Tisch, Politik anders zu gestalten:
Siehe auch neuen UHG-Entwurf der NRW-Piratenpartei (besonders Teile zu privater Nutzung, privaten Sharingbörsen, Mashups):